Der letzte Festivaltag begann mit vom Himmel lachender Sonne und dem einen oder anderen kollektiven Lacher: Schließlich eröffneten die Grindcore-Komiker EXCREMENTORY GRINDFUCKERS auf der Main Stage den bunten musikalischen Reigen. Dafür hatten sich die Hannoveraner extra in nagelneue Steinzeit-Dresses im Stile von Fred Feuerstein gezwängt: Yabba Dabba Doo! Noch farbenfroher ging es später bei TROLLFEST zu: Die Band hatte ihr letztes Album ja dem „Flamingo Overlord“ gewidmet, und entsprechend farbenfrohe Onesies trugen die Bandmitglieder da zur Schau. Das mag den einen oder anderen darüber hinweggetröstet haben, dass das diesjährige SUMMER BREEZE ganz ohne die fränkischen Spaßmetaller J.B.O. auskommen musste.
Wir bleiben in einem ähnlichen Farbspektrum und müssen an dieser Stelle mal über eine Band sprechen, die auf jedem SUMMER BREEZE Open Air mit dabei ist, die immer Spaß in den Backen hat, aber auf keinem Plakat zu finden ist: Die Grabenschlampen. Ihr kennt sie: Wenn ihr euch mal als Crowdsurfer auf den Weg in Richtung Bühne macht, sei es alleine, auf dem Freund als Surfbrett oder in einer Mülltonne – wer zieht euch mit einem Lächeln auf den Lippen raus? Genau! Einfach mal danke an dieser Stelle – ohne euch wäre das Festival nicht so spaßig, wie es ist!
Für so manchen war das Wetter allerdings weniger spaßig. Dauerhaft Temperaturen von über 30 Grad – das konnte schon mal mürbe machen: „Ist ja schönes Wetter, aber … puh!“ Also schnell weiter zur Wera Tool Rebel Stage, denn durch die beiden Überdachungen in Form von fliegenden Untertassen wehte dort stets „ein laues Lüftle“. Allerdings konnten sich auch bei gemäßigteren Temperaturen ganz andere Probleme einstellen: VALKEAT-Sänger Miika war offensichtlich so aufgeregt, dass er versehentlich sein Mikro ausschaltete. Das konnte mal passieren, schließlich war das auch der allererste Auftritt der Band außerhalb Finnlands. Und außerdem ging er mit dem Malheur so offenherzig um, dass man ihn hinterher einfach knuddeln wollte. Dagegen zeigten sich DEEZ NUTS auf der T-Stage so abgeklärt, dass sie einfach mal nur zu dritt auftraten. Der Grund: Den Australiern war ein paar Tage zuvor ihr Bassist abhandengekommen, weswegen sie den Auftritt nur mit Drums, Gitarre und Gesang durchzogen. Da aber Sänger JJ Peters sowieso über die ganze Bühne tigerte und sich auch einige Abstecher an die vordersten Reihen der Crowd machte, fiel das Fehlen eines Tieftöners gar nicht mal so sehr auf.
Metallische Nachwuchsarbeit und Früherziehung beim SUMMER BREEZE: Jedes Jahr spielen nicht nur kinderfreundliche Bands wie RANDALE, es gibt auch spannende Führungen aka. Kinderferien-Programm mit jungen Menschen. Super Aktion, denn früh übt sich gilt auch in der bunten, aufregenden Metal-Welt! Auch wenn man das eine oder andere Shirtmotiv auch in diesem Jahr pädagogisch sinnvoll erklären musste.
Zurück ins Infield: Da saßen viele menschliche Schweißperlen im Mülltonnenschatten oder im Schutz anderer Sonnenverdecker. Und immer, wenn eine kühle Brise unseren Weg kreuzte, dankten wir wem auch immer und wünschten uns mehr davon. Freund*innen, wir hoffen wirklich, dass ihr euch gut geschützt habt! Zumindest wirkte das Infield wie eine Messe für Kopfbedeckungen aus aller Welt.
Wobei einige der Hitze sogar bewusst trotzten, indem sie sie modisch herausforderten: beispielsweise mit felligen Ganzkörperverkleidungen und gleich mehreren großen Trinkhörnern, die allesamt an der Buxe eines leidenschaftlichen Wikingers hingen.
Wer sich ausruhen wollte, hatte also jede Menge zu sehen. Unter anderem David Metalhoff, der sich an einem Bekleidungsstand in Pappe verwandelt hat und auf einem Papierschild darüber informierte, dass er am Samstag versteigert werden sollte. Du hast ihn jetzt bei dir zu Hause stehen? Schick uns gern ein Foto!
„Für immer Liebe, Spaß und Glück“, hörten wir mit der unverkennbaren Stimme von Stumpen – und freuten uns, als er „Glück“ am Liedende durch „SUMMER BREEZE“ ersetzte.
Mexiko, Schweiz, Frankreich, Indien, Holland, Thailand, Türkei, Italien, Schlaraffenland – gemeint ist der Vorschlag für eine kulinarische Rundreise, die man während des Festivals buchstäblich genießen konnte. Und das alles im Bayerischen Biergarten zu einem brasilianischen Cocktail. Tipp: Danach bei der Hornbach-Aufbaustelle aus dem Fresskoma holen lassen und auf der orangen Rutsche zurück ins Festivalleben gleiten. Herrlich!
