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- Summer Breeze 2011
- Donnerstag, 18.08.2011
- Freitag, 19.08.2011
- Samstag, 20.08.2011
Es mag als Anachronismus gewertet werden, doch ein Pirat auf der Bühne mit einer Kamera in der Hand ist heutzutage durchaus möglich. Bei SWASHBUCKLE erst recht und wer die Amerikaner kennt, weiß, dass jetzt eine amtliche Menge Spaß gemischt mit Thrash ansteht. Ein Intro im Nintendo-Sound, bei dem auf der Bühne getanzt wird, kündigt an, was dem gefüllten Zelt bevorsteht. Admiral Nobeard verkündet inbrünstig, dass er sowie die ganze Band jede einzelne Person, die vor ihnen steht von Grund auf liebt. Erste Circlepits bilden sich von ganz alleine, trotzdem ist es ihm wahrlich ein Anliegen, dass diese noch viel, viel größer werden, schließlich braucht die Security auch etwas zu tun. Als kleines Intermezzo wird zwischendurch „Black No. 1“ von den legendären TYPE O NEGATIVE angespielt, was genau wie der gesamte Rest des Gigs sensationell ankommt. Ein paar Freunde (DEADLOCK) kommen verkleidet als Papagei, Krabbe und Hai zu „Cruise Ship Terror“ auf die Bühne, was die Menge schlussendlich vollends ausrasten lässt. Crowdsurfer überall, Moshpit hier, Circlepit da, die Piraten haben ihr Ziel erreicht: Thrash & Fun allererster Kajüte.
Für die allerletzten metalhungrigen Nimmersatten durften die Kasseler Melodic-Death-Metaller von BURDEN OF GRIEF als wirklich letzte Band des SUMMER BREEZE 2011 noch einmal das Partyzelt umpflügen. Trotz des Rausschmeißer-Slots kamen BURDEN OF GRIEF gut gelaunt und spielfreudig mit dem Titeltrack des aktuellen Albums „Follow The Flames“ gleich richtig in Fahrt. Die verbliebene Meute schmiss noch mal den Propeller an und genoss das Set der Kasseler in vollen Zügen. Und die gaben alles. „Swallow The Sun“, „Burn In Fire“ und „Nightmare“ blieben auf einem ähnlich aggressiven Level, aber ohne jemals die Melodien und Eingängigkeit aus den Augen zu verlieren. Ordentlich Stimmung kam bei „Aces High“ einem IRON MAIDEN-Cover auf, bevor „Rise Like A Phoenix“ mit einem der fettesten Riffs überhaupt den passenden Abschluss markierte. Sicher ein würdiger Abschluss für das SUMMER BREEZE!
Trotz doch schon sehr vorangeschrittener Stunde und ernsthaften Abnutzungserscheinungen bei den meisten Festival-Besuchern, konnte ROTTING CHRIST noch auf eine beachtliche Menge an Jünger herabblicken. Klar, die Griechen sind ja auch schon ein ganz schönes Weilchen im Geschäft und können auf einen reichhaltigen Backkatalog zurückblicken, der ihnen eine große Fanbase eingebracht hat. Und weil das so ist, ballerte die Band einen Song nach dem anderen raus ohne große Verschnaufpausen. Das nennt sich dann wohl optimales Zeitmanagment. Dabei zeigte sich die Band in hervorragender Spiellaune und war für die ein oder andere lustige Ansage zu haben, die mit diesem griechischen Akzent an Charme gewannen. Sichtlich angetan von den vielen positiven Reaktionen, spielten sich ROTTING CHRIST in einen wahren Rausch, immer am Rotieren und nach kürzester Zeit von oben bis unten durchnässt. Passenderweise wurde die schweißtreibende Show mit „Noctis Era“ beendet und ROTTING CHRIST ließen sich vom Publikum gebührend feiern.
Den Finnen MOONSORROW hätte man keine bessere Spielzeit zuteilen können als mitten in der Nacht. Ihre atmosphärische Version des Black Metals meets Folk meets Pagan ergänzte sich optimal mit der Uhrzeit und die Zuhörer waren mehr als dankbar. Nachtstimmung machte sich breit; einige schunkelten, andere schwenkten mit geschlossenen Augen ihren Kopf und wieder andere genossen ausgiebiges Crowdsurfen. Die Ansagen der Band wurden kurz gehalten und sie haben „nur“ vier Songs spielen können, dafür aber alle mit Überlänge und massig Tiefe. Selbst wenn das Keyboard hier und da ganz knapp am Kitsch vorbeispielte, schaffte es die Band trotzdem, eine stimmige Atmosphäre aufzubauen und zu halten, die immer wieder mit Härte und auch Geschwindigkeit getränkt wurde. Die Songauswahl umfasste zwei Stücke ihres aktuellen Albums und zwei ältere. Somit durften alle gut bedient worden sein, die auf MOONSORROW stehen. Gelungener Auftakt des Ausklangs des Tages und des Festivals.
Schwedentod zum Abendbrot – bevor VOMITORY ihr Gemetzel im Zelt veranstalteten, versicherte sich Gitarrist Urban noch schnell über den Zustand der blutrünstigen Meute: „Are you still drunk?“ Nein, ohne Frage war das Publikum auch in der Nacht zum Sonntag noch bestens aufgelegt, und was könnte es Besseres zum Auffrischen der müden Gehirnzellen geben, als das schwedische Sägeninferno? Mit „Regorge In The Morgue“ gab die Band dann gleich einen Song ihres neuen Albums „Opus Mortis VIII“ zum Besten. Der Start erfolgte nicht ohne kleine Schnitzer: Erst wollte der Sound nicht, dann wollten die Gitarren nicht. Nachdem aber derart kleine Anlaufschwierigkeiten hinter ihnen lagen, ging es ohne Probleme weiter. VOMITORY spielten routiniert vorzugsweise Songs ihres aktuellen Albums, aber auch ältere Geschosse wie z. B. „Terrorize Brutalize Sodomize“ oder „Under Clouds Of Blood“ wurden ins Riffmagazin geladen und zielgenau abgefeuert. Man wechselte von messerscharfen Hochgeschwindigkeits-Tracks zu etwas gemäßigteren Attacken, und Urban fragte dann sicherheitshalber noch mal nach: „Do you want it fast or faster?“ Kurzum: Ein absolut rundes Set, hart und knackig. Schade nur, dass am Ende die Zeit dann doch nicht mehr für die geplante Zugabe „Chaos Fury“ gereicht hat.
