Schon während ihrer Zeit bei Eluveitie hatte sich Anna Murphy zur echten Rampensau entwickelt. Inzwischen hat sie gemeinsam mit den beiden ehemaligen Eluveitie-Kollegen Ivo Henzi und Merlin Sutter CELLAR DARLING ins Leben gerufen, wo sie als alleinige Frontfrau im Zentrum der Aufmerksamkeit stand und dabei eine ausgesprochen gute Figur machte. Drehleier und Flöte hatte die Dame mit dem niedlichen Akzent zwar nicht abgelegt, dennoch unterschied sich der Sound ihrer neuen Band deutlich von jenem der später am Tage ebenfalls aufspielenden ehemaligen Arbeitgeber. CELLAR DARLING gingen weniger traditionsverliebt zu Werke, sondern zelebrierten allen Folk-Instrumenten zum Trotz einen modernen Rockmusik-Sound inklusive einiger elektronischer Elemente. Auf der Bühne hatte sich das Kerntrio um drei Mitstreiter an Bass, Geige und Keyboard verstärkt und präsentierte ein angenehm druckvolles und differenziertes Klangbild. Obwohl das Debütalbum der Schweizer erst wenige Wochen zuvor veröffentlicht worden war, erwies sich das Publikum erfreulich textsicher und mitsingfreudig. Die Begeisterung über den gelungen Gig war den Musikern im Anschluss folgerichtig in die freudestrahlenden Gesichter geschrieben.
Ultrabrutale Morgenunterhaltung lieferten am Freitag AVERSIONS CROWN. Die Australier eröffneten die Hauptbühne mit einem gnadenlosen Set, das den Zuschauern kaum Luft zum Atmen ließ. Abwechslung war hier Fehlanzeige. Bis auf einige zwischen den Songs eingespielte Samples hielten AVERSIONS CROWN das Gaspedal konstant in Bodenblechnähe. Besonders beeindruckend war dabei die Leistung von Schlagzeuger Jayden Mason. Der feuerte seine Blastbeats mit einer Ausdauer ab, bei der jeder Marathonläufer vor Neid erblassen würde. Zudem ließ er den gesamten Drumriser so erbeben, dass es einem Wunder glich, dass hier nichts zu Bruch ging. Das Stageacting der Gitarristen war derweil etwas statisch. Das glich Fronter Mark Poida aber durch jede Menge Energie aus. Auf sein „Wake the fuck up! Go, go, go!“ entbrannte vor der Bühne ein für diese Uhrzeit beachtlicher Moshpit. Warum AVERSIONS CROWN ihr Set fünf Minuten zu früh beendeten, bleibt allerdings ihr Geheimnis.
REVOCATION aus Boston kam am Freitagvormittag die undankbare Aufgabe zu, das Tagesprogramm auf der T-Stage zu eröffnen und die herantorkelnde Menge aus dem Halbschlaf zu ballern. Durchweg routiniert ließ man sich vom anfangs noch etwas ernüchternden Besucheraufkommen keineswegs entmutigen und startete in ein abwechslungsreiches Set gespickt mit Glanztaten aus dem gut gefüllten Backkatalog. Gekonnt verschmolzen REVOCATION dabei auf ihre ganz eigene Art Elemente aus Death und Thrash Metal. Technische Uptempo-Parts wechselten sich mit galoppierenden Thrash-Riffs ab, bisweilen setzte Sänger und Lead-Gitarrist David Davidson zu einem schwelgerischen Solo an. Punktuell eingesetzter Klargesang trug weiterhin zur Abwechslung innerhalb eines ansonsten durchaus extremen Sets bei. Das blieb auch auf dem Bühnenvorplatz nicht unbemerkt und so wuchs die Menge vor der T-Stage deutlich an. Nach knapp 45 Minuten schien dann bei den meisten die verbleibende Müdigkeit aus den Köpfen geschüttelt worden zu sein. Mit ihrem Auftritt sorgten REVOCATION für ein frühes T-Stage-Highlight am Freitag.
Das flamencoartige Gute-Laune-Intro mochte manchen Zuschauer vielleicht noch auf eine falsche Fährte locken. Als die Jungs von SKELETON PIT die Bühne betraten lies ein „Seid ihr bereit für ein bisschen Thrash“ aber keine Zweifel mehr daran, welchem Genre die Band sich verpflichtet fühlt. Mit dem wohl geilsten Snare-Sound des gesamten Festivals knüppelte „Hit In The Pit“ direkt nach vorne. Die ersten Mosher ließen sich nicht lange bitten. Auch eine Menge Fäusten flogen schnell durch die Luft. Gitarrist/Sänger Patrick Options wollte aber noch mehr: „Seid ihr gut drauf SUMMER BREEZE? Ich brauche eure Hilfe!“ Auf sein Kommando löste das Publikum den ersten Circle Pit aus. Im Laufe des Gigs füllte sich der Platz vor der Camel Stage immer mehr. SKELETON PIT konnten offensichtlich einiges an Laufkundschaft für sich begeistern. Vor dem finalen „Spreading The Virus“ verabschiedete die Band noch ihren Schlagzeuger Julian, der beim SUMMER BREEZE nach zwölf Jahren bei der Band seinen letzten Auftritt mit SKELETON PIT spielte.
MEMORIAM sind nichts anderes als die Erben von Bolt Thrower, dem legendären Death-Metal-Panzer aus dem Vereinigten Königreich. Und als solche hatten sie als zweite Band auf der SUMMER BREEZE-Stage am Freitag natürlich einen gewissen Heimbonus. Sänger Karl Willetts meinte, viele bekannte Gesichter im Publikum zu entdecken und lobte die „familiäre Atmosphäre“. Zur Hochform lief er dann spätestens auf, als die Crew ihn mit einer Dose Bier versorgte. MEMORIAM machten im Verlaufe der folgenden 45 Minuten dann eindrucksvoll klar, dass der britische Panzer noch lange nicht zum Stehen gekommen ist. Die „Wall of Sound“ walzte die Versammelten in bewährter Manier nieder, diese bedankte sich mit lauten Rufen und gereckten Fäusten. Spätestens als die Band dann den Bolt-Thrower-Klassiker „Spearhead“ anstimmte, war die Stimmung an einem Höhepunkt angelangt. Auch Willetts und seine Mitmusiker zeigten sich bestens gelaunt und es fiel nicht schwer, ihnen die Freude über die Rückkehr auf den fränkischen Acker abzunehmen. Insgesamt lieferten MEMORIAM eine authentische und sympathische Dreiviertelstunde Old-School-Death Metal und machten damit eine kleine aber ergebene Fanschar – und nicht zuletzt sich selbst – sehr glücklich.
Andere Bands lösen sich schon mal auf, wenn ihr Sänger und Gründungsmitglied mitten in der Festival-Session seinen Hut nimmt – nicht so FALLUJAH. Die amerikanischen Tech-Deather touren weiter und weiter und weiter. Kurzerhand wurde ein Ersatz für den ausgeschiedenen Alex Hofmann eingelernt und an diesem heißen Freitagmittag dem SUMMER BREEZE Publikum präsentiert. Die gut aufgelegte Band ballerte, nach einer kleinen Intro-Panne, ihre komplexen Salven äußert tight in den blauen Mittagshimmel und macht ordentlich Randale. Doch auch FALLUJAH ereilte ein ähnliches Schicksal wie Fit For An Autopsy am Tag zuvor. Denn die Hitze forderte ihren Tribut und so wirklich in Bewegung kam das Publikum dann doch nicht. Etwas was der Band auch nicht entging und mit einem „you need to wake the fuck up“ kommentiert wurde. Auch weitere Anfeuerungen von der Bühne erwiesen sich als eher zwecklos. Was nicht hieß, dass die Kompositionen nicht wohlwollend aufgenommen wurden, es ging wohl einfach nicht mehr. Ein echtes Highlight war aber dennoch „Lacuna“, ein neuer Song der mächtig Lust auf ein hoffentlich bald erscheinendes neues Album machte. Das abschließende „The Void Alone“ war mit seiner überzeugenden Dynamik zudem ein sehr gut gewählter Schlusspunkt. Alles richtig gemacht also.
