14.08.2024 – Der Tagesbericht

Unsere Eindrücke vom eröffnenden Dienstag begleiteten uns als schöne Erinnerungen durch den Morgen und Vormittag. So schwelgten wir bis zur späteren Mittagszeit. Der Einlass war diesmal etwas zurückhaltender als sonst. Verstehen wir wetterbedingt vollkommen!

Einige rannten die Strecke zum Merch (oder Cocktailstand) trotzdem durch die sengende Hitze, darunter auch mehrere Power Rangers. Niemand fiel ungewollt, aber einer kugelte sich freiwillig über den staubtrockenen Boden – eine Happy Roll. Ein beliebter Spot war der große SUMMER-BREEZE-Schriftzug – für Fotofreudige und Schattensuchende. Danke, dass ihr unsere Bitte, keine Sticker aufzukleben, beachtet habt.

Switch zu einer Band, ohne die das SUMMER BREEZE nicht funktionieren würde. Während auf dem noch geschlossenen Hauptfeld die letzten Limetten geschnitten wurden, bliesen die Damen und Herren aus Illenschwang zum gewohnten Auftakt. Vor der T-Stage versammelten sich klatschende, johlende und schunkelnde Menschen. Auf beherzte „Illenschwang“-Rufe kam endlich die erlösende Antwort: „Servus, SUMMER BREEZE!“

War das ein Pit oder eine Polonaise? Eher zweites, aber mit Hüpfeinlagen und gegenseitigem Abklatschen. Feierharmonie! Links von der Bühne konnten sich Überzeugte neue Shirts und Patches der Blasmusiker:innen kaufen – diesmal in Schwarz, wie wir erfuhren. Und wenn die ausverkauft sind, gibt es im nächsten Jahr welche in Rosa. Wir hoffen, Ihr wart kaufkräftig!

„Da ist eine Frau, die hat nix an“, tönte es von der Stage. Sofort erhielt die Ausgewählte ein unterschriebenes Shirt per Luftpost: „gegen Sonnenbrand.“

Dann öffneten die letzten Zugänge und mit ihnen fiel der finale Startschuss in die Hauptphase des Festivals, nachdem wir uns etappenweise aufgewärmt haben. Auf dem Mainfield fuhren keine Buggies mehr kreuz und quer, der Rasen war akkurat gemäht und die Stände waren in freudiger Erwartung durstiger und hungriger Gäste besetzt. Auf den gigantischen Leinwänden stand „Welcome to SUMMER BREEZE 2024“. Jetzt aber so richtig!

Manche rannten direkt in die erste Reihe, um dem hiesigen Opener BROTHERS OF METAL ganz nah zu sein. Andere ließen ihr Shirt mit Wasser vollsaugen, legten es clever gerollt in eine ebenso gewässerte Mütze und nutzten das DIY-Gebilde als Getränkekühler. Ja, es war verdammt heiß. Ja, wir schwitzten im bewegungsarmen Sitzen. Ja, Schatten war erneut die stärkste Währung. Und JA, wir sind grandios in den ersten vollen Festivaltag gestartet und hechelten den kommenden heiter und sonnenverstrahlt entgegen!

Weiter zur T-Stage: Da flitzefingerten sich die bayerischen Progressive Death Metaller OBSCURA durch ihr Set, dass es eine Wonne war. Wobei ihre Songs ja nicht nur für technische Finessen stehen, sondern auch nachvollziehbar und eingängig sind. Fein. Ob die Jungs aber mit ihrem „Anticosmic Overload“ unerwünschte Reaktionen in Gang setzten? Fakt ist, dass sich am Abend der Himmel verdunkelte und Wolken bedrohlich aufzogen.

Better safe than sorry: Also blendeten die Veranstalter auf den Videoleinwänden Unwetterwarnungen ein. Außerdem boten sie gegen die drohende Gewitterfront ihre stärkste Waffe auf: FLOGGING MOLLY mit ihrem Irish Folk Punk. Ehrlich, wenn sich Wetterkapriolen ankündigen, ist ausgelassene Fröhlichkeit doch der stärkste Verbündete, um Petrus ein Schnippchen zu schlagen. Es scheint geholfen zu haben: Jedenfalls hatte das Schietwetter gegen den lauthals intonierten Gesang keine Chance, und der gemeinsam zelebrierte Scheibenwischer wies der Wolkenwand schließlich den Weg.