Bei ihrem letzten Besuch, hatte die Band zwar einen denkwürdigen Auftritt gespielt, allerdings eher in negativer Sicht, denn der Schlagzeuger stand doch sehr neben sich. Der Mann hat seine Lektion aber offensichtlich gelernt, denn er war, wie auch die anderen Musiker, voll dabei und bereitete den Aktion von Sänger Alan die Bühne. Der erschien natürlich wieder blutig geschminkt und mit zerrissener Garderobe, versprühte aber auch sofort wieder das gewohnte Charisma des perfekten Zeremonienmeisters. Die wehmütigen Songs waren fast schon erschreckend passend für die Funktion als letzte Band auf der Pain Stage. Hinzu kam über weite Strecken ein eher schummriges, hauptsächlich in roten Tönen gehaltenes Licht und der nebenan schon beginnende Abbau der Main Stage tat ein Übriges für ordentlich Kopfkino mit PRIMORDIAL-Soundtrack. Trotzdem wirklich allen die letzten Tage mit ordentlich Hitze, Schweiß und Feiern in den Knochen gesteckt haben dürfte, schafften es die Iren noch mal die letzten Reserven zu mobilisieren und bis zum FOH-Turm alle mit ihrem Sound anzustecken. Bei „Bloodied Yet Unbowed“ erwähnte Alan das 20jährige Jubiläum der Band und widmete es ihren Freunden von Rotting Christ, die nach ihnen noch im Partyzelt aufspielten. Danke PRIMORDIAL!
Einen besseren Platz als das Partyzelt hätten GOD DETHRONED nicht bekommen können. Nach einem beschwörenden Intro legte das niederländische Geschwader dermaßen saftig los, dass man hätte meinen können, sie haben extra schneller gespielt, damit sie mehr Stoff bringen konnten. In wahnwitziger Geschwindigkeit schmetterte die Band Stücke wie „Boiling Blood“, „Storm Of Steel“ oder „Under The Sign Of The Iron Cross“ runter und regierte souverän das Zelt. Die Menge hat die freigesetzte Energie der Band gebührend gefeiert und entsprechend mit lautem Applaus belohnt. GOD DETHRONED hatten bei der Auswahl ihrer Setlist ein sehr feines Händchen bewiesen und bauten alle paar Songs etwas langsamere Stücke ein, die nicht durchweg Blast-Tempo beinhalten. Gerade die schweren Parts waren es, die wie das Luftholen vor der nächsten Geschwindigkeitsattacke wirkten, welche wie das Amen in der Kirche kommen sollte. Die Zeit fürs Durchatmen wurde dennoch gering gehalten und die Truppe zeigte sich von einer äußerst spielfreudigen Seite, die viele ihnen sicherlich so nicht unbedingt zugetraut hätten, waren doch auf den letzten Alben der Band auch einige eher Midtempo-lastige Stücke zu finden. Hiervon war aber nur marginal etwas zu spüren. Wie eine tödliche Walze fegte die Band durch das Partyzelt, wischte jeglichen Zweifel hinfort und machte deutlich, dass sie ein großes Loch hinterlassen werden, wenn sie demnächst dem Nachwuchs das Feld überlassen und den Laden zumachen.
Nach fast vier Tagen ausgiebigen Feierns in denen die Zuschauer des SUMMER BREEZE von den Bands geschunden wurden und sich selbst zerstörten, hatten sie zum Abschluss des Samstags auf der Mainstage noch mal eine ganz harte Nuss zu knacken. HATEBREED luden zum Pit und alle kamen. Zum ersten Mal auf dem SUMMER BREEZE und dann hatten die „Everybodys Darling“ des Hardcore gleich die Ehre auf der Mainstage den Abend zu beschließen. Die Band um Energiebündel Jamey Jasta wusste das zu würdigen und boten ein Set das sich gewaschen hatte. Nach einem kurzen Dreierblock aus Songs der aktuellen selbstbetitelten Platte („Everyone Bleeds Now“, „Hands Of A Dying Man“ und „Merciless Tide“), ging es Schlag auf Schlag weiter mit einem wahres Feuerwerk an Hits aus allen Phasen. Jedes Album wurde mit mindestens zwei Songs bedacht, wobei die Stücke der „Perseverance“-Zeit wohl die beste Resonanz bekamen. Die Menge mobilisierte noch Mal alle Kräftereserven und folgte Zeremonienmeister Jasta aufs Wort. Der Mann ist so routiniert und erfahren, dass er genau weiß, was er zu tun hat um die gewünschte Reaktion zu bekommen. Hängt das Publikum wie ein angeschlagener Boxer mal in den Seilen, wird mit diversen Mitsing- und Hüpfspielchen sofort dagegen angekämpft. Beispiel gefällig? Jasta: „Let me hear your scream: Hate!“, Publikum: „Breed“. Dazu Pyros ohne Ende und das was HATEBREED eben am besten kann: keine Gefangenen machen. Dabei vergisst die Band nie, wem sie das Ganze zu verdanken hat und bedankt sich immer wieder artig bei allen Anwesenden und dem Breeze selbst, sowie bei allen Bands. Und das Jasta ein ausgewiesener SODOM-Fan ist, wussten spätestens nach seiner Huldigung der Thrash-Helden jeder. Zwar verließen HATEBREED nach „This Is Now“ die Bühne, doch ließen sie sich nicht lange bitten und kamen prompt für einen Nachschlag zurück. Noch einmal alles geben, ein letztes Mal voll auf die Zwölf. Selbstverständlich wurde der Zugabenblock mit „Destroy Everything“ beendet. Was natürlich eine Mitgrölhymne par excellence ist. Zwei Worte bei denen wohl niemand mehr seine Stimmbänder schonte und ein Groove, der keinen still stehen lies. Ein mehr als würdiger Abschluss für das Summer Breeze 2011. Zumindest auf der Mainstage. Denn PRIMORDIAL standen für das große Finale nebenan auf der Partystage schon in den Startlöchern…
Der Auftritt von TÝR rückte näher, und das Zelt schien aus allen Nähten zu platzen. Die Truppe von den Färöer Inseln wurde von einer riesigen Menschenmenge lauthals und warmherzig empfangen, als sie die Bühne betraten. Konzentriert und trotzdem mitreißend spielten TÝR ihre ureigene Version des Pagan/Viking Metals, welcher Elemente der nordischen Folklore beinhaltet. Trademarks sind die ausgeprägten doppelstimmigen Melodien der Gitarren aber auch die Spuren des klassischen Heavy Metals in im Sound. Die eingängigen Hymnen wurden von tausenden Kehlen laut mitgesungen, vor allem beim Klassiker „Hail To The Hammer“ zeigten sich die Fans ausgesprochen textsicher. Jedes Stück wurde kräftig abgefeiert, und die im Sekundentakt anfliegenden Crowdsurfer sorgten für anhaltende Arbeit der stark geforderten Ordner im Fotograben. Die Mannen um Heri Joensen, welcher nach jedem Stück dem Publikum zuprostete, zeigten sich sehr engagiert und topfit. Die sympathischen TÝR bewiesen, dass sie live absolute Stimmungsmacher sind und im Partyzelt für Frohsinn und verdammt viel Spaß sorgten.
