Von der karibischen Insel Osnabrück kamen MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN direkt auf die Main Stage gesegelt und ließen mit ihrem Aggro-Shanty so manch ein Tanzbein im Publikum schwingen. Nicht nur kam dieses in beeindruckender Anzahl vor die SUMMER BREEZE Stage, es feierte eine rauschende Party zu den akustischen Klängen und ließ dabei nicht nur im übertragenden Sinne so manch eine Sonne aufgehen. Tatsächlich lachte diese über dem vom Wetter des vorangegangenen Tages gezeichnete Infield und hob so die ohnehin ausgelassene Stimmung in ungeahnte Höhen. Das Publikum zeigte eine für die Uhrzeit beispielhafte Dynamik, inklusive Polonaise, Ringelpietz und obligatorischem Crowdsurfing mit gezücktem Plastiksäbel im Anschlag. Der „Plankentanz“ animierte zur allgemeinen Morgengymnastik, welche die werte Pegleg Peggy auf der Bühne vortanzte. Und auch sonst herrschte eine rege Beteiligung beim textsicheren Publikum, das einen Großteil des Sets im Schlaf mitbeten konnte. Höhepunkt des Auftrittes war, wie üblich bei MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN, das Pöbel-Solo von Buckteeth Bannock bei „Ach ja!?“ Auch ließ sich das Publikum die Bitte abnehmen, die Veröffentlichung des kommenden Albums mit dem Hashtag #HurleyindieCharts zu unterstützen, währenddessen die Band auch zur großen Danksagung an alle Beteiligten auf, vor und hinter der Bühne ausholte. Entsprechend euphorisch und laut waren die „Zugabe“-Rufe, die dem Rausschmeißer „Blau wie das Meer“ folgten, die jedoch leider unerfüllt bleiben mussten.
Beim Blick ins Publikum konnte man meinen, dass zur Mittagszeit schon der nächste Headliner auf dem Programm steht. Tatsächlich waren es aber die EXCREMENTORY GRINDFUCKERS, die kaum weniger Zuschauer zogen als KREATOR am Vorabend. Optisch präsentierten sie sich mit Trainingsanzügen und goldfarbenen Turnschuhen als die Könige des schlechten Geschmacks. Das Publikum schloss sich dem gleich an, denn eine Menge Leute erschien in den abstrusesten Verkleidungen. Trotz der frühen Stunde waren die Fans bereit für eine amtliche Party. Vom ersten Song an war mächtig Bewegung in der Menge. Und die Band bedankte sich artig dafür: „Oh ja, das wird ein richtig schöner Tag. Vielen Dank für den geilen Empfang, SUMMER BREEZE!“ Neben den von der Band geforderten Circle Pits, bildete das Publikum auch die ein oder andere spontane Polonaise. Da am Ende noch etwas Zeit blieb, erweiterten die EXCREMENTORY GRINDFUCKERS ihre Setlist spontan noch um „The Final Grinddown“. Die „Zugabe“-Rufe blieben im Anschluss trotzdem nicht aus.
Neben dem SUMMER BREEZE selbst feierten auch THE NEW BLACK in diesem Jahr ein Jubiläum. Anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens hatte die Band sich für ihren T-Stage-Auftritt am Samstag eine Reihe von Gimmicks überlegt. Im Verlaufe des Sets betraten Freunde und Weggefährten wie Vito von den Mitfranken J.B.O. die Bühne – dieser passenderweise zum Song „Clowns“ – und halfen vorübergehend an der Gitarre aus. Zu „Buddha“ schob sich ein goldfarben bepinselter BEMBERS auf die Bretter und übte sich im beeindruckenden Ausdruckstanz. Nach vollendetem Einsatz nahmen die Gäste auf einer Couch am Bühnenrand Platz und verfolgten mit einem Bier im Anschlag den Rest der Show. Abgesehen von der spaßigen Bühnenshow überzeugten THE NEW BLACK aber auch musikalisch mit ihrem groovigen Hard Rock und versammelten in kurzer Zeit eine größer werdende Menge vor der Bühne. Die Mähnen flogen, auf der Bühne wurde gegrinst und sich zugeprostet. Auf die nächsten zehn Jahre mit THE NEW BLACK!
RANDALE haben laut eigener Aussage einen Bildungsauftrag, den sie sehr ernst nehmen: sie bringen Kindern den Rock nahe. Da aber bekanntermaßen in uns allen irgendwo noch ein Kind steckt, hatten die Bielefelder ihre Camel-Stage-Show am Samstagmittag (vor allem in Sachen Lautstärke) ein wenig angepasst und für alle Altersklassen geöffnet. Und siehe da: „Der Kuckuck und der Esel“ und Co. wurden im Punk- bzw. Rock-Gewand von so manchem Kuttenträger abgefeiert. Eine gut aufgelegte Meute trug den plüschigen „Punkpanda Peter“ auf Händen und folgte den Anweisungen zum Fingerspiel „Rutsch Ping Ping“ bereitwillig. Am Ende gab es noch eine Polonaise mit „Omma und Oppa“ und den Hinweis auf die später am Tag stattfindende „Kids Show“ von RANDALE im Campsite Circus. Und das alles nur, damit der Nachwuchs später nicht auf den Gedanken kommt, „Helene Fischer zu hören“.
„Metal Is Forever!“ wie ein weiser Mann einst zu sagen pflegte. Oder zu kreischen? Egal, dieser weise Mann enterte jedenfalls zur Freude aller Beteiligten die Bühne, um als Frontmann der schwäbischen Power-Metal-Brigade PRIMAL FEAR gute Laune zu verbreiten. Passend zur Best-Of-Reise durch die Bandgeschichte war das Backdrop mit dem Adler-Maskottchen im Retro-Stil gehalten und wachte über neun amtliche Hits aus inzwischen satten zwanzig Jahren Bandgeschichte. Schon beim Opener „Final Embrace“ forderte Frontmann Ralf Scheepers (der oben erwähnte weise Mann) die Zuschauer zum Mitsingen auf und hatte damit trotz der frühen Stunde auch direkt einigen Erfolg. Ihm und seinen Bandkollegen kam dabei die langjährige Bühnenerfahrung zupass, die sie genau an den richtigen Stellen die Muskeln spielen und sich in Pose werfen ließen. Darüber hinaus feuerten sie auch die Riffs ihrer Mega-Hits „Angel In Black“, „Nuclear Fire“ und „Chainbreaker“ zielsicher in die Menge. Und natürlich durfte der weise Mann den Fans zum Abschied einmal mehr seine berühmteste Lebensweisheit in Gestalt des gleichnamigen Songs mit auf den Weg geben.
Guten Morgen SUMMER BREEZE! UNZUCHT aus Hannover waren für diesen Tag als Wecktrupp für die T-Stage gebucht. Während die meisten Zuschauer offensichtlich noch recht verpennt und müde vor der T-Stage standen, hatten UNZUCHT sich, trotz angenehmen Temperaturen, auf einen einheitlichen schwarzen Dresscode festgelegt und ganz offensichtlich so richtig Lust, die müden Geister wiederzubeleben. Die Band erfüllte ihren Auftrag hervorragend. Sänger „Der Schulz“ sprang schon beim zweiten Song „Lava“ nach vorne zur Menge und mobilisierte die Besucher höchstpersönlich. Das Publikum ließ sich nicht lange bitten und demonstrierte eindrucksvoll, wie man mit Headbangen, Tanzen, Gothic-Moves und EBM-Gymnastik wach werden kann – UNZUCHT boten musikalische Untermalung, passend für jedes dieser Rituale. „Geile Scheiße, hier kann man es aushalten!“ rief „Der Schulz“ sichtlich erfreut in die Menge. Zum emotionalen Song „Zeit“ gab es dann ein beispielloses schwingendes Händemeer. Die obligatorische Frage „Habt ihr Bock auf UNZUCHT?“ durfte also mit einem eindeutigen „Ja“ beantwortet werden. Eine Band, die richtig Bock hatte und genau im richtigen Moment kam, um mit ihrer guten Laune anzustecken.