Unterdessen sorgten EMMURE auf der T-Stage mit ihrem Bollo-Metalcore für den Soundtrack eines Ganzkörper-Workouts – Hüpfen, Luftboxen, ein paar Karatemoves gegen die Regentropfen… Wer da noch Puste hatte, sang sogar den einen oder anderen Song mit.

Wir flanierten weiter zur Wera Tool Rebel Stage und wurden Zeugen einer Eskalation im Zeitraffer: Noch während des vom Band laufenden Intros forderte NAKKEKNAEKKER-Sänger Christoffer Kofoed die Meute zu einem Circle-Pit auf, dann erschien ein Fan mit einer Dänemark-Fahne und keine Minute später war die Menge in unkontrollierter Bewegung – ein Pit, der nur mal kurz zur Ruhe kam, wenn Crowdsurfer in Richtung Bühne schwebten oder eine Wall Of Death an der Reihe war. Wahnsinn, Leute! Vor allem, wenn man bedenkt, dass a) die Bandmitglieder wirklich blutjung sind und b) die Band noch kein Album draußen hat. Songs und Auftritt ließen wirklich Großes erwarten.

Und wie aufs Stichwort sind wir damit bei der SUMMER BREEZE-Sause im kommenden Jahr. Die Veranstalter hatten sich diesmal nämlich überlegt, die Bandankündigungen für 2025 auf der Hauptbühne in einem Einspielfilmchen zu präsentieren. Mit Erfolg: Jedenfalls sorgten Namen wie MACHINE HEAD, GOJIRA, IN EXTREMO, DIMMU BORGIR und TARJA für glückliche Gesichter. Ach, Vorfreude ist doch die schönste Freude.

Unheilvolle Geräusche füllten die Luft vor der Hauptbühne, Blitze zuckten über das Infield – hatte das Unwetter doch noch zugeschlagen? Zum Glück nicht, und zum noch größeren Glück der Fans standen da die schwedischen Math-Metal-Maestros MESHUGGAH auf der Bühne. Da gingen Lichtshow und Sound eine verstörende Symbiose ein – und wer versuchte, zu den vertrackten Soundwalzen zu tanzen, wurde unweigerlich Teil davon.

Hatten die Jungspunde von NAKKEKNAEKKER vorhin auf der Wera Tool Rebel Stage schon für ordentlich Betrieb gesorgt, bedeutete der Auftritt des „Surprise Acts“ vermutlich einen neuen Rekord: Jedenfalls war es im Infield vor der Bühne so voll wie nie zuvor. Der Grund: Niemand anders als die schwedischen Heavy-Metal-Altmeister HAMMERFALL standen dort auf den Brettern. Da fiel der Hammer genau auf der richtigen Bühne: Hammer, Wera Tools, Werkzeug – ihr versteht *zwinkerzwinker*

Zeit für einen echten Battle: PAIN auf der T-Stage vs. LORD OF THE LOST auf der großen Bühne. Wer bei Peter Tägtgrens Band dabei war, freute sich über fette Gitarren, heftige Rhythmen und die eine oder andere Verkleidung. Unsere Favoriten: Der Schwede mit Sonnenschlapphut und getönter Sonnenbrille – eine Mischung aus Ballermann und „Fear And Loathing in Las Vegas“. Oder Gitarrist Sebastian Svalland in komplettem Plüschoutfit – bis hin zur Gitarre. LORD OF THE LOST wiederum zelebrierten ihren glitterglänzenden Gothic Rock mit bunten Einsprengseln und jeder Menge Pyros – das war im besten Sinne eine Punkteteilung.

Apropos bunte Einsprengsel: Mittlerweile ist es bei Metalbands ja Usus, den Auftritt mit einem genrefremden Song ein- oder ausklingen zu lassen. Bei LORD OF THE LOST durften wir uns über das textlich modifizierte „YMCA“ der VILLAGE PEOPLE freuen. Aber auch MESHUGGAH hatten etwas Passendes in petto. Ernsthaft. Wenn der Song „Boombastic“ heißt, dann darf es auch schon mal Mr. Lover Lover himself sein, SHAGGY.

