Mit fränkischer Mundart wurde der Freitag auf der Ficken Party Stage eröffnet. VAN SCHELLN hatte es für ihren SUMMER BREEZE-Auftritt – der übrigens der erste Liveauftritt der Band überhaupt war! – nicht allzu weit weg von ihrer Heimat verschlagen. Ihr Mundart-Rock fand zwar nicht allzu viele Anhänger, doch die, die da waren, feierten die Band dafür umso mehr ab. In der ersten Reihe wurde mitgesungen, weiter hinten wurde fröhlich getanzt. Für alle aus anderen Regionen Deutschlands, war es gar nicht so leicht bei den Songtiteln und Texten durchzusteigen. VAN SCHELLN waren dabei aber behilflich und gaben zwischen den Stücken immer mal wieder ein wenig Nachhilfe in fränkischer Regionalkultur. Dabei betonten sie, dass es in ihrer Musik nicht nur um Schweinereien und Bier geht, sondern auch um das ein oder andere Nahrungsmittel. Themen also, mit denen sicher jeder Besucher etwas anfangen konnte.
Weit ist es nicht her mit der morgendlichen Ruhe auf dem Infield. Denn pünktlich um elf Uhr entern ANNISOKAY die Bühne und setzten der Stille ein Ende. Es krachte und lärmte aus der Richtung der Hauptbühne gen Publikum, ANNISOKAY-typisch geschah das aber natürlich mit Gefühl und unter Mithilfe des hymnischen Klargesangs von Christoph Wieczorek. Das Feld vor der Main Stage zeigte sich entsprechend der Tageszeit noch recht überschaubar, doch die Fans, die erschienen sind, brachten jede Menge gute Laune und Kooperationsbereitschaft mit, was den Mitmachfaktor bei einer solchen Metalcore-Vollbedienung anging. Frontshouter und Rampensau David Grunewald legte sich mit seinen Ansagen und Aufforderungen zum Abgehen ins Zeug und hatte entsprechend nicht nur gesanglich einen guten Tag erwischt. Schnell bildeten sich im Publikum Circle Pits, kam es zum Core-typischen Gerangel und auch die Ellenbogenliebe wurde fleißig betrieben. Somit sollten dann auch die letzten Schlafmützen wach geworden sein.
Wenn es eine Band gibt, die den Sound der Neuen Deutschen Härte (mit-)definiert hat, dann sind das wohl MEGAHERZ. Dementsprechend hatte sich trotz früher Stunde bereits eine beachtliche Zuschauermenge vor der Main Stage eingefunden. Eingehüllt in graue Overalls und mit Kriegsbemalung im Gesicht, betraten MEGAHERZ die Bühne zu ihrem düsteren Intro. Dann hieß es: „Vorhang auf“. Nach der folgenden Dampfhammer-Nummer „Jordan“ wendete sich Sänger Lex erstmals ans Publikum. „Die Jagd ist eröffnet“, und schon ging es mit „Jagdzeit“ weiter. Auch wenn MEGAHERZ nicht unbedingt als politische Band bekannt sind, gab es ein klares Statement zur aktuellen Lage. „Krieg? Hass? Gewalt? Nicht in unserem Namen!“ Zum Abschluss gab es – wie könnte es anders sein? – „Miststück“ zu hören. Die Stimmung erreichte hier ihren absoluten Höhepunkt. Bei einem ausgedehnten Mitsingspielchen in der Mitte des Songs warfen Lex und das Publikum sich souverän die Textbälle zu. Alles in allem eine mehr als gelungene Show.
Dass Louis Benjamin Falgoust seine Zuhörer schon zur Mittagszeit als ”Arschlöcher“ bezeichnete, störte im Pit vor der Bühne absolut niemanden. Mit zackig flottem Beat und einem guten Animationsprogramm mischten GOATWHORE die müde Meute gehörig auf. Unaufhaltsam metzelten sie sich durch prallen Sonnenschein und staubige Circle Pits. All jene, die sich, dem Kater der letzten Nacht trotzdend, versammelt haben, waren innerhalb einer Dreiviertelstunde blackened Death Metals verzehrfertig durchgegart. Auf der Bühne regte sich trotz der Wetterumständen so einiges; Bass und Gitarre tauschten immer wieder ihre Positionen, während sich am Mikrofon die Seele aus dem Leib geschrien wurde. Locker galoppierende, langsamere Passagen ließen Band und Publikum gelegentlich auch Zeit zu verschnaufen, für Crowdsurfing oder ähnlich anstrengende Aktionen war es aber definitiv zu früh und zu warm. Kurz vor Ende der Darbietung pusteten GOATWHORE noch einmal alle Gehörgänge durch, ehe sie unter tosendem Jubel die Stage verließen.
Etwas ganz besonderes stand an diesem Freitag für SEASONS IN BLACK an. Die bayrische Truppe ist nämlich zum ersten Mal in ihrer Karriere beim SUMMER BREEZE aufgetreten. „Uns gibt es jetzt seit 22 Jahren und es ist uns eine verdammt große Ehre hier auftreten zu dürfen“, sagte Sänger/Bassist Luck. „Das ist unser geilster Gig ever. Danke, danke, danke!“ Ihrer Dankbarkeit über diese Chance brachte die Band aber nicht nur verbal zum Ausdruck. SEASONS IN BLACK lieferten nämlich auch musikalisch eine knackige Show ab. Ihr Mix aus Melodic Death Metal und Gothic Metal bestach durch jede Menge Abwechslung sowie eine äußerst tighte Performance aller Bandmitglieder. Und auch das Publikum ließ sich davon schnell anstecken. Egal ob klatschen oder springen – die Fans zeigten sich äußerst mitmach-freudig. Wer so einen Einstand abliefert, darf gerne noch mal zum SUMMER BREEZE kommen!
Von der ersten Sekunde an gaben die Australier NORTHLANE Vollgas. Ihr aggressiver Metalcore setzte weniger auf Subtilität als auf direkte Konfrontation, was die Zuschauer auch mit dem klassischen Szene-Fitnessprogramm zu würdigen wussten: wildes Mähneschütteln, kampfsportverdächtige Moves und ein zünftiger Circle-Pit wirbelten dichte Staubwolken auf, die alsbald schwer über dem Infield hingen. Für stete Abwechslung sorgten beständige Taktwechsel, unkonventionelle Songstrukturen und markerschütternde Djent-Riffs, die NORTHLANEs Musik in die Nähe von Progressive-Metal-Klängen rückten. Dabei dominierte ein durch Mark und Bein gehender fetter Groove, der auch in den hintersten Winkeln des Geländes Knie zum Wippen und Köpfe zum Nicken brachte. Sänger Marcus Bridge hatte leichtes Spiel mit dem begeisterungsfähigen Publikum und genoss es sichtlich, auf der Bühne zu stehen und das wilde Treiben immer weiter anzuheizen. So übertrugen NORTHLANE ein gerüttelt Maß an Energie auf ihre Fans, die diese mühelos durch den kompletten Tag zu tragen vermochten.
