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- Summer Breeze 2009
- Donnerstag, 13.08.2009
- Freitag, 14.08.2009
- Samstag, 15.08.2009
Laut Ansage ihres sympathischen Fronters hatte die Band zu so früher Stunde gerade mal mit ca. 50 Zuschauern gerechnet. Weit gefehlt! Die SUMMER BREEZE-Meute war offensichtlich heiss und mehr als bereit loszulegen und so durften sich CYRCUS trotz der vermeintlich undankbaren Openerposition über ein sehr gut gefülltes Zelt freuen, das sie direkt nach dem Pulp Fiction-Intro freudig und mit offenen Armen empfing. Und die Nordrhein-Westfalen waren offensichtlich entschlossen diese Steilvorlage zu verwandeln, jedenfalls ließen sie sich direkt von der guten Laune anstecken und zeigten sich äußerst spiel- und bewegungsfreudig. Besonders Gitarrist Andy legte ein beeindruckendes Laufpensum in Verbindung mit astreinen Shouts an den Tag, während sich Sänger und optischer Mittelpunkt Chubby gekonnt um die melodischen Gesangpassagen und die Ansagen kümmerte. Gelegentlich ließen KILLSWITCH ENGAGE grüßen, die Jungs waren aber weit davon entfern ein purer Clone zu sein. Im Mittelteil von „Somethings Missing“ gabs eine „All We Are“-/WARLOCK/80er-Metal-Reminiszenz und mit Circlepit und Wall Of Death ließ sich auch das Publikum nicht lumpen. Ein mehr als starker Auftakt!
War der Andrang bei CYRCUS schon beachtlich, so drückten bei SHEEPHEAD sogar noch deutlich mehr Leute ins Zelt. Die Pfaffenhofener Death-Walze übernahm ein gut temperiertes Publikum und ließ dem auch erst gar keine Zeit sich zu erholen, sondern nutzte seine Zeit optimal, reduzierte die Ansagen auf ein Minimum und gab Vollgas. Wie ein sehr gut geöltes Maschinchen, mit ordentlich Doublebass-Einsatz, tuckerten sie unter der Führung ihres Fronters Benni durch die sechs Songs ihrer Setlist. Zwischen den Songs wurde vom Volk vehement eine Wall Of Death gefordert und später sogar lauthals der Bandname skandiert. Die Band erinnerte nicht nur dank beachtlicher technischer Fähigkeiten ab und an mal an derbere IN FLAMES-Zeiten und –Songs, vergaß aber auch nicht mittels smart dosierten melodischen Midtempo-Groovepassagen für Abwechslung zu sorgen. Bei „The Plague“ hielt es den Fronter dann auch nicht mehr auf der Bühne und er suchte im Graben vor der Bühne den direkten Kontakt zur feiernden Masse, die wie zum Dank die ersten Crowdsurfer nach vorne reichte. Auch die zweite Band also bockstark, kein leichter Job für die Jury!
Zahlenmäßig konnten DREAMSHADE, die Herren aus der italienischsprachigen Schweiz, sogar noch einen drauflegen, allerdings weniger was Anwesende vor der Bühne anging, sondern eher was den Count auf der Bühne betraf. Mit sechs Leuten war da auf jeden Fall mal gut was geboten. Vor der Bühne war im Gegensatz zu den ersten Bands deutlich weniger los – obs an der weiten Anreise der Band lag? Egal, die Band liess sich die Laune nicht verderben, und vor allem: die Leute vor der Bühne waren voll dabei und nahmen die gereckten Fäuste erst gar nicht mehr runter! Sehr engagiert ging der Sixpack ins Rennen, Dauerbangen war angesagt und der Sänger bemühte sich mit seinen englischen Ansagen samt smartem Akzent redlich um Motivation. Ihr Keyboard-dominierter Sound polarisierte, aber die Jungs werden bestimmt ihren Weg machen, sind sie doch – bis auf den Drummer- wohl alle noch sehr jung und erst am Anfang ihrer Karriere. Motiviert waren sie jedenfalls allesamt bis in die Haarspitzen, Keyboarder Rawi saß beispielsweise schon geraume Zeit vor der Show seiner Band mit Kopfhörern vor ihrem Backstageraum an seinem Instrument.