Wir hatten ja schon über das bunte Treiben auf dem Infield gesprochen, über die Fans – ja, über euch. Genauso bunt und vielfältig ging es auf den Bühnen zu: Da spielten zu später Stunde in einer Reihe THRON, ENSLAVED und PUNK ROCK FACTORY. Blackend Death Metal irgendjemand? Klar, dann hätten wir die Süddeutschen THRON im Angebot. Mögt ihr Progressive Viking Metal – dann sind ENSLAVED eure Favoriten. Und wer Party mag, bitte: Wo PUNK ROCK FACTORY draufsteht, ist Spaß inne Backen drin. Und wer nach diesem langen Tag voller Highlights noch stehen konnte, schaute sich den Geheimtipp AETHERIAN an.

Müde, aber glücklich ging es schließlich in die Schlafkojen. Da konnte der nächste Morgen kommen. Gut ausgeruht, versteht sich. Gute Nacht!

BLASMUSIK ILLENSCHWANG (15:00 Uhr, TS)

Der Planet stach gnadenlos vom Himmel, davon ließ sich aber offensichtlich sowas von gar niemand die Laune verderben. Ganz im Gegenteil, vor der T-Stage regierte die Feierlaune. Aus tausenden Kehlen wurde schon lang vor dem Auftritt immer wieder „Illenschwang, Illenschwang!“ skandiert bevor die Kult-Combo dann auf die Bühne marschierte, der neue Fronter Martin Krauß richtete routiniert das Wort an die Menge „Servas Samma Bries, seid ihr alle bereit? Back mers!“ und nein, der Mann wollte nix Backen, sondern die Show starten… Und direkt mit dem ersten, instrumentalen Stück kochte bereits die Stimmung über, Hände reckten sich nach oben, es wurde gejohlt und sofort schwangen sich die ersten Crowdsurfer:innen auf die Menge und über die Köpfe und strebten gen Graben. „Grüß Gott Ihr Freunde“ wurde dann schon zweistimmig auf der Bühne und hundertfach durchs Publikum gesungen, dass sich mittlerweile in eine riesige Polonaise verwandelt hatte. Kurz darauf waren dann die ersten Ruderer zu sehen und es wurde eine erste Wall Of Death formiert. „Ein Leben lang“ von den Fäaschtbänkler traf dann auch voll den Nerv und die Stimmung kochte mittlerweile derart über, dass gleich mehrere Mädels vorne an der Absperrung obenrum blankzogen. Bei „Die Fischerin vom Bodensee“ verwandelte sich die Meute dann in eine einzige riesige Rudermeute. Und während der ekstatischen Show hatte Mercherin Ute vorne am Rand des Grabens alle Hände voll zu tun, die mitgebrachten, ca. 100 Patches waren schon während der Show ratzfatz ausverkauft. Laut Kapellmeister Martin wird es 2025 dann rosane Shirts geben, wenn sie dieses Jahr alle schwarzen ausverkaufen… Womit er ganz nebenbei schon mal geleakt hat, dass auch 2025 wieder an gleicher Stelle zünftig ins Festival gestartet wird!

BROTHERS OF METAL (16:10 Uhr, MS)

