Kein Bier vor vier? Von wegen! Pünktlich zur Mittagszeit servierten TURBOBIER feuchtfröhlichen Punk Rock aus der Alpenrepublik. Dass der fleischgewordene Albtraum der Abstinenzbewegung eigentlich immer für exzellente Unterhaltung sorgt, bewiesen die Jungs von Sekunde eins an absolut überzeugend. Frontmann Marco Pogo stellte einmal mehr seine grandiosen Unterhaltungsqualitäten unter Beweis und lieferte mit seinen humorvollen Ansagen jede Menge Grund zum Lachen. Dabei machten die Simmeringer auch ordentlich Werbung für ihre frisch gegründete BPÖ, die Bierpartei Österreich, deren Werte und Ideale in „Die Bierpartei“ besungen wurden. Darüber hinaus wurde standesgemäß gegen jegliche Biermischgetränke (insbesondere Radler!) gewettert und in „Insel Muss Insel Bleiben“ der wunderschönen Wiener Donauinsel gehuldigt. Band und Fans brachten natürlich passenderweise auch ordentlich Durst mit und so prostete man einander zu und trank sich für den Rest des Tags schon einmal warm. Urleiwand!
Pünktlich zur Mittagsstunden riss die Wolkendecke auf und die Sonne knallte aufs Infield. Besser und passender hätte man das Wetter kaum bestellen können, denn mit AFTER THE BURIAL wurde feinster Technical Death Metal zum Mittagsmahl serviert. Optimale Bedingungen auch um den Tag mit einer ersten, lockeren Einheit Nackenmuskulatur-Training zu beginnen. Die auf der riesigen Bühne fast etwas verloren wirkenden Mucker brauchten eine kurze Akklimatisationsphase um in ihren gewohnt soliden Groove zu finden, ab dann standen die Zeichen auf Vollgas. Fronter Anthony Notarmaso freute sich hinter seinem Mikrofon sichtlich, dass sich trotz der relativ frühen Stunde, doch so viele Menschen vor der Bühne eingefunden hatten und animierte die Meute direkt zu sportlicher Ertüchtigung. Zu „Behold The Crown“ darf laut des Fronters dann auch mal ein bisschen gesprungen werden. Die US-Amerikaner selbst gönnten sich bei ihrem Set ebenfalls keine nennenswerten Verschnaufpausen. AFTER THE BURIAL schnürten ein knackiges Songs-Päckchen, das sich auch keinesfalls nur auf das aktuelle Album „Evergreen“ konzentrierte. Die technisch vertrackten Tracks machten müde Knochen munter und dürften kein Fanherz enttäuscht zurückgelassen haben.
Mit goldenen Masken verhüllten die Musiker von HARPYIE zu Beginn ihres Sets noch die Gesichter, während es beim überdimensionierten Schnabel des Sängers offenbar nur für Silber gereicht hatte. Doch schon nach dem eröffnenden „Blut & Spiele“ zogen die „Krieger“ blank und enthüllten erstaunlich blasse Gesichter – oder handelte es sich womöglich doch nur um weiße Kriegsbemalung? Sei’s drum, dem Publikum ging es weniger um optische Feinheiten als um die ganz grobe musikalische Kelle, mit der HARPYIE ihre, dem klassischen Mittelalter-Rock-Sound inzwischen ein gutes Stückweit entwachsenen, Hymnen wie „Schneeblind“ oder „Berserker“ in die Menge feuerten. Diese klatschte begeistert mit, übernahm bei „Seemann Ahoi“ armeschwenkend die Rolle des wogenden Meeres und geriet beim abschließenden Cover des Eiffel-65-Klassikers „Blue (Da Ba Dee)“ geradezu in Ekstase. Ein würdiger Freitagsauftakt für die Wera Tool Rebel Stage.