Zwei Jahre zuvor waren BATTLE BEAST auf der T-Stage noch die Überraschungssieger des SUMMER BREEZE-Mittwochs. Nun durften die Finnen auf der großen Hauptbühne ran und lockten eine gewaltige Zuschauermenge an. Obwohl ihr traditioneller Heavy Metal kaum old-schooliger hätte klingen können, strotzte die Darbietung vor unverbrauchter Frische und jugendlicher Leichtigkeit. Selbst der grell überschminkte Look von Frontfrau Noora Louhimo hätte mit seiner Mischung aus Biker- und Gothic-Elementen geradewegs aus den Achtzigern stammen können. Und weil jedes Publikum gerne in der glorreichen Vergangenheit schwelgend das eigene Alter vorübergehend vergessen möchte, ließ sich die Menge mühelos mitreißen und war sich dabei auch für kein Mitsingspielchen zu schade. Selbst die Grabensecurity gab zu den Klängen von „Black Ninja“ breit grinsend ihr Repertoire an Kung-Fu-Moves zum Besten. Die klassischen Dicke-Eier-Posen beherrschte hingegen niemand so gut wie BATTLE BEAST selbst, die ohne jede Angst vor Klischees auf der Bühne all das wieder zum Leben erweckten, was die Rock- und Metal-Szene der Achtziger an überlieferter Folklore zu bieten hatte.
In knallpink und neonfarben, mit Fuchsschwanz, Snapback und Kajal betraten die SUPERNOVA PLASMAJETS aus Mannheim um 14 Uhr die Camel Stage, um den Versammelten mit einer Mischung aus 80er-Hard Rock-Eigenkompositionen und Cover-Versionen einzuheizen. Viele der zunächst nur circa 50 Interessierten schienen Die-Hard-Fans aus dem weiteren Bekanntenkreis der Band zu sein – was von der ersten Sekunde an gute Stimmung gewährleistete. Innerhalb kürzester Zeit vervielfachte die Band die Zuschauerzahl aber und gegen Ende des halbstündigen Sets wurden auch die gewöhnungsbedürftigen Pop-Einschübe weitestgehend abgefeiert. Die Band hatte indes sichtlich Spaß, übte sich an selbstironischen Posereien und neckte die Grabenschlampen. „Unsere Aufgabe ist es, euch für dieses geile Festival aufzuwärmen“, betonte Sängerin Jennifer Crush – übrigens ihrerseits bandkonform im neon-pinken Korsett. „Mission accomplished“, könnte man sagen. Der Mannheimer „Plasmarock“ entpuppte sich an diesem Nachmittag jedenfalls als partytaugliche Hard-Rock-Interpretation, die auch eine Metal-Zuhörerschaft mitreißen kann.
MORS PRINCIPIUM EST wurden derweil bereits sehnlichst erwartet. Bis zum FOH standen die Fans dicht gedrängt und trotzten dem für die Augen ungünstigen Sonnenstand mit viel nackter Haut und Sonnenbrillen. Belohnt wurden sie dafür mit neun Songs aus dem melodischen Repertoire der Finnen. Mit musikalischem Blick nach Schweden schallte ein mit wehender Mähne vorgetragenes Melodic Death-Geschoss nach dem anderen von der Bühne, d.h. starke Riffs, tiefer Bass, schöne Gitarren-Melodien und jede Menge Orchester-Bombast vom elektrischen Tasteninstrument, gepaart mit knackigen Growls, Screams und stellenweise weiblichem Gesang vom Band. Die Professionalität war nicht nur an der Show, sondern auch am Sound zu erkennen, der die epische Atmosphäre optimal unterstützte und seinen Teil zur Begeisterung der Menge beitrug. Die zu sehenden Gesichter veränderten zwar teilweise ihre Farbe, was entweder an dem durchgehenden Headbanging oder am fehlenden Sonnenschutz lag, aber die gen Himmel gerichteten Fäuste und der Applaus verabschiedeten die Jungs von der Bühne – mit dem Wissen, dass da noch massig Potential in ihnen steckt.
666 Zuschauer durften offiziell zur ELUVEITIE unplugged-Show ins Campsite Circus-Zelt und gefühlt herrschten genauso viele Grad Innentemperatur unter der weißen Plane. Das hinderte die Menge nicht daran, mit lautem Klatschen den Auftritt der Schweizer einzufordern, während auf der Bühne noch die Fackeln angezündet wurden. ELUVEITIE hatten am zweiten Festivaltag etwas zu feiern, nämlich die Veröffentlichung ihres neuen Unplugged-Studioalbums „Evocation II – Pantheon“. Da kann es ja fast nichts Passenderes geben, als eine entsprechende Sondershow auf dem SUMMER BREEZE! Anstatt aber einfach das neue Album durchzuspielen, demonstrierten die Folkveteranen, dass ihr Gesamtwerk für eine Umsetzung in diesem Setting bestens geeignet ist, indem sie ihr Publikum neben neuen Titeln auch mit dem einen oder anderen Fan-Favoriten versorgten. Der Gassenhauer „Brictom“ oder das altbekannte „Arcane Dominion“ wurden auch in der akustischen Variante schon nach wenigen Takten erkannt und bejubelt. Neue Titel wie „Caturix“ und besonders „Ogmios“ (das seine melodischen Wurzeln mit „Inis Mona“ in einem bretonischen Volkslied teilt) hatten es der Menge jedoch ebenfalls schnell angetan. Nicht nur die Stücke vom aktuellen Album, sondern auch ein guter Teil der derzeitigen Besetzung dürften der Mehrheit der Anwesenden übrigens neu gewesen sein: Nach dem Ausstieg mehrerer Mitglieder im Jahr 2016, traten ELUVEITIE personell frisch aufgestockt zu neunt an. Ihren Unplugged-Auftritt konnten sie dabei getrost stimmlich auf Fabienne Erni, die neue Dame am Mikro, stützen. Ein bisschen lauter hätte man Chrigel Glanzmann und seine Instrumente jedoch gerne hören dürfen – ein keiner Wehrmutstropfen auf einem ansonsten großartigen Sonderauftritt von ELUVEITIE. Schade, dass nicht Alle dabei sein konnten!
Direkt im Anschluss an Battle Beast durften ihre Landsmänner SONATA ARCTICA die Bühne entern. Deren mit zahlreichen progressiven Schnörkeln verzierte Power-Metal-Musik mochte zweifellos anspruchsvoller sein, beim Publikum fiel die Resonanz dennoch – oder gerade deswegen? – etwas verhaltener aus. Macht aber nix, denn auch wenn die Zahl der Anwesenden geringer ausgefallen sein mochte, war deren Leidenschaft für die Finnen umso spürbarer. Als mit „Full Moon“ der vielleicht größte Bandklassiker überhaupt angestimmt wurde, hielt sich Frontmann Tony Kakko vornehm zurück und überließ die ersten Textzeilen komplett dem Publikum, das den Ball ebenso dankbar aufgriff und stimmgewaltig zurückspielte wie die großen Gummi-Bälle, die während des gesamten Gigs durch den Luftraum vor der Bühne geworfen wurden. Wo der Sänger sich bei seiner Haupttätigkeit gerne vom Publikum unter die Arme greifen ließ, zeigte er sich bei seinen Ansagen umso mehr in Plauderlaune und verriet unter anderem, dass ihn „Paid In Full“ seiner eigentlichen Trennungsschmerz-Thematik zum Trotze stets an sein erstes eigenes Auto erinnerte: Einen blauen Toyota Corolla. Die (ebenfalls Trennungsschmerz-) Ballade „Tallulah“ leitete Tony hingegen mit der Frage „Fühlt sich heute jemand einsam?“ ein und forderte sodann alle Anwesenden auf, den einsam aufzeigenden Gast vor der Bühne herzlich zu knuddeln – „Er könnte die Liebe eures Lebens sein!“ Gegen Ende ließ sich der wortgewandte Frontmann schließlich zu einer ausführlichen Dankesrede an alle Besucher hinreißen, die zwar sicherlich gut gemeint war, mit ihrer epischen Länge jedoch deutlich übers Ziel hinaus schoss. Da mutete es geradezu ironisch an, dass als traditioneller Rausschmeißer jeder SONATA ARCTICA-Show nun ausgerechnet „Don’t Say A Word“ folgte.