Wer bei den heutigen Rekordtemperaturen Erleichterung suchte, war vor der Main Stage beim Auftritt von BROTHERS OF METAL gut bedient. Direkt vor der Bühne sorgte ein feiner Sprühnebel aus kaltem Wasser für kühle Erfrischung, bevor die acht Schweden die Bühne stürmten und somit die Main Stage am Mittwoch eröffneten. Mit den BROTHERS OF METAL wurde es auch nicht langweilig. Angetan mit martialisch anmutenden Kostümen brachten sie dem zahlreich vertretenen Publikum zunächst einmal die richtige Art zu Prosten bei. “Bei uns sagt man nicht
Prost, sondern Skål!“. Ob die Lektion ankam, wurde während des Sets immer wieder getestet. Das abschließende Fazit lautete, dass die Besucher vom diesjährigen SUMMER BREEZE jetzt jederzeit ordentlich auf Schwedisch prosten können. Auch die Superlative kamen nicht zu kurz. So kündigte Sänger Mats Nilsson den Song “Yggdrasil“ vollmundig mit den Worten “we bring you the best song you will hear this whole goddamned festival“ an. Ob “Yggdrasil“ diesen Standard halten kann, werden wir sehen, schließlich hat das Festival erst angefangen. Dem Publikum jedenfalls gefiel es, und es machte auch die Sing- und Hüpfspielchen zu “The Mead Song“ begeistert mit. Den Höhepunkt vor Ende des Auftritts bildete der nach eigenen Worten “best song in the world“, “One“. Dieser wurde von Frontmann Mats scherzhaft als Cover von Metallica angekündigt, war aber selbstverständlich ein eigener Song. Nach einer überaus unterhaltsamen Stunde entließen die acht Schweden ihre Zuschauer schweißgebadet, aber glücklich in den weiteren Festival-Mittwoch.

THE AMITY AFFLICTION (17:40 Uhr, MS)

THE AMITY AFFLICTION begeisterten beim SUMMER BREEZE mit einem Auftritt, der von der ersten Sekunde an mitreißend war. Schon beim Opener „Pittsburgh“ zeigte sich das Publikum textsicher und sang jede Zeile voller Inbrunst mit. Die Reihen vor der Bühne waren dicht gefüllt, und ab dem ersten Song ließen sich die Crowdsurfer nicht lange bitten und tauchten massenweise über die Menge hinweg. Ein Zeichen dafür, dass die Band von Beginn an die volle Kontrolle über die Leute hatte. Musikalisch und stimmlich war die Band in absoluter Bestform. Schlagzeuger Joe Longobardi war während des gesamten Auftritts extrem präsent und dirigierte den kraftvollen Sound der Band. Sänger Joel Birch ermunterte die Fans immer wieder zum Crowdsurfen, was die ohnehin schon hohe Energie auf ein neues Level hob. Nach dem vierten Song „Show Me Your God“ kam es dann zu einem ganz besonderen Moment: Ein langjähriges Crewmitglied machte vor der Bühne einen Heiratsantrag, was für einen emotionalen Höhepunkt und lautstarken Jubel im Publikum sorgte. Beeindruckende Flammen-Effekte untermalten den gesamten Auftritt und verstärkten die ohnehin schon intensive Atmosphäre. Besonders hervorzuheben waren die cleanen Vocals von Bassist Ahren Stringer, die einen perfekten Kontrast zu den härteren Passagen bildeten. THE AMITY AFFLICTION lieferten eine energiegeladene und emotionale Show, die das Publikum restlos begeisterte.

ZERRE (18:00, CC)

Die Bühne auf dem Campingplatz, die dieses Jahr sowohl einen neuen Namen als auch einen neuen Look erhalten hat, punktete heute nicht nur mit einem aufblasbaren Gruselclown über dem
Soundzelt. Nein, die Würzburger Formation ZERRE feierte hier heute ihr SUMMER BREEZE Debüt und eröffnete den Mittwoch mit einer zünftigen Thrash-Sause der alten Schule. Bereits nach dem ersten Song konnten die Newcomer über eine respektable Zuschauermenge blicken. Frontmann Nico hielt seine Ansprachen mit Hinweis auf den nur dreißigminütigen Auftritt kurz und forderte das Publikum unumwunden auf, sich zu bewegen. Die Ansage wirkte, denn gleich beim zweiten Titel startete ein kleiner, aber feiner Moshpit direkt vor der Bühne. In der Mitte ihres Sets bedankte sich die Band beim SUMMER BREEZE für die Auftrittsmöglichkeit und widmete aus diesem Grund ihren Song ihrem guten Freund Roman. Mit ihrem überzeugenden und authentischen Sound rissen die Würzburger das Publikum bis zum Schluss mit und sorgten für einen zünftigen Einstand in den Festival-Mittwoch.