Huch, Céline Dion auf der Mainstage? Fast. Tatsächlich sang Marc Hudson den weltberühmten „Titanic“-Song „My Heart will go on“. Dass DRAGONFORCE damit jedem Eisberg gekonnt auswichen, bewies das begeistert applaudierende Publikum. Coole Cover-Idee aus dem Jahr 2019!
Letzter Tag. Da mischte sich hin und wieder eine Träne unter die Schweißtropfen. Allerdings holte uns das bockstarke Programm jederzeit in den Moment zurück, um ihn ausgiebig zu genießen. Zum Beispiel bei KILLSWITCH ENGAGE, die das Infield füllten wie so manche ihren Biermagen – noch ganz hinten saßen Leute und „hör-schauten“ das Konzert auf den Leinwänden.
Auf der Wera Tool Rebel Stage spielten IOTUNN ein Kontrastprogramm der Extrasonderklasse. Für einige war der Auftritt der Isländer DAS Highlight des diesjährigen Festivals. Wahnsinn, was auch auf den kleineren Bühnen Großartiges passiert!
Habt ihr die großen BREEZE-Logos gesehen? Am Ende waren die Installationen mit allerhand Stickern beklebt. So fungierten sie als noch besserer Spot für Selfies – vor allem auf dem Hauptfeld mit der Main Stage im Hintergrund. Hat jemand ein Selfie eingefangen, bei dem gerade Pyros hochgehen? Lasst gern sehen!
Zurück auf die Bühnen. Viele der Musiker hatten unverwechselbare Moves: So bewegte sich BEARTOOTH-Sänger Caleb Shomo beispielsweise eher in einem unaufhörlichen Hüpfen, während KNORKATOR-Sänger Stumpen zu den ganz großen Sprüngen ansetzte. Die Trademark-Bewegung von DECAPITATED-Sänger Rafał Rasta Piotrowski war hingegen ein ständiges Rühren mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand, um die Menge zu einem Circle Pit zu animieren. Was uns zur großen Frage führte, was er während des einstündigen Auftritts alles hätte rühren können: Martini, Teig, Sahne? Unendliche Möglichkeiten…
Noch ein paar Bonmots aus Musikermund: IN FLAMES-Sänger Anders Fridén hatte es angesichts zahlreicher Anfeuerungsrufe schwer, selbst etwas zu sagen, weswegen er der Meute grinsend entgegnete „Shut the fuck up!“ Joacim Cans von HAMMERFALL wiederum wollte genau das Gegenteil erreichen und feuerte die Menge noch weiter an: „You are not in school, you’re at a Metal Festival. Here you raise your arm and scream!“ Wahre Worte. Besonders lässig zeigte sich Manuel Gagneux von ZEAL & ARDOR, deren Auftritt von einem technischen Problem heimgesucht wurde: „Das ist der Teil vom Set, wo wir einen Server rebooten!“ um später die unfreiwillige Pause launig zu überbrücken: „Und sonst so? Familie, Auto, Urlaub?“
So langsam neigte sich die SUMMER BREEZE-Sause aber dem Ende zu: Da gab es noch einmal Black-Metal-Sperrfeuer von MARDUK, eine technisch perfekte Old-School-Death-Metal-Watschn von David Vincent (ex-MORBID ANGEL) und I AM MORBID sowie schweißtreibenden Überholspur-Rock von MOTORJESUS. Das Ende allerdings war noch einmal ein besonderes Schmankerl: PERTUBATOR, die auf der T-Stage die Menge mit einer Synthwave-Breitseite und einer tollen Lichtshow in die Nacht verabschiedete.
Wie denn, wo denn, was denn – das SUMMER BREEZE war schon wieder vorbei? Leider. Da ist es aber gut, dass der Countdown für nächstes Jahr bereits läuft. Servus, tschö, ciao, bis bald. Wir sehen uns nächstes Jahr alle wieder!
Die EXCREMENTORY GRINDFUCKERS waren unter die Urzeitjäger gegangen: Jedenfalls enterten die Hannoveraner Spaßmetaller in leopardengemusterten Togas mit Fellbesatz und farblich abgestimmten Stirnbändern die Mainstage, um… na ja, um den einen oder anderen Songklassiker zu erlegen und auf dem Grindcore-Lagerfeuer kross zu braten. Da wurde aus EUROPEs „The Final Countdown“ in der Bearbeitung der sechsköpfigen Truppe „The Final Grinddown“, da wurde aus „Anton aus Tirol“ der „Grindcore Out Of Hell“. Das gefiel zu früher Stunde bereits erstaunlich vielen Fans, die sich da im Infield tummelten und nicht nur einen Circle Pit und eine (nach Geschlechtern getrennte) Wall Of Death initiierten, sondern später auch eine schier endlose Polonaise zelebrierten. Aber die GRINDFUCKERS waren mit ihrer sympathischen und durchgeknallten Art auch ein Garant für gute Laune: „Wer hat an diesem Wochenende ordentlich gesoffen?“ fragte da der Sänger – nur um als Resümee den nächsten Song anzukündigen: „Ihr habt den Alkohol nie wirklich geliebt“. Selbst die schäbig gespielten Keyboards und der schiefe Gesang gehörten mit zum Konzept – wichtig war nur, dass am Ende eine schnell geschredderte Grindcore-Version rauskommt. Keine Frage, dass da im Publikum immer wieder „Grindcore, Grindcore“-Anfeuerungen aufbrandeten und schließlich alle Hände nach oben gingen, als einer der GRINDFUCKERS im Dino-Kostüm von der Bühne stieg, um selbst auf der Crowd zu surfen.