Zeit für das mittägliche Aerobic-Programm! Ihre Animateurin ist heute Charlotte Wessels! Die DELAIN-Frontlady motivierte die Menge praktisch ununterbrochen zum Klatschen, Hüpfen und zu lauten Anfeuerungsrufen. Dass ihre Fans dabei so willig mitspielten, zauberte der in der Mittagssonne zwar mit einer buntgescheckten Fellweste, dafür aber bauchfrei auftretenden Holländerin ihr strahlendstes Lächeln ins Gesicht. Und auch die Bandkollegen verliehen ihrer sichtlichen Freude mit großen Posen Ausdruck, wenngleich die zierliche Gitarristin Merel Bechtold beim Versuch böse Metal-Grimassen zu ziehen, eher niedlich wirkte. Ohne Keyboarder Martijn Westerholt wurden dessen Parts, wie bereits bei DELAINs letztem SUMMER BREEZE-Besuch vor drei Jahren, aus der Konserve eingespielt. Dies tat glücklicherweise weder dem Ohrwurm-Potential von Zuckermelodien wie in „Pristine“ noch den groovigen Electro-Beats von „Don’t Let Go“ einen Abbruch, denn die spielfreudige Truppe auf der Bühne ließ einen leicht darüber hinwegsehen, in welch feste Bahnen die Stücke dadurch gegossen wurden. Zum Abschluss gab es natürlich einmal mehr die Gänsehaut-Hymne „We Are The Others“ zu hören, deren wichtige Kernaussage von einem Crowdsurfer im Penis-Kostüm geradezu perfekt unterstrichen wurde. Kein Wunder, dass insbesondere Sängerin Charlotte und Gitarristin Merel bei diesem skurrilen Anblick für einen winzigen Moment zu stutzen und sich mühsam ein Lachen zu verkneifen schienen.
Für eine kompromisslose Thrashwalze sorgten CRISIX auf der Camel Stage. Die fünf Spanier ließen sich auch vom leicht matschigen Sound nicht beirren und lieferten eine Show ab, die in Sachen Intensität die Auftritte so mancher Genre-Größe locker in die Tasche steckte. Und da ließ sich auch die große Anzahl der erschienenen Fans nicht lumpen. „Okay friends, it’s time to break your fucking neck!“, forderte Sänger Julián Baz. Danach flogen allüberall Haare durch die Luft. In der Mitte des Sets nahm er sich zudem Zeit für eine klare Ansagen gegen den Terrorismus, der vor kurzem Barcelona, die Heimatstadt der Band, heimgesucht hat. Dafür erntete er großen Applaus. Bei „G.M.M. – The Great Metal Motherfucker“ flogen dann auch noch so einige Fäuste durch die Luft. Anschließend forderten CRISIX noch eine Football Of Death, was nichts anderes war als eine Wall Of Death, bei der einige Luftballons in die Mitte geworfen wurden. Dass Baz und seine Mannen nicht nur fordern, sondern auch liefern, bewiesen sie beim abschließenden „Ultra Thrash“. Zu Beginn des Songs verließ die Band die Bühne und spielte ihn im Circle Pit. So viel Fannähe wurde mit lauten „Zugabe“-Forderungen belohnt.
Weil ja nicht nur das Festival etwas zu feiern hatte, sondern auch THE NEW BLACK einen runden Geburtstag (den zehnten!) begingen, gabs zu der ersten Show um 12 Uhr auf der T-Stage später noch ein akustisches Sahnehäubchen. Und für derartige Anlässe drängt sich der Campsite Circus ja geradezu auf. Nach der schweißtreibenden Open Air-Show gings bei der Akustiksause wesentlich entspannter zu und so nahm die Band – mal abgesehen vom Schlagzeuger – auf den obligatorischen Barhockern an der vorderen Bühnenkante Platz. Und trotz der Bienenstock-artigen Hektik eines derart großen Festivals gelang es der Band in kürzester Zeit die Anwesenden in eine Art Paralleluniversum zu entführen. Die Musik berührte in dieser akustischen Version derart, dass man immer wieder Leute dabei beobachten konnte, die dem Nebenmann den von Gänsehaut überzogenen Unterarm unter die Nase hielten! Mit „Wound“ präsentierte die Band einen selten gespielten Track ihres Debutalbums von 2009 der es doch tatsächlich schaffte an die Referenzmarke schlechthin in Sachen Unplugged-Alben zu erinnern: das „MTV Unplugged“-Album von Alice in Chains. Vor dem letzten Song überraschte die Band viele Fans in den ersten Reihen mit liebevoll verpackten Shirt-Geschenken und sorgte somit für noch mehr glückliche Gesichter bevor sie das abschließende „Long Time“ spielten. Und obwohl die Geschenke ja schon vor dem letzten Song verteilt worden waren, forderte das Publikum trotzdem derart vehement nach einer Zugabe, dass sich die Band nachdem sie bereits abgegangen war tatsächlich wieder setzte und „Dead In The Water“ nachreichte – wohlgemerkt ohne den Song für das Format vorbereitet zu haben – Vollprofis halt!
Wer jetzt immernoch nicht wach war, konnte mit den französischen Knüpplern von BENIGHTED einen zweiten Versuch wagen. Das Intro „Hush Little Baby“ ließ schon erahnen, dass es jetzt sehr sehr derbe werden würde. Sänger Julian Truchan schien zumindest äußerst wach und stürmte barfuß die T-Stage. Mit der Wucht eines Überfallkommandos legten die Herren amtlich mit „Reptilian“ los. Einige Anwesende schienen erst überfordert und aufgrund der ungebremsten Brutalität irritiert, allerdings bildet sich ziemlich schnell ein harter Kern, der BENIGHTED bedingungslos mit Pits abfeierte. Die hatten einen stolzen Anfahrtsweg von 12 Stunden hinter sich gebracht, was ganz offensichtlich nicht auf Kosten ihrer Energie gegangen war. Bei „Let The Blood Spill Between My Broken Teeth“ und „Noise“ wurde der Menge eindrucksvoll demonstriert, wie man tadellos zwischen Growls und Pig Squeals wechseln kann. Zu „Necrobreed“ wünschte sich die Band für die Dauer von 1:24 einen großen und heftigen Circlepit. Das Publikum ließ sich nicht lange bitten und tat, wie ihm befohlen wurde. „Dieser Auftritt ist für alle geeignet, die etwas Probleme mit dem wach werden haben“ fasste Sänger Julien passend zusammen. Wir legen noch einen obendrauf: wer danach immer noch nicht wach war, ist tot!
Vor der Hauptbühne hatte sich bereits vor Konzertbeginn eine große Menge an Fans eingefunden, um mit MONO INC. in die Finsternis zu reisen. Die Dark-Rocker traten für die Darbietung ihres Sets in konsequent düsteren Outfits an. Sänger Martin Engler wechselte seine Kleidung zudem mehrfach während des Konzerts, passend zu den gespielten Songs. Auf seine Forderung „Zeigt eure Hände! Ich will alle Hände sehen!“ reagierte das Publikum ohne Umschweife. Genauso euphorisch sprangen die Zuschauer auch mit der Band mit. Eine Überraschung hatten MONO INC. ebenfalls parat: Für die Songs „Potter’s Field“ und ein Cover von „Wonderful Life“ übernahm Major Voice den Lead-Gesang. Einen weiteren Gastsänger hätte derweil auch das Publikum abgeben können, denn die Fans waren verdammt textsicher, insbesondere bei „Children Of The Dark“. In Sachen Showeffekten hielten sich MONO INC. auch nicht zurück. Neben einschlägigen Pyros, die im Takt eingesetzt wurden, holte Martin Engler zum Abschluss auch noch die hauseigene Band-Flagge raus.
IMMINENCE aus Schweden haben den Dreh offenbar raus: nachdem zu Beginn des Auftritts auf der Camel Stage nur ein harter Kern direkt vor der Bühne aufmarschierte und der Rest eher punktuell und verloren herumstand, zogen die Jungs ihr Publikum stetig und selbstbewusst in ihren Bann. Der eingängige Mix aus Metalcore und poppigen Melodien erwies sich dabei als smartes Erfolgsrezept. Auch der volle Körpereinsatz des Quartetts tat sicher ein Übriges um die Menge auf Betriebstemperatur zu bringen. Zur Belohnung gab es trotz der kurzen halben Stunde Spielzeit genug Action für eine Wall of Death, einen Circle Pit und überhaupt jede Menge Tanzbereitschaft vor der Bühne. Zudem fand sich auch der eine oder andere Fan, der die Texte der eingängigen Melodien mitschmettern konnte – ein Zeichen, dass wir von dieser Band wohl auch in Zukunft noch hören werden. Sänger Eddie Berg lobte sein Publikum dafür charmant mit ein paar Bröckchen Deutsch, ehe wieder ordentlich ins Mikro gekreischt wurde und die Mähnen und Fäuste flogen.