Natürlich ließ sich die SUMMER BREEZE-Gemeinde den Auftritt der Thrash-Urgesteine SODOM nicht entgehen und so versammelte sich vor der Pain Stage eine riesige Meute, die sich bis ganz weit nach hinten erstreckte. Nach dem saftigen Einstieg „The Vice Of Killing“ vom „Code Red“-Album war klar, dass SODOM es heute nicht auf die sanfte Tour probieren wollten, was das Publikum mit großem Jubel wahrnahm. Es folgten Klassiker wie „Outbreak Of Evil“, „The Saw Is The Law“, das wahnsinnig schnell und hart gespielte „Agent Orange” sowie das ebenso deftig runtergeratterte „Blasphemer” von der ersten EP „In The Sign Of Evil“, das Onkel Tom seinem verstorbenen Freund und ehemaligen SODOM-Drummer Chris Witchhunter widmete. Spätestens an diesem Punkt des Gigs war übrigens klar, dass SODOM nicht nur sehr beliebt sind, sondern sie sich ihren Triumph an diesem lauen Sommerabend nicht nehmen lassen würden. Die folgenden Songs „Ausgebombt“, an dessen Ende sich die Band hilflos verhaspelte, was sie aber eher sympathisch und menschlich zeigte als dass man das überbewerten sollte. „Remember The Fallen“ und das fast in Blast-Geschwindigkeit gebretterte „Bombenhagel“ (ohne Nationalhymne) waren dann nur noch der längst bestätigte Durchmarsch einer sauguten Old School Thrash-Band, die sich mit den ielen Jahrenihrer Existenz jeden einzelnen Applaus und Jubelschrei redlich verdient hat. Die Ruhrpottler haben hier vorgemacht, wie man als „alte Säcke“ noch fett Gas gibt und den Boden zum Beben bringt. SODOM haben regelrecht abgeräumt, viel altes Material gespielt und dabei nicht nur den guten alten deutschen Thrash Metal zelebriert, sondern auch die MOTÖRHEAD-Rock’n’Roll-Nummer perfekt abgeliefert.
Es gibt Auftritte, bei denen das Publikum völlig ausrastet. Und dann gibt es Auftritte á la THE OCEAN, bei der die Musiker alles daran setzen, die Bühne in ihre Bestandteile zu zerlegen. Was für eine irre Show! Das Kollektiv aus Berlin bzw. aus der Schweiz, zelebrierte seinen Gig wie eine Schlacht, bei der die Gitarristen ihre Instrumente wie Streitäxte durch die Lufte wirbelten. Wer diese Band schon einmal erleben durfte, weiß, dass man von den Experimental-Prog-Extremmetallern nicht nur gehörig die Trommelfelle versohlt bekommt. Die fünf Musiker sind nämlich auch ein intensives Erlebnis für’s Auge. Wie von den SUMMER BREEZE-Wespen gestochen, so als ob nicht ihre Instrumente, sondern ihre Körper verkabelt wären, rotieren und wirbeln sie unablässig über die Bühne, benutzen die Monitore als Sprungbrett und die Traversen als Klettergerüst – und das bei Stücken, die technisch so einiges von dem Muckern forderten. Und was die Fans können, können sie schon längst: Bassist Louis surft auf der Crowd und Sänger Loïc schmeißt sich in die erste Reihe, um ganz nah bei den Fans zu sein. Die feiern ohne Ende im dicht gefüllten Zelt – schon vor dem Auftritt war die Spannung in der aufgeheizten Partysauna zu spüren, doch als dann das Intro durch die Boxen bebte, ging es wie ein Blitz durch die Menge. Richtig ins Kochen geriet sie dann bei den beiden epischen Stücken „The Origin Of Species“ und “The Origin Of God”. Diese zwei Stücke runden das Album „Heliocentric“ ab, und das Meer aus erhobenen Händen sowie die Jubelchöre machten deutlich, das es kaum jemanden gab, der nicht nach den ersten Takten wusste, dass man Zeuge und Teil von etwas Großem werden würde. Unglaublich, diese Energie und Leidenschaft! Eines der ganz großen Highlights des SUMMER BREEZE 2011! Wer das verpasst hat, kann das über die mitgeschnittene DVD wenigstens vor dem heimischen TV nachholen – allerdings wohl frühestens im Herbst 2012.