Auch bei der dritten Band des Contests ist das Zelt bis in die letzten Reihen gefüllt. Dank eines relativ langen Intros bauen sie auch direkt massig Atmosphäre auf, lassen diese aber leider ungenutzt verpuffen, indem sie nicht direkt daran anschließend in ihr Set starten, sondern scheinbar unentschlossen noch etwas Zeit verstreichen lassen. Wenig irritiert ob der Massen an diesem frühen Mittwochabend entfacht der Fünfer ein musikalisches Feuerwerk. Im Fahrwasser eher traditioneller Melodic Death Register à la DARK TRANQUILLITY mit einer phasenweise deutlich ausgeprägten Göteborg-Färbung, wissen die Herren ab dem ersten Song das Rund zu begeistern. Durchweg klassisch geht es allerdings nicht durchs Programm. Ganz zeitgemäß kokettiert man an den richtigen Stellen mit passend gesetzten Core-Einlagen und wuchtigen Breaks. Routiniert und wohlwissend ein äußerst starkes Album im Gepäck zu haben, zocken die Sinsheimer ein Brett als gäbe es kein Morgen. Insbesondere Sänger Attila führt mit seinem charismatischen Gesang schon nach kurzer Zeit Regiment über das Publikum und provoziert erneut Sprechchöre an diesem Abend. Ganz gemäß dem Motto „No Fillers, Just Killers“ hechtet das Gespann durch ein äußerst kurzweiliges Set und empfiehlt sich ohne Abstriche für einen Platz im Stall eines Labels. Starker Auftritt des jungen Quintetts.
Last but not least sind die Österreicher von SECOND RELATION an der Reihe und lassen das Publikum noch vor dem ersten gespielten Ton staunen. Weder extravagantes Bühnenoutfit noch sonst eine außergewöhnliche Äußerlichkeit ist Anlass für das rege Interesse. Alleine das Alter dieser aufstrebenden Band sorgt für Aufsehen. Allesamt noch entfernt von der Volljährigkeit, beweisen die jungen Herren musikalische Früherziehung in Perfektion. Deutlich inspiriert von den großen OPETH, aber fernab aller Duplizität beschreiten SECOND RELATION neue Pfade und schaffen es mit ihrer größtenteils ruhigen, progressiven Musik das aufgeheizte Publikum in Ihren Bann zu ziehen. Einen nicht geringen Anteil am omipräsenten Erscheinen der Band hat Sänger und Bassist Bastian, der mit seinem jugendlichen Charme das gesamte Rund zu begeistern weiß. Hinzu kommt die schon fast erschreckende Präzision an den Instrumenten, die ausnahmslos jeder der fünf Musiker an den Tag legt. Selbst bei gestanden Musikern ist nach jahrelangem Zusammenspiel selten dieses außergewöhnliche Feeling für den eigenen Song zu beobachten. Äußerst beeindruckend ist es, wie es die blutjunge Band mühelos schafft, ein hechelndes Metalpublikum in ihren Bann zu ziehen.
Dank einem sehr stark besetzten Teilnehmerfelds, war es dann auch dieses Jahr wieder nicht einfach für die Juroren, sich auf einen Sieger zu einigen. Die Jury setzte sich u.a. aus Redakteuren von Metal.de, dem A&R von Metal Blade, einem Redakteur des Metal Hammer und einer Lady aus den Reihen der Besucher, die die Jurymitgliedschaft im Vorfeld bei einem Preisausschreiben gewonnen hatte, zusammen. Nach entsprechender Beratungszeit fanden sich alle teilnehmenden Bands noch mal auf der Bühne ein, wo nach einer kurzen Juryvorstellung dann Second Relation als Gewinner gekürt wurden und sie somit verdienter Weise am morgigen Donnerstag das SUMMER BREEZE 2009 eröffnen werden.
Nachdem mit SECOND RELATION die Sieger der Newcomer Stage ermittelt sind, beginnt um Punkt acht der reguläre Festivalbetrieb, der mit ONE WAY MIRROR stilistisch an die ersten Kapellen des Tages anknüpft. Mit ihrem modernen Metal SOILWORK’scher Prägung fackeln die agilen Franzosen nicht lange und nehmen das bereits gut vorgewärmte Publikum vom Fleck weg mit. Das Partyzelt ist noch immer gut gefüllt und für die Anwesenden scheinen ONE WAY MIRROR keine gänzlich Unbekannten zu sein. Denn die eingängigen Songs werden aufgenommen wie gute Bekannte. Kein Wunder: mit Guillaume Bideau (MNEMIC) und Dirk Verbeuren (eben SOILWORK) hat die Band einschlägig vorbelastete Mitglieder in ihren Reihen. Zur guten Stimmung im Zelt trägt auch der amtliche Sound bei, der dem dynamischen Auftreten der Band schön kernige Bässe und ordentlich röhrende Gitarren beschert und keine Wünsche offen lässt. Hymnische Refrains wechseln sich mit thrashigen Einlagen und treibenden Grooves ab, über die Sänger Guillaume seine variablen Vocals streut – wobei er nicht nur einmal an FAITH NO MOREs Mike Patton erinnert. Dass aller Anfang schwer ist, widerlegt die Band mit einem überzeugenden Gig, der reichlich Bock auf mehr macht.