Mit INFECTED RAIN aus Moldawien konnte das SUMMER BREEZE der langen Liste der Herkunftsländer ein weiteres hinzufügen. Vielleicht sollte man in Zukunft auf der Suche nach neuen Acts auch verstärkt im südosteuropäischen Gefilden wildern, denn das Quintett um Elena Cataraga, die sich selbst den Künstlernamen Lena Scissorhands verpasst hat, offenbarte sich als wahre Party-Kanone. Beim melodischen, mit Samples durchsetzten Alternative Metal, der bisweilen frappant an Guano Apes erinnerte, war die bis in die Dreadlock-Haarspitzen bunte Front-Sau sowohl der optische als auch akustische Dreh- und Angelpunkt – obwohl ihr der ebenfalls dreadlockige Basser in Punkto Freidrehen in nichts nachstand. Auch wenn die cleanen Passagen nicht immer hunderprozentig saßen, trat Cartaga mit ihrem offenherzigen Auftreten ein Groove-Fest los, in deren Verlauf INFECTED RAIN auch mal Blast Beats oder Double-Bass-Teppiche bemühten – Genre-Bezeichnung hin oder her. Das Set, das die komplette erste Hälfte des aktuellen Albums „86“ plus den Album-Closer „My Home“ abbildete, brachte jede Menge nickende Köpfe und tanzende Körper, den ein oder anderen Crowdsurfer und sogar Klobürsten (sic!) schwingende Fans zum Vorschein. Ein bisschen weniger Pathos hätte den Ansagen zwischen den Songs gut getan, was aber keinerlei Auswirkungen auf die Laufkundschaft hatte, die INFECTED RAIN in nicht geringer Zahl zum Verweilen vor der Camel Stage bewegte.
In der brüllenden Hitze des Nachmittags, die nur von gelegentlichen Brisen aufgelockert wurde, legten die Kanadier GORGUTS ihren verdrehten, abgefahrenen Progressive Death Metal aufs Parkett. Sänger und Gitarrist Luc Lemay gab sich entgegen seiner wahnwitzigen Spielweise erstaunlich schüchtern und zurückhaltend. Das hat irgendwie nicht zum Auftritt gepasst, denn GORGUTS zimmerten einen unverwechselbaren Sound in die Menge, bei dem vor allem Liebhaber von technischen Spielereien auf der Gitarre voll auf ihre Kosten gekommen sind. Brechend voll war es zwar nicht, aber die Anwesenden waren mit Begeisterung dabei. Das Publikum nickte zufrieden zu den Songs; für körperliche Aktivitäten war es dann doch zu heiß und Erfrischungen machten sich rar. Es sei ihnen verziehen. Akrobatisch und geschickt ließen die Saitenhexer auf der Bühne unterdessen ihre Finger über ihre Instrumente flitzen und entlockten diesen dadurch so manch schräge Sounds, die zur Surrealität der Songs beitrugen. Man erwischte sich mehr als nur einmal dabei, sich zu fragen, wie man sich nur so etwas ausdenken kann. Die Songs gingen vor allem in die Magengrube und mischten diese gehörig auf. Dazu knallte der Sound amtlich, so dass das Konzert buchstäblich zur Ganzkörpererfahrung geworden ist. Zum Ende teilte Lemay noch ein erstaunliches Detail: Das war tatsächlich der erste Auftritt von GORGUTS auf dem SUMMER BREEZE Open Air. Und wir hoffen sehnlichst, dass es nicht der letzte gewesen ist.
Gestern hatten In Extremo an selber Stelle ein Häkchen, bzw. einen ausgewachsenen Haken hinter ihre 1000. Show gemacht – das haben die Rheinberger BETONTOD bereits im Dezember hinter sich gebracht. An Routine und Liveerfahrung mangelte es also niemandem auf der Bühne. Und auch die Massen vor der Bühne trafen offensichtlich nicht zum ersten Mal auf die Band; bei einem spontanen „Hefte raus, Klassenarbeit“-Songtexte-Test hätte das bestimmt einen sehr guten Klassendurchschnitt ergeben. Zu den optimalen Rahmenbedingungen kam dann auch noch eine imposante Kulisse dazu, denn wo manche Bands notgedrungen kleckern indem sie ihr (für Clubshows ausreichend großes) Backdrop aufhängen, dass dann aber irgendwie wie ein Kopfkissenbezug im riesigen Bühnenhintergrund wirkt klotzten BETONTOD mit einem riesigen Exemplar, das die komplette verfügbare Fläche nutze und eine apokalyptische Stadtansicht zeigte die zentral um das Streichholzmotiv ihres aktuellen Albums ergänzt wurde. Obwohl die Sonne voll in den Raum vor der Bühne knallte ließen sich die vielen Fans nicht lumpen und reckten zahlreich die Fäuste und grölten mit ihren Helden um die Wette. Fazit nach einer sehr kurzweiligen Stunde: man hatte kollektiv Spaß und schwitze – mission accomplished!
Danach durften NACHTGESCHREI aus Frankfurt die Bühne im Campsite Circus mit ihrem Dark Metal bespielen. Eine Kombination bei der man ganz stark von passenden, mittelalterlichen Bühnenoutfits ausgegangen war. Die Band betrat allerdings in Jeans, Shorts und Shirts die Bühne, was der Euphorie der Fans jedoch keinen Abbruch tat. Trotz gefühlter 100 Grad war das Zelt schon sehr gut besucht, als Sänger Martin LeMar mit der Begrüßung „Willkommen in der Küche“ den Startschuss aussprach. Die ersten Reihen brüllten der sehr gut gelaunten Band unaufgefordert ihre emotionalen Texte synchron entgegen und untermalten diese mit entsprechenden Gesten. Die Verbindung war direkt zu spüren – NACHTGESCHREI konnten sich ganz offensichtlich auf eine treue Fangemeinde verlassen. Diese ließen sich nämlich kaum von der Hitze lähmen, bis in die hinteren Reihen wurde gesprungen und mitgesungen. Die Songs „Monster“ und „Nichts“ kamen besonders gut an und kurzzeitig übertönte die Menge mit ihrem Gesang sogar die Band. NACHTGESCHREI hielten sich knapp mit ihren Ansagen, um möglichst viele Songs spielen zu können. Schweißgebadet aber glücklich trennten sich Fans und Band nach 45 Minuten schönem Miteinander.