Langsam kühlte es ein wenig ab und die Sonne versank eindrucksvoll am Horizont. Also optimale Voraussetzungen für eine Show des finnischen Goldkehlchens. Und Gold sollte an diesem Abend noch eine ganz besondere Rolle spielen. Dazu aber später mehr. Was sofort auffiel war die ungewöhnliche Platzierung der All-Star Formation. Mike Terrana hatte sich mit seinem gigantischen weißen Drumset rechts positioniert, während Tarja links von ihrem Cellisten flankiert wurde. Im Hintergrund ragte dazu eine beachtliche Keyboard Collage über der Gitarren- und Rhythmusfraktion. Tarja und ihre Mannen waren also bereit für ein ganz besonderes Set. Es konnte losgehen, und das mit voller Wucht. Bereits beim Opener „Dark Star“ war klar, dass Tarja bei bester Laune war und wenig Wert auf die sonst üblichen modischen Spaziergänge legte. Dezent in schwarz gekleidet stand heute einzig und alleine die Musik im Mittelpunkt. Tarja hatte ein ganzes Potpourri an Hits im Gepäck und begeisterte den prall gefüllten Platz vor der Main Stage. Die Menge stimmte dabei immer wieder in Tarja-Sprechchöre ein, was der ehemaligen NIGHTWISH Sängerin sichtlich gefiel. Dass es sich Mike Terrana hinter seiner imposanten Schießbude nicht ganz nehmen ließ, das ein oder andere Solo zu platzieren war klar. Allerdings war der heutige Abend mehr als sonst auf die charismatische Frontfrau zugeschnitten. Wer auf NIGHTWISH-Material wartete, wurde zumindest halbwegs bedient, denn die Lady brachte die Coverversion “ Over The Hills and Far Away“, die ja auch schon bei ihrem letzten Arbeitgeber gern gereicht wurde. Auch Cellist Max Lilja (E-APOCALYPTICA, HEVEIN) hielt sich dezent im Hintergrund. Warum das heute so war, wurde klar, als das Set kurz dem großen Finale für eine besondere Einlage unterbrochen wurde. Gunnar Sauermann, langjähriger Freund und Vertrauter der Band, überreichte Tarja Turunen eine Goldene Schallplatte für das aktuelle Album „My Winter Storm“. Sichtlich berührt wandte sich Tarja nochmal an die Zuschauer und bedanke sich nach einer kurzem Ansprache mit einem würdigen Finale in Form von „Until My Last Breath“. Bleibt zu hoffen, dass Tarja und ihren Mannen noch lange nicht die Luft ausgeht und wir uns noch auf viele solche Auftritte freuen dürfen.
Obskur, obskurer, OBSCURA! Ein Genrewechsel vom wilden Piratentum hin zu technischen Death Metal mit deftigen Black-Einlagen. Ironischerweise war Sänger Steffen Kummerer selbst sehr über den Zuspruch seitens der Zuschauer überrascht, mit so vielen Leuten hätte er nicht gerechnet. Das spornt natürlich zusätzlich an, den technisch sehr anspruchsvollen Sound möglicherweise noch besser als sonst in Szene zu setzen. Von der ersten Minute an ist die Menge auf ihrer Seite und es wird zu harten Klängen, wie auch zu hochpräzisen Soli gebangt bis alles zu spät ist. Es ist deutlich zu spüren, wie das positive Feedback die Band beflügelt, von Song zu Song ihr Bestes zu geben. Fans der alten MORBID ANGEL kommen ebenso auf ihre Kosten, wie die Anhängerschaft von geschwärzteren Klängen. Sänger Steffen lud jeden ein, sich nach der Show mit der Band auf ein Bier zu treffen.
Beim Namen dieser zünftigen Kapelle gabs nicht viel zu rätseln, was die Zschauer in den fünf Blöcken der Band erwarten würde. Und an sich ists ein Wunder, dass das nicht längst jemand auf wesentlich populärerem Level fusioniert hat, Metal meets Bierzelt quasi. Denn Metaller, Bierseligkeit und ein hoher Mitgröhlfaktor, das funktioniert offensichtlich astrein. Auch die Garderobe der Mannen war ein wilder Mix aus Trachtenoutfit und Metalshirts und –accesoires. Und in Sachen Instrumente genossen die Tuba und die Quetschkommode natürlich den größten Exotenbonus unter der normalen Rockbesetzung. Die Truppe regierte die Fläche der Camel Stage und der Sänger wurde vor lauter Einsatz mit jedem Block heiserer. Cool auch die eingestreuten Coverversionen von Hubert von Goisern, STS und der EAV. Und als ob das alles nicht eh schon überzeugend genug gewesen wäre, gabs dann noch ein zünftiges Pärchen in Tracht, die die vorderen Reihen aus dem Bierfass mit kühlem Gerstensaft versorgten und auch Brezeln reichten. Oans, zwoa, gsuffa!
An sich ist die Band gerade im Studio, für die SUMMER BREEZE-Show haben sie die Arbeiten aber wohl gerne kurz niedergelegt. Von Anfang an standen die Zeichen an der Pain Stage auf Sturm und dicke Hose. Die Bühne war imposant dekoriert, u.a. gabs zwei große Aufsteller vor der Backline und über die gesamte Höhe des Bühnenhintergrunds vier Backdrops mit den Buchstaben C, L, B und N, da konnte man sich die Umbaupause dann schon mal mit intellektuellem Vokaleraten vertreiben! Nach dem Opener „Love Song“ griffen sie dann auch zum ersten Mal in den Zylinder und zauberten eine imposante CO2-Wand aus weißem Rauch vor die Bühne, volles Rohr quasi. Die Band hatte sichtlich Spaß, Sänger Andy leider nicht so lange, wie seine Kollegen, bei einem der ersten Songs stürzte er wohl über etwas am Bühnenrand, schlug sich leicht den Schädel dabei an und holte sich blöderweise ne Knöchelverletzung. In der Folge gab er also den Metal-Flamingo, hüpfte auf einem Bein über die Bühne und hatte statt nem Schuh am Fuß nen Eisbeutel im Socken. Als nächstes Schmankerl schickte die Band Manuel aus Augsburg, einen mutigen Contestgewinner, mit einer Helmkamera mitten in den Hexenkessel vor der Bühne – an sich war ja im Vorfeld klar, dass das Ding die erste Wall Of Death nicht überleben würde, Manuel hats aber unbeschadet überstanden, Respekt! Respekt bekommt auch der Mischer von CALIBAN, denn einen bessern Sound hat man dieser Tage wohl selten gehört. Und auch der für die Cleanen Gesänge zuständige Gitarrist hat das mittlerweile ganz gut im Griff. Nachdem es COMEBACK KID an selber Stelle ja schon nicht an innovativen Publikumsaktionen haben mangeln lassen, schmeißt sich ein Großteil der Fans bei der ersten Coverversion „Helter Skelter“ (das haben die Beatles echt nicht verdient) von der aktuellen Cover-EP sitzend auf den Boden und huldigten ihren Helden mit dem Hochreißen der Arme – hat man so auch noch nicht gesehen, oder? Standards wie Todeswände und Crowdsurfer müssen hier nicht groß erwähnt werden. Bei einer von Andys Ansagen fehlte den vorderen Reihen dann etwas die Konzentration, da sich eine leichtbekleidete Dame auf die Schultern von jemand geschwungen hatte und die Blicke auf sich zog. Die verdatterte Lady lud Andy spontan auf die Bühne ein, damit wenigstens wieder alle in seine Richtung schauen. Zum Schluss griffen sie noch mal richtig tief in die Trickkiste, vor der RAMMSTEIN-Nummer „Sonne“ gabs nen Funkenregen, danach noch mal die Rauchwand und nach dem abschließenden „It’s Our Burden To Bleed“ schossen sie drei riesige, lang andauernde Konfettifontänen in den Farben rot, weiß und grün in den Himmel. Alles sehr imposant, die Fans rasteten völlig aus und die Band sah auch nicht unzufrieden aus. DEADLOCK hatten ein paar Stunden früher völlig ohne Klimbim ähnlich überzeugt.