Wer ob des fehlenden Logos auf dem Backdrop ratlos war, wer da eigentlich am Samstagnachmittag den melodischen Black Metal-Reigen auf den Platz vor der T-Stage herniederregnen ließ, dem wurde von einem vorausschauenden Fan geholfen. „Der Weg Vong 1 Freiheit“ prangte da in Eddinglettern geschrieben auf einem aus der Menge gereckten Pilskarton in Anlehnung an die berühmten Memes. Verständlicher und grammatikalisch korrekter ging es dagegen auf der Bühne zu, als DER WEG EINER FREIHEIT in die offizielle Releaseshow ihres neues Albums „Finisterre“ einstiegen. Bei drückendem Sound mit vielen herrlich trümmernden Double-Bass-Passagen, perlenden Leadbögen und schön atmosphärisch schrammelnden Riffs standen die Würzburger trotz Licht-und-Schatten-Show des Wetters definitiv auf der Sonnenseite. Auf Stage Acting legten die vier Herren dabei nicht besonders viel wert, die Ansagen kamen sogar fast ein wenig mürrisch daher. Aber solcher Art Ablenkung brauchte es auch gar nicht, der variantenreiche Black Metal hielt mit häufigen Wechseln zwischen verträumten Clean- und feisten Blast-Passagen schon genügend bei der Stange. Das in ordentlicher Stärke angetretene Publikum schien mit mittlerweile drei Tagen Festival in den Knochen und den erneut warmen Temperaturen ein wenig gelähmt aber wer sagt denn, dass das zwischen den Songs aufbrandende Meer aus emporgereckten Hörnern kein guter Zuspruch ist. Vor dem letzten Song „Zeichen“ sprach Fronter Nikita Kamprad noch den bereits erfolgten Wechsel am Bass von Sascha zu Nico an, natürlich nicht ohne sich unter dem Jubel der Fans bei Sascha, der mittlerweile hinter den Kulissen für die Band tätig ist, für die bisherige Zeit zu bedanken. Nach diesem Auftritt kann auch für die neue Besetzung nur gelten: auf die nächsten mindestens acht Jahre DER WEG EINER FREIHEIT! So vong Erfolg her.
Die Münchner sind eine der Bands die das Festival seit Jahren begleiten und auch mit ihm gewachsen sind. Im Gegensatz zu so manch anderer Band sind sie mit den Jahren eben nicht poppiger geworden, sondern haben nach und nach sogar das ein oder andere Schippchen Metall zusätzlich in den Bandmotor geschaufelt. Gestartet wurde mit dem gewohnten Manowar-Intro und dem heftigen „Hearteater“. Und obwohl Mono Inc. wirklich schon sehr ordentlich vorgelegt hatten, schafften es die BULLS tatsächlich das innerhalb kürzester Zeit zu toppen. Die Grabensecurity sollte an diesem Tag bei kaum einem anderen Act nochmal derartig viel zu tun haben. Teilweise waren mehr als zehn Crowdsurfer gleichzeitig (!!!) über den Köpfen der Meute. Es wurde aus tausenden Kehlen mitgeschmettert und selbst Fortgeschrittenen-Spielchen wie „alle setzen sich hin und springen erst auf Ansage wieder gemeinsam auf“ klappten wie am Schnürchen. Die Mischung aus tightem Riffing und den charakteristischen, poppig-melodischen Refrains bringt sonst keine Band derart auf den Punkt. Die zigfach in die Meute geworfenen Wasserbälle kursierten das ganze Set über und zum krönenden Abschluss überwand Sänger Christ den Bühnengraben und sang auf der Absperrung stehend im Vollkontakt mit den Fans. Demnächst im Lexikon ihres Vertrauens unter „Leidenschaft meets Spielfreude: EMIL BULLS“, und im Herzen sind sie doch Hippies: „We come in peace, this ain’t no war, this is passion, this is love, oh, this is how we do it, in the age of revolution we’re a unit!“
Warum halten wir auf Konzerten eigentlich die Pommesgabel hoch und was muss man Wichtiges über Metal und Punk wissen? Das und noch viel mehr gab es von RANDALE im Campsite Circus bei der Kids‘ Show zu lernen. Dazu eingeladen waren nicht nur junge FestivalbesucherInnen mit ihren Eltern, sondern auch Kinder aus Dinkelsbühl und Umgebung mit ihren Familien, die hierfür ein eigenes Bändchen erhalten konnten und ausnahmsweise kein SUMMER BREEZE-Ticket für den Zutritt zum Zelt benötigten. Für alle gab es zudem am Einlass kostenlose Ohrstöpsel, denn RANDALE spielen eine laut-knackige Mischung aus Rock, Punk, Metal und Reggae mit herrlich direkten Texten. Mit vollem Einsatz verkündeten also RANDALE die Wahrheit über Rock‘n‘Roll vor einem eher ungewöhnlichen Publikum. Dabei gab es für die Kids einiges zu tun: Zum Anti-Krankenhaus-Song „Superdoppeldoof“ wurde beim Wort „doof“ jedesmal eine eigens dafür ausgeteilte Postkarte (Aufschrift: „Doof!“) geschwenkt. Bei „Rutsch-Ping-Ping“ galt es, ein Fingerspiel zu meistern, an dem nicht wenige Eltern krachend scheiterten. Und schließlich tanzten die Kinder noch mit Sänger Jochen eine Polonaise und flüchteten vor dem (Kitzel-)“Killer“. Aber auch die Eltern, Großeltern, Patenonkel und Tagesmütter im Saal wurden bestens unterhalten. Neben zahlreichen Anspielungen auf bekannte Bands aus der Rock- und Metalwelt wissen wir nun beispielsweise: Wenn eine Band sagt, dass sie bald geht, sagt man „Menno“. Danach haben sich auch Manowar benannt. „Das sind nämlich sehr unzufriedene Männer im Schlüpfer mit kurzen Schwertern.“, weiß Jochen. Als hätten wir es uns nicht schon gedacht! Übrigens: Die Pommesgabel machen wir, um uns die Nummer der Feuerwehr besser merken zu können. Und über Metal und Punk muss man wissen, dass immer alle gut aufeinander aufpassen. Und dass man auf keinen Fall einen Auftritt von RANDALE verpassen darf!
MOTORJESUS sind immer wieder gern gesehene Gäste auf dem SUMMER BREEZE und durften nach 2011 und zuletzt 2014 auch in diesem Jahr wieder andocken. Da verwundert es nicht, dass der Platz davor bestens gefüllt war, als die Band mit “Motor Discipline“ die erste Salve rotzigen Dicke-Eier-Rock abfeuerte. Und offenbar hatten die Mönchengladbacher viele Fans mitgebracht – denn in den ersten Reihen sangen einige Headbanger sofort inbrünstig mit. Das Bud Spencer, Terrence Hill und Bruce Lee gewidmete „Fist Of The Dragon“ folgte der ausgegebenen Vollgas-Vorgabe und Frontröhre Chris Birx sammelte Sympathie-Punkte, indem er Jägermeister an das Publikum verteilte. Zudem sollte man MOTORJESUS für den Einsatz der guten alten Cowbell einen Lässigkeitspreis verleihen. Natürlich durfte auch „King Of The Dead End Road“ nicht fehlen, schließlich kann dieser Song mit Fug und Recht als bandeigener Evergreen bezeichnet werden. Übrigens: Als Aushilfe an der Gitarre für die diesjährige Show hatten die Gladbacher Christof Leim von The New Black engagiert, der sichtlich Spaß an der Sache hatte. Und Spaß ist es auch was die Band immer zu vermitteln weiß. Und so wurde die halbe Stunde bollernder Rotzrock zu einer richtig unterhaltsamen Sache.