Den totalen Abriss gab es auf der T-Stage bereits zur Mittagszeit. TOXIC HOLOCAUST waren bereits einige Wochen mit DYING FETUS auf Tour. Gestählt durch diese Club-Shows präsentierten sich Joel Grind und Komparsen beim SUMMER BREEZE als enorm gut eingespielte Band. Während Grind seine giftigen Texte ins Mikro brüllte, sorgte Gitarrist Charlie Bellmore für Bewegung, indem er immer wieder unermüdlich von einer Bühnenseite zur anderen rannte. Eine sportliche Höchstleistung erbrachte derweil Nikki Rage am Schlagzeug. Seine Ausdauer war angesichts der durchgehend hohen Geschwindigkeit der Songs verdammt beeindruckend. Genau solch eine Ausdauer verlangte Joel Grind auch vom Publikum. Vor „Nuke The Cross“ forderte er: „All you pussies in the back get ready to move!“ Die bisherigen Circle Pits haben ihm offensichtlich noch nicht genügt. Und für die letzten beiden Songs holten die Fans noch einmal das Allerletzte aus sich raus.
Der frühe Nachmittag lieferte ein weiteres Highlight: Auf der Main Stage sorgten AMARANTHE mit ihrem einzigartigen Mix aus Metalcore, Electro, Pop und Power Metal für Aufsehen. Kaum erklingen die ersten Takte von „Maximize“ bildete sich im Publikum ein Meer aus Händen, das brav mitklatschte. Das dänisch-schwedische Sextett stellte auch live seine unfassbare Vielseitigkeit überzeugend unter Beweis. Von harten Gitarrenriffs über eingängige Keyboardmelodien bis hin zum Wechsel zwischen cleanen und gutturalen Vocals beherrschten die sechs Ausnahmemusiker wirklich alles. Neben den großen Breakdown-Granaten wie „Hunger“ oder „Dynamite“ nahmen sich die sechs Musiker auch Zeit für ruhigere, gefühlvolle Stücke. Als Frontfrau Elize Ryd das emotionale „Amaranthine“ anstimmte, sorgte sie trotz sommerlicher Hitze für unglaubliche Gänsehaut-Momente. Das absolute Highlight gab es dann jedoch eindeutig gegen Ende des Sets. Der Kracher „The Nexus“ sorgte bei den Fans für massive Feierlaune und beinahe jeder in den ersten paar Reihen sang den Chorus aus voller Brust mit. So geht moderner Metal!
„Gotta Go“ von Agnostic Front als Introsong lockte die Zuschauer vor der Camel Stage definitiv auf eine falsche Fährte. Mit Old School Hardcore hatte das Folgende nämlich nichts zu tun. SPITFIRE lieferten nämlich astreinen Rock’n’Roll ab. Und das tut zur Abwechslung zwischen all dem Metal auch mal gut. 2017 wurde der Auftritt der Band noch wegen einer Unwetterwarnung abgesagt. „Vielen Dank an das geile SUMMER BREEZE-Team, dass wir das dieses Jahr nachholen dürfen“, sagte Sänger und Gitarrist Dick Dropkick. In den ersten Reihen war so manches SPITFIRE-Shirt zu sehen. Die Münchener konnten für den Nachholgig einige ihrer Fans mobilisieren. Ebenjene zeigten dem Rest direkt mal, wie eine Rock’n’Roll-Party aussieht. Insbesondere „Burn In Hell“ wurde lautstark mitgesungen. Für die harten Metaller im Publikum packten SPITFIRE mit „Desperado“ einen richtigen Heavy-Song aus. „Wir sind hier schließlich auf einem Metal-Festival“, sagte Dropkick. Recht hatte er und damit auch noch den letzten Skeptiker im Publikum überzeugt.
Dritte Band des Tages auf der T-Stage, dritter Frontalangriff. MISERY INDEX taten es ihren beiden Vorgängern TOXIC HOLOCAUST und GOATWHORE, denen sie den Song „The Great Depression“ widmeten, gleich und schickten sich an, den Acker vor der Bühne noch ein wenig kompakter zu planieren. Eine beachtliche Menge folgte dem Ruf der Amis, die sich das letzte Mal vor neun Jahren auf dem SUMMER BREEZE haben blicken lassen, und MISERY INDEX enttäuschten nicht. Mit einem guten Querschnitt ihres bisherigen Schaffens, der nur das zweite Album „Discordia“ außen vor ließ, trümmerten sie sich durch ein Set, das nur zwei Gangarten kannte: entweder groovig melodisch mit massig Double-Bass-Einsatz, oder mit präzisen Blasts nach vorne stürmend. Drummer Adam Jarvis, unverzichtbar für die technische Grundausrichtung des Sounds, erledigte hinter den Kesseln wie auf Konserve einen exzellenten Job, während sich Basser Jason Netherton und Gitarrist Mark Kloeppel den Growling-Job fifty-fifty aufteilten. Nur der Lautstärkeregler hätte anfangs durchaus von zehn auf elf gedreht werden können, was nach mehrkehliger Aufforderung aus dem Publikum aber prompt erledigt wurde. Das Einzige, das gefehlt hat, war ein Moshpit – aber die zahlreich fliegenden Mähnen taten‘s auch.
Ob Rock ‘n’ Roller oder Metalhead – dieser Mann heißt sie alle Willkommen: DANKO JONES also known as „Delicious“ also known as „The Mango Kid“ fuhr sich einmal reptilienhaft mit der Zunge durch die Mundwinkel und leitete mit seiner gleichnamigen Band eine einstündige Rock-Show ohne Schnickschnack und Allüren aber dafür mit viel Schweiß und Leidenschaft ein. Der Platz vor der Hauptbühne füllte sich im Handumdrehen und schnell hallten die ersten DANKO JONES-Chöre über den sonnenverwöhnten Acker. Der Bandleader war sichtlich angetan und legte dem Publikum inständig nahe, derartige Anfeuerungsaktivitäten bitte zu jedem passenden und unpassenden Zeitpunkt, zwischen den Songs und inmitten der Songs, fortzuführen. Dann ließ er wieder die Zunge spielen und arbeitete sich weiter durch das mitgebrachter Set knackiger Rock ‘n’ Roll-Hits, die allesamt mit der Liebe in all ihren Spielarten den großen Antriebshebel der Rockmusik zum Thema hatten. Neben unverwüstlichen Diskographie-Klassikern wie „First Date“, „Had Enough“ und „Lovercall“ fügte sich auch das neuere Material der Kanadier hervorragend in den Rock-Nachmittag ein. Gitarre, Bass, Schlagzeug und einen charismatischen Fronter, der seine Musik schwitzt – mehr brauchte es an diesem Freitag nicht für eine vollends überzeugende und mitreißende Show.