Wer sagt denn, Rock’N’Roll sei tot? MOTORJESUS taten am Samstagvormittag alles Mögliche, um das geflügelte Wort zu widerlegen. Ohne Untertreibung dürfte das SUMMER BREEZE wohl ganz selten einen Opener der Party Stage gesehen haben, der zu dieser morgendlichen Stunde so viele Menschen so derbe mitgerissen hat! Obwohl Rockröhre Chris Birx vorgab, ob des ersten Males auf dem SUMMER BREEZE ultranervös gewesen zu sein, war von Muffensausen keine Spur. Nein, der Mann hat echte Entertainerqualitäten! Quasi im Alleingang riss er das zahlreich erschienene und völlig abfeiernde Publikum auf die Seite der Band, verteilte Konterbiere und Käse- und Salamibrötchen unter den Fans und machte auch stimmlich eine sehr gute Figur. „Fist Of The Dragon“ widmete er seinen beiden Idolen Bruce Lee und Chuck Norris und demzufolge wollte er bei diesem Song auch keine Pommesgabeln oder Fäuste sondern die Todeskralle sehen! Fraßen die Anwesenden ihm nicht eh schon willig aus der Hand, folgte der Höhepunkt beim letzten Song „A New War“: mittendrin schwenkte die Band in ein Medley aus SCORPIONs „Rock You Like A Hurricane“ und AC/DCs „TNT“, wobei letzteres auf Bitten Birx‘ doch bitte in der SIX FEET UNDER-Version vom Publikum gegrowlt werden sollte. Absolut souveräner Samstagsauftakt. Diese Band hat sich definitiv für höhere Weihen empfohlen!
Als nächstes gab es Metalcore im Doppelpack. AS I LAY DYING enterten zuerst die Hauptbühne bevor dann CALIBAN direkt im Anschluss auf der Pain Stage folgen sollten. Schulter an Schulter mit KILLSWITCH ENGAGE bilden die Amis die Speerspitze in diesem immer noch sehr beliebten Genre. Und der komplett gefüllte Platz vor der Bühne unterstrich dies nachdrücklich. Brachial ging es gleich los mit „Within Destruction“, schnell gefolgt vom ersten Stück des aktuellen Albums „The Powerless Rise“ „Upside Down Kingdom“. Die Band ließ zu keiner Minute etwas anbrennen. Vielleicht wurden aber ihre Haare hin und wieder von den meterhohen Flammen angekokelt. Änderte der Wind doch immer mal wieder seine Richtung und kam der Band doch ziemlich nah. Übrigens On Fire: Sänger Tim Lambesis ist schon eine sehr beeindruckende Erscheinung. Groß gewachsen, zutätowiert und mit einer Wut in der Stimme, das einem Angst und bange wird. Dazu lebt er seine Songs und die Texte unheimlich. Springt umher, schraubt sich die Rübe ab und prügelt auch mal gerne wild um sich. Wohlgemerkt ohne auch nur ein bisschen an Druck einzubüssen. Souverän dirigiert er eine der größten Wall Of Deaths, die das SUMMER BREEZE 2011 erlebt hat und peitscht die Menge immer weiter zu Höchstleitungen an. Dass der Ein oder Andere die Waffen vorzeitig strecken muss um das Schlachtfeld in Richtung Sanizelt zu verlassen, verwundert dabei fast schon weniger. Ernsthafte Verletzungen waren aber nicht gesehen und das ist auch gut so. Ein sattes Pfund legten AS I LAY DYING gegen Ende des Auftritts hin. Drei mal drei Hits am Stück: „Forever“, „Confined“ und natürlich der Song, der in keinem Set fehlen darf, „94 Hours“. Ein perfekter Abschluss für einen bärenstarken Auftritt und für CALIBAN eine schwer zu toppende Angelegenheit. Leichten Abzug gibt’s in der B-Note für das Verschenken von 10 Minuten Spielzeit, die der Band nach „94 Hours“ noch geblieben wären.
Der Kuttenfaktor schlägt plötzlich enorm nach oben aus, es gesellen sich zunehmend entsprechend Bekleidete vor die Bühne, das Intro läuft schon, alles vorbereitet, WOLF stehen auf der Bühne und allesamt stimmen ihre Instrumente. Gesamt gesehen, hält sich der Andrang allerdings in Grenzen, was im Nachhinein betrachtet schade ist, denn die Band knallte den Zuschauern ein einwandfreies Set schwedischen Heavy Metals um die Ohren. Trotz eher dunkleren Lichtverhältnissen an der Partystage zieht der Drummer es vor, die Sonnenbrille aufzulassen. Als Metal Country wird Deutschland von WOLF hochgelobt und entsprechend wird auf der anderen Seite jeder Song abgefeiert. Sei es „The Bite“ oder auch das neue „Skull Crusher“. Bassist Anders „Tornado“ Modd macht seinem Spitznamen alle Ehre und dreht eine Runde um die Bühne, damit er bei „Hail Caesar“ im Graben davor in unmittelbarer Fan-Nähe spielen kann. Tolle Show der Schweden, deren Ende für viele wohl viel zu früh kam.