KNORKATOR sind live immer ein Fest und der diesjährige Auftritt auf der SUMMER BREEZE Stage machte da natürlich keine Ausnahme. Sänger Stumpen kam im Ghillie Suit auf die Bühne, aus dem er sich nach und nach bis auf die Unterhose schälte. Er gab sich exzentrisch wie immer, während seine Mitmusiker die Ruhe selbst waren. Von Ruhe auf der Bühne konnte aber keine Rede sein, denn spätestens als Stumpen die Kameraleute aus dem Fotograben für kurze Zeit auf die Bühne hoch orderte, war dort mächtig was los. Vor der Bühne ging es ohnehin ab, zumal die Band als erstes „Alter Mann“ in die dicht gedrängte Menge schickte und diese so im Sturm eroberte. Stumpen ließ es sich natürlich nicht nehmen, den Applaus immer durch Ausrufe wie „Jubel!“ einzufordern. Die eigentliche Überraschung war jedoch die Damenkapelle aus Berlin, die für „Der ultimative Mann“, „Geld“ und „Ich hasse Musik“ die Bühne enterte und das instrumentale Ruder übernahmen, was Stumpen gewohnt subtil mit „Viele Brüste auf der Bühne“ kommentierte. Sängerin Doro und Stumpen agierten sodann im Duett und sorgten für einige Gänsehautmomente. Und ja, tatsächlich haben die Damen dem Sound ein ordentliches Maß an Glamour und Klasse verliehen. Nicht, dass KNORKATOR nicht auch so klasse gewesen wären, aber wo sonst erlebt man einen Song namens „Ich hasse Musik“ glaubhaft in eine sexy Salsa umgewandelt? Oder „Der ultimative Mann“, der ein heißes Tango-Makeover erhalten hat. Für den Rest des Sets agierten die Damen weiterhin im Hintergrund, gaben Alf Ator und Co. jedoch wieder ihre Instrumente zurück und ließen sie einige der Bandklassiker wie „Buchstabe“, „Du nicht“, „Böse“ und „Wir werden alle sterben“ spielen. Und erwartungsgemäß entließ das Publikum die Band unter enormen Beifall vorerst in die Pause, bevor es später an anderer Stelle mit der Akustik-Show weitergehen sollte. Jubel!
Schon während des von den Bandmitgliedern selbst durchgeführten Soundchecks scherzten HAVOK mit den ersten Reihen ihrer zeitig angerückten Anhängerschaft. Die Thrash-Durchstarter aus Denver, Colorado waren spürbar gut aufgelegt – ein Eindruck der sich prompt bestätigte, als das Quartett pünktlich um 17 Uhr die Bühne stürmte. Zu komplexen Thrash-Riffs in Hochgeschwindigkeit, unterbrochen von Headbang-Passagen und funkigen Instrumental-Einschüben, bildete sich schon sehr bald der erste Circle-Pit. Der Platz vor der Bühne war schnell gut gefüllt und vor allem in den ersten Reihen konnte man so manches HAVOK-Shirt erblicken. Besonders beeindruckend war das im Soundmix sehr präsente Bassspiel von Nick Schendzielos, der zwischendurch immer wieder mit kleinen Soloausflügen glänzte. Aber auch der Rest der Band machte einen starken Job bei gleichzeitig hoher Mobilität. Die Songansagen von David Sanchez wirkten dabei durch und durch authentisch. Am Ende des Sets gab es noch das obligatorische Bandselfie mit dem Publikum und einen Appell an alle, sich in Zeiten, in denen ein verdrehtes Wahrheitsverständnis an Boden gewinnt, konsequent des eigenen Verstandes zu bedienen. Progressiver Thrash mit Message – dafür stehen HAVOK mit ihrem guten Namen.
Als nächste Band durften Kitty Casket, Billy Bat, Todd Flash, Marc Maniac und Max Van Angst, alias KITTY IN A CASKET (genau, richtig gelesen, zu Deutsch: Kätzchen im Sarg) die Camel Stage besteigen. Was nach der schweißtreibenden Show von Motorjesus zuvor sich keine leichte Aufgabe war. Und so hatten es die Wiener zu Anfang etwas schwerer, das Publikum mit ihrem locker flockigen Punk-Rock auf Touren zu bringen. Doch in der durchaus ansehnlichen Menge auf dem Platz vor der Bühne fanden sich mit der Zeit immer mehr Mosh-Willige. Sängerin Kitty Casket konnte man ohnehin nicht die Aufforderungen zu mehr Bewegung abschlagen, wurden diese doch in ihrem sympathischen Wiener Schmäh vorgetragen. Also rückte das Publikum mit fortschreitender Spielzeit eben immer mehr zusammen, bis sogar ein ansehnlicher Pit zustande kam. Am Ende wurde sogar noch eine Wall Of Death angezettelt. Mit dem Party-Kracher „Bride Of The Monster“ beschlossen KITTY IN A CASKET dann ihr äußerst kurzweiliges Set.
Für die nächste Stunde stand auf der Hautbühne eine veritable Lehrstunde in Sachen Thrash Metal auf dem Plan. OVERKILL gaben ihr SUMMER BREEZE-Debut. Den Einstieg lieferte die „Mean Green Killing Machine“ vom aktuellen Album „The Grinding Wheel“. Wobei die Band auf das ausufernde Intro der Studioversion verzichtete und direkt in die Vollen ging. Bereits als zweiten Song bescherten sie ihren Fans die Mitgröl-Nummer „Rotten To The Core“. Einen der größten Hits so früh zu verbraten, zeugte von gesundem Selbstbewusstsein. Die restliche Setlist brauchte sich aber nicht zu verstecken. OVERKILL kredenzten ihren Fans einen gelungenen Mix aus Klassikern und Stücken neueren Datums. Und das Publikum ging mit. Egal ob es „In Union We Stand“ oder „Together! Forever! Ironbound!“ hieß, jeder einzelne Song wurde mit großem Applaus belohnt. Auf „We Don’t Care What You Say!“ antworteten die Fans ohne Aufforderung mit dem obligatorischen „Fuck You!“. Das The-Subhumans-Cover bildete den traditionellen Abschluss einer – wie immer – fantastischen OVERKILL-Show.
Für END OF GREEN gab es dieses Jahr einiges zu feiern. Nicht nur absolvierten sie ihren zehnten (!) Auftritt auf dem SUMMER BREEZE, die Stuttgarter zelebrierten gleichzeitig auch die Veröffentlichung ihres neuen Albums „Void Estate“. Doch zunächst fiel auf, dass nicht der etatmäßige Schlagzeuger Matthias Siffermann hinter den Kesseln saß, sondern ein für END OF GREEN-Fans unbekanntes Gesicht. Wie Sänger Michelle Darkness offenbarte, hatte sich Siffermann „während seiner Hochzeitsnacht ganz schlimm verletzt“ – später nahm er dann immerhin für zwei Songs noch seinen gewohnten Platz ein. Dieser kurzfristige Tausch wirkte sich aber in keinster Weise negativ auf das Set der Haus-und-Hof-Band des BREEZE aus. Gewohnt sympathisch führte Darkness durch eine mit alten und neuen Hits gespickte Songauswahl. Highlights gab es viele, zum Beispiel „Dead City Lights“, den Evergreen „Killhoney“ vom 2008er Album „The Sick’s Sense“ oder das ausladende „Death In Veins“. Selbst kleinere technische Probleme wurden von Darkness mit einem lockeren Spruch davon-gewitzelt. END OF GREEN sind und bleiben ein Phänomen und obendrein auch optisch eine Band mit hohem Wiedererkennungswert. Man sehe sich nur einmal die immer länger werdenden Dreadlocks von Gitarrist Sad Sir an. Erneut ein großartiger Auftritt der Düsterrocker bei dem sie das abschließende „Death In Veins“ ganz lässig in „Hurt“ von Johnny Cash bzw. Nine Inch Nails münden ließen.