Nur eine Handvoll Zuschauer fand sich kurz vor dem Start von DOUBLE CRUSH SYNDROME vor der Camel Stage zusammen, dabei passte die Musik doch wie die Faust aufs Auge zum hochsommerlichen Wetter: die Mischung aus Hardrock, kernigem Rock ’n‘ Roll, poppigem Punk und einer ganzen Menge L.A.-Sleaze ist eigentlich immer ein Garant für gute Laune und große Party. Und allein für die Bühnenoutfits aus Goth, (Horror)Punk, Industrial und Black Metal hätte sich die halbe Stunde gelohnt. Frontmann Andy Brings ließ sich davon jedoch nicht entmutigen und versprach gleich zu Beginn, dass „wir in 20 Minuten alle die besten Freunde sein werden“. Und er sollte recht behalten: eine anfangs noch träge Menge wusste der charismatische Fronter nach allen Regeln der Kunst zu verführen. Das Stage Acting war stilgerecht mit überbordendem Rockstar-Gepose angereichert, Brings‘ loses Mundwerk stand zwischen den Songs nicht still und generell scheinen sich DOUBLE CRUSH SYNDROME für keinen Spaß zu schade; oder wieso gab der Basser bei „Can’t You Be Like Everyone Else“ den Stimmwirbeln seines Arbeitsgerätes einen innigen Zungenkuss? Fast müßig zu erwähnen, dass die musikalische Seite ohnehin zu überzeugen wusste (zum Beispiel kam „Blood On My Shirt“ richtig fett mit seinem hymnischen Stampf-Refrain). Highlight der Show war sicherlich der Titeltrack des Debut-Albums „Die For Rock ‚N‘ Roll“, bei dem Brings sein Smartphone zückte und live auf Facebook streamte, wie er auf den Wellenbrecher gestiegen mit seinem Mikro masturbierend das Publikum den Refrain anstimmen ließ. Bei so viel Liebe flogen nach einiger Zeit vorne sogar ein paar Matten und am Ende des Gigs applaudierte fast ausnahmslos jeder, der mit dem Gesicht zur Bühne stand. Hat doch astrein geklappt mit der Freundschaft!
EPICA hielten sich erst gar nicht lang mit einer Beschleunigungsphase auf sondern wechselten mit dem Start ihrer Show direkt in den Vollgas-Modus. Und welchen besseren Verwendungszweck könnte es für überschüssiges Gas geben, als eine gezielte Verpuffung? So geizten die Holländer nicht mit Flammensäulen und andern Pyroeffekten, die über die gesamte Spielzeit hinweg das Geschehen auf der Bühne effektvoll untermalten. Wie gewohnt überzeugte Frontlady Simone Simons nicht nur gesanglich, sondern zog auch mit ihrem Outfit und dem dicken silbernen Lidstrich die Blicke auf sich. Doch auch die beiden Gitarristen Mark Jansen und Isaac Delahaye kamen voll auf ihre Kosten und genossen sichtlich die großen Rockstar-Posen und die angemessenen Publikumsreaktionen darauf. Am meisten überraschte jedoch die Bewegungsfreude von Keyboarder Coen Janssen, dessen Arbeitsgerät nicht nur drehbar gelagert war, sondern auf einer Schiene geführt hinter Ariën van Weesenbeeks Drum-Kit immer wieder von der linken auf die rechte Seite und wieder zurück wanderte. Damit nicht genug, verließ der Tastenmann bei „Sancta Terra“ komplett seinen Posten, schnallte sich eine bogenförmige Keytar um und stattete den Fans in den vordersten Reihen crowdsurfend (!!!) einen Besuch ab. Und wo die Musiker einander laufend zu Höchstleistungen anstachelten, wollte auch das Publikum nicht nachstehen, sang den Bandklassiker „Cry For The Moon“ besonders lautstark mit und verwandelte sich bei „Beyond The Matrix“ in ein Meer aus wild auf und ab hüpfenden Flummies. Auch die am Horizont aufziehenden dunklen Wolken konnten dieser feiernden Meute den Spaß nicht verderben.
30 Jahre „Ignorance“ feiern SACRED REICH dieses Jahr. Im Rahmen der dazugehörigen Jubiläumstour wurde auch das SUMMER BREEZE Teil der Geburtstagsfeier ihres Debütalbums. Eröffnet wurde das Set mit dem Titelstück der Platte, gefolgt von „Administrative Decisions“. Überraschenderweise kamen von der Geburtstagsplatte anschließend nur noch zwei Songs zum Zuge, „Death Squad“ und „Violent Solutions“. Die restliche Spielzeit nutzten SACRED REICH für ein klassisches Best-Of-Programm. Dabei hatte die Band augenscheinlich eine Menge Spaß in den Backen, denn vor allem Mastermind Phil Rind bekam das Grinsen nicht aus dem Gesicht. Das übertrug sich direkt auf das Publikum. Die lauthalsen „SACRED REICH“-Chöre ließen nicht lange auf sich warten. Bei „Crimes Against Humanity“ wird dann auch noch brav mitgeklatscht. Phil Rind weiß das durchaus zu schätzen: „There are a lot of bands playing here for you. So thanks for choosing us!“ Wobei der Dank eher ihm und seiner Band gebührte. Schließlich lieferten SACRED REICH eine alles in allem starke Show ab.
Den wohl weitesten Anreiseweg des diesjährigen Festival-Aufgebotes hatten HUMILIATION aus Malaysia auf sich genommen. Ihr Camel-Stage-Auftritt am frühen Freitagabend hatte deswegen für viele sicherlich auch einen gewissen Exotik-Wert. Stilistisch trugen die Bandmitglieder ihre Vorlieben in Form von MEMORIAM- beziehungsweise Bolt-Thrower-Shirts ganz offensiv nach außen. In eine ganz ähnliche Kerbe schlug dann auch die Musik des Fünfers: Traditioneller Death Metal, basslastig rollend und mit viel Groove. Die britischen Soundpaten konnte und wollte niemand verleugnen. Die anfänglich noch sehr überschaubare Zuschauermenge wuchs dementsprechend auch schnell an und Sänger Bear-Bee freute sich sichtlich über die ihm entgegen gereckten Pommesgabeln. Die Ansagen beschränkte er indes motörheadesk auf das wesentliche: „We are HUMILIATION and we play death metal. And we are from Malaysia.“ Am Ende des halbstündigen Sets dürfte die Band sicherlich so manchen Fan dazugewonnen haben. Die Odysee hat sich also gelohnt.
ELUVEITIE spielten nach ihrem gelungenen Zeltauftritt gleich ein weiteres Mal in der Dämmerung: mit den ersten Takten auf der SUMMER BREEZE Stage zog ein düsterer Sturm herauf. Der war nur in zweiter Linie musikalischer Natur und bestand in erster Linie zunächst aus aufgewirbeltem Staub und bald darauf aus einem Regenguss, der auch frisch imprägnierte Funktionsjacken mühelos überwand. Die Mehrheit der versammelten Fans ließ sich davon nicht beirren und bejubelte ELUVEITIE, die auf der großen Bühne in der neuen Besetzung eine ganz andere, und damit wesentlich härtere Seite zeigten, als noch wenige Stunden zuvor im Campsite Circus. Schon zum zweiten Titel „King“ kreisten eifrig die Mähnen und über den gesamten Auftritt hinweg trotzten zahllose Crowdsurfer dem Unwetter. Dass ELUVEITIE viele treue Anhänger vor sich versammelt hatten, ließ sich unschwer auch an Chrigel Glanzmanns Hinweis auf das am selben Tag erschienene neue Album erkennen. Hierfür gab es leidenschaftlichen Applaus und natürlich auch rege Begeisterung für die im Anschluss vorgetragenen neuen Titel „Lvgvs“ und „Epona“. Die neuen Bandmitglieder erhielten zudem reichlich Gelegenheit, ihr Können zu beweisen. Drummer Alain Ackermann erhielt hierzu sogar Zeit für ein ausführliches Solo. Leider machte das Wetter nicht nur den Fans zu schaffen, sondern sorgte auch für den einen oder anderen Aussetzer der Technik, sodass wiederholt Lücken im Sound entstanden, über die ELUVEITIE gekonnt hinwegspielten. Zum Ende schien der Regen dann doch einen großen Teil der Menge fortzuspülen. Wer bis zum Schluss durchhielt, wurde mit einem krachenden Abschluss in Form von „Helvetios“ und „Inis Mona“ reichlich entschädigt.
