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- Summer Breeze 2016
- Donnerstag, 18.08.2016
- Freitag, 19.08.2016
- Samstag, 20.08.2016
Vor der Pain Stage ist auch noch das letzte Stückchen Platz belegt. Das Publikum steht sich trotz des Regens bis weit in den Main Stage-Bereich die Beine in den Bauch. Alle warten auf den Auftritt der Senkrechtstarter BLUES PILLS. Die haben mit ihrem neuen Album „Lady In Gold“ gerade Platz eins der deutschen Charts erreicht. Umso größer ist die Spannung wie sich das neue Material der Band in der Livedarbietung schlägt. Ohne jegliches Intro betreten BLUES PILLS die Bühne. Sängerin Elin trägt einen hautengen, dunklen Catsuit und ist wie immer barfuß. Überraschend ist, dass das Quartett von einem zusätzlichen Live-Musiker unterstützt wird. Der wechselt im Laufe des Auftritts je nach Bedarf zwischen Keyboard und Gitarre. Als Einstieg gibt es das soulige Titelstück der neuen Platte. Schnell zeigt sich, dass die neuen Songs auch in der reduzierteren Live-Darbietung ihre volle Wirkung entfalten. Denn BLUES PILLS agieren mit einer unglaublichen Spielfreude wie sie nur die allerwenigsten Bands auf die Bühne bringen. Auch die fehlenden Chöre fallen gar nicht weiter ins Gewicht. Warum? Weil Elin Larsson einfach eine so herausragende und einzigartige Sängerin ist. Mit ihrer kraftvollen Stimme sorgt sie ein ums andere Mal für Gänsehaut, bis manch einem gar die Freudentränen in die Augen schießen. Noch dazu zeigt sie sich extrem leidenschaftlich und bewegungsfreudig. Da ist sogar ein Abstecher in den anhaltenden Regenschauer drin. Vor dem Coversong „Elements And Things“ bittet sie das Publikum doch mit ihr zu tanzen und dem kommen die Fans ohne Umschweife nach. Gitarrenwunder Dorian Sorriaux versinkt derweil voll und ganz in seinem Gitarrenspiel. Immer wieder nutzt er die ausgiebigen Instrumentalpassagen für gefühlvolle und über weite Strecken improvisierte Soli. Vom „Höher, Schneller, Weiter“-Wahn anderer Gitarristen ist er meilenweit entfernt, hier ist ein Virtuose am Werk. Offensichtlich haben BLUES PILLS in den Monaten seit ihrer letzten Tour ordentlich Energie getankt, denn mit dem neuen Album im Gepäck hat sich diese ohnehin schon grandiose Live-Band erneut gesteigert und liefert ein Weltklasse Konzert ohne gleichen ab!
Über schlechtes Wetter freut sich auf einem Festival niemand so richtig, aber wenn es auf dem diesjährigen SUMMER BREEZE eine Band gibt, der düstere Wolkenteppiche und Nieselregen irgendwie stehen, dann sind es vermutlich die Horrorpunkrocker von NIM VIND. Der Bandname ist gleichzeitig auch das Pseudonym von Frontmann Chris Kirkham, der dem Projekt seit 2005 seinen herrlich schrägen Stempel aufsetzt. Am heutigen Abend freuen sich über die eklektische Formation einige tapfere Fans, die dem heraufziehenden Unwetter zum Trotz ein Näschen Horror schnüffeln wollen. Dabei spielt das Trio zwar düster-übersteuerten Rock, umschifft gängige Klischees des „Horror“-Genres aber weiträumig. Stattdessen präsentieren NIM VIND eingängige Songs mit schräger Finesse, Partyfaktor und mehrstimmigem Gesang, während vom Balkon eine Gummipuppe wedelt. Bevor sich die sympathischen Kanadier vom Publikum verabschieden, weisen sie noch darauf hin, dass sie zu fortgeschrittener Stunde mit den aktuellen Tourpartnern von ARGYLE GOOLSBY erneut auf der Bühne stehen werden. Man darf gespannt sein!
Wenn Headbangen eine Tanzart ist, dann ist die Musik NOCTE OBDUCTAs definitiv tanzbar. Beim SUMMER BREEZE weiß man das schon, schließlich waren die altgedienten Black Metaller zuletzt 2013 zu Besuch. Sie bringen souverän ihre altgedienten Songs wie den Klassiker „Und Pan spielt die Flöte“ auf den Punkt. Aber auch Material vom überzeugenden, neuen Album wird diverses vorgetragen. Beides kommt bei den zahlreich erschienenen Fans bestens an. Insgesamt herrscht eine sehr familiäre, geradezu intime Stimmung im Zelt, die Ausdruck der engen Bindung zwischen Fans und Band ist. Mit geschlossenen Augen wird versucht die dichte Atmosphäre aufzusaugen und zu verinnerlichen. Kurios ist der Bassist, der mit weißem Ananas-T-Shirt vor dem Schlagzeug steht und sich sichtlich zurückhält, um nicht die sonst eher schlichte, zurückhaltende Präsentation zu stören. Die Bühnenshow wird bestimmt von Sänger Torsten Hirsch, dessen Performance dynamisch und bodenständig wirkt. Er beendet den Auftritt mit folgenden Worten: „Ihr seid unfassbar! Vielen, vielen herzlichen Dank!“
PAIN auf der Pain Stage – das verspricht Nackenschmerzen! Das Partyquartett um Mastermind Peter Tägtgren steht kurz vor der Veröffentlichung des achten Studioalbums „Coming Home“ und lässt es am heutigen Abend vor einem riesigen Zuschauerheer so richtig krachen. Eine Kostprobe vom neuen Album bieten die Schweden nicht – vielleicht hat dafür die Zeit nicht gereicht. Schließlich hat Tägtgren seit der Geburt seines Projektes vor rund 20 Jahren einen Gassenhauer nach dem nächsten in die Welt gesetzt. Tatsächlich erläutert er das Dilemma: Die Erkrankung des Tourkeyboarders macht die Präsentation neuer Songs spontan unmöglich. Stattdessen prügeln PAIN von „Same Old Song“ über „End Of The Line“ bis „Shut Your Mouth“ zum charakteristisch-unwiderstehlichen Technovibe einen altbekannten Ohrwurm nach dem nächsten in die Menge. Die Keyboardpassagen kommen hierzu ausnahmsweise vom Band. Das Publikum reagiert textsicher mit einer Vollbedienung fürs Grabenpersonal. Zu „Dirty Woman“ grinst Fronter Tägtgren aus seiner schmutzig-weißen Zwangsjacke in die Menge. „Ich weiß, dass ihr alle „dirty women“ seid!“ Der Zustand hält leider nicht lange an, da sich in diesem Moment einer der hartnäckigeren Regengüsse des diesjährigen SUMMER BREEZE über die Köpfe der Zuschauer ergießt. Macht nix, findet die Menge, und tanzt im Regen weiter. Wem am Ende der Nacken nicht schmerzt, der hat was falsch gemacht: Mission PAIN erfüllt!