Gaukler, Barden und Spielmannszüge, das war die vollkommen unmetallische Maxime von CORVUS CORAX. Es gab keine Gitarren und keine herkömmlichen (Metal-)Instrumente, sondern mittelalterliche Klänge, zumeist feuchtfröhlich und feierlich, mal aber auch getragen schwer. Es war schon ein kleines Wagnis zwischen all den Metalheads und Bands, die sich gegenseitig an Härte und Geschwindigkeit zu übertreffen versuchen, mit der Musik von CORVUS CORAX trumpfen zu wollen. Aber allen bösen Vorahnungen zum Trotz hat die Truppe das Publikum sofort mit den ersten (verdammich lauten) Klängen gefesselt und verbreitete eine fantastische Stimmung, die sich manch andere Band sicherlich gewünscht hätte. Es wurde getanzt, geschunkelt und ausgeflippt in der Menge, in der sich viele Goths und andere dunkle Gestalten in entsprechendem Outfit versammelt hatten. Mit Ansagen, die sprachlich an das Mittelalter angelehnt waren, baute die Band eine ureigene Stimmung auf, die sich bis zum Schluss halten sollte. Selten hat ein Kontrastprogramm zu all dem Metal-Futter so sehr ins Ziel getroffen, wie die Musik von CORVUS CORAX. Absolut fantastisch, wie sie mit ihren Dudelsäcken, Schalmeien, Trommeln und Pauken und anderen alten Instrumenten nachhaltige Stimmung entfachten. Erstaunlich viele Metaller sind zur Musik der Band steil gegangen, was einmal mehr beweist, dass der gemeine Metaller nicht engstirnig ist. Bei dieser tollen Musik sollte man das auch nicht sein.
Mit DEMONICAL ging es nun doch deutlich traditioneller weiter, leider vor weniger Publikum als noch bei ADEPT. Dafür wohnten die Anwesenden einem besonders gelungenen Auftritt bei. DEMONICAL sind eine Macht, und das nicht nur auf ihren Studiowerken, sondern auch und vor allem an der Live-Front! Kaum eine Band versteht es, den einzig wahren Old School Schwedentod in Reinform so authentisch und mitreißend zu zelebrieren. Lässig wie immer wirkten die Mannen um den doch des Öfteren ein wenig manisch dreinblickenden Fronter Sverker Widgren, dessen ultraböse Growls schön druckvoll tönten. DEMONICAL machten mit ihrem treibendem Groove und diesen charmant knarzenden, tief wummernden, schnörkellosen Riffs, keine Gefangen. Vehement knüppelten sich die Schweden mit tödlicher Präzision durch ihr Set. Zusammen mit den Fans bangte sich die Band nach allen Regeln der Kunst die Seele aus dem Leib, was eben auch zu der räudig-sympathischen Ausstrahlung der Schweden mit beitrug. Ein Todesblei-Hit jagte den nächsten, und die Show der Nordlichter wurde zu Recht von den Fans kräftig abgefeiert und bejubelt!
Welcome To The Farm 2011! Nachdem es die Band de facto seit Jahren nicht mehr gibt und die letzte Show auch schon wieder fast drei Jahre zurückliegt, war der Auftritt der Schwaben eine sehr exklusive Angelegenheit. Und so hatte sich trotz erbarmungslos vom Himmel brennendem Planeten eine gespannte Meute vor der Main Stage versammelt um zu sehen, was die Jungs noch draufhaben. Mit ordentlichem Applaus wurden sie direkt beim Erscheinen beklatscht und los gings passenderweise mit „When Pigs Fly“, das Schweine fliegen können war nämlich für einen Großteil der Anwesenden lange Zeit genauso wahrscheinlich wie eine Show oder ein neues Album der FARMER BOYS. An dritter Position schickten sie dann „Like Jesus Wept „, einen der vielen Smasher von „The Other Side“ ins Rennen. Der Song wurde von Sänger Matze als Song vom aktuellen Album angekündigt, und als er dann selbst verstanden hat, was er da gesagt hat, hat er sich dann auch ordentlich weggeschmissen – denn das Album hat ja nun stolze sieben Jahre auf dem Buckel. Die Leute vor der Bühne freuten sich sehr über den erneuten Einsatz des Feuerwehrschlauchs, denn da floss vor lauter euphorischer Bewegung massig Schweiß und da war eine Abkühlung natürlich mehr als willkommen. Bis auf den etwas abwesend wirkenden Keyboarder hatten alle Beteiligten sichtlich Spaß auf der Bühne und dieser Spaß wurde auch entsprechend in Energie umgesetzt, die sie direkt ins Publikum weiterreichten. Im Prinzip war alles beim alten, eine fantastische Band mit ganz eigenem Stil und ein Sänger mit dem Hang zum großen Pathos sowohl in den Melodien, als auch in der Gestik – und in Sachen Geblubber, wie war das mit seinem Wohnort auf der dunklen Seite des Mondes? Egal, die vorderen Reihen skandierten mehrmals lauthals „Neues Album! Neues Album!“ Wo kann ich denn hier bitte „Gefällt mir“ klicken?
Bei ADEPT nahm die Zuschauermasse im Zelt nochmals zu. Vor allem die vordere Hälfte der Fans machte auch von Anfang an schön mit und ließ sich von der kraftvollen Mischung der Schweden aus Melodic Death Metal und Hardcore ordentlich mitreißen. Die gutgelaunten Jungs zeigten von Anfang an echte Spielfreude und sprühten vor Charisma und Energie, allen voran Sänger Robert Ljung, der mit seiner unglaublichen Bühnenpräsenz alle Aufmerksamkeit auf sich zog und die Fans fest im Griff hatte. Die gaben es sich nicht nur in ordentlichen Moshpits, sondern auch zum Auf- und Abspringen sowie einem dicken Circle-Pit ließen sie sich animieren. Das lag aber natürlich auch an der souverän dargebotenen, wuchtigen Musik mit fetten Doublebass-Gewittern, kräftigen Breakdowns und den typischen Göteborg-Melodien. Alles in allem eine mehr als sehenswerte Show, die ADEPT da abgeliefert hatten, mit ordentlich harter Musik und viel Spaß, vor und auf der Bühne!