Tag fünf des Festivals steckte den Besuchern sichtlich in den Knochen und zudem knallte der Planet gnadenlos vom Himmel. Noch 15 Minuten vor Showbeginn war die Zuschauerzahl vor der Bühne sehr übersichtlich, aber sobald MILKING THE GOAT MACHINE nebenan die Ziegen fertig gemolken hatten, tauchte massig Laufkundschaft auf und blieb interessiert stehen, denn da wallte schon Nebel von der Bühne und Backdrop und Aufsteller verkündeten den Bandnamen. Die in fröhliches Schwarz gekleidete Band startete mit „Empty Throne“ energisch in ihr halbstündiges Set und ihr Sänger begrüßte die Meute mit „Hallo SUMMER BREEZE, wir sind A SECRET REVEALED, und wo wir herkommen, ist scheißegal!“. Im Gegensatz zum Publikum, das sich über den Schatten der zwei kreisrunden Dächer vor der Bühne freute, stand die Band selbst in der prallen Sonne, was die Fünf aber nicht daran hinderte sich zu ausgiebig zu bewegen; besonders der bärtige Bassist Julian und Gitarrist Lukas waren exzessiv am Bangen. Fronter Michael forderte dann auch Bewegung vor der Bühne: „SUMMER BREEZE, ich weiß, es ist heiß, aber ihr könnt euch doch ein bisschen bewegen!“; und siehe da: prompt wachte die Crowd auf! Kleinere technische Probleme löste die Band souverän, so dass es zu keinerlei Verzögerungen kam. Und als mit „The Veil“ dann schon der letzte Song auf dem Plan stand, waren sich alle einig, dass die Show viel zu schnell vorbei war. Im September sind die Jungs mit PRAISE THE PLAGUE auf Tour, schaut vorbei!
Einer der heißesten Newcomer auf dem SUMMER BREEZE dieses Jahr waren VALKEAT aus Finnland. Die Band, die sich ganz dem Folk Metal verschrieben hat, setzt dabei auf einen modernen Touch und traditionelle Instrumente wie die finnische Kantele. So waren auch heute auf der Bühne gleich zwei Kantele-Spieler mit dabei. Man merkte besonders Frontmann Miikka, der ruhelos auf der Bühne auf und ab tigerte, die Aufregung bereits vor Beginn des Sets sichtlich an. Als es nach einem stimmungsvollen instrumentalen Intro endlich los ging, gab es für ihn auch kein Halten mehr. Miikka, der optisch ein bisschen Ähnlichkeit mit einem jungen Lauri Ylönen von The Rasmus hat, enterte den Bühnenrand, stellte die Band und ihre Musik kurz vor und verkündete hoffnungsvoll, den Auftritt mit Hilfe der Zuschauer zu “the best show of this entire fucking festival“ machen zu wollen. Leider durchkreuzte ihm da sein Mikrofon direkt den Plan, das er erst versehentlich ausschaltete, und das danach dann technische Probleme bereitete, so dass er einen Abstecher hinter die Bühne machen musste und seinen Einsatz zum ersten Song verspätet antrat. Danach lief alles erst einmal nach Plan, und die sympathischen Finnen boten handwerklich sehr gut gemachten, atmosphärischen Folk Metal. Der Menge gefiel es sichtlich, und die versammelte Meute ging gut mit. Die Ansage, dass dies der erste Auftritt VALKEATs außerhalb Finnlands sei, dürfte eine gute Erklärung für die arg sichtbare Nervosität des Sängers sein, die in starkem Kontrast zur typisch finnischen, stoischen Art des Bassisten und des im rückwärtigen Teil der Bühne stehenden Kantele-Spielers stand, die kaum eine Miene verzogen. Trotz kleinerer klanglicher Defizite kamen VALKEAT jedoch mit ihrem Set und ihrem frischen Sound bei den Zuschauern spürbar gut an, und auch der durch die Menge wandernde Merch-Verkäufer mit seinem Bauchladen war gut mit Bestellungen der Zuschauer beschäftigt.
Das Gratis-Kinderkonzert (frühkindliche Prägung – so wichtig!) ist zu einer willkommenen Tradition am Festivalsamstag geworden. Und die Bielefelder Band RANDALE ist untrennbar mit dieser Tradition verbunden. Da die „Stricken“ Party Stage (wer genau hinsah, hat bemerkt, dass das Partyschnaps-Banner im Bühnenhintergrund extra für das Kinderpublikum entsprechend modifiziert wurde) außerhalb des eigentlichen Infields liegt, ist der Besuch für Kinder aus der Region kostenlos möglich und schon lange vor der Show füllte sich die Fläche vor der Bühne – und das obwohl die Sonne da gnadenlos brannte. Die Grabensecurity war entsprechend eifrig damit beschäftigt Wasser, Sonnencreme und Ohrstöpsel an die vorderen Reihen zu verteilen. Als die Band dann unter Applaus auf die Bühne kam und in ihr Set startete, merkte man direkt, dass da massig textsichere kleine (und große!) Fans vor der Bühne standen, denn gleich der Opener „Sandkastenrocker“ wurde aus vielen Kehlen mitgeschmettert. Fronter Jochen Vahle brachte dem Nachwuchs unterhaltsam die Metal-Gepflogenheiten nahe und erklärte z.B. direkt zu Anfang „Ganz wichtig beim Rock’n’Roll: immer ein bisschen bescheuert kucken!“, Später gabs dann u.a. noch Infos zum Stagediven und Crowdsurfen. Das Publikum fraß Vahle aus der Hand und sogar seine Polonaise durchs Publikum beim „Omma und Oppa“ war ein riesiger Erfolg. „Hardrockhase Harald“ beendete den 60minütigen Siegeszug der Band, mal wieder ein Riesenspaß für alle Beteiligten!