Es gab einen Song auf der heutigen Setlist von ANCST, der die 30 Minuten auf der Camel Stage sehr treffend beschreibt: „Devouring Glass“. Schwer zu schlucken das – außer für freiwillige Fetischisten. Die Berliner sind mit drei Alben und einem Haufen an Splits und EPs zwar beileibe keine unerfahrenen Greenhorns und erledigten ihren Job so, wie man es als Fan nach sieben Jahren Bandgeschichte erwarten konnte: inbrünstig, fehlerlos und denen, die es täglich auf der Speisekarte haben, sicherlich ein Festschmaus. Die insgesamt zehn Songs gerieten dann aber doch ein wenig zu eintönig, weil ANCST gefühlt 90 Prozent der Zeit nur eine Gangart kannten und die hieß Blast Beat. Dabei zeigten die wenigen Atempausen in Form grooviger Parts, dass doch einiges an Bewegung in die Menge reinkommt, sobald man den Fuß vom Gas nahm. Immerhin können ANCST von sich behaupten, einen Panda-Bären zum Crowdsurfen bewegt zu haben. Und das ist doch auch schon etwas!
Bier ist eines der großen Themen auf einem Metalfestival, und somit passten die Frankfurter Gerstensaftspezialisten TANKARD auf das SUMMER BREEZE wie der Öffner an den Kronkorken. Die Thrash Metaller um den sympathischen Frontmann Gerre hatten wie gewohnt in ihren Songs das große ABC der Braukunst am Start und die Menge vom Start weg im Griff: Gerre forderte das Publikum immer wieder zum Jubeln auf und klopfte sich zur Unterstützung mit dem Mikrofon auf seine Plauze. Die fachkundige Meute wiederum freute sich nicht nur über Uralt-Thrasher vom Schlage „The Morning After“ oder „Chemical Invasion“ – auch neuere Stücke wie „Rapid Fire“ wurden im Moshpit abgefeiert. Das machte zwar das Geschäft für die nicht wenigen Crowdsurfer etwas schwierig, tat aber der guten Stimmung keinen Abbruch. Übrigens war der Auftritt bereits das fünfte Stelldichein von TANKARD auf dem SUMMER BREEZE, und offensichtlich hatte Gerre noch eine Sache nachzuholen: So forderte er das Publikum für ein Foto für seine Mutter auf, noch einmal in die Kamera zu jubeln – „damit meine Mudder sieht, wie geil ihr hier seid!“ Dem ist nichts hinzuzufügen!
Obwohl ATENA vor einer eher überschaubaren Zuschauermenge spielten, wirbelte diese beeindruckend viel Staub auf. Der moderne Metal-Sound zündete also beim Publikum, obwohl die Norweger weder mit harten Breaks noch mit treibenden Djent-Attacken geizten. Ein fett groovendes Fundament sorgte ganz ohne das stupide Herunterknüppeln repetitiver rhythmischer Muster für die nötige Eingängigkeit. Angesichts der musikalischen Klasse konnte man ATENA auch die gewöhnungsbedürftige Klamottenwahl und das hölzerne Stageacting verzeihen. Immerhin handelte es sich um recht junge Burschen, die noch über eine Menge Entwicklungspotential verfügen. Sympathisch war das Auftreten der Jungs um Sänger Jakob Skogli jedenfalls zu jeder Zeit, egal ob in den knappen Ansagen oder beim Anfeuern des klein aber fein vor der Bühne tobenden Moshpits. Auf jeden Fall also ein guter Einstand für das Quartett, das man auch in Zukunft weiter im Auge behalten darf.
Erwartungsgemäß klamaukig begann der Auftritt der Erlangener Spaß Metaller J.B.O. mit einem leicht variierten Abriss der Geschichte der Welt bis ins Jahr 2018 hinein, genauer hin zu dem Zeitpunkt, an dem der Vierer in rosa samt Backgroundsängern/Animateuren die Bühne betrat. Und an dieser Stelle präsentierten die Erlangener auch gleich mal ihr Selbstverständnis, indem sie einfach mal den Die Prinzen-Klassiker „Alles nur geklaut“ in ihrer Version vom letzten Album „Deutsche Vita“ in die Menge schickten. Und diese wurde praktisch im Akkord von Vito C und Hannes G. Laber gefordert. Zu „Wir ham ne Party“ veranstalteten sie ein Crowdsurfing-Schlauchbootrennen, während J.B.O. das Publikum sogar zwischen den Songs „Vier Finger für ein Halleluja“ und „Mei Alde is im Playboy drin“ abstimmen ließ. Dass der Klassiker vom Debüt natürlich besser ankommen würde als das neue Material, zeigte das Publikum, das mit überwältigender Mehrheit für letzteren stimmte. Auch zu „Bolle“ und „Verteidiger des Blödsinns“ zeigten die Fans rege Beteiligung und ließen die Band praktisch dauerhaft grinsen. Und natürlich durfte die Crowd die erste Strophe von „Ein guter Tag zum Sterben“ singen, sehr zur Freude von Vito, der die Begleitung auf der Akustischen beisteuerte. Definitiv kein guter Tag zum Sterben, sondern einfach nur „Ein Fest“!
Mit dem legendären Fünfergespann NIGHT IN GALES ging das Melodic Death Metal-Inferno auf der Camel Stage in die nächste Runde. Das Quintett feuerte von der ersten Minute an erbarmungslose Riff-Salven in die glühende Nachmittagshitze und sorgte mit seinem roh-brutalen Sound für ordentlich Nackenschmerzen. Barbarische Brecher wie „Architects Of Tyranny“, „Last Sunsets“ oder „Autumn Water“ punkteten dank des schweißtreibend präzisen Gitarrenspiels, den voranpreschenden Basslines und der unnachgiebig donnernden Drums. Als wäre das allein nicht schon der Traum eines jeden Death Metal-Jüngers, überzeugte Sänger Christian Müller dann auch noch auf ganzer Linie mit seinen bestialischen Growls und machte die Show so zum perfekten Gesamtpaket für alle, denen es manchmal gar nicht kompromisslos genug zugehen kann. Bei aller Brutalität bleibt der Humor jedoch trotzdem nicht auf der Strecke. Mit sympathischen Ansagen und Aufforderungen zu Mosh Pit, Circle Pit & Co. spielten sich die Jungs sowohl musikalisch als auch charakterlich in die Herzen ihrer Fans.