Ob der Deutsche Wetterdienst mit seiner Unwetterwarnung für den frühen Abend die Sludge-Urgesteine von CROWBAR gemeint hatte? Jedenfalls eröffneten Kirk Windstein und seine Mitstreiter ihr Set mit „I Am the Storm“ und entfesselten ihre schwere Melange aus Doom und Hardcore mit ansatzloser Urgewalt. Über allem thronte das heisere Organ von Mastermind Windstein aka. „The Beard Of Doom“ und die Zuschauer strömten zahlreich heran. Auch der alsbald ebenfalls strömende Regen tat der Stimmung vor der Bühne keinen Abbruch. Man behalf sich mit Regencape-Konstruktionen oder entledigte sich gleich allem, was im Fall der Fälle zu viel Feuchtigkeit aufnehmen könnte. CROWBAR feuerten derweil eine ausgewogene Mischung aus alten und neueren Songs ins Publikum, ließen schnelle Hardcore-Passage auf getragenen Tiefton-Parts folgen. Mit „Broken Glass“ gelangte das Set schließlich zu einem erhabenen und trotz der witterungstechnischen Umstände allseits gefeierten Schlusspunkt. Als kleiner Wermutstropfen verblieb, dass die Band ihre Bühnenzeit etwas falsch einschätzte und ein letzter Song – das Publikum forderte lautstark „The Lasting Dose“ – wohl noch möglich gewesen wäre.
Aufgrund des Unwetters und der kurzfristigen Festival-Unterbrechung musste der MOST METAL TATTOO CONTEST von ursprünglich 19 auf 22 Uhr verschoben werden – keine gute Zeit für Anhänger der Körperkunst, da der Wettbewerb mit den Headlinern des Tages um die Zuschauergunst konkurrieren musste. So fand sich nur eine kleine Handvoll an Interessierten im Campsite Circus ein, entsprechend musste Moderatorin Kate Kaputto auch jede Menge Überzeugungsarbeit leisten, um die 20 notwendigen Contest-Teilnehmer zu akquirieren. Waren die aber vollständig, ging es erstmal an die Vorstellung der Preise und der Jury. Zu gewinnen gab es für die drei Erstplatzierten jeweils ein Jahresabo des TätowierMagazins plus einen Pokal, Platz eins konnte sich zudem über ein VIP-Ticket für das Summer Breeze 2018 freuen, Platz zwei über ein reguläres Ticket. Die Jury bestand aus Liné Hammett (norwegische Tätowiererin), Andy Brings (Fronter von Double Crush Syndrome), dem Chefredakteur des TätowierMagazins Dirk-Boris Rödel und Jagger, seines Zeichens SUMMER BREEZE-Booker und wurde übrigens von Destructions Schmier als Kellner bedient. Kate Kaputto, die nach eigener Aussage bereits seit acht Jahren auf Tattoo-Convertions moderiert, führte schlagfertig wenn auch ein wenig zu sensationsheischend durch die anschließende Vorstellung aller 20 Tattoos, die von jedem Juror begutachtet und bewertet wurden. Über etwas mehr als eine halbe Stunde wurden von kleinen Oberarmtattoos bis hin zu vollflächigen Gemälden auf Rücken und Brust allerhand unterschiedliche Kunstwerke gezeigt, wobei der überwältigende Großteil Band-bezogene Motive darstellte und auf männlicher Haut präsentiert wurde. Nach einigen Minuten Beratungspause ging Platz eins an den Italiener Maurizio, der eine aufwändige Komposition aus den ersten fünf Metallica-Alben auf der Haut trug, die Plätze zwei und drei gingen jeweils an einen Markus, ersterer mit einer farbenfrohen Slipknot-Hommage auf dem Oberkörper, letzterer ebenfalls mit einem Metallica-Motiv. Herzlichen Glückwunsch!
Für die aus dem niederbayerischen Deggendorf stammenden NOTHGARD war das SUMMER BREEZE fast schon so etwas wie ein Heimspiel. Doch auch sie hatten zunächst aufgrund des starken Regens mit leichtem Publikumsschwund zu kämpfen. Die, die sich gleich zu „Draining Veins“ einfanden, erlebten aber eine energiereiche Show des Quartettes. Der glasklare Sound kam den vielen verspielten Leads deutlich entgegen, und während der Wind über das Gelände peitschte, peitschten die messerscharfen Riffs das Publikum dementsprechend an. Und auch wenn man die musikalische und optische Nähe zu den großen Vorbildern Children Of Bodom jeder Zeit deutlich zu hören war, haben sich NOTHGARD ihre eigene Schiene erarbeitet. Die vielen doppelläufigen Leads, die großen Melodien und eine Menge Drive sprachen jedenfalls für sich, und so strömten immer mehr Leute vor die Bühne – auch begünstigt dadurch, dass es ab „The Sinner’s Sake“ nicht mehr regnete. Sogar der eine oder andere Stagediver konnte gesichtet werden. Ein mehr als kurzweiliger Gig, bei dem die Deggendorfer sicherlich einige Fans dazu gewonnen haben.
Aus der Anlage ertönte Bob Marleys „Bad Boys“. Und nein, brave Jungs sind HATEBREED nun wahrlich nicht, sympathisch jedoch allemal. Vor allem Frontmann Jamey Jasta ist das personifizierte Charisma. Das zeigte er auch dieses Jahr wieder auf der Hauptbühne. Mit großen Gesten und häufigen Motivationsreden zog er das Publikum auf seine Seite. Nach den ersten beiden Songs kündigt er für den Rest des Abends ein spezielles Set an. Das HATEBREED-Debüt „Satisfaction Is The Death Of Desire“ feiert dieser Tage sein 20 jähriges Jubiläum. Passend dazu spielten Jasta und seine Gang an diesem Abend alle Songs der Platte. Trotzdem mussten Fans natürlich nicht auf die Hits der darauffolgenden HATEBREED-Scheiben verzichten. „I Will Be Heard“ und „Live For This“ entpuppten sich wie gewohnt als sichere Mitsing-Hits. An der Performance der Band selbst gab es derweil nichts auszusetzen. Auffällig war allerdings, dass Jamey Jastas Shouts deutlich heiserer klangen als bei Studioaufnahmen. Das gab dem Auftritt von HATEBREED eine rotzige Note, die dem knackigen Hardcore gut zu Gesicht stand. Ein großes Plus auf der Sympathieskala erntete Jasta mit der Ankündigung von „Last Breath“, welchen er den verstorbenen Chris Cornell und Chester Bennington widmete. Außerdem schmeichelte er sich ein ums andere Mal beim Festival ein: „You want more? Good, ‚cause I don’t wanna go to Hamburg yet, because it’s so great here in Dinkelsbuhl“ Dabei wirkten seine Ansagen immer authentisch, ehrlich und kein bisschen aufgesetzt oder gar einstudiert. Davon kann sich so manch anderer Frontmann noch eine gute Scheibe abschneiden. Obwohl das Energielevel über die gesamte Show hoch war, toppte das abschließende „Destroy Everything“ alles. Gemäß dem Titel ließen Fans und Band keinen Stein auf dem anderen.
Düsterer wurde die Atmosphäre mit der langsam untergehenden Sonne – der perfekte Zeitpunkt für den Auftritt von POSSESSED. Zwar ist bis heute umstritten, ob nun das 1984 erschienene Demo mit dem Titel „Death Metal“ dem Genre wirklich seinen Namen verpasst hat, aber ganz klar ist, dass das das Publikum vor der Bühne auf eben diese fünf Herren gewartet hat und sie spielen sehen wollte. Dabei war das Wetter ganz egal. Wenn auch der Regen kurz zuvor nachließ, so wetterte es immerhin auf der Bühne weiter. Abgesehen von dem Geifer, Brüllen und Röhren Becerras über die Hölle, Tod und Teufel grenzte es an ein Wunder, dass Marquez‘ Drumkit bei dieser Grenzleistung nicht Feuer fing. In grünes und rotes Licht getaucht surrten die Gitarrentöne sägemessergleich durch den Nebel und um den morbiden Schauer zu verstärken wurden Hits wie „Shadowcult“ und nicht zuletzt „The Exorcist“ gespielt, welcher mit der Intromelodie des gleichnamigen Hollywood-Klassikers am Synthie eingeleitet wurde. Gruselig? Gänsehaut pur!