Ein Garant für beste Unterhaltung waren KNORKATOR schon immer. Und obwohl die gnadenlos vom Himmel brennende Sonne den Besuchern sichtlich zu schaffen machte, hatte sich eine große Menge vor der Bühne eingefunden, um „Deutschlands meiste Band der Welt“ zu feiern. Diese betrat in rote Satin-Gewänder gekleidet die Bühne, um ihrerseits zunächst den „Sieg der Vernunft“ zu feiern. Anschließend beorderte Sänger Stumpen „alle Fotografen auf die Bühne“, damit diese das folgende „Die Welt wird nie wieder so, wie sie vorher war“ aus der Perspektive der Band dokumentieren konnten. Die Verabschiedung folgte in gewohnt direkter Weise mit einem herzlichen „Los verpisst euch, wir haben zu tun!“ auf dem Fuß. Hinter der vordergründig primitiven Straßenköter-Fassade versteckten KNORKATOR ihre anspruchsvolle Dichtkunst voll hintergründiger lyrischer Extravaganz. Das Publikum war begeistert, nur Stumpens Tochter Agnetha schien das alles reichlich kalt zu lassen. An einem Bistrotischchen im Bühnenhintergrund sitzend las sie betont gelangweilt in einem gelben Reclam-Heftchen und gab damit eine gekonnte Parodie auf den affektierten Kultur-Feuilletonismus des Landes ab, welche sich im Traum nicht auf ein KNORKATOR-Konzert verirren würde. Immerhin durfte sie ihren alten Herrn später als Gastsängerin bei „Ding Inne Schnauze“ vertreten und dessen charakteristischem Falsettgesang ernsthafte Konkurrenz machen. Bei „Böse“ war es hingegen Alf Ators Sohn Tim Tom, der den Leadgesang übernehmen durfte – offensichtlich bereiteten die KNORKATOR-Köpfe den eigenen Ruhestand vor und brachten die nachfolgende Generation zur Fortführung des eigenen musikalischen Erbes bereits in Stellung.
Der Norden stattete dem SUMMER BREEZE heute einen Besuch ab. Frischer als ein Hamburger Fischbrötchen fungierten HALF ME auf der Party Stage als kleiner Metalcore-Geheimtipp und Leckerbissen. Knackiger Core- Sound, unterlegt mit Electro-Tunes, war das Rezept der Hamburger Jungs. Bämms, direkter Anschlag auf die im Takt headbangenden Festivalbesucher. Die Band hatte Bock. „SUMMER BREEZE, was zur Hölle ist los?“ wird sich grinsend gewundert. Aber natürlich im besten Sinne gewundert. Mit geschlossenen Augen wurde vor der Bühne mit der Band getanzt oder auch in etwas härterer Gangart mit der Faust in der Luft Staub vom trockenen Boden stampfend aufgewirbelt. HALF ME spielten ihr Set angenehm unaufgeregt. Der schnörkellos, direkt präsentierte Metalcore, fokussiert auf die Musik, entspannt in Kapuzenpullovern und Shorts dargeboten, konnte mehr als nur überzeugen. Die Hamburger hinterließen mit ihrem energiegeladen Set innerhalb von 30 Minuten bleibenden Eindruck. Also definitiv mehr als nur ein Geheimtipp.
Gluthitze am Samstagmittag. Durch das von Publikumslieblingen gespickte Line-Up war das Infield bereits zur vergleichsweise frühen Zeit stattlich gefüllt, was aber gleichsam dazu führte, dass kaum mehr ein Lüftchen von außerhalb durch die Menge wehte. Die angestaute Hitze kanalisierte so stark, dass man meinen könnte, bei HATEBREED blieben nur noch die Harten vor der Bühne. Doch weit gefehlt. Die US-amerikanische Hardcore-Institution brachte den ohnehin schon brodelnden Kessel in kürzester Zeit zum Überschwappen und hielt diese Intensität über die gesamte Spielzeit. Wer betrat da aber die Bühne? In den letzten Jahren ist bei Jasta das Modell „Fleischmütze“ einer Vollmähne inklusive Bart gewichen, aber die ersten Töne bewiesen, dass hier kein Doppelgänger am Werk war. Mit „Destroy Everything“, „Live For This“ oder dem absoluten Mitgröler „I Will Be Heard“ hatte das Quintett auch ein ganzes Sammelsurium an Schädelspaltern mitgebracht, welche durch die transpirierende Menge stets mit gereckten Fäusten abgefeiert wurde. Auch vor der Bühne sorgten HATEBREED wie gewohnt für ordentliche Staubwirbel. Im wahrsten Sinne des Wortes. Moshpits und Circle-Pits bis zur totalen Erschöpfung waren schließlich die Devise. Mit einem Staubfilm auf der nassen Haut und, wie zwischenzeitlich von Jasta gefordert, ohne Stimme, durften sich die offensichtlich glücklichen Zuschauer danach wieder in Richtung Zeltplatz oder der nächsten Band begeben.