Drei Bandmitglieder reichen vollauf, um aus DYING FETUS eines der fiesesten technischen Death Metal-Abrisskommandos des Planeten zu machen. Zu einem bewusst heiteren Intro vom Band traten John Gallagher, Sean Beasley und Trey Williams vor die Crowd, die sich zu großen Teilen weitsichtigerweise schon mit Schutztüchern und Masken gegen den aufgewirbelten Staub gewappnet hatte. Zu Recht, wie sich alsbald zeigen sollte. Zwischen aberwitzig schnellen Tapping-Parts auf Bass und Gitarre gleichermaßen und grabestiefen Nackenbrecher-Passagen feierte die vermummte Menge ohne Unterlass. Der Forderung nach „more slam dancing, more violence“ von Seiten der Band wurde ohne Zögern nachgekommen. Auch um ein „Fuck you“ an den einsetzenden Regen war man nicht verlegen – so manche Staublunge vor dem Mischturm dürfte aber innerlich gejubelt haben. Nach 45 Minuten war das kontrollierte Chaos mit den Worten von John Gallagher „It’s a celebration, bitches!“ vorbei, die Kehlen heiser, die Nacken steif. Bis zum nächsten Mal, DYING FETUS.
Es war nicht nur die erste Show der Norweger in Deutschland, es war sogar ihre erste Show außerhalb ihres Heimatlands. Der etwas bunt gewürfelte Haufen ließ sich dieses Debut von der spärlichen Zuschauerkulisse nicht verderben und startete mit ordentlich Spaß in den Backen und „Fragments“ ins Set. Trotz bewölktem Himmel hatten so einige im Publikum ihre Sonnenbrillen auf, was bestimmt auch an der extrem neongelben Gitarre links auf der Bühne lag. Obs an der Farbe lag, dass man die im Soundmix über die erste Hälfte der Show kaum ausmachen konnte? Spaß beiseite, die Band wurde mit jedem Song besser, verdoppelte die Zuschauerzahl im Laufe der ihnen zugestandenen halben Stunde Spielzeit und als Sahnehäubchen bildete sich sogar kurzzeitig ein Circlepit. Der einsetzende Regen tat der Stimmung keinen Abbruch und mit „Keeper“ nahm eine gelungene Show ihr Ende.
Pünktlich zum Beginn der SALTATIO-MORTIS-Show fielen die ersten Tropfen des einsetzenden Platzregens. Machte aber nix, die badensischen Spielleute hielten mit ordentlich Feuer dagegen. Nicht nur bei – nomen est omen – „Prometheus“, sondern über die gesamte Show hinweg schossen Flammen in die Höhe und trockneten die eventuell feucht gewordene Kleidung zumindest bei den Besuchern in den ersten Reihen ziemlich effektiv. Da an diesem Festivalfreitag auch ihr neues Album „Brot und Spiele“ erschien, zeigten sich SALTATIO MORTIS ganz besonders motiviert und hatten auch eine ganze Reihe von neuen Stücken auf der Setlist: „Große Träume“ und „Dorn im Ohr“ zeigten den in jüngerer Zeit etablierten Deutschrock-Sound, während „Heimdall“ und „Brunhild“ klar die Mittelalter-Wurzeln nach außen kehrten. Doch natürlich kamen auch die Klassiker nicht zu kurz, die vom Publikum bereitwillig abgefeiert wurden. Der Aufforderung von Sänger Alea, sich zu „Wachstum über alles“ auf den Boden zu setzen und dann gemeinsam aufzuspringen, kam die gewaltige Menge ohne großes Murren nach, nur um ihn später beim „Rattenfänger“ auf Händen einmal bis zum ersten Wellenbrecher und wieder zurück zu tragen. Als der finale „Spielmannsschwur“ zunächst im Akustik-Gewand mit Klavierbegleitung angestimmt wurde, stimmte ein vieltausendköpfiger Chor den Refrain an und wollte auch dann nicht verstummen, als sich die Musiker bereits unter mehrfachen Verbeugungen verabschiedet hatten.
Der erste Regenschauer hatte sich gerade rechtzeitig für den Auftritt von GYZE wieder verzogen. Wer dachte, unter dem Dach der Camel Stage hätten sich nur so viele Zuschauer versammelt, um Schutz vor dem Regen zu suchen, lag allerdings falsch. Sobald GYZE nämlich ihr Set begannen, waren alle von der ersten bis zur letzten Reihe voll dabei. Das Trio startete dynamisch, aber nicht ohne Schwierigkeiten. Bassist Aruta hatte leider zu Anfang keinen Sound und Gitarrist Ryoji musste die Menge – natürlich unterstützt von Drummer Shuji – alleine bespaßen. Das Problem war glücklicherweise schnell gelöst und sie konnten die Zuschauer mit ihrer tighten Mischung aus Melodic Death und Power Metal begeistern. Mit „Japanese Elegy“ und „The Rising Dragon“ spielte die Band beide Stücke ihrer aktuellen Single. Mit einer Spielzeit von nur 30 Minuten waren leider nur drei weitere Songs drin. Das SUMMER BREEZE-Publikum hätte sicher gerne noch ein paar mehr gesehen. Der Enthusiasmus während der Show, der Circle Pit und der Jubel am Ende sprachen eine deutliche Sprache.
Mit THE CRUEL INTENTIONS präsentiert die Ficken Party Stage eine Band, auf deren wilden Hard Rock-Sound selbst Szenegrößen wie Mötley Crüe mächtig stolz wären. Und obwohl gerade der Regen wieder einsetzt, lässt sich das feierwütige Volk die Laune nicht verderben. Zu abgedrehten Songs wie „Borderline Crazy“ oder „Go Fuck Yourself“ schwingt das begeisterte Publikum gern mal das Tanzbein. Frontmann Lizzy DeVine sorgt mit witzigen Sprüchen für einige Lacher zwischendurch und erntet praktisch im Minutentakt Beifall für seine exzessiv-unterhaltsame Bühnenperformance. Obwohl die Zuschauerschaft einigermaßen überschaubar bleibt, wird dennoch ausgiebig gemosht, gesprungen und sogar Crowdsurfer waren aktiv. Dass die vier Schweden exzellente Entertainer sind, scheint sich schnell herumzusprechen, denn etwa ab der Hälfte des Sets versammeln sich kontinuierlich weitere Fans vor der Bühne. Zum Dank hauen die Jungs noch einmal fleißig in die Saiten und liefern den eindeutigen Beweis, dass Spaß schlechtes Wetter schnell vergessen machen kann.