Der Ausstoß der Nebelmaschinerie hüllt das Partyzelt in einen süß duftenden Dunst, als RAZOR OF OCCAM im Anschluss auf die Bretter steigen, um den Nachweis anzutreten, dass es auch komplett anders geht. Vorbei ist die süße Melodik – ab jetzt kreist der Old-School-Hammer. Wenn man in Betracht zieht, dass die Band zur Hälfte aus DESTRÖYER 666-Members besteht, verwundert das nicht wirklich, lässt aber auch eine gewisse Erwartungshaltung aufkeimen. Nach immerhin zehn Jahren Bandgeschichte haben die Briten neulich ihr erstes Full Length-Album bei Metal Blade herausgebracht und stehen nun livehaftig auf der Party Stage, um ihr Gebräu aus Old School Death und Black Metal mit deutlichem Thrash-Einschlag in die Menge zu jagen. Von eben diesem Album „Homage To Martyrs“ stammt dann auch die Mehrheit der Songs, die das Quartett erwartungsgemäß kaltschnäuzig zum Besten gibt. Viel Bewegung herrscht nicht auf der Bühne. Kaschierendes Beiwerk, wie großartige Bewegung oder andere Formen des Stage-Acting, haben diese alten Hasen nicht nötig. Zum einen würde das nicht zum staubtrockenen Charakter der Songs passen, zum anderen überzeugen sie einfach musikalisch. Die Soli von Gitarrist Ian sind sowohl Augen- als auch Ohrenweide. Dass sich das Publikum auch für ratternden Old-School-Sound begeistern kann, zeigen die durchweg positiven Reaktionen, die der Band während des Gigs entgegen schwappen. Gut so! Denn mit VOMITORY setzt das Billing dem Abend im direkten Anschluss härtetechnisch sogar noch einen drauf.
Gepflegter Schwedentod zum guten Abend, was will man mehr? VOMITORY wissen, was man von ihnen erwartet, fackeln nicht lange und hauen dem Publikum direkt „The Carnage Rages On“ und „Revelation Nausea“ um die Ohren. Und dem Volk geht bei den herrlichen Blasts, die die Schweden aufs Parkett legen, dann auch direkt das Herz auf. Mittlerweile ist das Zelt bis in die letzten Ecken gefüllt, was bei einer so extremen Band wie VOMITORY zunächst doch ein wenig verwundert. Doch die Leute geben Gas, erfüllen willig jede Aufforderung zum Circle Pit und sorgen dafür, dass die gesammelte Wärme von geschätzten 600 abgehenden Körpern bald den Schweiß in Rinnsalen die Zeltwände hinab fließen lässt. VOMITORY haben die Leute von der ersten Minute an im Griff und lockern diesen auch mit „Serpents“ und dem Titeltrack ihres vorletzten Albums „Terrorize, Brutalize, Sodomize“ nicht. Mächtig groovende Monsterparts wechseln sich mit Blast-Attacken ab, dass es eine wahre Wonne ist. Das sieht wohl auch das Publikum so und feiert die Band ab wie einen kleinen Headliner. Nach gefühlten zwanzig Minuten, die sich laut Zeiteisen aber als ausgewachsene Dreiviertelstunde entpuppen, beschließen „Redemption“ und „Under Clouds Of Blood“ einen Gig, mit dem VOMITORY einmal mehr bestätigen, was wir eigentlich schon immer wussten: Gute Musik braucht keine Melodie.