Für die abendliche Party bei den Frankfurtern von TANKARD brauchte es keine Einladung. Nach über 40 Jahren Thrash Metal, wie der erneut humorvoll aufgelegte Fronter Gerre mehrfach betonte, hat das Original keinen Deut Rost angesetzt. Mit viel Spaß bei der Sache schwang sich das Quartett durch das Set, das insgesamt mit einigen Klassikern gespickt war. Ob „Zombie Attack“ oder „Chemical Invasion“ – Gerre & Co ließen kaum Hits der Bandgeschichte unberührt. Bei Letzterem tanzte der Bandchef mit einem Crewmitarbeiter, „A Girl Called Cerveza“ widmete er einer jungen Dame in der ersten Reihe. Dort hatten sich wie üblich bei einer TANKARD-Show auch einige Fans von Eintracht Frankfurt versammelt und sich auch als solche zu erkennen gegeben. Dass Gerre die Mitarbeiter von Film und Fernsehen in einem Anflug von Überschwang als korrupt bezeichnete, nahm er selbstredend sofort zurück – dem sympathischen Tanzbären kann man einfach nicht böse sein. „Metal ist Liebe“ war abschließend das Motto einer gut gelaunten, dynamischen und schlichtweg typischen Show der Frankfurter, bei der Gerre am Ende wohl auch zum ersten Mal im Leben ein Bild von der Menge schoss, wie es andere Bands am Setende üblicherweise vollziehen. Bei TANKARD ist man eben klassisch.
Direkt mit einem Knaller, nämlich „My Curse“, begann die fulminante Show von KILLSWITCH ENGANGE auf der Main Stage. Die bestens aufgelegte Band ging ohne große Worte direkt ans Eingemachte. Nach drei Songs richtete Gitarrist Adam Dutkiewicz dann erstmals das Wort an die Fans und zwar um sich zu bedanken und die Menge zu seinen Füßen gleichzeitig noch weiter anzuspornen. Die Band rund um Fronter Jesse Leach zeigte sich energiegeladen und extrem motiviert, verzichtete dabei gleichzeitig auf jegliche Spezialeffekte. Frei nach dem Motto „Less is more“ gabs von KILSWITCH hier heute deutlich „more“. So wie im Publikum Crowdsurfer auf Crowdsurfer, folgte auf der Bühne ein Hit auf den nächsten. Von „Hate by Design“ über „The End Of Heartache“ kredenzten die US-Amerikaner die Filetstücke ihrer Diskografie und freuten sich sichtlich, wie die Menge ausrastete. Die Doppelpack-Crowdsurfer bekamen ihren extra Lob. „Guys you are amazing, never seen that before, you are surfing on a crowdsurfer. Crazy shit!“ hieß es von der Band lachend und anerkennend. Gitarrist Adam übernahm den Großteil der Ansagen und bat mit seiner bekannt zurückhaltenden Art darum den Circle Pit zu eröffnen. Und das Publikum folgte ihm da nur zu gerne. Das Ergebnis war eine amtliche Wall Of Death, in der es ordentlich schepperte. „You guys know how to make a bunch of drunk americans very happy“ rief Jesse Leach von der Bühne, um danach im Graben auf Tuchfühlung zu gehen, und High-Fives zu verteilen. Gitarrist Adam machte es ihm nach und spurtete ebenfalls kurz darauf in den Graben und ging auf Tuchfühlung mit den Fans. KILLSWITCH ENGAGE prügelten sich kompromisslos durch eine Setlist, die keine Wünsche offenließ. Am Ende schloss die Band mit einem tributzollendem Dio-Cover des Klassikers „Holy Diver“. Holy Shit, KILLSWITCH ENGAGE, das war ein imposanter Start-Ziel-Sieg!
Wolken zogen auf und verdeckten die Sicht auf die untergehende Sonne am Horizont, als IOTUNN ihren Gig pünktlich wie die sprichwörtliche Feuerwehr starteten. Da die atmosphärischen Stücke der Band aber mit strahlendem Sonnenschein ohnehin nur bedingt kompatibel waren, herrschten nun optimale Bedingungen für die Show der Dänen. Ihr spannender Mix aus melodischem Death Metal, progressiven Klängen und einer düster-melancholischen Grundstimmung war absolut originell und einzigartig. Das fanden auch die zahlreich herbeiströmenden Zuschauer, die der Musik andächtig lauschten und dabei kräftig im Takt mitwippten. Mit bislang nur einem Album war das Songrepertoire zwar begrenzt, da ihr Debüt sich aber ausschließlich aus Hochkarätern zusammensetzte, fiel es IOTUNN nicht schwer, die 45-minütige Spielzeit zu füllen. Der charismatische Sänger Jón Aldará musste unter dem weißen Kapuzenmantel, der sein Gesicht weitestgehend verbarg, ordentlich ins Schwitzen gekommen sein. An seiner Leistung gab es jedoch ebenso wenig auszusetzen wie an der seiner Hintermannschaft um die beiden Gräs-Brüder Jesper und Jens Nicolai an den Gitarren. Mit dem überragenden „Voyage Of The Garganey I“ beendeten IOTUNN ihren starken Einstand auf dem SUMMER BREEZE 2023 und empfahlen sich direkt für eine der größeren Bühnen in den kommenden Jahren.