Viel erdiger und ursprünglicher geht es nicht! CORVUS CORAX spielten unplugged im brechend vollen Campsite Circus und lösten auch unverstärkt ein Klanggewitter aus, das Hände in die Luft und Beine in Bewegung brachte. Unter Ausschluss der Nachmittagssonne, beim Klang von Dudelsack, Schlagwerk, Schalmeien und Hörnern konnte man sich tatsächlich vorkommen, wie bei einem mittelalterlichen Gelage zum Auftritt der Spielleute. Dieser Funke sprang auf die Menge über, die ohnehin unverkennbar aus Fans der Mittelalter-Formation bestand. Instrumentalstücke wurden laut mitgesummt und beklatscht, Texte waren bestens bekannt – insbesondere zu „Havfru“ lieferten sich Band und Publikum einen regelrechten Schlagabtausch. Als besonderes Bonbon zum Abschluss spielten CORVUS CORAX ihre ganz eigene Version des „Game Of Thrones“- Titelsongs, mit dem Hinweis auf die Beteiligung der Gruppe am ursprünglichen (und dann verworfenen) Pilotfilm der Serie. Die Herausforderung ans Publikum lautete, beim Mitsummen besser abzuschneiden, als die Besucher des Hellfests. Ob das gelungen ist, wurde leider nicht verraten – aber wir dürfen gewiss davon ausgehen, dass das SUMMER BREEZE hier den Vogel abgeschossen hat! Wer dennoch nicht genug von CORVUS CORAX bekommen hat, oder nicht dabei sein konnte, durfte sich auf eine zweite Chance beim Auftritt von CANTUS BURANUS am Abend freuen.
Auch vor den eigentlichen Headlinern des Samstags war keinesfalls Entspannung vor der Hauptbühne angesagt: DARK TRANQUILLITY standen mit einem Crowdpleaser-Lineup und maximaler Fannähe auf den Brettern. Die Fotografen dürften ihre liebe Not mit Sänger Mikael Stanne gehabt haben, der das Publikum in höchsten Tönen lobte und es für einen guten Teil der Show vorzog, im Graben herumzuspringen, Fanhände zu drücken und die Grabenschlampen beim Auffangen der Crowdsurfer zu unterstützen. Besondere Aufmerksamkeit widmete er dabei einem Fan, der im Rollstuhl angesurft kam und mit dem Stanne während eines Instrumentalparts noch ein ausgedehntes Pläuschchen hielt. Aber DARK TRANQUILLITY taten auch einiges für ihr Publikum jenseits der vorderen Reihen. Neben Highlights vom aktuellen Album „Atoma“ präsentierten die Melodic Death-Pioniere auch so manchen Kracher aus früheren Zeiten, darunter „Monocromatic“, das von der Menge begeistert gefeiert wurde. Auch fürs Auge war gesorgt, denn die Show wurde von einem aufwändigen digitalen Backdrop begleitet, das mal Animationen aus Cover Artworks, mal Videosequenzen zeigte. Als Tourgitarristen hatten die Schweden übrigens ex-Arch Enemy-Klampfer Christopher Amott dabei, der die Fanohren mit gelungenen Soli kraulte. Man könnte meinen, dass der bombastische Abschluss mit dem Abräumertitel „Therein“ ein ausreichend würdiges Ende des Konzerts gewesen wäre. Stattdessen packten DARK TRANQUILLITY noch „Misery‘s Crown“ obendrauf und Mikael Stanne nahm singend ein ausgedehntes Bad in der Menge, die ihn fast bis zu den Boxentürmen im Infield trug, während der Rest der Band sich nach ausgiebiger Verabschiedung zurückzog und längst der Aufbau für HEAVEN SHALL BURN begonnen hatte.
Auf TERROR ist und bleibt immer Verlass – oder hat man jemals von einer schlechten TERROR-Show gehört? Wohl eher nicht. Selbst als im vergangenen Jahr Sänger Scott Vogel aufgrund einer Rücken-Verletzung die Europa-Tour nicht absolvieren konnte und der damalige Bassist David Wood sang, war jede einzelne Show ein Abriss. Dieser war zwar auf dem Summer Breeze nicht mehr dabei, dafür kehrte Ober-Sympath Vogel ans Mikro zurück und machte wie gewohnt viele Kilometer auf der Bühne. Nicht zu vergessen sein legendären Ansagen. So stellte er gleich klar, dass er kein großer Freund der Wellenbrecher sei und forderte zu vermehrten Stage-Dives auf – und natürlich hörten alle brav und zu „Stick Tight“ flogen die Körper im Minutentakt in Richtung Bühne. Sowieso hatte das Publikum richtig Lust auf das Hit-Feuerwerk, dass TERROR da abfeuerten. Bereits zum dritten Song „Overcome“ brannte die Hütte lichterloh, spätestens zu den beiden Klassikern „One With The Underdogs“ und „Always The Hard Way“ lag dann alles in Schutt und Asche. Allerdings wird auch Vogel nicht jünger.Und so gönnte sich der ehemalige Buried-Alive-Sänger bei „The 25th Hour“ hinter der Bühne eine kleine Auszeit, um ein wenig Luft zu holen und den ein oder anderen Muskel etwas zu dehnen. Verständlich, denn der Abschlussblock hatte es mit „No Time For Fools“, „You’re Caught“, „Keep Your Mouth Shut“ und wie üblich dem grandiosen „Keepers Of The Faith“ schließlich nochmal in sich. Das war richtig stark! Lustige Randnotiz: Vogel pfefferte sein benutztes Handtuch in die Menge und machte damit die junge Dame in der ersten Reihe, die es ergatterte, offenbar sehr glücklich. Die freute sich nämlich minutenlang über ihre Beute.
THE CHARM THE FURY aus Amsterdam eroberten die Camel Stage im Sturm. Kein Wunder, bei dem Selbstbewusstsein, das Sängerin Caroline Westendorp und ihre Kollegen ausstrahlten. Wie von der Tarantel gestochen und ansteckend gut gelaunt, stürmte die Band die Bühne und donnerte sofort mit ihrem poppigen Hardcore los. Die Zuschauermenge schien zunächst ausschließlich aus Fans zu bestehen, verfünffachte sich im Laufe des halbstündigen Auftritts aber locker. Dass hier gerade etwas Besonderes geschieht, war den Vorbeilaufenden nämlich sofort klar. Zu „The Future Need Us Not“ gab es einen beeindruckenden Pit, wenn nicht sogar den größten der dieses Jahr vor der Camel Stage statt fand, natürlich vorher von THE CHARM THE FURY dringlich und lautstark eingefordert. Mühelos pendelte Westendorp zwischen perfektem Klargesang und Growls, die den Anwesenden die Schuhe auszogen und mit Arch Enemy oder Walls Of Jericho locker mithalten können. Lediglich zu „Echoes“ wurde sie von der Menge übertönt, was sie sichtlich freute. THE CHARM THE FURY hinterließen nichts als verbrannte Erde und machten neugierig darauf, was wohl noch möglich ist, wenn die Band mehr Spielzeit und -fläche bekommt.
Pagan und Folk Metal Bands wird ja nur allzugerne eine romantisierende Überhöhung mythologisch aufgeladener Themen wie Heldentum, Mut und Durchhaltevermögen angekreidet. Dass diese aber nicht nur ins Reich der Fantasie gehören, sondern auch in der Realität durchscheinen, bewiesen am frühen Samstagabend WOLFCHANT. Vor einigen Wochen erlag ihr Gitarrist Eddy Groß alias Gorthirm einem Krebsleiden, trotzdem standen die sechs Bayern heute auf der Camel Stage. Dafür gebührt schon mal Respekt! Selbiges gilt auch für die professionelle Art, wie sie es verstanden, den prall gefüllten Platz schnell für sich zu gewinnen. WOLFCHANT kümmerten sich nicht nur mit der wiederholten Frage, ob denn genug Bier vorhanden sei, um das leibliche Wohl der Fans sondern boten mit Geschichten epischen Ausmaßes und hymnischen Schlachtgesängen auch genug fürs Ohr, überraschendweise auch mit feinen Doppel-Lead-Soli wie etwa in „Element“. Und apropos prall gefüllt: mit sechs Leuten waren WOLFCHANT zumindest personell nicht gerade die geeignetsten Kandidaten für die Enge der kleinsten Festivalbühne. Erstaunlicherweise gelang es ihnen trotzdem, mit zwei Sängern, zwei Gitarristen und einem Basser fortwährend die Positionen zu tauschen und so zusätzliche Dynamik in ihre treibenden Rhythmen zu bringen. Der letzte Song „Naturgewalt“ wurde explizit Gorthirm gewidmet, für den das Publikum bangenderweise auch nochmal die Extrameile ging.