FLOGGING MOLLY (19:10 Uhr, MS)

Das Infield war gut gefüllt, als FLOGGING MOLLY ihr Set auf der Main Stage starteten. Dies taten sie ohne Intro und mit Understatement; einer kurzen Vorstellung folgte der direkte Einstieg in „Drunken Lullabies“. Das Publikum vermehrte sich derweil zusehends, während Besucher:innen von allen Seiten zur Bühne strömten. Noch war es kuschelig warm, doch am Himmel war es bedenklich dunkel. In der Tat sollte bald eine Unwetterwarnung auf den Screens prangen und die ersten Tropfen fallen. Diese blieben glücklicherweise eine willkommene Abkühlung, denn das Unwetter blieb dem SUMMER BREEZE erspart und die Menge konnte definitiv eine Erfrischung vertragen. Diesem heizten FLOGGING MOLLY nämlich gehörig ein und hielten es ununterbrochen in Bewegung. Angespornt wurden Band und Publikum vor allem von Fronter Dave King. Als Sprachrohr und echte Rampensau brachte er einen Spruch nach dem anderen. Auch stand er den überwiegend jüngeren Besucher:innen auch in Sachen körperlicher Ertüchtigung in nichts nach. Sein Tänzchen entlang der Bühne war sicherlich ein Highlight der Show. Seine absolute Stärke war jedoch die Interaktion mit Band und Crowd. Mehrmals stellte er die einzelnen Bandmitglieder vor, oft mit einem Augenzwinkern. Zitat: „Fuck off, Mike“. Die Zuschauer:innen nannte er dafür bevorzugt „Schatzis“, was natürlich sehr gut ankam. Das Publikum dankte es FLOGGING MOLLY unter anderem mit einem ansehnlichen Ruderboot sowie erhobenen Stimmen und Händen. Nach dem letzten Stück „Seven Deadly Sins“ wollte es FLOGGING MOLLY gar nicht mehr gehen lassen, doch die Zugabe-Rufe musste die Band aus Zeitgründen leider unerfüllt lassen.

EMMURE (20:00 Uhr, TS)

EMMURE haben bei ihrem Auftritt auf der T-Stage zur Prime-Time beim SUMMER BREEZE wieder einmal gezeigt, warum sie zu den Schwergewichten des Deathcore-Genres zählen. Von Beginn an war klar, dass die Band ihren fetten Sound voll ausspielen würde. Besonders Gitarrist Joshua Travis beeindruckte mit seiner 9-Saiter-Gitarre, die teils verrückte Sounds erzeugte und mit gezielten Breakdowns das Publikum in kürzester Zeit in Ekstase versetzte. Die Bühne war in dichten Nebel gehüllt, während ein leichter Regen für Abkühlung sorgte – doch EMMURE
ließen keine Pause zu und heizten den Fans ordentlich ein. Anfangs war der sehr basslastige Sound noch eine Herausforderung, doch zur Mitte des Sets war alles perfekt eingeregelt. Die „Jump, Jump“-Rufe von Sänger Frankie Palmeri, der an diesem Abend stimmlich in Bestform war, wurden bis zur letzten Reihe erwidert. Ab dem zweiten Drittel der Show flogen die Crowdsurfer nur so durch die Luft, während die Energie im Publikum spürbar stieg. EMMURE haben mit ihrer intensiven Performance einmal mehr bewiesen, dass sie es verstehen, die Massen zu mobilisieren und
eine unvergessliche Show abzuliefern. Energie pur bis zum Schluss!

EMBRACE YOUR PUNISHMENT (21:00, CC)

Pig Squeals und Rumpa-Pumpa-Riffs in der Ferne: Wir näherten uns dem Campside Circus, wo EMBRACE YOUR PUNISHMENT zur Slam-Sause luden. Das ist rhythmische Abendgymnastik der brutalen Art, wenn sich schwerfällig wirkende Stampfbewegungen mit handgeformten Kellen wechseln. Die Franzosen weben noch ihren aus früheren Tagen verbliebenen Hardcore ein, sodass wir uns live auf eine wilde Brachialfahrt begaben, die bewusst wenig Raum für musikalisch Abweichendes bot. Dass es vor der Bühne so leer erschien, war nur dem großen Circlepit geschuldet. Und dass so viel los war, lag neben der tanzbaren Mucke auch der Energie von Fronter Vivien Rue – die überschwappende Euphoriewelle, kennt man. „Amazing Crowed“, brüllte er und fragte: „Do you want more music?” Die Antwort kannten wir alle. Es folgte „Aeons of Fire“, der die Halsschlagadern von Rue erneut an die Schwelle zum Zerplatzen brachte. Da wären die Pig Squeals zur echten Sauerei geworden…

