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- SUMMER BREEZE 2024
- Mittwoch 14.08.2024
- Donnerstag 15.08.2024
- Freitag 16.08.2024
- Samstag 17.08.2024
- More Than Music
Es ist die schönste Ruhe vor dem Sturm. Grashalme biegen sich im Wind, als würden sie die großen Musikposen nachahmen, Motorengeräusche klingen sanfter als auf offener Straße, Wespen und Maschinen surren und brummen eufonisch und sogar Flatterband tönt einladend, obwohl es das Gegenteil bewirken soll. Das Klirren von Bauzäunen ist wie Musik in unseren Ohren und an den Händlerständen klimpert Metall. Ja, es ist ein Geräuschecocktail, aber mit Schirmchen und köstlichem Obst, der an jedem SUMMER-BREEZE-Dienstag eine magische Stille über das Infield legt. Weil wir wissen, was kommt – weil Großartiges auf uns wartet.
Je näher wir dem Campbereich am Warm-up-Tag des 25. SUMMER BREEZE kamen, desto mehr Festivalgeräusche schwappten herüber. Dort hat der Betrieb begonnen: Während auf der anderen Seite noch Menschen arbeiteten, feierten sie hier schon. Wir hielten kurz bei Hot Shots, denn neben lieben Menschen trafen wir auf ein angestochenes Bierfass. Einige gute Gespräche später betraten wir die Camping-Area und dort dauerte es dann auch nicht lange, bis wir alte Bekannte sahen: vom „Fliesentisch Imperium“ bis zum ausgestopften Dachs, diesmal mit Lichterkette – weil ja bald Weihnachten ist.
Auf dem Konzertgelände – früher Fickenstage, jetzt deutlich kindgerechter Campsite Circus – begrüßte uns ein riesiger Springteufel in Clownsgestalt. Jack in the Box blickte aus der Poleposition geradewegs auf die Stage (noch, aber dazu später mehr), wo SOULPRISON eröffneten und neben der sich trotz Namensänderung weiterhin ein Ficken-Stand befand. „Let’s go, Bewegung, let’s go“ waren die ersten Worte, die uns offiziell von der Bühne erreichten. Eine bessere erste Ansage hätte es nicht geben können – lassen wir die Spiele beginnen!
Erst mal etwas umschauen: Die Artwork Exhibition lud mit einem starken Statement: Kunst gegen rassistische, nationalistische, faschistische Kackscheiße. Auch sonst begrüßte uns alles so, wie es sein sollte: von der kleinen Essensmeile über den immer wieder hoch frequentierten (allein wegen der angenehmeren Temperaturen) Supermarkt bis hin zu Cocktails, Bier und anderen Erfrischungen im Außenbereich. Irgendwie war alles noch einen Tick größer, imposanter, voller – ein eigenes feines Festivalgelände eben, so nah bei euch, wie es möglich ist. Einfach eine schöne Tradition, um in das SUMMER BREEZE zu starten.
SOULPRISON bewiesen, dass eine Wall Of Death auch bei Wüstenwetter gut funktioniert. Und eigentlich spielte das Wetter auch keine Rolle: Wir spürten die Lust und Energie aller Anwesenden, egal ob klassisch mit unzähligen Patches, im Sabaton-Zwillingslook, im menschlichen Kleinformat in Kinderkutte mit Aufnähern von Metallica und Anthrax (und einem Eis in der Hand, klar), mit knappem Captain-Morgan-Outfit oder als Hawaii-Hemd-Crew mit Taco-Cat-Motiven. Viel Schwarz und trotzdem immer bunt!
Dann ein Dämpfer: Am Ende des ersten Sets fiel der Strom aus. Das ließ auch Jack in the Box erschlaffen, der traurig in sich zusammensank. Und es dauerte eine Weile, bis das Problem behoben war. Manchmal siegt die Technik eben – zumindest eine Zeit lang. Danke, dass ihr trotzdem fröhlich und positiv weitergefeiert habt. Dann zuckten die Hände des Kistenclowns. Durchatmen, er lebte noch. Als er sich wieder erhob, war das schon ein bewegender Moment.
Die Sonne drückte, zwang uns aber nicht in die Knie. Dennoch blickten einige neidisch in die Ferne, denn weiter hinten regnete es. Danke wem auch immer, denn das Unwetter erreichte uns an diesem Dienstag nicht. Stattdessen bescherte es uns eine geniale Kulisse, wenn beispielsweise DISBELIEF zockten und im Hintergrund Blitze zuckten. Ab und an windete es stärker, wir hörten Donner grollen. Doch das alles klang wie ein gutes Omen für die nächsten Tage, wenn der schönste Festivalsturm über uns hereinbrechen, uns mitreißen und vier Tage lang durchschütteln sollte, bis auch die letzten Alltagsgedanken verschwunden waren.
Genau darauf freuten wir uns, als der Dienstag noch mit einem echten Highlight aufwartete: Erst beantwortete Mikael Stanne auf dem Turm neben der Stage ein paar Fragen, dann spielten DARK TRANQUILLITY tatsächlich einen Überraschungsgig mit raren Songs und Liedern, die sie noch nie live performt haben. Was für ein Abschluss des ersten Festivaltages! Zumindest offiziell, denn in den Camps rotierten noch bis in die Morgenstunden etliche Partys.