Ein Backdrop mit dem Motiv des aktuellen Albums „Cancer Culture“ zierte den Bühnenhintergrund und gab die Marschrichtung des DECAPITATED-Gigs heute vor: Die vier Bandmitglieder enterten zum Intro „From The Nothingness With Love“ nacheinander die Bühne und legten erst einmal mit dem Titeltrack und „Just A Cigarette“ los, um in der Folge überwiegend bei neuen Stücken zu bleiben. Die Stücke boten neben einem ordentlichen Groove auch ziemlich zackiges Gitarrenriffing und setzten die Meute schnell in Bewegung. Spielen können die Jungs auf ihren Instrumenten ja sowieso, und auch die Interaktion mit dem Publikum war der Band wichtig: So fragte Sänger Rafał Piotrowski, wer denn heute das allererste Mal die Band sehen würde – und da waren schon erstaunlich viele, die die Hand hoben. Also setzten DECAPITATED zu einem Rundumschlag an und spielten nicht nur mit „Sheres Of Madness“ ihren größten Hit, sondern mit „Nine Steps“ sogar einen Uraltsong von ihrem ersten Album „Winds Of Creation“. Überhaupt der Sänger: Der Mann mit den knielangen Rastas machte unentwegt drehende Bewegungen mit seinem Zeigefinger. Die Fans ließen sich jedenfalls ein ums andere Mal davon inspirieren und fegten mit ICE-Tempo durch den Circle Pit. Wie sagte Gitarrist Vogg zwischendurch: „Danke, SUMMER BREEZE, ihr enttäuscht nie!“ Äußerst sympathisch war, dass Gitarrist Vogg nach dem fast schon obligatorischen Selfie mit der Meute zu den Klängen des Outros noch einmal alle Bandmitglieder vorstellte: Das gab noch einmal einen Extrajubel.
Die Göteborger Metalwalze IN FLAMES rollte gnadenlos über das SUMMER BREEZE. Mächtig und erhaben startete die druckvolle Show mit „The Great Deceiver“. Immer wieder aufbrandende Sprechchöre mit den Worten „In Flames“ aus den Mündern von 40.000 Festivalbesuchern zeigte deutlich, die Band ist hier heute sehr willkommen und das Publikum ordentlich on fire. Die Schweden konnten es scheinbar selbst kaum fassen, was sich da vor der Bühne abspielte. Ein Crowdsurfer nach dem anderen wurde von der Menge gefischt während Anders Fridén und Co. mit Songs wie „Cloud Connected“ und „I Am Above“ die Stimmung weiter aufheizten. Mit gleich drei Songs war das aktuelle Album „Foregone“ am stärksten vertreten, ansonsten war es ein Rundumschlag durch die zurückliegenden Alben und mit „Behind Space“ mischte sich sogar ein Track vom Debüt „Lunar Strain“ (das 2024 tatsächlich seinen 30. Geburtstag feiert!) in die Setlist. Der Fokus lag aber eindeutig auf den aktuelleren Veröffentlichungen. Der Hexenkessel kochte weiter hoch und Fronter Anders kämpfte gegen die „IN FLAMES“-Rufe mit einem „Shut the f#€k up!“ an welches er grinsend in die Menge bellte, nur um auch einmal selbst zu Wort kommen zu können. Was folgte waren dankbare Sätze. „We are honored to reach you people with our music. We wanna say thank you!“ Daraufhin gab es anhaltenden Beifall. Das AC/DC Cover „Let me put my love into you!“ war zum Schluss die sprichwörtliche Kirsche auf der Sahne.
Am letzten Tag spielte die wohl böseste Band des diesjährigen SUMMER BREEZE. Moment, MARDUK und BREEZE, da war doch etwas? Wollen wir erst mal über die alte Geschichte sprechen? NEIN, NUR MARDUK, VERDAMMTE SCHEISSE!“ Okay, okay … Als die Musiker kunstvernebelt auf die Bühne kamen, rief trotzdem jemand den legendären Satz aus dem früheren Interview. Humorvoller Einstieg, bevor die Schweden sofort jede gute Laune wie Kirchenkreuze umdrehten. Der Sound unterstützte die blasphemischen Nummern optimal: laut, druckvoll, meistens gut abgestimmt – schade, dass die Gitarre gerade beim Über-Riff von „The Blond Beast“ nicht gut zu hören war. Schon früh feuerten MARDUK „Baptism By Fire“ in die Meute, zu dem ein Typ tatsächlich kurz Macarena tanzte! Es folgten Songs wie „Viktoria“, bei dem Morgan teilweise extrem angestrengt aussah, das fantastische Midtempo-Monster „The Blond Beast“, zu dem die ersten Pyros hochgingen, und „With Satan And Victorious Weapons“, das natürlich nicht fehlen durfte. Noch mal: Der Sound unterstützte den Gig wirklich enorm. Und das ist gar nicht so selbstverständlich, denn da MARDUK viele Hochtempo-Geschosse haben, bei denen im Blastbeat- und Doublebass-Gewitter schnell andere Details untergehen. Umso glücklicher wirkten die Zuschauenden, die sich nur allzu gern von Mortuus‘ unverkennbar fiesem Gekreische angiften ließen. Zwischendurch schüttete sich Mortuus am Drumkit Wasser über den Kopf und warf den Becher dann nach vorn. Der traf den Mikroständer am Schlagzeug, der erst wieder gerichtet werden musste, bevor es weitergehen konnte. Die kleine Anekdote soll nur zeigen, dass auch bei einem nahezu perfekten Auftritt etwas schiefgehen kann. Ändert natürlich nichts, denn das war auch abseits der Kriegsthematiken ein Bombenauftritt!