Die Band aus Columbus, Ohio war wohl selbst angenehm überrascht, als sie die Bühne betrat und der komplette Platz vor der T-Stage dicht gefüllt war. BEARTOOTH sind seit ihrer Gründung 2012 nicht gerade durch intensives Touren in Europa aufgefallen – umso intensiver wurden sie von ihren Fans empfangen. Fronter Caleb Shomo gab mit seinem Begrüßungssatz die Richtung für die folgenden 45 Minuten vor „We’re BEARTOOTH, and we’re here to fuck you up!“. Gleich beim Opener „The Lines“ gab es an der Gitarre eine kurzzeitige feindliche Übernahme durch Freunde von COUNTERPARTS. Auf der Bühne herrschte ein ähnlich großer Bewegungsdrang wie davor – nur dass es im Publikum deutlich mehr staubte. Das nahm dann mit dem dritten Song „Infection“ ein jähes Ende, als sich die Himmelsschleusen öffneten und das feuchte Nass wasserfallartig auf die Monitorboxen der Band niederging, die die Bühnencrew eilig weiter zurück ins Trockene bugsierten. Der Regen tat der Stimmung aber keinen Abbruch, es wurde weiter gefeiert, als ob es kein Morgen gäbe und das Publikum schmetterte die Texte in beeindruckender Laustärke mit. Nach dem abschließenden „In Between“ gab es auf und vor der Bühne nur selige Gesichter und als Belohnung strahlte am Himmel sogar gleich ein doppelter Regenbogen.
DORO hatte auf dem SUMMER BREEZE eine Menge zu feiern. Zum einen ihr 35-jähriges Bühnenjubiläum. Zum anderen die Veröffentlichung ihrer neuen Platte „Forever Warriors, Forever United“. Trotzdem stand ihre Show am Anfang unter keinem guten Stern. Erst setzte ein massiver Regen ein, dann fiel nach nicht einmal einer Minute auch noch der Strom aus. Die Stage-Crew gab alles, um das Problem so schnell wie möglich zu lösen. Derweil ging Frau Pesch auf die Bühne und bedankte sich für das geduldige Warten. An der Stimmung kratzte das alles aber herzlich wenig. Als DORO und ihre Band mit „Earthshaker Rock“ loslegten, war das Publikum sofort voll da. Die ersten Pyros wurden gezündet, was in den ersten Reihen trotz nasskaltem Wetter für wohlige Wärme sorgte. Zwei weitere Warlock-Klassiker folgten in Form von „I Rule The Ruins“ und „Burning The Witches“. Insbesondere bei letzterem zeigte sich die Crowd verdammt textsicher. Gäste hatte die Metal Queen ausnahmsweise mal nicht geladen. Dafür ist der frühere Warlock-Gitarrist Tommy Bolan derzeit Teil ihrer Combo. Passend dazu gab es viele Songs von ihrer gemeinsamen Platte „Triumph And Agony“ zu hören. Doch natürlich gab es auch neues Material um die Ohren, unter anderem die Live-Premiere von „Bastardos“ aus dem aktuellen Album. Danach folgte mit „Für Immer“ ein weiterer Klassiker. „Den habt ihr wirklich toll mitgesungen“, lobte DORO. Angesichts des Jubiläums blickte sie natürlich auch auf entscheidende Momente aus ihrer Karriere zurück. „86′ hab ich mit Judas Priest meine erste Tour gespielt. Der Song ist für die Jungs.“ Danach gab es mit „Breaking The Law“ das einzige Cover des Sets. Anschließend folgte das unsterbliche „All We Are“ als krönender Abschluss eines gelungenen Auftritts.
Der überraschend einsetzende Wolkenbruch hatte zumindest für ALIEN WEAPONRY nur Gutes, spülte er doch massig Publikum unter das schützende Vordach der Camel Stage. Obwohl: selbst bei strahlendstem Sonnenschein wäre es wahrscheinlich voll geworden – gemessen an den Reaktionen, die das Trio auf der Bühne entfachte. Und das will in diesem Fall schon etwas heißen: eine Band bestehend aus drei 15- bis 17-jährigen Jungs, die aus Neuseeland kommt und zudem in Te Reo Māori, der Sprache der neuseeländischen Ureinwohner, dargeboten wird? Eigentlich die Definition einer Exoten-Band schlechthin, doch ALIEN WEAPONRY scheint ihr Ruf vorauszueilen. Denn nicht nur wurden die Jungspunde bereits mit Willkommensapplaus begeistert empfangen und leierten massenweise Kopfnicken und Mitklatschen an; es gab sogar nicht wenige, die lauthals und textsicher mitgrölten. Wie gesagt: in Te Reo Māori! Dass die drei sich die Aufmerksamkeit redlich verdient haben, zeigten auch die Groove-betonten und Riff-lastigen Songs, die zwar nicht sonderlich komplex sind, dafür aber einfach nur Laune machten. ALIEN WEAPONRY sind ein leuchtendes Beispiel für die verbindende Kraft der Musik, selbst wenn man nicht mal im Entferntesten die gleiche Sprache spricht.
Fast musste man schon befürchten, dass der monsunartige Platzregen nicht nur die dringend benötige Abkühlung bringen sondern auch die AT THE GATES-Show den Bach runtergehen lassen würde. Als die Melodic-Death-Legenden in ihren Auftritt einstiegen, hatten sich erschreckend wenige Interessierte vor der T-Stage eingefunden und es dauerte gar bis zum dritten Song „At War With Reality“, bis die Menge an Fans eine AT THE GATES würdige Anzahl erreicht hatte. Dann aber schien die kritische Masse erreicht, denn es folgte lautstarkes Skandieren des Bandnamens zwischen den Songs und eine kleine Armada mattenschwingender Anhänger währenddessen. Auf der Bühne wüteten die Protagonisten derweil in altbekannter Manier. Die Instrumental-Fraktion bestand ja bekanntlich noch nie aus großen Entertainern, diesen Job meisterten dafür aber zwei andere wie immer mit Bravour. Zum einen war da Adrian Erlandsson, der sich seit der Reunion vor ein paar Jahren regelmäßig den sprichwörtlichen Hintern auf dem Drum-Hocker abarbeitet (und dessen Bruder Daniel übrigens einige Stunden später mit ARCH ENEMY die Main Stage aufmischen sollte). Und zum anderen, natürlich, Tomas „Tompa“ Lindberg, Gesicht und Stimme AT THE GATES‘ und Trucker-Cap-Model, der sich seit dem letzten Auftritt auf dem SUMMER BREEZE vor zwei Jahren nicht umgezogen zu haben scheint – er trug die gleichen Schuhe, die gleiche Jacke und die gleiche Hose – zum Glück brachte er aber auch die gleiche Leistung! Das galt übrigens auch für die Setlist, die sich im Vergleich zu 2016 leider nur unwesentlich verändert hat. Bei AT THE GATES weiß man halt mittlerweile, was man kriegt.