Die Geschichte des SUMMER BREEZE und die von HEAVEN SHALL BURN sind eng verwoben. Die Thüringer Wiederholungstäter mit der Abrissgarantie war schließlich nicht zum ersten Mal dabei. So war es nur konsequent, dass die Band sich auch zum 20-jährigen Festivaljubiläum die Ehre gab und am letzten Festivalabend den Boden für den Headliner KORN bereitete. HEAVEN SHALL BURN eröffneten ihr Set mit der Groove-Walze „The Loss Of Fury“ vom aktuellen Album „Wanderer“ und hatten das Publikum direkt auf ihrer Seite. Trotz deutlichem Augenmerk auf den Songs der letzten Scheibe, mangelte es dem Set auch keineswegs an Klassikern. „Voice Of the Voiceless“, „Forlorn Skies“ und „Counterweight“ wurden frenetisch gefeiert – wobei der Bühnenvorplatz überhaupt von Beginn an einem Schlachtfeld glich. Bekannt für legendäre Circle Pits und Walls Of Death schienen HEAVEN SHALL BURN sich an diesem Abend selbst noch toppen zu wollen. Mehrfach betonte Sänger Marcus Bischoff die Sonderstellung, die das SUMMER BREEZE für die Band einnimmt, und erinnerte an denkwürdige Auftritte der Vergangenheit. Ziemlich früh zeigte sich, dass das Jahr 2017 sich problemlos in die Reihe ihrer Live-Großtaten der letzten Jahre einreihen würde. Die Krone für die meisten Crowdsurfer konnten sich HEAVEN SHALL BURN zumindest sehr schnell sichern. Was nicht zuletzt daran lag, dass Bischoff den starken Jungs im Graben partout keine Langeweile zumuten wollte. Spätestens zu „Endzeit“ war eben jene auch für so manchen Pit-Spartaner gekommen. Als letzten Song stimmten HEAVEN SHALL BURN schließlich ihre Cover-Version von „Black Tears“ von Edge Of Sanity an und holten dazu den Urheber des Songs, Dan Swanö, persönlich auf die Bretter. Man merkte der Band die Begeisterung an – plötzlich standen da einfach nur noch Metal-Fans auf der Bühne. Ein weiterer sympathischer Abriss voller Hingabe ging vorbei. Und für KORN war der schlammige Boden mehr als festgestampft.
Bereits eine halbe Stunde vor Konzertbeginn trieb eine rauchige Stimme beim Bühnenumbau Schabernack mit dem Publikum, während Heaven Shall Burns Echo zu vernehmen war. Martin van Drunen war redselig und zu Späßen aufgelegt, beste Voraussetzungen also für einen folglich hammermäßigen Auftritt. Und der folgte bei der (vorwiegend) holländischen Dampfwalze unausweichlich und unerbittlich! Ab dem ersten Takt, den Stephan „Tormentor“ Hüskens angab, rotierten die Propeller – auch bis in die letzten Ecken irgendwo beim Cocktailstand. Der Sound war umwerfend gut, so dass die sägenden Gitarren schnörkellos von schnell auf langsam schalten und die ersten fünf Reihen mit unbarmherziger Intensität umwalzen konnten. Dabei haben sie sich an diesem Abend für eine eher schnellere Gangart entschieden und die Teilnehmer der kleinen Circle Pits hörten sicherlich nur zwischendurch kurz auf, um den Drehwurm zu bekämpfen. Spätestens als dem Platz der „Deathhammer“ um die Ohren flog, wurde es in den vorderen Reihen nochmal kuscheliger, da immer mehr Zuschauer zur T-Stage pilgerten und das nicht ohne Grund: Zu guter Letzt waren bei „Last One On Earth“ wirklich alle Fäuste in der Luft. Die Jungs haben wieder einmal alles richtig gemacht!
Wer vom Auftritt von KNORKATOR am späten Nachmittag noch nicht genug hatte, für den hielt die Band ein besonderes Schmankerl in Form einer Akustik-Show parat. Für diese lockte die Band am Abend eine große Menge in den Campiste Circus, der sich entsprechend rasch füllte. Schnell wurde es kuschelig warm im Zelt, was sich durch das folgende Geschehen verstärken sollte. Und die Meute war hungrig, denn bevor überhaupt eines der Bandmitglieder die Bühne betrat, gingen die Fangesänge schon los. Dann betraten KNORKATOR endlich in geschmacklich fragwürdigen Anzügen gekleidet die Bühne und Sänger Stumpen stellte das Programm auch gleich als „KNORKATORS schlechteste Seite“ vor. Bekommen hat das Publikum eine Show, die zwar wesentlich zurückhaltender war als der vorangegangene Auftritt, aber das hat die Herren auf der Bühne natürlich nicht davon abgehalten, ihrem einzigartigen Sinn für Humor und der damit verbundenen Musikalität freien Lauf zu lassen. Tatsächlich gab es sogar ein paar überraschende Schmankerl zu hören. So wandelten KNORKATOR ihren Gassenhauer „Alter Mann“ in eine Polka mit leichtem Vaudeville-Flair um. „Ich will nur ficken“ wurde in einen Country-Song mit starker Publikumseinbindung transformiert. „Böse“, das diesmal nicht von Alf Ator sondern auch von Stumpen gesungen wurde, geriet zum Tango. Doch auch die gradliniger umgesetzten Stücke wie „Der Werwurm“ oder „Schmutzfink“ kamen hervorragend beim Publikum an. Und die Cover-Versionen von den Klassikern „All That She Wants“, „Highway To Hell“ und „Champs Elysee“ zogen ohnehin. Deutschlands meiste Band der Welt machte auch akustisch eine Menge Spaß. Und auch wenn Stumpen sich dieses Mal nicht bis auf den Schießer ausgezogen hat, so bekamen dennoch alle die volle Portion KNORKATOR serviert.
Da FJOERGYN bereits beim ihrem letzten Auftritt 2014 viele Zuschauer begeistern konnten, war frühzeitig mit Andrang vor der Camel Stage zu rechnen. Was ursprünglich als orchestrales Soloprojekt begann, hat sich mit der Zeit zu einer ausgefeilten Zusammenarbeit von fünf Musikern gemausert, welche die Bühne mit Leichtigkeit und in diesen Fall mit einer zusätzlichen Geigen-Spielerin einnahmen. Dass sie so recht in keine musikalische Schublade passen wollen tat der Stimmung dabei keinerlei Abbruch und es kamen während ihres Auftritts konstant weitere Zuschauer hinzu. Mehr noch: Die Jungs aus Jena zeigten sich mit Screams, Klargesang und gutturalem Gekeife vielseitig, ausdrucksvoll und trotz der kurzen Spieldauer nicht nur ernstzunehmend, sondern auch ungemein wandelbar. Auch an ruhigen Stellen herrschte im Publikum absolute Stille, um ja nicht eins der gesprochenen oder gesungenen Worte zu verpassen. Dabei blieb inhaltlich oberflächliche Themenverarbeitung außer vor: Der wohl größte Konflikt der religiösen Kultur wurde in überaus poetische, aber auch düstere Worte gepackt, was sich schon in der Auswahl der gespielten Songs bemerkbar machte. Es hat sich jedenfalls gelohnt und es bleibt abzuwarten, wohin FJOERGYN sich noch weiter entwickeln.