Wenige Minuten vor CHILDREN OF BODOMs Auftritt wurde aufgrund der herabstürzenden Wassermassen das Infield bis zum ersten Wellenbrecher vorsichtshalber geräumt. Aber die Pause war nur von kurzer Dauer, dann übernahmen die inoffiziellen BREEZE’schen Lieblingsfinnen verspätet, aber ohne Aufwärmphase und voller Durchschlagskraft das Ruder. Bereits im Voraus war klar, dass sie eins der Highlights des Abends werden würden und wie immer haben sie auf den Punkt abgeliefert. Wo CHILDREN OF BODOM drauf steht, ist einfach CHILDREN OF BODOM drin. Warenzeichen: Garant für ordentliches Tempo, zum Schmunzeln bewegende Ansagen und gute Laune vor der Bühne. Die Blitze zuckten am Himmel, passende Licht-Blitze zuckten auf der Bühne und ohne dass die Band sich überhaupt noch vorstellen musste, tobte die Menge bereits nach wenigen Sekunden auf Hochtouren. Man feierte trotz weiterhin zunehmenden Niederschlagsmengen die umfangreiche Setlist und den trinkspiel-verdächtigen „Fuck“-Counter Alexis und der Wind sorgte dafür, dass auch die finnischen Fingerflitzer selbst nicht von dem Regen verschont blieben. Nass war aber danach ohnehin jeder. Selbst Songs wie „Needled 24/7“, „Downfall“ und „Hate Crew Deathroll“ machten, obwohl man sie sicherlich schon öfter live erlebt hat, wieder einmal Laune und wurden aus dem Effeff gezockt. Eine kleine Träne muss man sich jedoch verdrücken: „Bam“ und „Dead End“ standen ganz am Ende auf der vermeintlichen Setlist, welche während der vorigen Pause an die passenden Stellen auf der Bühne geklebt wurden. Aber wer jetzt vergeblich nach dem entsprechenden Song in seiner Erinnerung kramt, dem sei gleich gesagt, dass das Konzert zur ursprünglich angesetzten Zeit, d.h. nach knapp 70 Minuten beendet wurde. Aber alles halb so schlimm, die Hatecrew entließ ihre Fans trotzdem in glückseliger Ekstase in den restlichen Abend.
Wegen dem über Dinkelsbühl ziehenden Gewitter mussten CHELSEA GRIN etwas später ihr Set beginnen. Der Platz vor der T-Stage war trotzdem gut gefüllt und kam sofort in Bewegung, als die Deathcore-Band mit „Skindeep“ vom aktuellen Album „Self-Infected“ ihr Set eröffnete. Die Fans ließen sich von Regen und daraus resultierendem Matsch absolut nicht davon abhalten, ihre Band mit vollem Körpereinsatz zu feiern und auf ihre Weise gegen die Wall of rain anzukämpfen. Mit bunten Regencapes konnte man schließlich auch problemlos fuchteln, springen und mitsingen. Sänger Alex Köhler bedankte sich bei der Menge: „Danke, dass ihr trotz Regen hier seid. Ihr seht dreckig aus, das gefällt mir.“ Sowas motivierte natürlich ungemein, das Publikum konterte dankbar mit rhythmischen „Chelsea Grin“ Anfeuerungsrufen zwischen den Songs und startete amtliche Circlepits zu „My Damnation“ und „Recreant“. Abschließend bekam die tapfere Menge dafür dann von Alex Köhler ein großes Lob: „Wir haben dieses Jahr schon auf vielen Festivals gespielt und ihr seid mit Abstand die Besten!“ Besser kann ein Date im Regen wohl nicht laufen.
Durch widersprüchliche Informationen bezüglich des Starkwetter-Abbruchs schafften es nicht alle Interessenten pünktlich zum Beginn dieser besonderen Show. In ihrer Heimatstadt Göppingen kam es schon hier und da zu kleineren „Konzerten“ im Rahmen von Parties oder ähnlichem, die Show im Campsite Circus markierte aber den ersten Auftritt unter professionellen Bedingungen. DARKNESS und KERKER spielen bekanntlich bei den Darkrockern End Of Green; BLACKSMITH, der Dritte im Bunde, spielt sonst bei Underpaid. Geboten wurden Coverversionen im Unplugged-Format. Heraus stach dabei zunächst natürlich DARKNESS mit seiner einzigartigen Kellerstimme, aber im Verlauf der Show ließ auch BLACKSMITH hier und da erstaunliche Fingerfertigkeit an der Gitarre aufblitzen – ohne dass das jedoch auch nur im Ansatz angeberisch rüberkam. Auch unter den gespielten Songs fand sich Überraschendes, denn sowohl Bob Seger als auch John Lennon war jetzt nicht gar so naheliegend. Etwa zur Hälfte des Sets kam mit Tom Csapak auch noch der Underpaid-Sänger auf die Bühne und gab zusammen mit DARKNESS bestechende zweistimmige Interpretationen von u.a. Johnny Cash und End Of Green zum Besten. Mit „Good Night Insomnia“ endete das reguläre Set, aber ganz „zufällig“ empörte sich das selige Publikum und so legte DARKNESS zusammen mit BLACKSMITH noch „Behind Blue Eyes“ von The Who nach. Und als Krönung und wahrscheinlich auf sehr lange Zeit bizarrste Zugabe auf diesem Festival ever, schnallte sich DARKNESS danach die Gitarre um und schmetterte alleine noch einen letzten Song in die verzückte Meute im Zelt: „Skifoan“ von Wolfgang Ambros – hoffentlich hat das jemand mitgeschnitten, das glaubt einem sonst ja wieder keiner!
Die finnische Hard Rock-Band SHIRAZ LANE interessierte sich weder für matschige Böden noch für Nieselregen. Für die fünf Wirbelwinde ging es ausschließlich um den Spaß an der Musik und der übertrug sich mit dem passenden Opener „Wake Up“ sofort auf das Publikum. SHIRAZ LANE schienen offensichtlich mit der Zeitmaschine aus den Achtzigern auf der Camel Stage gelandet zu sein. Sänger Hannes und seine Bandkollegen füllten die Bühne in jeder Hinsicht komplett aus. Sie stürmten äußerst ambitioniert mit der Ausstrahlung eines Headliners wild von rechts nach links. Ganz im Sinne von Guns n’Roses und Co. gab es eine optisch und musikalisch perfekt abgestimmte Show mit purem Hard Rock, energetischen Lufttritten und eingängigen, mitsingbaren Hooks. Die Aktion auf der Bühne verfehlte ihre Wirkung nicht. Der Sänger klatschte mehrfach mit den ersten Reihen ab und erntete dafür noch mehr gereckte Fäuste und bangende Köpfe. Mit „Out There Somewhere“ beendeten SHIRAZ LANE ihr euphorisches Set und konnten an diesem Abend ganz sicher einige auf sich aufmerksam machen. Eine Band, die richtig Bock hatte und mit Power überzeugte.