Nachdem es direkt beim Opener SOULPRISON zu einem Stromausfall auf der Campsite Circus-Bühne gekommen war und es im Anschluss etwas dauerte bis der nächste Generator übernehmen konnte, verzögerten sich die nachfolgenden „Sendungen“ entsprechend und somit gingen auch DEFOCUS später an den Start als ursprünglich geplant. Das tat der Stimmung auf dem Zirkusgelände aber keinerlei Abbruch und so hatten die Aalener Modern Metalcore-Recken auch vom Start weg ein äußerst williges und begeisterungsfähiges Publikum vor sich. Fronter Simon Müller war die Freude darüber deutlich ins Gesicht geschrieben, als er die Meute souverän dirigierte. Und die Band hatte sich auch einiges einfallen lassen, so wuchteten sie z.B. nach wenigen Songs einen Haufen bunter Pool-Nudeln ins Publikum, das sich derer begeistert bediente und fortan munter damit wedelte bzw. sich die Dinger gegenseitig über den Schädel zogen. Buntes Treiben gabs aber nicht nur vor sondern eben auch auf der Bühne, wo die teilweise bunt gekleideten Mucker farbliche Akzente setzten. Basser Bambam gab den menschlichen Flummi und bouncte mitsamt seinem türkisfarbenen Instrument über die Bühne und als ihm selbst der Raum nicht mehr ausreichte, stürmte er dann sogar ein Gerüst neben der Bühne! Das Publikum war ebenso engagiert bei der Sache, gröhlte mit, zeigte die Wall Of Death und massig Crowdsurfer:innen. Schee wars!
Wir sprachen noch über die mindestens optisch gewachsene Größe des Geländes und der Bühne, als DISBELIEF ebendiese betraten. Vor ihnen hatte sich eine Headlinerkulisse aufgebaut, die jegliche Erwartungen an einen Warm-up-Tag übertraf. „Habt ihr Bock? Death Metal!“ Genau das und her damit! Eine Frau wippte auf den Schultern einer anderen Person und im Hintergrund blitzte es immer wieder halb gespenstisch, halb feierlich auf.
Obwohl sich der Oldschool-Death-Metal von DISBELIEF meist im Midtempo durch feuchten Friedhofsboden schleppt, brachten Nummern wie der Titelsong vom 2007er-Album „Navigator“, „The Symbol Of Death“ und „The Scream That Slowly Disapeared“ vom aktuellen Album „Killing Karma“ mächtig Schwung ins Rund. Zum Haareschütteln ist das Material sowieso bestens geeignet. Bei manchen fragte man sich sogar, ob das noch Headbanging ist oder therapiert werden sollte?
Spaß beiseite, die Stimmung ist nicht nur anlässlich des ersten Abends fantastisch. Auch Sound und Songs von DISBELIEF trugen sichtbar und hörbar zur Partylaune bei. Todesblei hin oder her, heute haben wir gefeiert, bis das Unwetterroulette endgültig auf grüner Null stehenblieb: alles gut gegangen, danke dafür!
DARK TRANQUILLITY sorgten zum Abschluss des SUMMER-BREEZE-Dienstags für kleinere und größere Überraschungen. Das Set der Melodeath-Institution fand erst am Donnerstag auf der Main Stage statt. Für den Dienstag hatten sie eine Q&A-Session samt Pre-Listening ihres neuen Albums „Endtime Signals“ angekündigt, das am Wochenende des SUMMER BREEZE veröffentlicht wurde. Entsprechend zahlreich hatte sich das Publikum vor der Bühne des Campsite Circus versammelt. DARK TRANQUILLITY machten es spannend und verhüllten die Bühne mit einem Bandbanner. Pünktlich um 23:30 Uhr bestiegen Fronter Michael Stanne und die Moderatorin Jasmin Pabst (Gitarristin bei ALL FOR METAL) eine Empore neben der Bühne und wurden mit Jubel begrüßt. Es sah nach einer normalen Fragerunde aus, doch nach einigen Fragen unterbrach Mikael Stanne und schlug vor, stattdessen ein paar Songs zu spielen. Darauf hatten sicher viele insgeheim gehofft. Kurz darauf startete das Surprise Set, und zwar mit einer ganz besonderen Setlist. DARK TRANQUILLITY spielten ausschließlich Stücke, die sie vorher selten oder sogar noch nie gespielt hatten. Sie konzentrierten sich auf härtere Tracks und sorgten so bereits beim zweiten Song „One Thought“ für einen ansehnlichen Pit. Auch „Cathode Ray Sunshine“ und das proggige „Empty Me“ bildeten Highlights. Und als wären die Secret Show und das anschließende Pre-Listening nicht schon Höhepunkt genug gewesen, konnten die Fans sich „Endtime Signals“ direkt vor Ort noch vor Release kaufen und von der Band signieren lassen. Diese Aktion wird vielen noch lange im Gedächtnis bleiben!