MESHUGGAH (21:15 Uhr, MS)

Die Sonne hatte sich ja schon vom nahenden Gewitter einschüchtern lassen und war verschwunden, aber mittlerweile hatte sich jegliche Helligkeit vom Himmel verzogen. Perfekte Bedingungen für einen Auftritt, bei dem nicht nur die Musik im Mittelpunkt stand, sondern auch die Lichtshow eine gewichtige Rolle spielte. Zeit für MESHUGGAH.
Doch zunächst deutete nur das dräuende Intro auf das Kommende hin. Dunkelheit, die plötzlich durch zuckende Lichtblitze durchbrochen wurde. Die fünf Musiker aus dem nordschwedischen Umeå standen mathematisch präzise verteilt auf der Bühne, wobei ihre Schemen immer dann sichtbar wurden, wenn ein rotes Lichtfeld hinter ihnen aufleuchtete. Wer sich hier Gedanken über Regelmäßigkeiten machte, war schon mittendrin im Geschehen. Oder wie es Sänger Jens Kidman später in einer Ansage sinngemäß ausdrückte: Wir machen keine Musik, um rumzuhüpfen und zu feiern, sondern um mit eurem Verstand zu spielen. Und was die vertrackten, ungeraden Rhythmen der Songs vielleicht noch nicht komplett hinbekamen, dafür sorgte dann eben die Lichtshow: Bis die Meute mental durchgemangelt war. Trotzdem sorgten MESHUGGAH nicht nur für einen nicht enden wollenden Soundfluss aus Math-Metal-Walzen, jazzigen Gitarrensoli und atmosphärischen Arpeggien – sie spielten auch ihre Hits. Und so horchten nicht nur die alten Fans bei den zirpenden Gitarren auf, die „Future Breed Machine“ einleiteten, auch „Bleed“ kannte vermutlich jeder. Nach dieser anderthalb Stunden währenden Mental-Massage läutete das von Konserve gespielte „Mr. Boombastic“ von SHAGGY – vielleicht etwas brachial – die Rückkehr in die Normalwelt ein. Was für eine Wirkung, welch ein Headliner-Gig!

EQUILIBRIUM (21:35 Uhr, TS)

Wow, es war überdurchschnittlich voll. Hing auch der anstehende Secret Gig auf der Nachbarstage damit zusammen? Andererseits haben EQUILIBRIUM eine riesige Community hinter sich. Unterm Strich auch egal, oder? Rosa Lichtsäulen flankierten das Drumkit zu Beginn, gelbes Licht kam von oben und in Harmonie ergab das eine passende Atmosphäre für den Epic Folk Metal der Bayern. Der sehr gesprächige Neufronter Fabi wollte möglichst viele Hände sehen und bekam eine vortrefflich gereihte Fingerarmee. Logisch, dass sich daraus eine ultimative Metal-Party entwickelte. Die Songs sind prädestiniert, um den Feierteppich gründlich auszuschütteln und sich darauf zu bewegen, lassen aber auch nichts an Brutalität vermissen. Genau diese Mischung gefiel den Leuten, also strapazierten sie die Eigenaction bei den Hüpf-und-Mitsing-Songs bis zum Geht-nicht-mehr. Eine Frau surfte sogar stehend auf einem Crowdsurfer zum Graben.
EQUILIBRIUM nahmen uns „mit auf epische Reise“ und bezeichneten uns als „Metal-Familie, die uns [die Band, Anm. des Autors] seit Jahren unterstützt.“ Pyros erhellten den Dunkelhimmel. Ja, da passte „Born to be Epic“ inklusive Elektrointro und Luftkick von Fabi bestens. Am Ende gab es „Heimat“ und die schmeichelnden Worte: „Ihr seid die geilste Heimat, die man sich vorstellen kann.“

HAMMERFALL (22:40 Uhr, WTS)