Vor nachtschwarzem Himmel, kurz nach dem Sturm, fanden INSOMNIUM die perfekte Kulisse für ihren Auftritt auf der T-Stage vor. Während das Unwetter das Gelände merklich geleert hatte, waren die Finnen für zahlreiche Besucher Grund genug, noch etwas in der nassen Kleidung auszuharren und einen weiteren Regenguss zu riskieren. Kein Wunder, schließlich stand hier ein absoluter Top-Act auf den Brettern. Und weil das so ist, konnten INSOMNIUM es sich auch ohne weiteres erlauben, ihr Set mit einem ihrer größten Kracher, der Kombi aus „The Primeval Dark“ und „While We Sleep“ zu eröffnen. Damit hatten sie umgehend die Fans auf ihrer Seite und keinesfalls ihr Pulver verschossen. Mit glasklarem Sound und technischer Perfektion arbeitete sich das Quartett durch eine betörende Auswahl ihres atmosphärisch dichten Repertoires, das diese Stunde vor der T-Stage zu einer der kürzesten des Festivals werden ließ. Passend zur ruhig-melancholischen Gangart der Songs, waren wenige Crowdsurfer unterwegs und die Menge harrte eher versonnen in der Nacht aus. Dass dennoch alle mit Eifer bei der Sache waren, zeigte das Publikum zwischen den Titeln, wenn Fronter Niilo Sevänen immer wieder freundlich fragte: „SUMMER BREEZE, do you want one more?“ und der Geräuschpegel sich zu deutlicher Zustimmung hob. Auch bei Titeln wie „The Promethean Song“ kam die Menge schnell in Fahrt und meldete sich klatschend und jubelnd aus dem Feld. Großen Protest löste es entsprechend aus, als INSOMNIUM sich fünf Minuten vor Ende der Spielzeit von der Bühne schleichen wollten. Pflichtschuldig kehrten die Herren für „Mortal Share“ und „Weighed Down With Sorrow“ zu einem krachenden Finale zurück und entließen eine zufriedene Schar in die abgekühlte Nacht.
Und dann kam die Stunde, die viele Festivalbesucher herbeigesehnt haben: KREATOR! Die Feuerfontänen ließen es bereits erahnen: für ihren Auftritt haben sich die Herren mal wieder mächtig ins Zeug gelegt. Die Bühne drehte sich ein weiteres Mal und man fand sich in einer dystopischen alten Kirche wieder, einem grauenhaften Friedhof, untermalt vom Chor der Verdammten (als Intro: „Choir Of The Damned“), welcher die kommenden eineinhalb Stunden einläutete. Inmitten dieser düsteren Kulisse luden Mille und Co. zu einem Spaziergang durch ihre vielen Schaffenswerke. Am Boden lag ein zerstörtes Kreuz und umringt wurde alles von mehreren großen Bauten, die wie Kirchenfenster aussahen. Doch der Ausblick in eben diesen war Ungutes verheißend und dunkel. Begleitet von einer eindrucksvollen und bildreichen Show, gespickt mit Konfetti, Flammenwerfern und Glitzerlametta, musste man schon befürchten, dass das ein oder andere Flugzeug bei diesem Bombast vom Weg abkommt. Dabei spielten die Essener sich durch ältere und neuere Klassiker, wie beispielsweise „Hordes Of Chaos“, „Violent Revolution“ und „Hail To The Hordes“. Spätestens seit dem Auftritt dürfte auch klar sein: „Satan Is Real“ – auch wenn er vielleicht, bzw. hoffentlich, nur auf der Bühne sein Antlitz gezeigt hat. Mille machte seinem Ruf als Anheizer jedenfalls wieder alle Ehre und verlangte dem Publikum viel ab: Rufe, Jubel, eine kleinere Wall Of Death und ein allgemein ausgeprägter Bewegungsanteil wurden, teils mit Flammenwerfer in der Hand, eingefordert und bereitwillig geleistet. Ein wirklich großartiger Auftritt und nach „Pleasure To Kill“ waren alle final kaputt, aber auch enorm glücklich!
GLORYFUL aus Nordrhein-Westfalen setzten auf Mannstärke und Optik. Zusätzlich zu den fünf Musikern wurde die Bühne noch mit zwei Aufstellern aufgepeppt – das Auge hört ja schließlich auch mit. Während der Rest der Band ihre Outfits angepasst hatten, kam Sänger Johnny la Bomba mit Cap und Karohemd auf die Bühne gestürmt. Bei dem kräftigen Gesang waren die Klamotten allerdings auch vollkommen egal, den verfehlten Dresscode machte er mit doppeltem Einsatz wieder wett. Das Publikum ließ sich nicht lumpen und schon der zweite Song „Hail To The King“ zog massig vorbeilaufende Besucher an. GLORYFUL bemühten sich erfolgreich um Publikumsbeteiligung und erarbeiteten sich im Laufe des Auftritts immer mehr Zuspruch. Der Sänger hielt sich knapp mit seinen Ansagen: „Ich sag’s euch ganz ehrlich, ich habe heute von meinen Jungs Redeverbot bekommen“, gab er zu. Letztendlich sprachen die treibenden Drums und die hochwertigen Gitarrensoli aber auch für sich und Singen war ihm ja gestattet worden. Mit „The Glorriors“ vom aktuellen Album „End Of Night“ beendeten GLORYFUL ihr gelungenes Set und konnten einigen ursprünglich leicht fröstelnden Leuten zu etwas Wärme verhelfen.
Nasskalt und matschig gestaltete sich das Infield vor der T-Stage, die EISREGEN pünktlich um 23:30 entern sollten. In Sachen Backdrop hing die Band noch zwei Jahre hinterher, denn dieses zeigte das Cover ihres Albums „Marschmusik“ von 2015. Aber EISREGEN waren sich dessen bewusst. Michael „Blutkehle“ Roth kommentierte humorvoll, das neue Album sei zu früh erschienen. Das hielt die Band natürlich nicht davon ab, auch einige Songs von der aktuellen Platte „Fleischfilm“ zu spielen. Diese, wie auch andere der neueren Stücke, wurden vom Publikum begeistert aufgenommen. Das zeigte sich bereits nach dem ersten Song „Gott der Panzer“, dem laute „EISREGEN“-Rufe aus dem Publikum folgten. Sichtlich angetan forderte die Band diese im weiteren Verlauf ihres Auftrittes zusätzlich ein und war auch nicht gerade bescheiden diesbezüglich, sondern trieb das Publikum immer wieder an. Doch es waren natürlich die Bandklassiker, die das Publikum so richtig in Wallung brachten. Begeistert grölte die Menge Songs wie „Scharlachrotes Kleid“ oder „Eisenkreuzkrieger“ mit. Bei „1000 tote Nutten“ setzte leichter Regen ein, der tatsächlich gut zum Song passte. Mit „Elektro-Hexe“ verabschiedeten sich EISREGEN dann auch von der Bühne, allerdings nicht, ohne dass Michael Roth vorher denn neuen Gitarristen und den neuen Bassisten vorgestellt hat.
Summerfun mit WINTERSUN – oder so ähnlich. Sommerlich war es am Freitagabend zwar längst nicht mehr, Spaß gemacht haben die Finnen aber trotzdem. Neben den Temperaturen hatten die Wetterkapriolen auch die Spielpläne kräftig durcheinandergewirbelt aber da Kreator mit ihren Pyro-Einlagen kurz zuvor die Luft vor der Hauptbühne ordentlich aufgeheizt hatten, machte eine Viertelstunde Wartezeit mehr auch nichts aus. Mit dieser leichten Verspätung eröffneten WINTERSUN um kurz nach Mitternacht vor einer immer noch beachtlichen Menge an Fans ihr Set, welches sich hauptsächlich auf Songs des selbstbetitelten Debuts sowie von „The Forest Seasons“ konzentrierte. Passend dazu wurde die Lichtshow gestaltet: eisblaues Licht für Titel von „Wintersun“, grasgrüne Beleuchtung bei Vertretern des aktuellen Albums. Auch in ihrer Gesamtwirkung passten die Stroboskop-Effekte genau zu dem, was in Punkto Bombast und Prunk musikalisch auf der Bühne geboten wurde: überlange, mit irre vielen Wendungen, Abzweigungen, orchestralen Arrangements und Keyboard- wie Gitarrensoli gespickte Kompositionen aus der Feder Jari Mäenpääs. Bei so vielen Tonspuren fast unmöglich vollständig in eine Live-Situation zu übertragen, geriet die Akustik dann leider auch etwas amorph. Dafür konnte man sich davon überzeugen lassen, dass sich das Mastermind hinter WINTERSUN auch nur als Sänger ohne seine Sechssaitige sicher auf der Bühne bewegen kann: die Gitarren-Parts werden nämlich seit einiger Zeit komplett vom Duo Teemu Mäntysaari und Jukka Koskinen übernommen. Egal, wieso Mäenpää sein unbeschreibliches Gitarren-Talent nicht auch auf der Bühne nutzt oder wie man selbst zu der ganzen Aufregung um die kürzlich heiß diskutierte Crowdfunding-Kampagne steht, eines kann man WINTERSUN sicher nicht absprechen: dass sie genau wissen, wie man symphonischen Metal wirkungsvoll auf die Bühne bringt.