So wollten HARAKIRI FOR THE SKY ihren Opener „Calling The Rain“ sicherlich nicht verstanden wissen. Kurz vor dem Auftritt der Österreicher wird es auf dem SUMMER BREEZE richtig ungemütlich, die schon den ganzen Tag über dem Gelände hängende Wolkendecke macht ernst und lässt den ersten Schauer ab. Davon lassen sich die in ordentlicher Zahl angetretenen Fans aber nicht verscheuchen, auch wenn sie einen nicht in jeder Hinsicht optimalen Auftritt der Post-Rocker erleben. Die ersten paar Sekunden vergisst der Tonmeister schlicht, die Regler aufzudrehen und lässt HARAKIRI FOR THE SKY somit A capella moshen – was zugegebenermaßen schon recht witzig aussieht. Auch in der Folge ist der Sound nicht optimal austariert, die Gitarren sind beispielsweise etwas leise und verwaschen. Trotzdem bieten die vier gebotenen Songs aus melancholischem Post Rock und deutlichen Black Metal-Anleihen die perfekte Untermalung für den trüben Abendhimmel. Die fünf Salzburger haben keinerlei Probleme, die Pommesgabeln in die Luft schnellen und vereinzelte Crowdsurfer über die Köpfe fliegen zu lassen. Zum Ende von „Funeral Dreams“ meint es dann auch das Wetter gut mit HARAKIRI FOR THE SKY und legt für den Rest der Show eine Regenpause ein.
Als mit dem Einbruch der Dunkelheit die Zeit für den Auftritt von STEEL PANTHER gekommen war, deutete nichts darauf hin, was in den folgenden 75 Minuten passieren sollte. Wer sich im Vorfeld mit der Band beschäftigt hatte, wusste von ihrer ironischen Spiegelung der 80er-Hair Metal-Bands wie POISON oder auch MÖTLEY CRÜE. Auch ihre fast kultische Verehrung der weiblichen Brust war im Vorfeld wohl kaum jemandem verborgen geblieben und abseits davon wusste man von Perücken, Lippenstift und mächtigen Mengen an Haarspray. Auch die fast schon spartanische Bühnendeko – ein den Bühnenhintergrund flächig füllendes Backdrop mit dem Schriftzug der Band – lässt nicht erahnen was folgen würde. Dicht gedrängt harren die Massen vor der Bühne aus und auch der einsetzende Regen veranlasst kaum jemanden zum Gehen. Unter tosendem Applaus preschen die vier stählernen Panther an ihre Positionen und legen mit „Eyes Of A Panther“ und „Tomorrow Night“ los. Viel vom Inhalt der Texte geht im Sound und dem Regen unter, dafür geraten die ausufernden Ansagen zwischen den Songs umso schlüpfriger. Gitarrist Satchel und Sänger Michael Starr preisen das deutsche Publikum im Allgemeinen und die Frauen im Besonderen bevor schon bald die überschaubaren und thematisch limitierten Deutschkenntnisse präsentiert werden. „Bitte zeig mir deine Titten!“ war wohl die Hauptforderung und schlecken wollten sie auch noch irgendwas… Nun ist das ja ein allseits gern gespieltes Spielchen im Livezirkus, das Publikum in der just besuchten Stadt ist natürlich immer das allerbeste, nie hat man ein tolleres Publikum erlebt usw. und so fort. Aber hier und heute springt wohl nicht nur ein Funke von der tight agierenden Band aufs Publikum über, es kommt in der Folge zu einer langanhaltenden wechselseitigen Mega-Stromstoß-Entladung und mit jedem Song eskaliert die Show zusehends. Die breit grinsenden Musiker stimmen spontan eine „Summer Breeze“-Coverversion an, die sie dann sogar mehrfach variieren; vom Original, über eine Rock- bis zu einer Metalversion. Bei „Party Like Tomorrow“ feiert und grölt der ganze Platz bevor Satchel nach „Turn Out The Lights“ tatsächlich zum Gitarrensolo ansetzt. So etwas wird ja gerne mal zum Bierholen genutzt, aber Satchel schafft es selbst diesem Klischee eine neue Dimension zu verpassen indem er nämlich parallel zum imposanten Fingergeflitze auch noch mit den Füßen die Bassdrum des Schlagzeugs bedient und das Publikum begeistert die so angespielten ewigen Metalhits wie z.B. „Smoke On The Water“, „Master Of Puppets“, „Sweet Child Of Mine“ und natürlich „Iron Man“ abfeiert. Zuerst reißen sich nur vereinzelte Mädels ihre Oberbekleidung vom Leib, später dann immer mehr und ein sichtlich strahlender Sänger weist irgendwann dann die Security im Graben an einfach alle Mädels auf die Bühne zu lassen – so lange sie riesige Brüste haben. Ob er selbst damit gerechnet hat, dass dann später tatsächlich ca. 30 wenig oder auch gar nicht mehr bekleidete Mädels mit ihm auf der Bühne ausflippen? Das ist so eine Show, von der man noch seinen Enkeln erzählen wird – und die müssen das dann sogar glauben, denn dieses Internet vergisst nichts! Ach ja, ein riesiger aufblasbarer Penis aus dem Publikum spielte dann auch noch eine Rolle, aber lassen wir das. Episches Ding das – also die Show natürlich!
ILLDISPOSED sind auf dem SUMMER BREEZE seit jeher ein Garant für einen brachialen Abriss. Schade nur, dass die swuulen Nutten aus Dänemark dieses Mal die ersten fünf Minuten ihrer dreiviertelstündigen Spielzeit erstmal für zwei Intros verschwenden, bevor ein sichtlich verkaterter Bo Summer in einem „Je suis Illdisposed“-Shirt auf die Bühne wankt und sich zu „I Believe In Me“ guttural auskotzt. Im Vergleich zum Auftritt vor drei Jahren ist vor der T-Stage zwar nicht ganz so viel los aber damals spielten ILLDISPOSED ja auch an einem sonnigen ersten und nicht an einem verregneten letzten Tag. Nichtsdestotrotz zeigen die altgedienten Skandinavier, wieso sie live immer noch eine sichere Nummer sind. Abgesehen von der eh exzellenten Songauswahl, die beinahe jede Schaffensphase abdeckt, bekommen ILLDISPOSED einen standesgemäß fetten Sound auf den Leib geschneidert, mit dem vor allem die Drums alles niederwalzen, was im ersten Drittel des Sets noch nicht die Haare fliegen lässt. Im Verlauf taut dann auch Bo ein wenig auf, legt seine Hüftsteifigkeit ab und macht das, was er neben übelst tief growlen am besten kann: pöbeln und Gott und die Welt inklusive Publikum beleidigen. Dieses Mal gibt es u.a. Stories über homosexuelle Wikinger aus dem schwedischen Nachbarland, Angela Merkel, wie Bo auf dem Weg zum SUMMER BREEZE an der A7 in den Wald geköttelt hat und dass es ihm ganz recht ist, nur 45 Minuten zu spielen, weil er dann nämlich mehr Zeit zum Saufen und an sich rumspielen im Drei-Mann-Zelt hat. Bis dahin gibt es aber noch Gassenhauer wie „Dark“ oder die übermächtige BOLT THROWER-Hommage „Throw Your Bolts“, die auch dieses Mal keinen Stein auf dem anderen lassen.