Der Auftritt von HAMMERFALL begann mit hallenden, dunklen Glockenschlägen, die beim Publikum die Spannung auf das Kommende noch mehr steigerten. Die Glockenschläge leiteten über zum ersten Song “Brotherhood“, und sofort wurde klar: heute sind die Schweden in absoluter Bestform. Die Zuschauer entfachten im Bereich vor der Bühne direkt einen wahren Hexenkessel. “Brotherhood“ ging über in “Any Means Necessary“, gefolgt von “The Metal Age“, das in lautstarken HAMMERFALL-Chören aus dem Publikum ausklang. Schon während dieser ersten drei Songs wurde auch nicht an Pyropower gespart. Joacim Cans begrüßte die begeisterte Menge mit warmen Worten und erklärte, die Band habe die Fans sehr vermisst und er könne versprechen, dass der Auftritt episch werden und es “no fucking ballads“ geben würde. Diese Ansage wurde mit frenetischem Jubel belohnt, bevor die Band “Hammer Of Dawn“ und “Blood Bound“ zum Besten gab. Leider setzte während letzterem Regen ein, der sich bei “Renegade“ noch verstärkte. Das zuvor noch sehr gut gefüllte Infield vor der Main Stage leerte sich um gut ein Drittel regenscheuer Zuschauer. Sehr schade, denn HAMMERFALL lieferten einen super Auftritt ab. Der Frontmann gab eine kurze Anekdote von der vergangenen Tour mit HELLOWEEN zum Besten, als ihn auf Social Media jemand fragte “Why metal? Nobody listens to that anymore!“ Damit hatte er die Lacher auf seiner Seite, als er dann auch treffend feststellte: “Show them the finger!“ und das auch gleich wunderbar demonstrierte, denn warum wären wir sonst alle heute hier? Als einleitende Worte zum Song “Venerate Me“ mahnte er das Publikum, jeden Tag zu genießen, denn man hat nur das eine Leben. “You die once when you take your last breath, you die a second time when someone says your name for the last time“. Immer wieder forderte der Fronter die Meute zum Mitmachen auf, sei es “you are not in school, you`re at a Metal Festival. Here you raise your arm and scream!“, oder zum allseits beliebten Mitsingspielchen zu “Let The Hammer Fall”. Im Publikum, das den Anweisungen begierig folgte, herrschte sicht- und hörbar eine Bombenstimmung. Zum abschließenden “Hearts On Fire” kletterte Cans gar auf die Absperrung zur ersten Reihe und hielt das Mikro im Refrain abwechselnd begeistert mitgrölenden Fans vor die Nase. Damit endete ein energiegeladenes Set voller alter und neuer Songs, das für Fans und solche, die es werden wollten, keine Wünsche offenließ.
I AM MORBID-Bassist und Sänger David Vincent brachte die Mission seiner Band kurz und knapp auf den Punkt: „We play some old school shit“, sagte er zu Beginn, um sich später dann demütig zu zeigen: „Das SUMMER BREEZE ist ein tolles Festival mit tollen Bands – ich hoffe, ihr zählt uns am Ende dazu!“ Man muss es an dieser Stelle noch einmal sagen: Hier standen zwei von drei Mitgliedern des klassischen MORBID ANGEL-Line-Ups auf der Bühne, um Klassiker ebenjener Band zu spielen. Dazu gehörten neben „Fall From Grace“ auch einige Stücke von „Covenant“, das vor 30 Jahren veröffentlicht wurde – „unbelievable!“, wie es der Frontmann passend einordnete. Neben Vincent war Drummerlegende Pete Commander Sandoval mit am Start, der mit seinen 59 Jahren immer noch eine unfassbare Präzision und Energie hinter seinen Kesseln entwickelte. Dazu standen mit Bill Hudson und Richie Brown zwei Gitarristen auf der Bühne, die jedes Trey Azagthoth-Solo in atemberaubendem Tempo spielen konnten. Da gaben sich die beiden nach ihrer gemeinsamen Solo-Einlage erst einmal die Bro-Faust. Wahnsinn! Im Infield sah man bei Klassiker wie „God Of Emptiness“ selige Gesichter und David Vincent intonierte gegen Ende in schönster tiefer Singstimme den TYPE O NEGATIVE-Evergreen: „SUMMER BREEZE makes me feel fine!“ Besser konnte man es wohl kaum ausdrücken.