Pünktlich um zwanzig vor elf am Mittwochabend versammelten sich die Massen vor der Wera Tool Rebel Stage. Der angekündigte Surprise Act war, den schon von Weitem deutlich hörbaren
HAMMERFALL-Chören nach, nicht mehr für alle wirklich eine Überraschung, aber dafür eine umso willkommenere. Die Schweden legten auch pünktlich mit “Heeding The Call“ los, und hatten von der ersten Sekunde an die Menge in der Hand. Die Fläche vor der Bühne war bis weit aus dem beleuchteten Bereich heraus vollgepackt mit gutgelaunten Besuchern, die sichtlich Bock auf den
Auftritt der Band und die geradezu nostalgische Einleitungstrilogie hatten. So sangen die Zuschauer bei Song zwei, “Any Means Necessary“, und dem nachfolgenden “Renegade“ derart inbrünstig mit, dass es mit Sicherheit auch noch im letzten Winkel des Campingplatzes zu hören war. Entsprechend begeistert strahlte denn auch Frontmann Joacim Cans in die Runde: “What the fuck are you all doing here? We are not supposed to play tonight?“ und kündigte die letzte Single “Freedom“ vom aktuellen Album “Avenge The Fallen“ als nächsten Song an. Die Menge tobte, und groovte sich mit “We Make Sweden Rock“ auf den abschließenden Höhepunkt der Show ein. HAMMERFALL beschlossen ihre Stippvisite in Dinkelsbühl mit “Hearts On Fire“. Es hätte nicht viel gefehlt, und die Begeisterung der Menge hätte die Wera Tool Rebel Stage tatsächlich in Brand gesteckt. So einen überzeugenden Surprise Act wünschen wir uns für jedes Jahr!

PAIN (23:25 Uhr, TS)

PAIN am Mittwochabend bedeutete soviel wie Party zur Wochenmitte. Das nahmen Peter Tägtgren und seine Gefolgschaft auch entsprechend ernst und hatten das Publikum von der ersten Minute im Griff. Auf ihrer Setlist haben die Schweden auch einige Klassiker mitgebracht und navigierten gekonnt zwischen Industrial Metal und einem Hauch seiner Hauptband Hypocrisy. In jedem Fall funktioniert das Ganze auch ohne Comicfilmchen im Hintergrund, sondern konzentrierte sich stattdessen hauptsächlich auf den musikalischen Aspekt. Bei „The Great Pretender“ oder „Suicide Machine“ war ein einziges Meer aus gereckten Fäusten zu sehen, doch den Höhepunkt hob sich das Quartett bis zum Ende auf. Nachdem bei „Party In My Head“ etliche Wasserbälle über das Publikum flogen, animierte die Ballade „Have A Drink On Me“ zum Mitschwelgen. Das konnte letztlich nur noch durch den Rausschmeißer „Shut Your Mouth“ getoppt werden, dessen simple Synthieklänge schon vor dem ersten Gitarreneinsatz jeden Anwesenden zum Mitjohlen animierten. Die ansonsten witzigen Ansagen von Tägtgren hielten sich zwar in Grenzen, während die Band gleichsam stattdessen mit Musikalität überzeugte und alleine durch den fetten Sound auch den letzten Zweifler mitnehmen konnte. Mit dem Verhallen der letzten Soundfragmente lag die gesamte Band auf der Bühne und auch die Fans schienen in jeder Hinsicht zufrieden.

LORD OF THE LOST (23:25 Uhr, MS)