Kein Sturm besiegt die Pulveraffen! Unsere „Lieblingspiratenband aus dem karibischen Osnabrück“ zieht bei strömendem Regen spektakuläre 1000 Fans vor die Camel-Stage und das, obwohl zeitgleich auf der Hauptbühne STEEL PANTHER zu sehen sind. Eine Tonbandansage stellt die beiden Seefahrer Mr. Hurley und Buckteeth Bannock kurz vor. In Anbetracht der zahllosen Piratenhüte und Aufblassäbel vor der Bühne hätte man sich das aber offensichtlich sparen können. Um den richtigen Piratenvibe zu erzeugen, haben die Osnabrücker Seemänner neben einem einäugigen Schlagzeuger und einem Stück Tau am Mikrofonstand auch tanzende Frauen dabei. Ms. Ivy Cox und Pegleg Peggy stürmen zum „Plankentanz“ die Bühne und führen eine Art Macarena auf, was von den textsicheren Fans bereitwillig kopiert wird. Dazu werden ganz piratisch neben Säbeln auch auffallend viele Aufblasbananen geschwenkt und spätestens ab dem zweiten Titel „Booty Island“ fliegen den Grabenschlampen die Zuschauer in Scharen in die Arme – darunter mehrere Pikachus, Aluthutträger und das obligatorische Einhorn. Und falls dennoch jemand Zweifel hat, dass MR. HURLEY und sein Haufen es mit STEEL PANTHER aufnehmen können, ziehen gleich mehrere Damen vor der Pirantenkombo blank. Völlig zu Recht fordern die Seefahrer abschließend die Fans auf, eine Petition zu unterschreiben, damit das Schiff aus Osnabrück zukünftig auf eine der Hauptbühnen anlegen kann. Ein Meer aus Fans hätten die Pulveraffen sicher auch dort vor sich!
Können NAPALM DEATH überhaupt eine schlechte Show spielen? Die Antwort ist ein ganz klares Nein! Es ist immer wieder erstaunlich, wie die UK-Legenden in das scheinbare Chaos ihrer Live-Auftritte Ordnung bringen und die umherschwirrenden Grind-, Death- und Hardcore-Versatzstücke zu einem perfekt eingespielten, mächtig durchschlagenden Ganzen zusammenfügen. Seit dem letzten SUMMER BREEZE-Auftritt 2012 hat sich in Punkto Qualität, Unterhaltungsfaktor und Ehrlichkeit bei NAPALM DEATH nicht das Geringste verändert, ergo weiß man, was man kriegt: einen unermüdlich über die Bühne flitzenden Barney Greenway, den Präzisionstacker Danny Herrera hinter den Kesseln sowie Kult-Basser Shane Embury, bei dessen Spielstil es an ein Wunder grenzt, dass er nicht bei jeder Show mit seiner Greifhand den Basshals zerquetscht. Ersatzgitarrist John Cooke mag als Brüllwürfel am Mikro zwar weniger als der seit zwei Jahren pausierende Mitch Harris beschäftigt sein, steht ihm spieltechnisch aber in nichts nach. Als kleine Verschnaufpause zwischen all dem Highspeed-Geballer gönnen sich NAPALM DEATH sogar das vergleichsweise doomige „Dear Slum Landlord…“, was nur ein weiteres Qualitätsmerkmal verdeutlicht: bei dem schier unerschöpflichen Fundus an Songs aus 35 Jahren Bandgeschichte können es sich NAPALM DEATH erlauben, die Setlist im Vergleich zum letzten Gig in Dinkelsbühl fast komplett umzustellen. Wobei natürlich die obligatorischen Klassiker wie „Suffer The Children“, „Scum“, „Nazi Punks Fuck Off“ (von Sprechchören begleitet) oder „You Suffer“ (natürlich hart abgefeiert) nicht fehlen dürfen. Zusammen mit den eindringlichen Ansagen Barney Greenways, die jegliche Missstände politischer, religiöser und gesellschaftlicher Art anprangern und viel Zuspruch vom Publikum bekommen, addieren NAPALM DEATH einen weiteren glorreichen Auftritt zu ihrer beeindrucken Karriere.
Während des Auftritts der Berliner Mittelalter-Rocker beginnen die ersten Regentropfen dieses Festivalabends zu fallen. Doch was bereits Tage zuvor bei SABATON geklappt hat, taugt auch für SUBWAY TO SALLY: die Hitze, die von den großzügig eingesetzten Flammensäulen abstrahlt, hilft dabei, die Klamotten rasch wieder trocken werden zu lassen. Und für den Rest hilft ein wenig sportliche Betätigung in Form von Hüpfen, Klatschen oder dem von Sänger Eric Fish geforderten Circle-Pit. Die Band spielt ihre Routine gekonnt aus und erntet entsprechend großen Beifall. So schlagen sich Stücke jüngeren Datums wie „Grausame Schwester“ oder „Arme Ellen Schmitt“ vom jüngsten SUBWAY-TO-SALLY-Silberling „Mitgift“ nur unwesentlich schlechter als die großen Klassiker, die sich in der zweiten Set-Hälfte nahtlos aneinander reihen. Die Frage, wer von den Anwesenden tätowiert sei, spaltet die Menge zur Überraschung von Eric Fish ziemlich genau hälftig. Das sich anschließende „Kleid Aus Rosen“ vereinigt beide Parteien jedoch sofort wieder, um den Text des Evergreens gemeinsam aus voller Kehle mitzusingen. Den Lautstärkerekord bricht das Publikum aber natürlich am Ende, als die „Räuber saufen Blut!“-Chöre noch lange übers Festivalgelände hallen, als die Band die Bühne schon längst wieder in Richtung Artist Bereich verlassen hat.
Zum Abschluss der Camel Stage kreist nochmal die Asi-Keule. Songs über Bier, Brüste, Fußball und Rock ‘n‘ Roll sind scheinbar genau das, was nach vier langen, bierseligen Tagen bei einer Handvoll Kneipengängern nochmal richtig zündet. Wobei: das SUMMER BREEZE hat schon gewaltigere Rausschmeisser auf seiner kleinsten Bühne gesehen. Der mit geräucherter Reibeisenstimme gesegnete und Bierkrug schwingende Fronter Jörn Rüter macht noch den besten Eindruck und zeigt, dass sie bestens im Stande ist, selbst komplett ausgelaugte Fans noch einmal zu Höchstleistungen zu motivieren. Die Sechs- und Viersaiter stehen dagegen etwas passiv in der Gegend herum, so sie denn nicht die Backing-Vocals zu den zahlreichen Mitgröhlrefrains beisteuern. Sei’s drum, die Durchnässten vor der Bühne lassen sich nochmal den letzten Tropfen Party-Stimmung rausquetschen und einige sich sogar über die Köpfe hinwegtragen. So gesehen entfaltet der erdige Deutschrock genau seine gewollte Wirkung.
Die Metalcore-Fans dieser Erde oder zumindest des diesjährigen SUMMER BREEZE haben wohl nichts sehnlicher erwartet als den Auftritt von PARKWAY DRIVE. Das Quintett beschließt das Programm auf der Main Stage. Und damit es ein würdiger Abschluss wird, haben die Australier weder Kosten noch Mühen gescheut. Schon beim eröffnenden „Destroyer“ werden auf der Bühne die ersten Knaller gezündet. Im weiteren Verlauf des Konzerts beeindruckt vor allem die spektakuläre Lichtshow, in deren Schatten die Band oft beinahe winzig wirkt. Nach dem zweiten Song erkundigt sich Frontmann Winston McCall, ob im Publikum alles in Ordnung ist. Der frenetische Applaus spricht eine deutliche Sprache. Anschließend fordert er die Fans dazu auf im Takt mitzuhüpfen – wobei er sich die Aufforderung getrost hätte sparen können, denn die Crowd ist von der ersten Sekunde an derart bewegungsfreudig, wie man es sich als Band nur wünschen kann. Jeder Breakdown wird zum Moshen genutzt, bei jedem melodischen Refrain wird lauthals mitgesungen und es wird immer wieder eifrig im Kreis gerannt. Trotzdem ruft McCall die Fans immer wieder zu noch mehr Action auf. Vor „Dedicated“ heißt es: „We wrote this song for you to move. We wrote this song for you to bang your heads!“ Dem kommt das Publikum auch gnadenlos nach. Ein weiteres Highlight ist „Karma“. Als schnellster Song des Abends angekündigt, fordern PARKWAY DRIVE auch den größten Circle Pit ein, der prompt geliefert wird. Aufgrund einer kleinen Technikpanne muss der Song ein zweites Mal gestartet werden, der Stimmung tut die kurze Unterbrechung allerdings keinen Abbruch. Die Fans feiern bis zum Schluss eine riesige Party und zwar sowohl bei den derberen, älteren Song, als auch bei den fast schon poppigen Songs jüngeren Datums. Für ihren durchgehend hohen Energiepegel werden alle am Ende noch mit einem schicken Feuerwerk belohnt.