Der Bühnenrand war bereits gut mit Kollegen und schaulustigen VIP’s gefüllt, als TRIVIUM sich für ihren Headliner-Slot zu den Klängen von „Run To The Hills“ warmhüpften. Matt Heafy verteilte Fistbumps und sang die letzten Worte des MAIDEN-Klassikers in Kopfstimme mit, während Neu-Drummer Alex Bent sich auf einer Instrumentenkiste eintrommelte – dann stürmten die Florida-Metaller die reichlich mit Licht vollgehängte Bühne. Schon der Opener und Titeltrack des aktuellen TRIVIUM-Albums „The Sin And The Sentence“ geriet zum Show-Off für den jungen Bent, der das Set auch im weiterem Verlauf mit seinen überragenden Fähigkeiten an den Kesseln antrieb. TRIVIUM trafen von Beginn an auf ein stimmkräftiges und bewegungsfreudiges Publikum. Schon zum zweiten Song „Throes Of Perdition“ prallten viele motivierte Körper in einer eindrucksvollen Wall of Death aufeinander. Matt Heafy kommentierte so überschwänglich wie charmant in gebrochenem Deutsch: „Das war fucking geil!“ Ihr weiteres Set speisten TRIVIUM aus ihrem an Hits nicht gerade armen Back-Katalog – wobei ein leichtes Übergewicht auf dem aktuellen Album „The Sin And The Sentence“ lag. „Spring fur mich“, forderte Heafy für den aktuellen Überhit „The Heart From Your Hate“ und die Versammelten folgten bereitwillig. Alle paar Songs gab der Sänger den Zwischenstand im Fernduell um das beste Konzert der Tour mit dem kanadischen Montreal bekannt. Es war sehr knapp. Die Entscheidung sollte aber spätestens das abschließende „In Waves“ gebracht haben, bei dem die Band alle Anwesenden bat, sich auf den Bühnenvorplatz zu knien und erst zum eruptiven Refrain in die Höhe zu springen. Das Experiment klappte ganz ausgezeichnet. Minimal verfrüht beendeten TRIVIUM ein auch ohne Feuer-Fontänen sehr eindrucksvolles Set, bei dem das Gleichgewicht zwischen Härte und Eingängigkeit viele Anhänger in der BREEZE-Gemeinde fand.
Nach einer längeren Livepause machten die norwegischen Düstermetaller VREID endlich wieder auf dem SUMMER BREEZE Station – und es schien, als wenn das Publikum sehnsüchtig auf das Quartett gewartet hätte. Jedenfalls war es vor der Camel Stage gut gefüllt, und als das rhythmische Intro erklang und die Musiker nacheinander die Bühne betraten, brandete nicht geringer Jubel auf. Passend zu den grimmigen Parts in der Musik, beschränkte sich die Lichtshow überwiegend auf weiße Spots im Nebel. Allerdings waren die Stücke auch im richtigen Moment melodisch und groovig – nicht umsonst wird für VREID ja das Etikett „Black’n’Roll“ verwendet. Bassist Hváll und Leadgitarrist Strom reckten dann immer wieder ihre Fäuste in die Höhe, um die Menge anzufeuern. Die Band aus Sogndal und Oslo spielte zudem zwei neue Songs, die wie die bekannten Stücke hervorragend ankamen. Als die Menge dann am Ende der Spielzeit noch frenetisch eine Zugabe einforderte, ließ sich die Band nicht lumpen und riss noch ihr vermutlich bekanntestes Stück „Pitch Black“ runter und überzog die Spielzeit damit um gute fünf Minuten. Macht aber nichts, denn dem Publikum gefiel ganz offensichtlich, was ihm geboten wurde – und im Dezember kann man die Band ja dann als Headliner auf Tour in Deutschland erleben.
Deutlich regelmäßiger als noch ihre schottischen Kollegen ALESTORM schipperten in den letzten Jahren die Piraten des akustischen Aggro Shanty MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN aus dem karibischen Osnabrück in den Hafen des SUMMER BREEZE. Die Band schaffte es, sich durch alle Hauptbühnen des Festivals zu spielen und ging an diesem Abend an der T-Stage vor Anker. Und bei der diesjährigen Ausgabe bekamen sie das prompt mit einem aus allen Nähten platzenden Infield vor besagter Bühne quittiert. Die dank Pegleg Peggy am Bass auf ein Quartett angewachsene Band um Mr. Hurley höchstselbst kam praktisch aus dem Staunen kaum mehr heraus, schaffte es bei aller Rührung dennoch, ihr Set beginnend mit „Tortuga“ durch den abendlichen Auftritt zu bringen. Und von der ersten Sekunde an segelten zahlreiche Crowdsurfer gen Graben und wurden dort von den Grabenschlampen sorgfältig von der Menge gefischt. Das Set gestaltete sich dabei wie ein Querschnitt aus ihrem Schaffen und reichte von neueren Songs wie eben „Tortuga“ oder „Trau keinem Piraten“ hin zu den großen Gassenhauern, bei denen das Publikum selbstredend komplett ausrastete. „Ach ja?!“ wurde wie gewohnt souverän aus Richtung des Infields mitgegrölt. Der Song wurde dann nach Buckteeth Bannocks berüchtigtem Pöbel-Solo direkt in das neuere „Mit’n Schwert“ überführt. Ebenfalls enormer Begeisterung erfreute sich „Schrumpfkopf im Rumtopf“, dessen markiger Rhythmus besonders gut in sämtliche Beine des Publikums gefahren ist, sodass es zu massenhaftem Keulenschwingen im Infield kam. Doch der Höhepunkt des Auftrittes war zweifelsohne das humoristische Irish Folk-Medley, das nahtlos in den Rausschmeißer „Blau wie das Meer“ überführt worden ist. Und mit dem haben Band und Publikum die Bühne schließlich endgültig abgerissen. Das war MR. HURLEY & DEN PULVERAFFEN schließlich auch eine tiefe Verbeugung vor dem Publikum wert, das sie in bester SUMMER BREEZE-Tradition mittels Hashtag #immerwiederhurley zur aktiven Beihilfe für die Rückkehr der Band bei der nächsten Ausgabe des Festivals animierten.