„Good evening. We are TIAMAT from Sweden and it is nice to be back!“ Niemand außer Johan Edlund kann diese Worte in so einem ruhigen und zugleich verträumten Ton ins Mikrofon säuseln. Und es war wahrlich eine Freude, dass sie zurück sind. Zurück mit einem Meilenstein ihrer Bandgeschichte, welchen die Band extra für wenige Festivals zu einer unvergleichlichen Special-Show verarbeitet hat. „Wildhoney“ stand in seiner ganzen Pracht im Mittelpunkt. Gänzlich in blauem und grünem Licht und Nebel versunken spielten TIAMAT eine sehr intensive und mitreißende Show, fast wie eine eigene Geschichte, vorgelesen aus dem Buch, welches neben einem der Mikros stand. Dabei standen zwar alle fünf einzeln und jeder als Individuum in seiner eigenen Welt versunken, aber Edlund bildete den Dreh- und Angelpunkt der organischen und nahezu schwebenden Macht auf der Bühne. Dass sie eine große Familie sind und dies auch zelebrieren, wurde besonders durch Mikael Stannes und Anders Iwers‘ Anwesenheit deutlich. Die beiden Dark Tranquillity-Mitglieder wurden bei ihrem kurzen Aufenthalt hinter der Bühne überschwänglich begrüßt – einfach so, während zwei Stücken und Iwers übernahm eine zusätzliche Klampfe und ein fantastisches Gitarrensolo bei „The Ar“. Auch die restliche Show war ein absolut hypnotisches Fest, beendet mit „A Pocket Size Sun“, was als super Showdown fungierte, dann aber doch noch von der Zugabe „The Sleeping Beauty“ getoppt wurde. Gänsehaut pur!
New Metal ist immer genau so lange tot, bis KORN auf den Plan treten. Untermalt von beeindruckenden Licht- und Bildeffekten, lieferten die Amerikaner eine Show der Extraklasse ab und untermauerten ihren Status als ungebrochene Szenegröße. Mit „Rotting In Vain“, vom aktuellen Album „The Serenity Of Suffering“, wurde die Sause eröffnet. KORN boten einen Querschnitt durch die komplette Diskografie, den die Zuschauer begeistert feierten und mit groß angelegten Pits würdigten. Die einzelnen Songs wurden mit atmosphärischen, passenden Intros verbunden, so dass die Show als nahtloses Gesamtkunstwerk wirken konnte. Jonathan Davis, stilecht im asiatisch gemusterten Schottenrock, trug die Lieder auf seine ganz eigene charmante und gleichzeitig irre Weise vor, während seine Kollegen ihm ein tadelloses musikalische Fundament lieferten. Nicht im Vordergrund, aber trotzdem erwähnenswert, waren die akrobatischen Einlagen von Drummer Ray Luzier. Abgesehen von einer brillianten musikalischen Leistung, krönte er seine Performance noch durch kunstvolles Drumstick hochwerfen und wieder auffangen. „SUMMER BREEZE get your motherfucking hands in the air“ oder „Everybody get the fuck up“ waren nur zwei der Aufforderungen, denen das Publikum freudig folgte. Getreu dem Motto „Zugabe muss sein, auch wenn niemand das Prinzip versteht“, verließen KORN nach einem heftig auf die Nacken drückenden „Somebody Someone“ die Bühne. Selbstredend kam die Band kurz darauf für eine Zugabe zurück und entließen die Menge erst nach einem emotionalen „4U“, dem fulminanten „Blind“ und einem wahnsinnigen „Freak On A Leash“ (O-Ton Davis: „Kick it Ray!“) in die kalte Nacht. Natürlich nicht, ohne vorher massig Plecs und signierte Drumsticks als Dankeschön in die begeisterte Menge zu werfen. Direkt im Anschluss gab es dann das beeindruckende Jubiläums-Feuerwerk.
Willkommen in der Endzeit! Wer mit „Mad Max: Fury Road“, Fear Factory und Mygrain etwas anfangen kann, war am späten Samstagabend im Pit bei CYPECORE aus Mannheim genau am richtigen Ort. Es gibt nur wenige (oder keine?) LED-Anzug-bemannte Bands unter diesem Himmel, die in Dinkelsbühl für dermaßen Augenflimmern und ausgelassen elektronische Stimmung sorgten. Mit ihrer Mischung aus industriellen Kalt-Klängen und sozialkritischer Zukunftsvision ließen die fünf die Camel Stage fast aus allen Nähten platzen und sorgten für ordentlich Nacken- und Umschwung in der Menge. Geboten wurde – auch mit dem neuen Song „Dissatisfactory“ – mechanische Spielkunst vom Feinsten, welche durch irre Tempowechsel und harte Breakdowns aufgelockert wurde. Man wurde von den unterschiedlichen Elementen schier erschlagen. Die Blasts waren zudem dermaßen kraftvoll und durchgängig, dass einige Zuschauer Bauchkribbeln und danach ganz sicher ein Piepsen im Ohr hatten. Dass sie in dieser Besetzung einfach astrein miteinander funktionieren, war an der Ausstrahlung und der Power auf der Bühne abzulesen. Gerne mehr davon!
Nach ihrer Unplugged-Show am vorangegangenen Donnerstag durften FIDDLER’S GREEN nun die Bremsen komplett lösen und eine vollverstromte Gute-Nacht-Show zum Besten geben. Im Gegensatz zu den saunaartigen Bedingungen des Akustik-Gigs kroch eine unangenehme Kälte über den Platz vor der T-Stage, von der sich die fränkischen Irish-Speedfolker und ihre gewaltige Publikumsmenge jedoch nicht die Party-Laune verderben ließen. „Das beste ist Bewegung!“ gab Gitarrist Pat als Devise aus, der alle Anwesenden nur allzu gerne folgten. Damit auch die Jungs im Bühnengraben nicht untätig herumstehen mussten, forderte die Band bei „Perfect Band“ extraviele Crowdsurfer an und bekam sie prompt geliefert. Da blieb dann leider auch keine Zeit mehr, hübsche Crowdsurferinnen von einer Grabenschlampe zur nächsten weiterzureichen und im Takt herumzuwirbeln, wie es in ruhigeren Momenten gerne praktiziert wurde. Als brillante Live-Band ackerten sich FIDDLER’S GREEN durch ein mitreißendes Set mit Schwerpunkt auf dem aktuellen Album „Devil’s Dozen“. Im Anschluss an die Ballade „Blame It On Me“ wurde eine launige Solo-Einlage eingestreut, das Geiger Tobias Heindl mit perkussionistischer Unterstützung von Frank Jooss und Stefan Klug um seine Interpretation des Deep-Purple-Klassikers „Smoke On The Water“ herum arrangierte. Schlag auf Schlag näherte sich der Gig seinem Ende, nicht ohne jedoch auf den vom Publikum in dezenter Pappschild-Form eingestreunten Hinweis „Mina hat Geburtstag“ einzugehen. „Wir haben doch vorhin den Kuchen unterschrieben,“ erläuterte Frontmann Albi, woraufhin Pat augenzwinkernd hinzufügte: „Wir haben noch mehr mit dem Kuchen gemacht – die Zuckerglasur ist von uns!“ Wer sich da noch nicht pikiert abgewandt hatte, durfte beim abschließenden Hit-Triple „Old Dun Cow“, „The Night Pat Murphy Died“ und „Folk’s Not Dead“ noch einmal die letzten Kraftreserven mobilisieren.
Besser konnte man die Vielfalt des SUMMER BREEZE nicht demonstrieren, denn nach Korn folgten CANTUS BURANUS mit ihrer musikalischen und äußerst ambitionierten Neuvertonung der mittelalterlichen Handschrift Carmina Burana. CANTUS BURANUS füllten die anfangs in blaues Licht getauchte Bühne im Anschluss bis zum Anschlag aus, der Aufmarsch der Akteure schien kein Ende zu nehmen und machte unmissverständlich klar, dass hier etwas Großes passieren würde. Mengenmäßig und auf die Instrumentenvielfalt bezogen, waren CANTUS BURANUS also ungekürte Sieger des Festivals und konnten die Möglichkeiten der großen Bühne komplett nutzen. Rund dreißig unterschiedliche und teilweise handgefertigte Instrumente kamen zum Einsatz, in Kombination mit dem gewaltigen Orchester entstand eine beeindruckende Klangwand. Erhaben legten sich die Mollklänge von Bläsern über den Platz und verbreiteten eine angenehm betäubende und gleichermaßen mystische Stimmung, während die mantrischen Trommelklänge die Besucher vitalisierten. So wechselten auch die Zuschauerreaktionen zwischen andächtigem Schweigen und euphorischem Klatschen im Takt der Dudelsäcke. Die Sopranistin Ingeborg Schöpf rechtfertigte ihren pompösen Einmarsch mit ihrem bezaubernden Gesang, der die Besucher in Staunen versetzte und durch imposante Feuereffekt noch zusätzlich intensiviert wurde. Mehr war hier definitiv auch mehr! Völlig ohne E-Gitarren bauten CANTUS BURANUS einen ganz eigenen Druck auf und zogen die Besucher damit zu später Stunde komplett in ihren Bann. Ein perfekt inszenierte Auftritt, der nicht nur mit Extravaganz sondern in erster Linie mit Klasse punktete und den kulturellen Horizont einiger ganz sicher erweiterte.