Draußen ist es bereits lange dunkel, und im Zelt wird es jetzt gefühlt sogar noch dunkler: MY DYING BRIDE ziehen mit versteinerten Mienen auf die Bühne und saugen den letzten Rest Hoffnung aus der Festivalwelt der Zuschauer. Wie kaum eine andere Band können die Briten die Verdammnis vertonen. Zum Auftakt packen sie mit „Your River“ daher stilecht einen rund 23-jährigen Klassiker aus. Die tieftraurige Klangwand versiegelt das Zelt und MY DYING BRIDE bringen es fertig, auf einem Sommerfestival einen Auftritt zu absolvieren, der wirkt wie ein Clubkonzert im tiefsten Winter: Vergessen sind Einhornkostüme und Flunky-Ball-Turniere. Stattdessen regiert der Doom, trefflich inszeniert mit dem Titel „Feel The Misery“ vom gleichnamigen Album-Meisterwerk von 2016. Damit fesseln sie ihr Publikum, dessen Durchschnittsalter deutlich über dem der Besuchergesamtmasse liegen dürfte, bis zur letzten Bassvibration. Besonders viel Beifall kassieren MY DYING BRIDE für „My Father Left Forever“, ebenfalls von „Feel The Misery“, das deutlich zügiger vorgetragen wird, als die Albumversion. Zum Abschluss schaltet die Band hingegen einen Gang runter: Zu „She Is The Dark“ empfiehlt Sänger Aaron Stainthorpe den Zuschauern, sich seinen Liebhaber oder die Person, die es werden soll, zu schnappen. Wer knapp zehn Minuten später das Zelt nicht händchenhaltend und totunglüklich verlässt, hat den Schuss nicht gehört. Da hilft dann wohl nur Flunky-Ball im Einhornkostüm.
ZODIAC betreten die Camel-Stage als PARKWAY DRIVE auf der Hauptbühne gerade die letzten Takte anstimmen. Also alles andere als ein leichter Slot, um mit hypnotischem Hardrock die Massen zu begeistern. Entsprechend krallen sich nicht gar so viele Fans und Neugierige an die Absperrung vor der ambitionierten Band aus Münster. ZODIAC lassen sich davon nicht beirren und klampfen sich mit ihrem basslastigen Psychedelic-Sound in die Herzen der Anwesenden. Von dem Besucherstrom, der inzwischen die Main Stage in Richtung Zeltplatz verlässt, gibt es mit gutem Grund manchen Überläufer, der vor der Camel Stage verharrt. Köpfe nicken und Füße wippen, während sich Ohrwürmer wie „Rebirth By Fire“ und „Follow You“ in die Nacht bohren. Den letzten Song „Coming Home“ präsentiert das charismatische Quartett alsso vor deutlich mehr Zuschauern als zu Beginn ihres Sets und erntet verdient einen enthusiastischen Applaus, bevor alle in die nass-kalte Dunkelheit entlassen werden.
Vor dunklem Firmament lassen sich die Regenwolken erahnen, die ihren kalten Guss auf das Heer von Zuschauern entleeren, das sich mitten in der Geisterstunde vor der Pain Stage aufgestellt hat, um den schwedischen Großmeistern von KATATONIA trotz aller Wetterwidrigkeiten zu lauschen. Der erschlankte Frontmann Jonas Renkse lässt wie gewohnt sein Gesicht hinter einem Vorhang aus Haaren verschwinden. Dass ihn der Anblick der Massen vor der Bühne nicht unberührt lässt, ist dennoch deutlich zu spüren, als er sich beim Publikum für das zahlreiche Erscheinen trotz Regenwetters bedankt. Für eine ordentliche Gänsehaut sorgen heute Abend dann auch nicht Wind und Nässe, sondern die ersten Akkorde von „July“, mit dem KATATONIA ihren Teil des Abends eröffnen. Bereits zum fünften Mal kann den melancholischen Klängen der Genrekreuzer auf dem SUMMER BREEZE gehuldigt werden. Wie kaum eine andere Band haben die Schweden um Jonas Renkse und Anders Nyström ihren Sound stetig weiter entwickelt und dennoch nie einem Klischee nachgegeben. Der große Andrang zu später Stunde ist somit keine Überraschung, auch wenn der Sänger verrät: „Wir waren nicht sicher, dass überhaupt Leute kommen…“ Dennoch haben sich die Fünf ordentlich Mühe gegeben, ein spektakuläres Klangsüppchen zu kochen, das wie immer durch atmosphärische Dichte glänzt. Die Auswahl wird von Titeln des 2006-er Albums „The Great Cold Distance“ dominiert, gespickt mit einigen Songs von „Dead End Kings“ (2012) und dem im Mai erschienenen „The Fall Of Hearts“. Dass die Band ihr Meilensteinalbum „Last Fair Deal Gone Done“ zu Gunsten einer runden Zusammenstellung heute gänzlich ausspart, zeugt von der Größe ihres Gesamtwerks. Dafür servieren KATATONIA ihren Fans mit „Onward Into Battle“ von „Night Is The New Day“ ein besonders feines Häppchen, das schon länger nicht mehr live zum Besten gegeben wurde. Renkse gesteht im Anschluss: „Ich war ein bisschen nervös.“ Angemerkt hat man ihm das sicher nicht. KATATONIA kraulen kurz vor Ende des SUMMER BREEZE 2016 die Seelen ihrer Anhänger mit Ruhe und Weltschmerz – mit karitativem Anspruch. Schließlich seien nach drei Tagen Festival doch sicher alle ein wenig verkatert, befindet der Sänger. Man selbst habe jedenfalls ordentlich Party gemacht. Mit ihrem Auftritt sind sie heute wohl für viele Anwesenden der wichtigste Headliner und Höhepunkt der Veranstaltung. Weitere Worte sind da nur Verschwendung: Großartig!
Dunkel, feucht und kalt ist es draußen, ideale Bedingungen also für ein Konzert der irischen Pagan Metal-Epiker PRIMORDIAL, die in Begleitung eines epischen Intros auch die Bühne erklimmen und mit „Where Greater Men Have Fallen“ den Opener ihres Sets auf die Meute loslassen. Gewohnt agil flitzt A.A. Nemtheanga über die Bühne, gestikuliert wild und unterzieht das Publikum regelmäßig einem Stimmungstest, das diesen jederzeit mit Bravour meistert. PRIMORDIAL sind eben nach wie vor gern gesehene und gehörte Gäste beim Summer Breeze und sorgen auch dieses Mal für reichlich Gänsehaut, allen voran mit Klassikern wie „The Coffin Ships“ und „Empire Falls“, die unter großem Beifall entgegen genommen werden. Auch fragt A.A. Nemtheanga scherzend in die Runde, ob das Publikum, welches das Zelt der T-Stage zur Hälfte ausfüllt, denn vom KATATONIA-Konzert auf der Pain Stage wisse, das parallel zum nächtlichen Gig der Iren stattfindet – sehr zur Belustigung des Publikums. Das zeigt, dass auch zu dieser späten Stunde von eingeschlafener Stimmung keine Rede sein kann, sowohl Band als auch Publikum sind hellwach, gut aufgelegt und bestens aufeinander abgestimmt.