Nachdem die Band ja 2022 quasi als nächtlicher „Rausschmeißer“ auf der Main Stage fungierte, sind sie heuer auf den Co-Headliner-Slot aufgestiegen; was einerseits dem konstanten Ackern der Band aber andererseits bestimmt auch der ESC-Teilnahme im letzten Jahr geschuldet sein dürfte. Schon mit dem einleitenden Doppelpack aus „The Curtain Falls“ und „The Future Of A Past Life“ war klar, dass die Band hochmotiviert ist und Vollgas – Betonung auf Gas! – geben würde. Denn was die Hamburger über die 15 gespielten Songs an Pyro auffuhren, hätte locker für drei Headliner gereicht! Im Vergleich zu ihrem letzten Besuch hat sich die Band mittlerweile nicht nur mit dem zusätzlichen Gitarristen/Keyboarder Benjamin Mundigler verstärkt sondern somit auch den Bühnenaufbau variiert. Es gab quasi eine 3-3-Aufstellung: in der ersten Reihe mittig natürlich „The Lord“ Chris Harms flankiert von Bassist Klaas und Gitarrist Pi, der im schicken Matrix-Lackmantel auflief. Die zweite Dreierreihe bildeten zentral Drummer Niklas Kahl neben dem auf niedrigeren Risern Gerrit Heinemann (mit imposantem Iro und in knappen, pinken Pailletten-Hotpants) und auf der anderen Seite der bereits erwähnte neue Gitarrist agierten. Heinemann griff mehrfach zu Drumschlegeln und knüppelte in perfekter Union mit dem Drummer tribalartige Passagen während der Gitarrist auf dem anderen Riser zusätzlich auch noch in die Tasten seines Keyboards griff. Der Spaß und die Ergriffenheit ob dieses Triumphzugs stand den Bandmitgliedern nach dem abschließenden „Blood And Glitter“ deutlich ins Gesicht geschrieben. Ein mega-sympathischer Auftritt der Band! Nach den letzten Tönen ballerte dann „YMCA“ von den Village People ins selige Rund, und es war mal sowas von Fun to stay at LORD OF THE LOST!

THRON (00:30 Uhr, WTS)

Kurz nach Mitternacht war es offiziell spät genug für Black Metal und THRON aus dem – natürlich – SCHWARZwald fanden sich auf der Wera Tool Rebel Stage ein. Auch eine ordentliche Portion Death sowie Heavy-Elemente hatten sie im Gepäck. Ihren Auftritt gestalteten THRON stilecht mit böse angehauchtem Intro, das gut zu ihrem martialischem Bühnen-Makeup passte. Schnell zeichnete die Band durch die verschiedenen Einflüsse und melodischen Parts aber ein differenzierteres Bild und brachte zwischendurch sogar ein kurzes Bass-Solo unter. Vor allem das Drumming, das einen starken Death-Fokus setzte, ohne den Black Metal zu vernachlässigen, überzeugte. Druckvoll und von Blast Beats getrieben übertönte es trotzdem nicht die Gitarren. Diese schrammelten im besten Sinne des Wortes ordentlich was weg und sorgten für den Black-Metal-Schwerpunkt. Nachdem sich THRON zu Anfang wenig gesprächig zeigten, gab es in der zweiten Hälfte des Sets vermehrt Ansagen und Publikumsanimation. Letztere stieß auf fruchtbaren Boden, denn das SUMMER-BREEZE-Publikum konnte die Band zweifelsohne überzeugen.

ENSLAVED (01:00 Uhr, MS)

Die Synthesizer-Soundtests vor dem Gig deuteten schon an: Das würde ein eher progressiver Auftritt der norwegischen Viking-Metal-Vordenker ENSLAVED. Und so kam es auch: Die fünfköpfige Band aus Bergen hat ja einige sehr unterschiedliche Alben in petto, aber heute Abend standen eher die neueren Werke im Vordergrund – mit vertrackten Rhythmen, verwinkelten Gitarrenriffs und vielstimmigem Gesang. Während Keyboarder Håkon Vinje mit seinen Tasten ungewöhnliche Sounds erzeugte, verband Arve Isdal in gewohnter Manier ungewöhnliche Gitarrenleads mit breitbeinigen Rockstarposen. Gewürzt wurde der Auftritt mit einer stimmigen Lichtshow. Da hieß es als Fan: Eintauchen in den Soundfluss und sich in flowigen Bewegungen mitreißen lassen. Frontmann Grutle Kjellson versuchte zudem mit zackigen Ansagen, alle verbliebenen Energien aus der Menge herauszuholen: „Wollt ihr noch mehr? Mitten in dieser schönen Mittwochnacht!“ Aber ja doch, die Fans wollten. Und da ENSLAVED zum Schluss noch „Havenless“ mit seinem eingängigen Wikingerchoral hervorkramten, war wirklich jeder zufrieden.