Trotz der späten Stunde hatte sich das Infield vor der Main Stage bereits gut gefüllt, als ZEAL & ARDOR ihren Linecheck abschlossen. Ihr Auftrittsbeginn wurde durch ein Internetproblem, das den Arte-Livestream beeinträchtigte, leider etwas verzögert. Für eine amüsante und sehr skurrile Pausenunterhaltung sorgte die Animation eines tanzenden Hähnchens, die auf beiden großen Bühnenscreens lief. Wir können die Verwirrung an dieser Stelle aufklären: Das Hähnchen hatten ZEAL & ARDOR selbst bestellt. Wenig später startete die Band mit dem äußerst gelungenen Opener „Church Burns“, gefolgt von „Götterdämmerung“. Nach einigen Stücken begrüßte Fronter Manuel Gagneux das SUMMER BREEZE-Publikum und kündigte an, weniger zu reden und mehr Musik zu spielen. Doch das sollte noch etwas anders als geplant kommen. ZEAL & ARDOR hatten ein weiteres Mal Pech mit der Technik, meisterten dieses aber spielend durch Gagneuxs humorvollen Umgang damit: „Das ist der Teil vom Set, wo wir einen Server rebooten, oh yeah“ war nur einer der Sprüche, mit denen er die Menge bei Laune hielt und der Band zusätzliche Sympathiepunkte einbrachte. Das Publikum antwortete prompt mit „Reboot! Reboot!“-Schreien. Der Großteil des Auftritts lief glücklicherweise reibungslos ab und steigerte sich von Song zu Song in seiner Dynamik. ZEAL & ARDOR verausgabten sich sichtlich und brachten das volle Spektrum der in ihren Songs angelegten Emotionen rüber. Ob dabei die makellose musikalische Leistung oder das Zusammenspiel der verschiedenen Vocals beeindruckender war, lässt sich schwer beantworten. Die ausgesprochen starke Setlist endete mit „Baphomet“, nach dem sich die Band mit einem „Hail fucking Satan!“ verabschiedete.
Die Jungs aus Mönchengladbach hatten sich mal richtig etwas überlegt in Sachen Ausstaffierung der Bühne. Neben dem riesigen Backdrop nahmen diverse andere Requisiten das Thema „Motorsport/Autowerkstatt“ auf, so gab es u.a. Ölfässer, Zapfsäulen, Verkehrsschilder und karierte Zielflaggen zu sehen. Fronter Chris Birx war aufrichtig überwältigt ob der beachtlichen Masse an Menschen, die sich mitten in der Nacht gegen 1:30 Uhr für die vorletzte von insgesamt 120 Bands vor der Bühne versammelt hatten – und das nachdem viele von ihnen bereits schon seit Dienstag vor Ort waren. Da hatten sich wohl die herausragenden Livequalitäten der Band herumgesprochen… „Fist Of The Dragon“ wurde vom Sänger den Helden der 80er-Jahre gewidmet, u.a. nannte er Chuck Norris, Arnold Schwarzenegger, Bud Spencer und Terence Hill. Bei „King Of The Road“ wurde für die vergessene Cowbell dann stilsicher auf einem Radkreuz (so heißt das nämlich Herr Brix!) rumgedengelt. Für diverse „Sondereinsätze“ hatte die Band einen Mitarbeiter, der immer wieder in andere Rollen schlüpfte und so u.a. im Blaumann und mit großem Schraubenschlüssle oder als Jesus der Bier ans Volk verteilte auftrat. Megaröhre Birx schaffte es über die 45 Minuten ihres Sets immer mehr Leute zum Mitmachen zu motivieren und als die Band zum Abschluss die SACRED REICH-Nummer „Independent“ abfeuerte gab es tatsächlich noch einen heftigen Circle-Pit, Respekt an Band und Publikum!
Mit PERTURBATOR stand der letzte Act des diesjährigen SUMMER BREEZE an, und damit eines der Highlights. Wer am letzten Festivaltag bis 2:15 Uhr nachts durchgehalten und sich vor der T-Stage eingefunden hatte, meinte es ernst und war gekommen, um das SUMMER BREEZE tanzend ausklingen zu lassen. PERTURBATOR eigneten sich mit ihrem düsteren und dabei sehr tanzbaren Darkwave perfekt. Sie machten es spannend und schürten die Vorfreude mit einem verheißungsvollen Intro. Mit „Excess“ vom aktuellen Album „Lustful Sacraments“ ging es anschließend mit feinen 80s-Vibe los, die die Menge prompt in Bewegung versetzten. Mit seiner eingängigen und mitreißenden Leadmelodie erwies sich das Stück als perfekte Wahl für einen Opener. Zuerst wurde noch verhalten getanzt, doch bald steigerte sich der Bewegungsdrang des Publikums beträchtlich, bis sich das Infield schließlich quasi in eine Tanzfläche verwandelt hatte. Zusammen mit einer perfekt abgestimmten Lichtshow bot dieser letzte Auftritt des Festivals ein audiovisuelles Gesamterlebnis, in dem man sich mit jeder Minute des Sets ein bisschen mehr verlor. Ein musikalisches Highlight bildeten die Gitarren-Parts, die für eine noch umfangreichere Melodik sorgten und einen Hauch von Shoegaze versprühten. Die sparsam eingesetzten Vocals setzten zusätzliche Akzente. So vergingen die finalen 45 Minuten des SUMMER BREEZE 2023 wie im Flug. Das Publikum hätte sich PERTURBATOR sicherlich noch mal so lange angehört.