Wer stellt sich denn bitteschön um viertel vor zwei vor die Camel-Stage? Nachdem KATATONIA auch den ganz harten Festivalgängern Bettschwere in die Beine gezaubert haben? Bei Regen?! Nur ein paar Handvoll Leute können diese, eher rethorischen, Fragen kurz vorm Schlussakkord des SUMMER BREEZE 2016 mit „Ich!“ beantworten. ARGYLE GOOLSBY aus den USA stört sich daran kein bisschen. Als THE ROVING MIDNIGHT hat er die kanadischen NIM VIND im Gepäck, die sich früher am Abend bereits die Ehre auf der Bühne gegeben haben, sowie deutschen Support an der Gitarre durch Jackal von THE CRIMSON GHOSTS. Trotz der späten Stunde, hüpft GOOLSBY wie ein junges Häschen über die Bühne, krabbelt auf Boxentowern herum oder lehnt sich tief in den Graben, während er mit seinem eingängigen Horror-Rock ordentlich Scooby-Doo-Atmosphäre versprüht und einen Tanzbeinkitzler nach dem nächsten raushaut. Dazu verzaubert er das Publikum mit ein paar Bröckchen Deutsch und ordentlich Selbstironie. Noch eine rethorische Frage: Wer schafft es bitteschön, um 2:45 Uhr (in Worten: Viertel vor drei!) als vorletzter Act auf einem dreitägigen Festival im strömenden Regen, seine Zuschauerzahl von anfänglich ca. 20 auf schlussendlich über hundert zu steigern und um drei (DREI! Kein Witz!) Zugaben angebettelt zu werden? ARGYLE GOOLSBY AND THE ROVING MIDNIGHT. Heimliche Headliner finden sich oft unverhofft. Und spät. GOOSLBY findet schließlich sogar die perfekten Schlussworte: „You got church in the morning. Go to bed!“
Es ist lange nach Mitternacht, als die Vorbereitungen für den Auftritt der letzten Band beginnen und sich eine erstaunlich große Anzahl hartgesottener Black Metal-Jünger vor der T-Stage einfindet. Rot-goldene Deckchen werden unter die Verstärker gelegt, Kerzen entzündet, ein Altar aufgebaut, Räucherwerk in Position gebracht und rituelle Gegenstände auf der Bühne verteilt. Mehrere orthodoxe, gesichtslose Ikonen-Darstellungen von Maria mit Kind überschatten die Szenerie und geben ihr eine feierliche Stimmung. Bis BATUHSKA weihrauchschwenkend die Bühne betreten, vergehen weitere Minuten. Die acht polnischen Musiker laufen schließlich barfuß ein. Jeder trägt die gleiche tiefschwarze Kutte mit spitzer Kapuze und weißen Bemalungen. Die umgedrehten Kreuze und Totenköpfe sind deutlich zu erkennen. Zusätzlich hüten graue Gesichtsmasken das Geheimnis um die Identität der Musiker. Statuenhaft, fast regungslos stehen Gitarristen und Background-Sänger auf der Bühne, während der Frontmann die blasphemische Andacht leitet. Allein sein Bauchumfang lässt ihn wie ein Mönch wirken. BATHUSKA wissen ganz genau, wie man durch die Verbindung sakraler Choräle mit religiöser Symbolik und doomigem Black Metal eine unfassbar dichte Atmosphäre kreiert und eine bis ins Detail stimmige Bühnenshow präsentiert. Die treibende Dramaturgie des Albums „Litourgiya“ adaptieren BATUHSKA eins zu eins, indem sie das gesamte Album von vorne bis hinten spielen. Insgesamt ein sehr kluger Schachzug, aber nicht die einzige wohlüberlegte Entscheidung, denn die Polen heben Black Metal-Performances durch ihre konsequente Konzeption und fulminante Inszenierung auf ein ganz neues Level. Auf diese Weise erlebt das SUMMER BREEZE ganz zum Schluss nochmal ein echtes Highlight.
Eine der auffälligsten Neuerungen des diesjährigen SUMMERE BREEZE ist der Campsite Circus. Mit seinen vielfältigen Angeboten ist er eine gelungene Bereicherung des Festivals und der Zuspruch der Besucher spricht eine deutliche Sprache. Als das Zelt an diesem letzten Tag seine Tore öffnet, darf aber nicht jeder ins Innere, denn mit RANDALE spielt heute eine Kinderband. Also keine Band mit Kindern an den Instrumenten, sondern eine Band, die Songs speziell für Kinder im Repertoire hat. Innerhalb der Szene gehören sie zu den absoluten Stars, wohl auch, weil ihr Songs auch vielen Eltern sehr gut gefallen. Rein kam man also nur, mit einem oder mehreren deutlich Minderjährigen. Und da das Zelt ja außerhalb des eigentlichen Festivalgeländes stand, waren auch viele Nicht-Festivalbesucher gekommen um den Auftritt der vier Bielefelder zu erleben. Die starteten pünktlich um 15 Uhr in ihr kurzweiliges Set und hatten innerhalb kürzester Zeit sowohl die vielen, vielen kleinen als auch die begleitenden großen Zuschauer im Griff. Sehr früh im Set spielten sie ein altes, deutsches Volkslied – von den RAMONES! Vor dem mitreißenden „Kinderzimmerpunk“ gabs eine Einführung in Hard Rock/Metal-Begriffe wie z.B. den Moshpit. Später gabs einen kurzen musiktheoretischen Exkurs in den Ska („Einfach auf der Stelle laufen, das ist alles!“) und Reggae („wenn man den ganzen Tag Rasen gemäht hat und überall Gras rumliegt und man nur noch ausruhen will!“) bevor der Star schlechthin seinen Auftritt hatte: der „Hardrockhase Harald“ – ein großer Fan von HASI/DC, IRON MÖHRCHEN und den TOTEN HASEN. Die siebzig Minuten Spielzeit waren auf jeden Fall viel zu schnell wieder vorbei und mit dem „Punkpanda Peter“ und „Flummi“ wird dann noch die vehement geforderte Zugabe gespielt.
Sanft erklingt Tschaikowskis „Tanz der Zuckerfee“ und der wartenden Menge ist klar, was das bedeutet: Jeden Moment beginnt das kurzweilige und verrückte Set von Deutschlands erster und wohl einziger Kammercore-Band, COPPELIUS. Ruckzuck hat Butler Bastille die Bühne für die Herren hergerichtet und sie können mit „Bitten Danken Petitieren“ ihr anspruchsvoll-durchgeknalltes Musiktheater beginnen. Eine Sache, für die die Band besonders bekannt ist, ist die ständige Interaktion mit dem Publikum. Da verschwindet schon gerne mal ein Musiker in der Menge und taucht anderswo wieder auf, oder ein Fan wird für die Unterstützung am Tamburin auf die Bühne geholt. Aber auch wenn die Herren auf der Stage unter sich sind, wird es nicht langweilig. Alle fegen sie permanent hin und her, wechseln sich am Mikro ab, oder haben kleine Show-Kabbeleien untereinander. COPPELIUS sind aber nicht nur was fürs Auge. Mit ihrem Alternative gespielt auf klassischen Instrumenten (daher die Bezeichnung Kammercore) haben sie ein musikalisches Alleinstellungsmerkmal, das ihnen bisher keine Band so wirklich streitig machen konnte. Ihr ungewöhnliches Konzept ist auf dem SUMMER BREEZE beeindruckend in die Praxis umgesetzt worden.