Bevor ARCH ENEMY ihr Set begannen, wurde wie üblich „Ace Of Spades“ von Motörhead abgespielt. So gut der Song auch sein mag, gewartet hatte das Publikum natürlich auf ARCH ENEMY. Die legten dann mit „The World Is Yours“ los und fackelten auch schon zu Beginn einige Pyros ab. Was direkt auffiel: Gitarrist Jeff Loomis war an diesem Abend nicht mit auf der Bühne. Der Gründe hierfür waren familiärer Natur. Wie die Band aber schon im Voraus angekündigt hatte, sind es aber freudige Gründe. Als Ersatz war Joey Concepcion mit von der Partie. Er schlug sich mehr als nur gut, denn er übernahm wohl sämtliche, anspruchsvolle Parts von Loomis; und das ohne einen einzigen Schnitzer. Selbst Soli, von denen man erwartet hätte, dass Michael Amott sie stattdessen selbst übernehmen würde, wurden mit Bravour absolviert. Für die Grabenschlampen gab es schon bald keine Verschnaufpausen mehr. Die Crowdsurfer reihten sich auf der gesamten Bühnenlänge in Endlosschleife. Zudem wurde die Pyro-Show immer eindrucksvoller. Neben den Feuersäulen brannte bei „First Day in Hell“ der vordere Bühnenrand. Zusätzlich wurde Feuerwerk gezündet. Derlei Spielereien haben ARCH ENEMY zwar eigentlich gar nicht nötig, doch der Effekt auf das Gesamterlebnis ist nicht von der Hand zu weisen. Musikalisch bot die Band einige Highlights, die seit Jahren nicht mehr aus ihrem Live-Repertoire wegzudenken sind. Hierzu gehörten vor allem „My Apocalypse“, das sich monumental vor dem SUMMER BREEZE-Publikum aufbaute. Für den ruhigen Mittelteil bremsten ARCH ENEMY hier ein wenig runter. Im krassen Kontrast dazu stand direkt im Anschluss „The Race“, der schnellste Song des Sets. „Bloodstained Cross“ und „As The Pages Burn“ zählten sicherlich zu den Publikumsfavoriten, doch kein Song weckte mehr Emotionen und Erinnerungen als „We Will Rise“. Der ARCH ENEMY-Klassiker war auch bei diesem Auftritt das absolute Highlight des Sets und wurde nicht mal vom Rausschmeißer „Nemesis“ getoppt, dessen letzte Klänge im Jubelgeschrei untergingen.
Beim Genre Hardcore Punk wäre auf der Bühne eigentlich eine Hand voll derangierter Menschen mit buntem Irokesen Haarschnitt, Nieten und zerfledderten Patches zu erwarten gewesen. Als COUNTERPARTS allerdings jene bedeutenden Bretter betraten, hätte es rein optisch auch eine HipHop-Crew sein können – legere Jogginghosen, Bauchtaschen, Caps und sportliche Sneaker passten perfekt zur Ghettogestik die an den Tag gelegt wurde. Musikalisch bewegten sich die Kanadier zwischen zügig thrashigen und melodischen Hardcore-Passagen. Direkt vor der Stage zeigte sich so mancher passionierte Fan beeindruckend textsicher, bevor dann auch die obligatorische Wall of Death losgetreten wurde. Nach dem Unwetter am Nachmittag sprang es sich in der abgekühlten Luft auch deutlich leichter und angenehmer. Innerhalb einer Dreiviertelstunde moshte sich die Band quer durch ihre beiden jüngsten Alben “Tragedy Will Find Us“ und “You’re Not You Anymore“.
Für die Stunde vor Mitternacht hatten SICK OF IT ALL die T-Stage zwecks eines Crashkurses in Sachen New York Hardcore gepachtet. „It’s fast and we ain’t singing pretty“ lautete die Maxime – und die Ellenbogen flogen vom ersten Ton an. Für SICK OF IT ALL war es nicht das erste Mal auf dem SUMMER BREEZE. Die Hardcore-Legenden haben sich über Jahre hinweg als zuverlässige Konstante inmitten deutlich metallischerer Sounds auf dem Dinkelsbühler Acker etabliert. Dennoch kam die Ankündigung so manches „old school Black Sabbath style heavy“ Songs natürlich besonders gut bei der Crowd an. Trotz eines ziemlich heftigen und ziemlich ausdauernden Moshpits zeigten sich die Versammelten zwischen den Songs bisweilen etwas zaghaft, was Koller mutmaßen ließ, dass man entweder zu betrunken, zu nüchtern oder schon zu müde sei. Eine derartige Unterstellung wollte natürlich auch zu später Stunde niemand auf sich sitzen lassen und spätestens die ersten Setlist-Klassiker brachten die verlorene Energie blitzschnell zurück. Auf der Bühne herrschte währenddessen fast ebenso viel Bewegung wie davor. Vor allem Pete Koller beeindruckte durch sicheres Gitarrenspiel bei gleichzeitigen Drehkicks und Luftsprüngen und grinste dabei haifischartig unter seinem Bandana hervor. SICK OF IT ALL gönnten weder sich selbst noch ihren Zuschauern eine Pause und zelebrierten den NYC-Hardcore, als stünde statt einer seit über dreißig Jahren aktiven Band ein hungriger Newcomer erstmals auf einer großen Festivalbühne. Aggression und positive Vibes verbanden sich in Überhits wie „Scratch The Surface“ zu wahrer Genre-Perfektion. Leichte Unausgeglichenheiten beim Sound ließen das Ganze nur noch roher und direkter wirken. Mehr als eine Stunde Spielzeit wären angesichts der hohen Intensität sicherlich unverantwortlich gewesen. Wer nach dem Abgang von SICK OF IT ALL vor der Bühne blieb, konnte dann bei den folgenden ALCEST gepflegt runterkommen.
Lange tiefschwarze Haare liegen auf den nackten Schultern eines Mannes, der im Halbdunkel der Bühnenbeleuchtung unruhig mit den Beinen zappelt. Schlagzeuger Frost spielt sich mit Drumsticks auf den Oberschenkeln und Knopf im Ohr warm. In einer anderen Ecke blitzt ein Augenpaar angestrengt aus einem Corpse Paint ins Nichts, während leise Gesangsübungen zu vernehmen sind. Anspannung liegt in der Luft. In diesen letzten Sekunden ist jeder für sich in einer Welt aus Nervosität und Konzentration. Viertel vor Zwölf – Stagetime für SATYRICON. Mehrere tausend Menschen erwarteten sehnsüchtig die Norweger, die sich durch das ebenso herbei gesehnte Gewitter am Nachmittag schon anzukündigen schienen. Eine majestätische Kälte legte sich mit “Our World, It Rumbles Tonight“ über den Platz vor der Bühne. Und Frost bekam anschließend nach dem regulären Intro noch ein separates Drumsolo zugestanden, was von den Fans nicht minder gefeiert wurde. Die gesamte Bühnenshow schien bis zum Schluss akribisch getaktet und dezent hintergründig zu sein. Anstatt übertriebener Lightshow und aufwändiger Backgroundelemente blieben SATYRICON dem alten Standard treu und überzeugten eindrucksvoll mit ihrer musikalischen Darbietung. Nachdem sich die Band für ihre letzte Tour zum jüngsten Album “Deep Calleth Upon Deep“ Tenor Håkon Kornstad mit ins Boot geholt hatte, büßte der gleichnamige Titel auf dem SUMMER BREEZE auch ohne seine Unterstützung nichts von seiner Qualität ein. Für Gänsehaut sorgte während des einstündigen Sets vor allem der Chorgesang zu “Mother North“, der dem Publikum wie von selbst über die Lippen glitt und mystisch in der Nacht verhallte. Tatsächlich fand auch ein einzelner Crowdsurfer zu später Stunde seinen Weg vor die Bühne, ehe er, übers ganze Gesicht strahlend, wieder zurück in Richtung Menge lief. Den krönenden Abschluss bot in loderndem rot-gelben Licht “K.I.N.G“, das am Konzertende mit tosendem Beifall und einem Meer aus andächtig in die Luft gereckten Satansgrüßen belohnt wurde.