Ein bisschen ist ja die Camelstage wie eine Wühlkiste, wie ein Schaufenster voller Sonderangebote. Oder vielleicht ein Stolperstein, über den man sich im Nachhinein bedankt, denn der – wenn man es so bezeichnen möchte – „Mitnehmer-Effekt“ ist nicht zu unterschätzen. Vier Sets á 20 Minuten sind keine bloße Unterhaltung für die Pause, sondern ist für neugierige Festivalbesucher eine hervorragende Gelegenheit, interessante Bands wie VOGELFREY kennen zu lernen – und zwar live und direkt, was 100mal besser funktioniert als mit einer bunten Anzeige in einer Zeitschrift. Die Hamburger, die vor knapp einem Jahr ein erstaunlich gutes Debüt vorgelegt haben, gehören zu den Mittelalter-Bands, die wieder verstärkt auf Rock-Instrumentierung setzen. Folk-Elemente ja, aber bitte schön heftig und mitreißend gespielt. Dass die Band nicht nur auf Konserve überzeugt, zeigen sie schnell. Das Sextett agiert mit ansteckender Freude, die Musiker sind über die gesamten Sets gut aufgelegt, und Frontmann Jannik beweist als Entertainer ebenso gute Qualitäten wie an seinen vielen Instrumenten. Den charismatischen Geschichtenerzähler hat er auf der Bühne ebenso gut drauf wie auf Platte. VOGELFREY vereinen Traditionelles und Moderne in derart überzeugender Weise, dass man die Herren und Damen auf dem Zettel haben sollte. Den Vergleich mit wesentlich bekannteren Kollegen – das beweisen sie vier Mal hintereinander – müssen sie jedenfalls nicht scheuen. Klasse gemacht!
SMOKE BLOW gehörten mit ihrem hardcore-affinen Punk der dreckigeren Sorte auf dem SUMMER BREEZE sicher eher zu den Exoten. Doch auch in südlichen Breitengraden haben sich die Kieler in zwölf Jahren Bandhistorie einige Anhänger erspielt, die sich zahlreich unter der knallenden Nachmittagssonne vor der Painstage einfanden. Mit einnehmendem Bewegungsdrang rotzten sich die Nordlichter durch alle ihren Backkatalog hindurch. Immer im Zentrum der Aufmerksamkeit dabei: die zwei Vokalisten mit den bezeichnenden Namen Letten und MC Straßenköter. Mit einer gehörigen Portion nordischem Charme und viel Wortwitz führten die beiden Entertainer durch das Programm. Dass sich die Band nicht immer völlig ernst nimmt und im Grunde für jede Schandtat bereit ist, zeigte gegen Ende die Coverversion von Billy Idols „Rebel Yell“. Die beiden Frontmänner nutzten den Song für die Zurschaustellung ihrer innigen Zuneigung für einander, indem sie die Hosen fallen ließen und sich öffentlich der gleichgeschlechtlichen Liebe hingaben. Wahre Liebe gibt es eben nur unter (Punk-)Männern! Alles andere als liebevoll ging es dabei im Pit zu. Hier regierte der gute alte Pogo während sich die weiteren Reihen ausgiebig die Seele aus dem Leib grölten. Unterm Strich mit Sicherheit eine der unterhaltsamsten Partys des Wochenendes.
Ohne hier jetzt groß auf die Tränendrüse zu drücken, aber die Welt ist einfach nicht gerecht. Wenn es nämlich mit rechten Dingen zugehen würde, dann hätten CRIMINAL längst einen ganz anderen Status und würden dann wohl auch zu ner anderen Uhrzeit ins SUMMER BREEZE-Rennen gehen. Seit Mitte der 90er ist die ursprünglich aus Chile stammende und heute in England beheimatete Band unermüdlich dabei sich den Allerwertesten abzuspielen und zudem wurden in der Zeit kontinuierlich starke Alben veröffentlicht. Als sie denn um 15 Uhr ihre diesjährige SUMMER BREEZE-Visite mit „21st Century Paranoia“ vom 2009er „White Hell“-Album begannen, konnte man noch nicht ganz von einer geschlossenen Front im weiten Rund sprechen. Sie wurden aber dennoch lautstark empfangen. Im Bühnenhintergrund prangte ein Backdrop im Design des neuen Albums „Akelarre“, das das inhaltliche Konzept der Band wohl sehr gut auf den Punkt brachte. Da waren nämlich die drei größten Kriminellen weltweit zu sehen: Kirche, Wirtschaft und Militär. Fronter Anton ging sichtlich in den Songs auf, bewegte sich viel und bellte inbrünstig die Texte zu den wüsten Thrashnummern der Combo. Auch sehr leidenschaftlich war der Gitarrist Olmo Cascallar unterwegs, kurzum: die Band war in Höchstform und hätte wesentlich mehr Publikum verdient gehabt.
Stop! – Hammertime! Gerade noch hatten DEADLOCK die Painstage gerockt, da betraten die schwedischen Wölfe die Hauptbühne. War der Boden schon für sie bereitet? Die Luft stand bereits, und jetzt waren die Großmagier angetreten, auch die Gesamtgeschwindigkeit des Festivals zu drosseln. Ursprünglicher Heavy Doom, bei dem Kollege Satan vor Angst den Schwanz einzieht! BATHORY, WITCHFINDER, SAINT VITUS oder GOATSNAKE, sowie die üblichen Verdächtigen aus seligen NWOBHM-Zeiten – ein bisschen von allem lassen die Schweden in ihre Songs einfließen. Der urige Sound, bei dem sich das Festivalgelände eigentlich sofort in eine schneebedeckte Winterlandschaft hätte verwandeln müssen, infiziert die Metalheads sehr schnell. Trotz des Kampfes gegen die brennende Sonne ließen sie sich nicht davon abbringen, die Köpfe im Takt auf und ab zu bewegen. Bei so einer durchgängig schwergewichtigen Show kann man sich auch ruhig mal braten lassen. GRAND MAGUS belohnten den „Iron Will“ ihrer hartgesottenen Fans mit einem Potpourri aus Klassikern der gesamten Diskographie, konzentrierten sich dann aber selbstverständlich auf die Songs ihres aktuellen Albums „Hammer Of The North“, welches ein ganzes Stück mehr Heavy als Doom ist. Die Scheibe wurde nicht umsonst mit Lob überschüttet, und Songs wie „I, The Jury“, „Ravens Guide Our Way“ oder das gleichnamige Titelstück wurden entsprechend mit Begeisterung empfangen. Die Gitarrenrecken Janne und Fox verzichteten auf ausladendes Geplänkel mit dem Publikum, sondern verwöhnten sie dafür jeweils mit einigen Soloeinlagen. Wie schon des öfteren auf diesem Festival zeigte sich: Für einen Hammersound braucht es nicht mehr als drei Mann. Und wenn es sich dann noch um eine Kultband wie GRAND MAGUS handelt, macht es das Ganze noch deftiger.