Fast aus dem Nichts scheint diese Band aufgetaucht zu sein, als sie vor ca. einem Jahr plötzlich in der Fernsehwerbung auftaucht. Seit dem haben sich BEYOND THE BLACK aber definitiv in der Metal-Gemeinde etabliert und haben auch beim SUMMER BREEZE eine durchaus beachtliche Menge vor der größten Bühne versammeln können. Musikalisch bewegen sich die Mannheimer im Melodic Metal Bereich, auch wenn sie im allgemeinen oft als Gothic Metal bezeichnet werden. Außerdem schleichen sich hier und da ein paar Metalcore-Elemente ein. Sängerin Jennifers Gesang wird dabei durch männliche Backing Vocals und Growls ergänzt. Vor allem durch ihre sehr eingängigen Melodien kommen BEYOND THE BLACK beim Publikum richtig gut an. Auch die Texte sind leicht zugänglich und werden vom Publikum willig mitgesungen. Ihre Show zeichnet sich durch eine sehr sympathische und dynamische Bühnenpräsenz aller Mitglieder aus, wirkt aber doch etwas generisch und durchgeplant, was auch nicht verwunderlich ist, handelt es sich doch um nur vorläufige Bandmitglieder. Die Sängerin hatte sich ein paar Wochen vor der Show von allen anderen getrennt und sucht sich gerade neue Mitstreiter aus. Den Zuschauern gefällt es aber sichtlich, und sie verabschieden die Band nach dem hymnenhaften Rausschmeißer „Running To The Edge“ euphorisch.
Bereits im Vorbericht wurden THUNDERMOTHER als eine Band „mit Eiern“ angekündigt… allerdings nur die sprichwörtlichen, denn die schwedische Heavy Metal- Formation besteht zu 100% aus einer weiblichen Besetzung und sollte keinesfalls mit den gleichnamigen Psychedelic-Rockern den 70er verwechselt werden. Für das SUMMER BREEZE haben die fünf Musikerinnen aus Stockholm offenbar den Plan gefasst, sich neben AIRBOURNE auf den AC/DC-soundalike-Thron zu bewerben. Souverän rocken sich die Mädels mit Ohrwürmern wie „Cheers“ und „Thunder Machine“ in die Ohren ihrer versammelten Fans und brechen die Geschlechter-Vorurteile etwas auf, indem Sängerin Clare Cunningham auf hochhackigen Leoparden-Schuhen gangsicher zwischen den Songs sogar ein Gespräch über Frauenfußball beginnt. Bandgründerin und Leadgitarristin Filippa Nässli lässt sich zu „Shoot To Kill“ dazu hinreißen in die Menge zu rennen und dort einige Minuten Gitarrengefrickel live VOR der Bühne zum Besten zu geben. Auch bei diesem Track wurde sich für die Basics dezent bei AC/DC bedient und THUNDERMOTHER konzentrieren sich dann darauf, dem Song eine ganz eigene Note zu verpassen. Eine wahrlich intensive Show, an der nicht nur die circa 4000 anwesenden Fans Spaß haben, sondern auch ganz deutlich die Mädels von THUNDERMOTHER, die mit ihrem heutigen Auftritt ihre sommerliche Festival-Tour imposant beenden.
Darf es zur Abwechslung auch mal etwas poppiger Punk sein? Genau das liefern PSYCHOPUNCH am Samstag zur besten Mittagsstunde. Die forschen Punker aus Schweden und ihr Fronter JM locken eine ganze Reihe von Fans vor die Bühne der Pain Stage, welche folglich für die Uhrzeit schon erstaunlich gut besucht ist. Zufrieden und gut gelaunt tanzt das Publikum zu den eingängigen Hymnen wie „Last Night“ oder „The Way She’s Kissing“. JM ist somit natürlich bestens gelaunt und kann kaum eine Minute still stehen. Immerzu bringt er das Publikum mit offensiven Ansagen in Wallung und erkundigt sich auch mal völlig ungeniert nach dem Liebesleben der Crowd. Für „Forever And A Day“ holt er sich die Gastsängerin Clare Von Stitch auf die Bühne, die mit ihm diesen Titel vom aktuellen Album „Sweet Baby Octane“ singt. Das da nicht alle Töne zu 100% getroffen werden fällt kaum in Gewicht, aber bei Punk Rock geht das in Ordnung, vor allem bei dieser Show, die in erster Linie Spaß machen soll. Und das tun PSYCHOPUNCH in jeder Hinsicht.
Auf der Camel Stage ist für die kommende halbe Stunde Modern Metal angesagt. Offensichtlich genau das Richtige für das SUMMER BREEZE-Publikum, denn überraschend viele Zuschauer genießen anstatt ihres Mittagessens den Auftritt von HELL CITY. Die Belgier sind optimal aufeinander eingespielt und legen vom Start weg einen amtlichen Groove an den Tag. Frontfrau Michelle Nivelle zeigt sich stimmlich extrem stark; da sitzt jeder Ton und auch die großen Gesten beherrscht sie aus dem Effeff. Somit ist es kein Wunder, dass ihr das Publikum schnell aus der Hand frisst. Begeistert werden die Fäuste in die Luft gereckt und auf Nivelles Frage „Are you still okay?“ gibt es lautstarken Jubel. Einzig die zweite Gesangsstimme, die aus dem Nichts zu kommen scheint, ist etwas befremdlich. Ansonsten lassen HELL CITY aber nichts anbrennen. Die dicken Riffs sitzen. Die Gitarrensoli begeistern. Am Ende verabschiedet sich die Band mit dem Versprechen bald wieder nach Deutschland zurückzukehren.
Mit ihren Songtexten und dem Make-Up bedienen THE OTHER gekonnt jedes Klischee ihres Genres. Echte Düsterstimmung will trotzdem nicht aufkommen, da helfen auch die LED-Kerzen auf der Bühne nicht. Denn die Musik der Kölner lädt vielmehr zum Tanzen und Spaß haben ein und bedient damit exakt die Wünsche des Publikums. Die schweißtreibende Show lässt selbst Bassist Chris Cranium sein großflächig ins Gesicht geschminktes Grinsen immer mehr vergehen – oder besser: zerfließen. Kein Wunder also, dass auch der zu Beginn noch etwas träge wirkende Moshpit bald ordentlich Fahrt aufnimmt. Die geradlinigen Horrorpunk-Songs saugen sich viel zu schnell im Nacken fest und lassen sich selbst durch heftigstes Rübengeschüttel nicht mehr loswerden. Für „echten“ Punk beherrschen die Jungs aber ihre Instrumente viel zu gut. Auch Gitarrist Ben Crowe in Gehrock und mit Zylinder macht sowohl optisch als auch an seinem Instrument eine gute Figur. Mit langen Ansagen halten sich THE OTHER immerhin nicht auf, da spielen sie lieber noch einen Song mehr, in diesem Fall den umjubelten Rausschmeißer „Transylvania“.