Pünktlich um Mitternacht begannen SIGN OF CAIN mit ihrem Set auf der Camel Stage. Obwohl es die Band (mit Pause) schon seit 1999 gibt, kam ihr Debütalbum „To Be Drawn And To Drown“ erst letztes Jahr auf den Markt. Bei diesem SUMMER BREEZE-Auftritt handelte es sich deshalb auch um das erste Konzert der Band seit ganzen 19 Jahren! Sänger von SIGN OF CAIN ist kein Geringerer als Tomas „Tompa“ Lindberg von At The Gates. Das erkannten aber vielleicht nicht alle Zuschauer, denn passend zu ihrem doomigen Death war die Bühne in nur spärliches Licht und reichlich Nebel gehüllt. Musikalisch erwartete das Publikum ein echtes Brett, das mit Präzision und viel Können abgeliefert wurde. SIGN OF CAIN mäanderten zwischen klassischem Death und doomigen Passagen, setzen mit einer ordentlichen Portion Thrash und Sludge-Elementen aber auch überraschende Akzente. Vor allem der letzte Song und Titeltrack des Debütalbums sorgte in der ersten Reihe für fliegende Haare und stellte sich mit seinem Melodic Death-Touch als Highlight des Sets heraus.
Mit ALCEST bot die T-Stage nach dem vorhergegangenen NYC-Hardcore-Workout von SICK OF IT ALL in der Nacht noch ein hochkarätiges Kontrastprogramm zum Träumen und Abschweifen. Die introvertierten Franzosen ließen eine packende Mischung aus Shoegaze und Black Metal für sich sprechen und sorgten mit massiven Gitarrenwänden, getragen von hypnotischem Schlagzeugspiel, für viele entrückte Gesichter im Publikum. Stéphane „Neige” Paut entschuldigte sich zwar schüchtern für die späte Uhrzeit, aber es wurde schnell klar, dass es für ALCEST kaum einen besseren Platz im diesjährigen Festivalprogramm hätte geben können. Sogar der etwas zu basslastige Sound verstärkte die Wirkung der repetitiven Songstrukturen nur, die „Neige“ und Co. in gleißendes Licht getaucht zum Besten gaben. Selbst die Black Metal-Passagen strahlten eine melancholische Ruhe aus, der auch die in den Spielpausen von der Hauptbühne herüberschallenden Songfetzen von TURISAS nichts anhaben konnten. Zum Abschied trat „Neige“ aus kniender Position allein vor das Publikum und formte die Finger zu einem Herz. Man verabschiedete ihn mit lang anhaltendem Applaus.
Die Heldenmetaller TURISAS haben zwar vor fünf Jahren ihr letztes Album veröffentlicht, aber offensichtlich bahnt sich da bald ein neuer Streich an. Jedenfalls spielten die sechs Finnen zum Abschluss am Freitag auf der Main Stage groß auf: mit riesigem Backdrop, epischen Intros, großen Melodien. Und den bekannten und großen Hits: Weder „The March Of The Varangian Guard“ noch „To Holmgard And Beyond“ oder „Battle Metal“ durften fehlen und lockten dem Publikum inbrünstig vorgetragene Chöre aus den Kehlen. Die sechs Musiker waren wie gewohnt bestens aufgelegt: Warlord Nygård und seine Mannen spielten die ganze Klaviatur an Anfeuerungen aus und stürmten immer wieder auf die eigens aufgestellten Podeste am Bühnenrand. Da es aber (noch) keine neuen Stücke zu hören gab, feuerte die wie immer mit schwarzen und roten Streifen geschminkte Band zum Abschluss den Coversong „Rasputin“ ab: Ein Stimmungsgarant – und die Menge hüpfte und bescherte den Finnen die Bestätigung, dass ein neues Album sehnsüchtig erwartet wird.
Dissection sind tot, es lebe THE SPIRIT. Das zumindest ist der allgemeine Tenor, unter dem THE SPIRIT aus dem sonnigen Saarbrücken gehandelt werden. Und ihr Auftritt zu später Stunde auf der Camel Stage bekräftigte das. Atmosphäre stand bei der Band definitiv im Vordergrund, denn im Zeichen der Todesblei-Theatralik erschienen die Musiker mithilfe von Nebel und Licht nur als Silhouetten, ehe sie den ikonischen Dissection-Sound, der ihnen nachgesagt wird, ziemlich überzeugend in die Menge ballerten und dabei nach und nach deutlicher in Erscheinung traten. Die Saarländer wahrten eine latente Distanz zum Publikum, was sie in gewisser Weise erhaben erscheinen ließ. Rasiermesserscharfe Gitarrenmelodien sägten sich in die Nacken des Publikums und ließen die Köpfe scharenweise auf- und abnicken. Eine generelle Schwärze wurde von der Camel Stage ausgestrahlt, die letzten Endes auch die feindselige Atmosphäre ausmachte. Der Auftritt dürfte definitiv so manch einer schwarzen Seele ein finsteres Grinsen ins Gesicht gezaubert haben.
HARAKIRI FOR THE SKY beschlossen den vorletzten Tag des Festivals. Der Wetterumschwung und einige gute Acts steckten dem überschaubaren Publikum sichtlich in den Knochen. Umso entspannender war der klangvolle Abschluss der Österreicher, der einigen ganz gelegen kam. Wohl vor allem denjenigen, welche die zuvor zaubernden ALCEST verpasst haben sollten – eine Zugabe für Zuspätkommer sozusagen. Mit einer gelungenen Gratwanderung zwischen klarem Gesang und Shouts sowie Melodien, die ihre Haken gleichsam in Herz und Magengrube schlugen, manövrierte die Gruppe ihre Zuhörer durch emotionsgeladene Titel. Diese waren mit fünf Stück in einer Dreiviertelstunde auch verhältnismäßig lang und ließen manch verzückten Hörer in einem Zustand der Trance zurück. Zwei neue Songs vom jüngsten Album “Arson“ fanden sich im Set wieder und fügten sich elegant in dieses ein. Sie bereicherten das Set der Österreicher, die den Festivalfreitag mit einer emotionalen Note abschlossen.