Das ist doch… Das klingt doch wie… Das muss es doch sein, oder? Als hätten die Godfathers Stockholmer Death Metals persönlich Hand angelegt, klang das Intro „Into The Flame“ frappant nach „Left Hand Path“, dazu brüllte ein Gitarrensound, der unzweifelhaft als HM-2 zu identifizieren war. Jepp, das hier war was für Freunde der alten Schule. Lediglich ein kleiner harter Kern von Todesblei-Fans versammelte sich zu Beginn des ENDSEEKER-Gigs, übrigens dem ersten ausserhalb ihrer norddeutschen Heimat, vor der Camel Stage, den die fünf Hamburger Jungs jedoch schnell zu erweitern wussten. Abgesehen vom erstklassigen Songmaterial, das hauptsächlich vom im Oktober erscheinenden Debut „Flesh Hammer Prophecy“ stammte, vermochte vor allem Fronter Lenny mit seiner ziemlich abgedrehten Körpersprache sowie den trocken-humorigen Ansagen das Publikum schnell zu vereinnahmen. Bei „Black Star Rising“, entgegen der Studioversion leider ohne ex-Morgoth-Sänger Marc Grewe, führte dies sogar zu einem kleinen Moshpit, bevor „Possessed By The Flame“ das Intro-Riff wieder aufgriff und aus dem Auftritt eine runde Sache machte. Auch wenn man selbst kein Schwede ist: schwedischer kann man Schweden-Death kaum zocken.
Es waren auch zu später noch überraschend viele Leute da, die sich den letzten Act auf der SUMMER BREEZE Stage nicht entgehen lassen wollten. Und sie bekamen eine reglerechte FINNTROLL-Geschichtsstunde. Die Finnen betraten die Bühne mit etwas Verspätung, da Cantus Buranus etwas überzogen hatten. Nach den beiden eröffnenden Stücken „Midnattens Widunder“ und „Rivfader“ kündigte Sänger Mathias Lilmåns an, dass neben dem SUMMER BREEZE selbst auch FINNTROLL ihr 20. Jubiläum feiern. Und so bekamen die Zuschauer einen Querschnitt durchs Schaffen der Band, und zwar von ganz frühen Werken bis hin zu ihren aktuellen Platten. So tummelten sich neben „Jaktens Tid“, „Natfodd“ und „Trollhammaren“ auch Stücke wie „Korpens Saga“, „Skogsdotter“ und „Bastuvisan“ im Set der Band. Dabei ließ Lilmåns auch nicht unerwähnt, wie wichtig die Alben „Natfodd“ und „Nivelwind“ für ihren Erfolg gewesen sind, und konsequenterweise bestand der Großteil ihres Sets auch aus Tracks dieser beiden Alben. Das Publikum dankte es ihnen mit Pogo und letzten, wenn auch etwas müden und zaghaften Crowdsurfing-Einlagen. Der Bitte Lilmåns, der zu „Solsagan“ „I wanna see you motherfuckers kill each other“ in die Menge warf, kam dagegen keiner nach. Ist vielleicht auch besser so.
Im Rahmen eines Open-Air-Festivals mit enger Umbaupausen-Taktung den Sound für insgesamt zwanzig Sänger und Instrumentalisten – viele davon zudem mit klassichen Blas- und Streichinstrumenten bewaffnet – einzustellen, ist kein leichtes Unterfangen. So musste HAGGARD-Mastermin Asis Nasseri zum offiziellen Beginn der Show das Publikum erst einmal um einige Minuten Geduld bitten, bis ein letztes technisches Problem aus der Welt geräumt war. Dennoch harrte eine erfreulich große Zuschauermenge geduldig in der Kälte aus und freute sich auf komplexe Metal/Klassik-Hybrid-Stücke, die weniger für ausgelassenes Feiern als für andächtiges Lauschen geeignet waren. Das Warten sollte sich glücklicherweise bezahlt machen, denn bei exzellenten Soundverhältnissen spielten HAGGARD anlässlich dessen zwanzigjährigen Jubiläums ihr komplettes Debütalbum „And Thou Shalt Trust… The Seer“. Den wenigen, aber emotionalen Ansprachen von Asis merkte man die Leidenschaft für das eigene Werk und die Freude darüber an, dieses den begeisterten Fans live darbieten zu können. Die Antwort auf die Frage, welchen Song die Band als krönenden Abschluss spielen solle, fiel gleichermaßen eindeutig wie vorhersehbar aus: das monumentale „Awaking The Centuries“ bot einen Ausblick auf das gleichnamige Zweitwerk, dessen zwanzigjähriges Jubiläum HAGGARD in drei Jahren gerne ebenfalls auf dem SUMMER BREEZE begehen dürfen.
Aus krankheitsbedingten Gründen mussten Eïs ihren Auftritt auf dem diesjährigen SUMMER BREEZE leider absagen. Ersatz fand sich glücklicherweise doch noch am selben Tag in Form der schwäbischen Symphonic-Black-Metal-Band TOTENGEFLÜSTER, die um zwei Uhr morgens als letzte Band die Camel Stage enterten. Neben traditionellem Corpsepaint wartete die Band mit einem symphonischen Black Metal auf, der in der alten Schule verwurzelt ist. Druckvoll und doch genretypisch kalt war der Sound, den einem die Herren und die Dame da entgegen geballert haben. Das hat natürlich gut gepasst, denn zu dem Zeitpunkt war es auch sehr kalt. Sänger Narbengrund fauchte wie ein Dämon und unterstrich so die kalte Stimmung, welche die Band in Kombination mit den Temperaturen verbreitete. Dichter Nebel hüllte die Camel Stage ein und verstärkte dies ebenfalls. Sägende Gitarren versprachen keinen Trost, keine Wärme. Und so brachten TOTENGEFLÜSTER als adäquater Ersatz von Eïs den diesjährigen Betrieb auf der Camel Stage zu einem würdigen Ende.
Die Worte Atmosphäre und Melancholie werden bei der letzten Band des SUMMER BREEZE traditionell groß geschrieben. Seitdem das Festival in Dinkelsbühl ausgetragen wird, führen die Annalen großartiger (und oftmals wehmütiger) Abschlussgigs Namen wie Katatonia, My Dying Bride, Anathema oder auch Long Distance Calling auf. MGLA, die dieses Jahr das erste Mal ihre Aufwartung machten, passten als Rausschmeisser insofern in diese Reihe, als dass ihre Musik ebenfalls viel Wert auf eine melancholische Atmosphäre legt – nur bedeutend heftiger. Wer nach den kräftezehrenden letzten Tagen emotionale Ruhe oder eine Umgebung suchte, um eine Träne zu verdrücken, der war hier völlig falsch: die vier komplett in schwarzes Leder und Gesichtsmasken gehüllten Polen entfachten ein Black-Metal-Inferno von zerstörerischer Wucht, bei dem dem Sound eine besondere Bedeutung zukam; immerhin verzichten MGLA live auf jegliches Stage Acting, Ansagen oder sonstige Interaktionen mit den Publikum. Bei den hauptsächlich von den letzten zwei Alben „With Hearts Toward None“ und „Exercises In Futility“ stammenden Songs hätten die Blast Parts zwar durchaus ein wenig differenzierter gemischt werden können, dafür planierten die häufigen Double-Bass-Teppiche einfach jedwede Hoffnung nieder, MGLA könnten doch noch einmal versöhnliche Töne anstimmen. Auch eine Art, eine SUMMER BREEZE-Ausgabe zu Grabe zu tragen: mit einem Knall. Bis zum nächsten Jahr!