Emotionen an! LETZTE INSTANZ bringen die Massen, die sich auf dem Platz vor der Main Stage versammelt haben, mit ihrer Brachialromantik in Wallung. Denn trotz der tiefgründigen Texte und dem zunächst feinfühligen Sound herrscht eine ausgelassene Stimmung im Publikum. Sicher mit dafür verantwortlich ist auch Sänger Holly Loose, der sich als herausragender Entertainer erweist und die Crowd zwischen den Songs gerne mal zum Lachen bringt, sich aber auch herzlich für den Kauf des neuen Albums „Liebe im Krieg“ und der dadurch resultierenden Top-5-Chartplatzierung bedankt, ehe die Band mit dem Titeltrack der besagten Platte in den härteren, zweiten Teil ihres Sets einsteigt. Ab jetzt wird von den Brachialromantikern also die Betonung auf „Brachial-“ gelegt. Bei „Komm“ schließlich verlangt Loose vom Publikum „kleine Kreise, keine Circle Pits“ und fordert die Menge zum Tanzen auf. Aus den Kreisen bilden sich schnell Polonaisen und auch Loose tanzt mit Bassist Ende, Violinist Schwibs und Cellist Gerlach auf der Bühne mit. Die gut aufgelegte Band, die sogar kurz VAN HALENs „Jump“ anspielt, und das aktive Publikum haben einfach eine beeindruckende Chemie, ehe sich LETZTE INSTANZ mit „Finsternis“ von der Bühne verabschieden.
Die Rahmenbedingungen für den Auftritt von DYSCORDIA sind denkbar schlecht. Lead-Gitarrist Guy Commeene hat sich erst Anfang der Woche das Handgelenk gebrochen und einen Ersatz konnten die Belgier auf die Schnelle nicht organisieren. Folgerichtig wird eine der drei Gitarrenstimmen aus der Konserve eingespielt, was dem tighten Zusammenspiel jedoch keinen Abbruch tut. So kann die erlesene Zuschauerschar nicht weniger erlesene Prog-Metal-Kompositionen mit latenter Melo-Death-Schlagseite und einem phantastischen Gespür für große Melodien genießen. Der Sound der Truppe ist angenehm vielseitig und sich auch für kleinere Experimente nicht zu schade. Da darf im Outro von „Bail Me Out“ sogar eine kleine Flamenco-Gitarren-Einlage erklingen ohne deplatziert zu wirken. Ansonsten wird hier jedoch so hart gerifft, dass das Wechselspiel zwischen Piet Overstijns Klargesang und den von den Axtmännern beigesteuerten Growls eine eher untergeordnete Rolle spielt. Echte Geheimtipp-Qualitäten erwachsen jedoch aus der simplen Tatsache, dass DYSCORDIA nie die großen Melodien aus den Augen verlieren, die sich frei von jeglichem Kitschverdacht ins Gedächtnis einbrennen.
Die Sonne brennt. Kaum eine Wolke ist in Sicht. Und trotzdem hat sich schon eine beachtliche Menge Zuschauer im Infield eingefunden, um mit GOITZSCHE FRONT in den finalen Festivaltag zu starten. Die Ostdeutschen Rocker haben auch auf dem SUMMER BREEZE ihre Fans im Schlepptau und zwischen den Songs stimmt die Crowd immer wieder GOITZSCHE FRONT-Chöre an. Auf Anweisung von Frontmann Bocki wird bei „Vier Asse“ lauthals mitgegrölt und der erste Moshpit lässt auch nicht lange auf sich warten. Vereinzelte Crowdsurfer sind hier und da ebenfalls auszumachen. Zur Erfrischung bekommen die Fans nach der Hälfte des Sets eine ordentliche Ladung vom Wasserschlauch ab. Als Gitarrist Maxi ein Bier in die Hand nimmt fordert das Publikum lauthals: „Ex, ex, ex“ und dieser Aufforderung kommt er prompt und ohne Umschweife nach. Dann ist auch schon Endspurt angesagt. Mit dem DIE PRINZEN-Cover „Alles nur geklaut“ erreicht der Partyfaktor seinen absoluten Höhepunkt. Nach „Solange mein Herz noch schlägt“ verlassen GOITZSCHE FRONT die Bühne und hinterlassen davor eine Menge sichtlich zufriedener Fans.
Nein, der Zirkus ist nicht nach Dinkelsbühl gekommen, auch wenn das bunte Treiben von UNEARTH am frühen Nachmittag auf der Pain Stage durchaus diesen Eindruck vermitteln könnte. Würde man die Musik wegnehmen, hätte der Gig der US-Amerikaner immer noch einen enormen Unterhaltungswert. Allen voran Gitarrist Buz McGrath sorgt für reichlich Unterhaltung, wenn er sich im Gitarrenhochwurf übt, auf Gerüst und Lautsprechern herumklettert oder sich von der Crew mit einem Rollwagen durch die Gegend fahren lässt. Mit Musik bläst einem orkanartiger, schweißtreibender Metalcore um die Ohren. Vor der Pain Stage hat sich ein immenser Pulk versammelt, der den Krawall, der da von der Bühne kommt, zunächst noch etwas verschlafen aber zunehmend gut gelaunt und aktiver aufnimmt. Sänger Trevor Phibbs fordert die Meute schließlich auf, die Grabenschlampen mal richtig arbeiten zu lassen, aber zunächst wandern nur wenige Crowdsurfer in Richtung Graben. Erst bei „My Will Be Done“ haben die in rot gekleideten Sicherheitskräfte des Grabens alle Hände voll zu tun. Band, Publikum und die Graben-Security geben zum Ende hin noch mal alles.
Statistisch gesehen ist Island neben Finnland das Land mit der größten Metalband-Dichte. An Bands wie SKÁLMÖLD kann man sehen, dass da nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität stimmt. Ihr von isländischem Folk beeinflusster Melodic Death donnert an diesem letzten Festivaltag wunderschön von der T-Stage. Abwechselnd laden harte Passagen zum Headbangen ein und versetzen einen gefühlvolle und melodische Soli ins Schwärmen. Mit gleich drei Gitarristen gelingt der Gruppe aus Reykjavik eine Vielschichtigkeit bei der Gitarrenarbeit, die immer wieder für Staunen sorgt. Auch an den Mikrofonen geht so einiges ab, denn alle sechs Bandmitglieder bringen sich stimmlich ein, manchmal sogar alle auf einmal. Die Band ist außerdem zu einem richtigen Familienunternehmen geworden und setzt sich momentan zu 50% aus Geschwistern zusammen. Durch eine zeitliche Überschneidung mit KORPIKLAANI leert sich das Zelt gegen Ende der Show zwar etwas, der Andrang zu Beginn beweist aber, wie beliebt SKÁLMÖLD in der deutschen Szene mittlerweile sind. Alle, die es wegen des Timings nicht geschafft haben, dürfen sich im Herbst auf eine gemeinsame Tour mit KORPIKLAANI freuen.