Kurzfristig kam es zu einer Änderung im Ablauf, CATARACT waren nicht rechtzeitig vor Ort und so gingen GOD DETHRONED früher als geplant ins Rennen. Und so betraten nun also die Holländer um Frontmann Henri Sattler die Bühne, um dem Partyzelt mit ihren mächtigen Death-Black-Metal-Hymnen einzuheizen. Sobald die Musiker auf den Brettern erschienen, schallte ihnen ein großer Jubelsturm vom Publikum entgegen. Und GOD DETHRONED legten gleich furios mit „Under A Darkening Sky“, einem wahren Tornado des eingängigen Todesbleis, los. Im Laufe des gelungenen Auftritts zeigte sich deutlich, dass die epischen Melodien, die prägnanten Nackenbrecherriffs, das treibende Schlagzeugspiel sowie die tiefen Growls genau das richtige Futter für die gierigen Fans waren. Zahlreiche Pommesgabeln in der Luft, Moshpits und sogar ein ansehnlicher Circlepit ließen da auch gar keinen anderen Schluss zu. GOD DETHRONED ihrerseits wirkten äußerst engagiert, feuerten präzise und mit viel Leidenschaft einen wuchtigen Death-Metal-Brocken nach dem anderen ins Auditorium, bis schließlich mit dem ungezügelten „Villa Vampiria“ leider schon Schicht für die Tulpenschlächter war.
Obwohl im Zelt natürlich nicht zu erkennen war, ob am Nachthimmel der Mond stand, stieg mit dem Näherrücken des Auftritts der „rumänischen“ Metalrecken, auch die Zahl derjenigen, die inbrünstig den Mond anheulten. Mit minimaler Verzögerung starteten die in schwarze Roben gekleideten Jungs mit „We Take It From The Living“ in ihr Set. Die anfangs leichten stimmlichen Probleme, waren schnell vergessen und Attila Dorn steuerte seine Crew souverän durch die Songs, während das Publikum kaum noch ausgelassener hätte feiern können. Nach dem ersten Song hantierte Dorn mit einem Weihrauchgefäß herum, wodurch er dem Publikum unter anderem die Schweinegrippe austreiben wollte; bei der Band reiht sich eben nicht nur (Mitgröhl-)Hit an Hit, auch die Unterhaltung wird ganz groß geschrieben. Und auch das Auge isst bekanntlich mit, dank großem Backdrop und vier sehr hohen und stimmungsvoll rot angestrahlten Aufstellern in Kirchenfenster-Optik, gabs auch abseits der Bandmitglieder was zu Kucken. Mit Ausnahme des Drummers (wen wunderts?) war die komplette Band ständig am über die Bühne wuseln und gerade Orgelknecht Falk Maria Schlegel heizte die Meute dabei kontinuierlich an. Die neun Songs auf der Setlist boten einen ausgewogenen Querschnitt durch die drei seitherigen Alben und dank der zweistimmigen Gitarrenleads bei „In Blood We Trust“ wehte sogar ein Hauch IRON MAIDEN durchs Zelt. Mit einer recht knappen Spielzeit von gerade mal 45 Minuten war natürlich nicht für jeden Hit Platz auf der Setlist, und so dürften nicht wenige beispielsweise „Mr. Sinister“ vermisst haben, aber was nicht ist, ist nicht. Mit „Kiss Of The Cobra King“ gabs einen optimalen Abschluss, bei dem Attila dann im Bühnengraben mit den ersten Reihen gemeinsam sang.
Wegen Problemen bei der Anreise wurden die Positionen von GOD DETHRONED und CATARACT kurzfristig getauscht. Es dürfte den Anwesenden aber schnell aufgefallen sein, dass da keine niederländischen Death Metaller, sondern Eidgenossen mit ordentlich Hardcore-Attitüde zum Death Metal-Grundgerüst angetreten waren. Die Death Metal-Roots ließen sich direkt an den getragenen Shirts der Mucker ablesen, Sänger Fedi trug einen riesigen Obituary-Schriftzug auf der Brust, während der Basser im Death-Shirt antrat. Im Publikum kochte spätestens ab dem Moment die Stimmung hoch, als Sänger Fedi nach dem von seinen Jungs selbst gespielten Intro die Bühne enterte. Der Pit brodelte non Stopp, die Grabensecurity hatte alle Hände voll damit zu tun die vielen Crowdsurfer von der Menge zu fischen und die Band zeigte sich sehr spielfreudig, agil und kompakt. Verschnaufpausen waren Mangelware, einzig etwa in der Mitte des Sets gabs vor „Killing Tool“ ein Intro vom Band, wo sich die Wogen kurz etwas geglättet haben – nur um dann in der Folge noch höher zu schlagen. Als Sahnehäubchen gabs dann auch die geforderte Wall Of Death. Neben Fronter Fedi fiel besonders Drummer Ricky Dürst positiv auf. Der hatte zwar weder ein riesiges Kit, noch spielte er sonderlich frickliges Zeug, aber im Zusammenhang mit seinem Spiel fiel einem dann direkt die sprichwörtliche Schweizer Präzisionsarbeit ein. Be-ein-druck-en-de Show!