Vom Unwetter am Vortag war am Samstag kaum noch etwas zu sehen. Und wenn es noch ein paar Wolken wegzuschieben gab, dann sorgten DEADLOCK für die endgültige Rückkehr der Hitze vor der Pain Stage. Kein Gramm Eis, das zwischen der Band und dem Publikum geschmolzen werden musste, stattdessen verdampfte das Wasser aus dem Feuerwehrschlauch blitzschnell auf den Körpern der feiernden Fans. Mit „Bizarro World“ hatten die Schwarzenfelder ihr hochkarätiges neues Album im Gepäck, dessen Songs das Set auch eindeutig dominierten. Das Kontrastprogramm startete jedoch gleich zu Beginn mit elektronischen Beats, also genau dem Element, auf das DEADLOCK beim neuen Werk verzichtet haben. Die Menge wusste was kommt, und kaum hatten ihre Helden die Bühne betreten, ging die Party in drückender Hitze los. Es wurde mitgesungen, laut geklatscht und freudig auf der Crowd gesurft. Die Ordner hatten massig zu tun, und überhaupt forderte hier jeder jeden: DEADLOCK lieferten einen Kracher nach dem anderen, das Frontduo Johannes und Sabine heizte die tobende Menge immer wieder an, die wiederum ihre grenzenlose Begeisterung an die Band zurückgaben. Der Circlepit wurde bald zur „Circle-Acht“, die Stimmung war genauso ausgelassen, wie schon vorher bei ENGEL. Ein Blick in die Menge erlaubte nur ein klares Urteil: Drei Tage Festival, die bereits in den Knochen der Fans steckten, schienen immer noch keine Ermüdungserscheinungen hervorzurufen. Nix bizarro, alles bombig!
Perfekt ausbalanciert zeigten sich ENGEL. Die Band um Gitarrist Niclas Engelin, der eine oder andere kennt ihn vielleicht noch von der IN FLAMES-Ersatzbank oder artverwandten Bands wie GARDENIAN bzw. PASSANGER, schafften spielend leicht den Spagat aus hart groovendem Mid-Tempo-Mosh und großen Refrains mit teilweise schon poppigen Melodien. Das Gebräu erfreute sich ungemeiner Beliebtheit und so konnten ENGEL von der Mainstage aus, trotz an sich unmöglicher Uhrzeit, zu der man sonst vielleicht gerade mal den Grill anwirft, auf eine beachtliche Menge herabblicken, die auch keinen Moshpit scheute. Im Gepäck hatten die Göteborger einen ausgewogenen Mix aus Tracks ihrer beiden Alben „Absolut Design“ und „Threnody“, die, wenn man sie so auf den Punkt spielt wie es die Band tat, ganz schön in der Magengegend drückten. Dabei hinterließ Sänger Magnus „Mangan“ Klavborn einen besonders guten Eindruck. Bestens bei Stimme meisterte er die Wechsel aus Shouts, Growls und Clean Vocals spielend leicht und vor allem in den melodischen Songs konnte er mit seiner außergewöhnlichen Klangfarbe punkten. Die Fans dankten es ENGEL mit viel Bewegung und Textsicherheit. Metal aus Göteborg, ist einfach ne Marke das.
Wild waren sie auch, energisch sowieso, und doch gänzlich anders als die vorher lärmenden BENIGHTED: TOTAL CHAOS aus Kalifornien waren das absolute Kontrastprogramm, mit hautengen Jeans, einigen Nieten und Stachelhaarfrisur alleine schon optisch stark unterschiedlich, gab es hier auch ganz andere Töne auf die Ohren. Mit viel Elan, und trotz sehr übersichtlicher Zuschaueranzahl und einer ordentlichen Portion Spaß in den Backen, rotzte die Band ihren kompromisslosen treibenden Hardcore-Punk heftig von der Bühne – und das nach achtstündiger Anfahrt über Nacht aus Polen. Die Fans nahmen die flotten Stücke dankbar auf und feierten ihre Helden kräftig ab, und langsam zogen TOTAL CHAOS auch mehr Leute an. Dabei zeigten sich die Mannen um den rau röhrenden Sänger Rob Chaos als musikalisch topfit und gaben mit schwerem Groove, exaktem Spiel, eingängigen Mitgröl-Refrains und dabei dennoch dreckigem, ätzend wütendem Punk-Geballer eine ordentliche Vollbedienung. Highlight der Show war das als „Du siehst Scheiße aus“ angekündigte „Kill The Nazis“.
Hatten am Vortag TRIGGER THE BLOODSHED und NERVECELL für brachiale Todeskunst zu früher Stunde gesorgt, lag es nun am letzten Festivaltag an BENIGHTED, es ihnen gleichzutun. Ihre Mission: die Anhänger des Brutal-Death Metals mit einem ordentlichen Brett Wachzuprügeln. Die Franzosen hauten ihre derben Stücke derart vehement und brachial in die Masse der sehr zahlreich versammelten Fans, dass es eine wahre Freude war. Die perfekt aufeinander eingespielten BENIGHTED spielten ungemein präzise sowohl irrwitzige Blast-Beat-Attacken als auch fette, groovende Moshparts. Für zusätzliche Dynamik sorgten die eingestreuten eingängigen Melodien sowie der Wechsel aus extrem tiefem Gegrunze und hohen Schreien von Sänger Julien Truchan, welcher barfüßig über die Bühne wirbelte. Im Publikum bildeten sich von Anfang an richtig große Circlepits, und auch zwei dicke Walls Of Death sorgten für zusätzliche Unterhaltung. Wie beliebt BENIGHTED mittlerweile sind, zeigte sich nicht nur an der großen Menge, sondern auch daran, dass wirklich jeder Songtitel in den Ansagen aus tausenden Kehlen mitgebrüllt wurde, und mit jedem Stück verwandelte sich der Platz in ein Meer wild kreisender Schädel. Bassist Eric Lombard feuerte die ohnehin schon heißgelaufenen Fans noch zusätzlich an, indem er während „Asylum Cave“ in den Fotograben sprang, dort vor der Menge enthusiastisch spielte und sich ordentlich austobte, um dann punktgenau zum kurzen Basssolo wieder auf die Bühne zu steigen. Der lauthals geforderten Zugabe konnte leider nicht entsprochen werden. Die Zuschauer verabschiedeten die sichtlich erfreuten BENIGHTED schlussendlich noch mit der laut gesungenen „Marseillaise“, der französischen Nationalhymne.