Im Sprint geht es für so machen von der Tent Stage, wo SKÁLMÖLD vom Publikum gerade gebührend in den Feierabend verabschiedet wurden, zur Main Stage, wo die Waldschrate von KORPIKLAANI bereits voll in Aktion sind. Highlights wie „Vodka“ und „Beer Beer“ befinden sich ohnehin weiter hinten im Set. Zum Stil der Finnen muss eigentlich nicht viel gesagt werden, nur so viel: sie haben den Humpa Metal perfektioniert. Vor der Bühne gibt es bereits zu Anfang der Show für viele kein Halten mehr. Wo Platz ist wird ausgelassen getanzt und wo kein Platz ist wird eben Platz gemacht. So entstehen ein Humpa-Circle, ein flächendeckendes Ruderboot, das der Kamerakran gar nicht mehr ganz ins Bild bekommt. KORPIKLAANI sind auch als eine der Bands bekannt, bei denen so ziemlich alles möglich ist, und so fliegen dann auch aufgeblasenen Kondome, Gummipuppen, und jede Menge Crowdsurfer, zum Teil mit erhobenen Trinkhörnern. Mitgesungen werden kann aufgrund der vorwiegend finnischen Texte eher weniger, doch gerade bei den englischsprachigen Stücken und beim allbekannten Lalalei ist die Menge dann wieder dabei. Wo fremdsprachige Texte für manche Bands ein Problem bei der Motivation des Publikums bedeuten, heißt es bei KORPIKLAANI eher „keiner versteht was, aber alle haben Spaß“. Die Band ist aber nicht nur etwas für den Alkohol liebenden Party-Besucher, sondern auch für diejenigen, die auf Folk Metal mit Qualität stehen. Gegen Ende regieren dann aber doch die Sauflieder, man hat ja schließlich auch einen Ruf zu wahren.
Old School Death Metal wird dieses Jahr auf dem SUMMER BREEZE mit Bands wie ENTOMBED A.D. und UNLEASHED ganz groß geschrieben. Aber auch die jüngeren SLAUGHTERDAY halten diese Fahne hoch und tragen ihren Teil dazu bei, dass die alte Schule nicht in Vergessenheit gerät. Routiniert und selbstsicher präsentieren die Niedersachsen bewährte Songs aus ihrem Repertoire, aber auch den Opener ihres aktuellen Albums. In der Menschenmenge klaffen zwar hier und da Lücken und die Reihen könnten enger stehen. Diejenigen, die den Weg zu SLAUGHTERDAY gefunden haben, werden allerdings vom schwerfälligen, schleppenden Sound überzeugt und mitgerissen. Vergleiche mit den Vorbildern müssen SLAUGHTERDAY nicht scheuen. Obwohl sie eher selten headbangen und sich völlig konzentriert ihren Instrumenten hingeben, sind ihre Songs der beste Soundtrack für ein intensives Nackenmuskel-Training. Der Auftritt wird mit „Cosmic Horror“ komplettiert, einem Song vom ersten Demo, das seinerzeit stilecht auf Kassette erschien, denn den richtigen Geschmack haben die Jungs definitiv.
Die Mühlen des Circlepits mahlen wieder: CLITEATER aus den Niederlanden sind auf der T-Stage zu Gast und sorgen für eine amtliche Zerlegung, bei der die Fans von den genretypisch kurzen Songs bestens unterhalten werden. Der Goregrind der Niederländer geht direkt ins Genick und nimmt dabei gleich den ganzen Körper mit. Sänger Joost Silvrants feuert die Menge zusätzlich an. Mal springt er aufs Podest der Drums, nur um im nächsten Moment über die Bühne zu stürmen oder sich wild growlend auf dem Boden zu wälzen. Mit Erfolg, denn schon bei „Nuke Them All“ erheben sich die ersten Crowdsurfer über die dicht gedrängte Menge. Sie stehen in Konkurrenz zu dutzenden aufblasbaren Tieren, Luftballons und Wasserbällen. Heimlicher Star ist ein großes, grünes Krokodil, das Runde um Runde im Circle Pit dreht. Die Wasserbälle fliegen bis auf die Bühne und werden virtuos zurückgekickt oder sogar geköpft. Der Enthusiasmus der Goregrind-Combo sucht seines Gleichen und ist höchst ansteckend.
Bekanntermaßen gehen D*A*D humortechnisch gerne da hin, wo es weh tut – heute also auf die Pain Stage. Die Devise für die ausschließlich aus Klassikern bestehende Setlist gibt Frontmann Jesper Binzer in einer seiner charmanten Ansagen aus: „Keine Nostalgie, nur Energie!“. Zugegeben, wenn der Däne mal ordentlich loslegt, dürften die meisten Anwesenden bestenfalls die Hälfte verstehen, angesichts seines putzigen Akzents kommt man aus dem Grinsen jedoch so schnell nicht wieder heraus. Überhaupt stehen D*A*D – oder mit vollem Namen DISNEYLAND AFTER DARK, wie das Backdrop nicht verschweigt – für Gute-Laune-Rock, der den unvermeidlichen AC/DC hinreichend ähnelt, um gleichermaßen universell zu zünden und praktisch jede Menge zum Ausrasten zu bringen. Mit zirkusreifen Outfits und Stig Pedersens transparentem Bass setzt die Band auch optische Highlights. Im Mittelpunkt steht jedoch schnörkelloser Rock, bei dem von Laust Sonnes präzisem Drumming bis hin zu den Mark-Knopfler-Gedächtnis-Gitarren-Soli einfach alles stimmt. Und dass „Sleeping My Day Away“ nicht nur der größte Hit der Dänen ist, sondern auch den Tag nach dem Festival treffend beschreibt, hat die Band ebenfalls trefflich erkannt.
Auf der Bühne ertönt das Knacken eines Strahlenmessgeräts. Die Gitarristen tragen Shirts von DEATH ANGEL und KREATOR. Somit ist allen Anwesenden schon vor dem ersten Ton der Band klar: bei TRAITOR regiert Old School Thrash Metal. Überraschenderweise ist ihr Schlagzeuger Andreas Mozer für den Gesang zuständig. Eine sehr ungewöhnliche Konstellation, die aber dafür sorgt, dass Bass- und Gitarrenfraktion totale Bewegungsfreiheit haben. Und die nutzen sie auch, um die Camel Stage vollkommen auszufüllen, inklusive ausgiebigem Headbangen. Im Publikum kreist ein Circle Pit nach dem anderen. „Wie das funktioniert wisst ihr ja schon, aber macht das größer, ihr seid viele Leute“, stacheln TRAITOR ihre Fans noch weiter an. Bei „Teutonic Storm“ werden die Balinger auf der Bühne von Burkhard Schmitt (HATE SQUAD) als Gastsänger unterstützt. Beim anschließenden „Lords Of Lust“ reckt die gesamte Crowd dann ihre Fäuste im Takt in die Luft. TRAITOR verlassen zu lauthalsen „Zugabe“-Rufen die Bühne. So in etwa müssen sich die frühen Auftritte der Bay-Area-Legenden in den 80ern wohl angefühlt haben.
Die Reihen im großen Zelt haben sich etwas gelichtet, als die finnischen Veteranen von ROTTEN SOUND dem SUMMER BREEZE zeigen, was Grindcore heißt. Ihre aggressiv-energetische, aber an den richtigen Stellen auch brachial-walzende Spielweise bringt den Circle Pit wieder in Gang. Die Raserei auf der Bühne steckt allerdings nur nach und nach die Menge an. Und so geht den Moshern ein ums andere Mal die Luft aus. Dabei gibt Schlagzeuger Sami Latva wirklich alles und muss schon nach kürzester Zeit zu den Reservesticks greifen. Er ist der Herzschrittmacher der Band, bestimmt wann die Songs beginnen und gibt Signale an die anderen Bandmitglieder. Sänger Keijo Niinimiaa bedankt sich nach jedem Song auf Deutsch oder Englisch und trägt mit seiner bescheidenen Art zum sympathischen Eindruck der Band bei. Nicht nur diesen hinterlassen ROTTEN SOUND, sondern auch eine verwüstete Bühne, auf der sich die Bruchstücke der Drumsticks verteilen.