Wie viel Death Metal kann man in eine halbe Stunde Spielzeit zwängen? Diese Frage dürften sich wohl THE LURKING FEAR gestellt haben, denn die Schweden um Tompa Lindberg (At The Gates) hatten eine halbe Stunde Zeit, um ihren brachialen Old School Death Metal in die Menge hinein zu prügeln. Somit war auch keine Zeit für ausladende Ansprachen. Selbst beim Backdrop wählte man die effiziente Variante eines Zettels mit Aufschrift. Keine Zeit für Förmlichkeiten, das Intro sinnvoll genutzt um sich auf der Bühne zu sortieren und schon knallte „Vortex Spawn“ mit voller Wucht in die Menge vor der Camel Stage hinein. Tompa Lindberg war in stimmlicher Höchstform und brüllte wie am Spieß, während seine Streitgefährten den rotzigen Sound mit reichlich Druck in die Nacht hinein knüppelten. Denn, wie Lindberg ganz richtig konstatierte: „It is never too late for Death Metal.“ Nackenbruch garantiert. Selbst leichte technische Probleme mit der Snare Drum haben diesen Orkan nicht ausbremsen können.
Die Nacht blieb finnisch und dunkel auf der SUMMER BREEZE Stage: Mit gut dreißigminütiger Verspätung traten AMORPHIS zum Freitagsfinale auf der Hauptbühne an. Dabei hatten sie neben dem neuen/alten Bassisten Olli-Pekka Laine auch eine Setlist aus lauter Fanlieblingen dabei, um der Ankündigung einer „Special Best Of Show“ zu entsprechen. Die ungeduldigen Rufe des verkühlten Publikums beendeten AMORPHIS mit einem Knall und eroberten die Bühne zum Titelsong des aktuellen Albums. Sänger Tomi Joutsen entschuldigte sich dann auch bald für die wetterbedingte Verzögerung und verschwendete weiter nicht viel Zeit auf lange Reden, um möglichst viel aus der verkürzten Spielzeit heraus zu holen. Die Finnen waren sichtlich bester Laune und lieferten einen dynamischen Auftritt mit glasklarem Sound. Lieblinge der Fans waren unbestritten „Silver Bride“ und „House of Sleep“, aber insbesondere die Ü30-Fraktion geriet zu „Hopeless Days“ und „Into Hiding“ aus dem Häuschen. Wer nach ein Uhr nachts eine sturmgebeutelte Menge zum Moshen, Klatschen und Mitsingen motivieren kann, hätte sicher deutlich mehr Spielzeit verdient. Aber irgendwer musste die Wetterverzögerung ausbaden und so beendeten AMORPHIS ihr Set nach nur gut 45 Minuten und acht Songs, sehr zum Missfallen des Publikums. „I will make you sleep!“ hatte Tomi Joutsen zum Abschluss versprochen – danach sah die im Matsch schlitternde Menge ganz festivalgetreu noch lange nicht aus…
Umgedrehte Kreuze, Nonnengerippe und derlei blasphemische Unappetitlichkeiten zierten die Bühne der T-Stage, die BELPHEGOR pünktlich erklimmen sollten. Die Österreicher wissen einfach, wie man sich den Arbeitsplatz gemütlich und kommod für das satanische Wohlbefinden einrichten muss. Da darf natürlich auch nicht der allgegenwärtige Nebel fehlen, der die Bühne innerhalb kürzester Zeit in Beschlag genommen hat. Wobei das natürlich auch von BELPHEGOR selbst gestammt haben kann, denn Helmuth und Co. machten erwartungsgemäß richtig Dampf und ballerten ihren blasphemischen Death Metal ohne Rücksicht auf Verluste ins Publikum. Dazu kam noch ein Weihrauchschwenker, der bei „Conjuring The Dead“ zusätzlich Rauch verteilte. Große dramatische Gesten gab es zu bewundern, ein Spektakel, das das dicht gedrängte Publikum ausgiebig feierte. Helmuth nahm dies dankend zur Kenntnis: „Dankeschön, Deutschland!“ Bei dem infernalischen, pechschwarzen Gewitter, dass da ins Infield hinein donnerte, blieb der Meute aber auch nichts übrig, außer das angemessen zu feiern. Und so kam der Auftritt der Band, in dem auch einige der neuen Songs wie etwa „Baphomet“ Platz gefunden haben, zu einem mehr als nur zufriedenstellenden Ende.
WALDGEFLÜSTER stehen von jeher für Melancholie und Emotionen. Eigentlich stellt sich hier natürlich die Frage, ob ein Festival und die Spieldauer von 30 Minuten für Folk Black Metal und diese Art von Erlebnis überhaupt die richtigen Voraussetzungen bieten. Aber nicht nur der erste Auftritt in 2014, sondern auch der an diesem Tag zeigten deutlich, dass die Österreicher die wartenden Fans und die zufällig vorbeilaufenden Festivalbesucher auf beeindruckende Weise problemlos um den Finger wickeln und somit die Zuschauermenge innerhalb der kurzen Zeit problemlos verdoppeln konnten. Die Songs überschritten fast alle die Acht-Minuten-Grenze, weswegen die Songanzahl folglich sehr überschaubar war. Aber das Zusammenspiel des klaren Gesangs, der krächzenden Stimme, dem vorwiegend mittleren Tempo und der eindringlichen Lichtshow wirkte fast schon organisch. Tatsächlich standen mehrere Münder sichtbar offen, das facettenreiche Hörerlebnis, mit welchem man zusammen mit der Band poetisch der Natur und ihrer Lebewesen gedachte, fand viel zu schnell sein Ende.
Die All-Star-Truppe 1349 war immer ein gern gesehener Gast auf dem SUMMER BREEZE – und auch in diesem Jahr gab sich die Band um Über-Drummer Frost (Satyricon) die Ehre die T-Stage in der Nacht von Freitag auf Samstag zu beschließen. Wie gewöhnlich betraten zunächst zwei finstere Gestalten die Bühne, spuckten Feuer und machten dann Platz für 1349, die mit „Sculptor of Flesh“ los blasteten. Was die Gitarren zu Beginn noch an Überpräsenz hatten, fehlte dafür zunächst bei den Vocals. Denn es dauerte scheinbar ein wenig bis der Soundtechniker beim Mikro von Sänger Ravn den Ein-Schalter fand. Nachdem dieses kleine Problem gelöst wurde, war der Sound aber sehr klar und druckvoll und auch die Show ließ nichts zu wünschen übrig. Immer wieder dirigierte Ravn Feuer-Fontänen, die in den kühlen Nachthimmel schossen und so wenigstens den ersten paar Reihen, bei doch merklich frostigen Temperaturen, etwas Wärme spendeten. Die feierten ihre Helden ohne Unterlass und wurden mit einer hervorragend aufgelegten Band belohnt, die einen Hit nach dem anderen aus dem Hut zauberte. Dass Frost hinter seinen Kesseln wie üblich Übermenschliches leistete, braucht da eigentlich nicht extra erwähnt werden. Wie so häufig bildete der Doppelpack „Golem“ und „Cauldron“ den Abschluss, bei dem sich Ravn in den Bühnengraben begab, sich dankbar zeigte und viele der Anwesenden abklatschte. Wer also schon im Bett bzw. Schlafsack lag, hatte wirklich etwas verpasst.