Ein Frontmann, der die wartende Menge kurz inbrünstig zur Ruhe aufruft und die plötzlich eintretende Stillt nutzt, um seine Dose Bier mit einem geräuschvollen Knacken direkt vorm Mikrofon zu öffnen. „Kein Bier vor Vier“ zählte heute offensichtlich, und für Tausende hörbar, nicht für die Thrash Metaler von DUST BOLT. Die Band aus Bayern eskalierte, bewaffnet mit dem ein oder anderen Kaltgetränk, maximal auf der T-Stage und setzte damit immer wieder Circle Pits in Rotation, die sich mehr als nur sehen lassen konnten. Die Stimmung kochte nicht nur aufgrund der ansteigenden Außentemperaturen. DUST BOLT waren hier um zu feiern und das war direkt vom Start weg zu sehen. Da konnte Bassist Bene sich auch nicht lange zurückhalten und entschied sich über die Absperrung zu klettern und inmitten feiernder Metalheads weiterzuspielen. Die Band war schnell genauso verschwitzt wie die Menschen vor der Bühne. Darauf wurde mit Bier angestoßen und eine thrashige Party geschmissen: Mit einem finalen Sprung in die Menge von Basser Bene und einer kleinen Runde Crowdsurfing, die der Musiker mit einem breiten Grinsen genoss, beendeten DUST BOLT ihren wilden Ritt.
The Beast is back: Nachdem am Vorabend schon Anton Kabanens Ex-Kollegen BATTLE BEAST das diesjährige SUMMER BREEZE unsicher gemacht hatten, war an diesem warmen Freitagmittag für seine neue Band BEAST IN BLACK der Moment gekommen, ihr Können unter Beweis zu stellen. Die Finnen begannen ihr Set direkt mit einem Paukenschlag: Der Opener „Cry Out For A Hero“ versprühte nicht nur mächtig gute Laune, sondern animierte die Menge vor der gut besuchten Main Stage auch von Beginn an zum Mitmachen. Wenn die geballte Ladung Power Metal ruft, muss das Mittagessen eben auch mal warten. Warum die Heavy Metal-Bestien derzeit als nächstes Szene-Schwergewicht gehandelt werden, unterstrichen die Skandinavier mit ihrem grandiosen Live-Auftritt deutlich. Zu melodischen Nummern wie „Die By The Blade“ oder „Unlimited Sin“ konnte ausgiebig das metallische Tanzbein geschwungen werden, während Kracher wie „Blind And Frozen“ und “ Born Again“ von großen Teilen der Menge lauthals mitgesungen wurden. Fakt ist: Sowohl die Fans als auch BEAST IN BLACK selbst feierten bei bestem Festivalwetter eine Dreiviertelstunde lang eine Party, die einige vermutlich als absolutes Festivalhighlight in Erinnerung behalten werden.
„Bring back stadium rock!“ Dieses Motto wollten die Schwabenmetaller KISSIN‘ DYNAMITE auf die Bühne bringen, und das machten sie an diesem sonnigen Mittag auf der Main Stage mit Hingabe. Da wurde nicht nur der eingängige Opener „I’ve Got The Fire“ von einer ganzen Batterie Pyros unterfüttert und mit vier Böllern abgeschlossen. Auch die ganze Band machte ordentlich Stimmung und dirigierte die Menge an den richtigen Momenten durch die Songs: Hier ein Singalong-Refrain, dort rhythmisches Klatschen oder konzertiertes Winken im Takt – die Zuschauer hatten ganz offensichtlich Bock auf eine Melodic Metal-Sause. Bei „Waging War“ kam Sänger Hannes Braun mit einer Flagge auf die Bühne (selbstredend mit KISSIN‘ DYNAMITE-Logo), bei „I Will Be King“ stolzierte der blondierte Sänger mit rotsamtener Schleppe und Lakai auf die Bühne und nahm auf einem hinter dem Drumkit platzierten Thron Platz. Klar, dass mittlerweile einige Crowdsurfer in Richtung Bühne schwebten, und diejenigen, die stehen geblieben waren, sangen einfach Hymnen vom Schlage „Flying Colours“ mit. Eine Feststellung zum Schluss: Niemand kann so schön „Danke schön“ singen wie Hannes Braun. Bring back stadium rock? Aber ganz sicher!
Freitag, SUMMER BREEZE = Familienprogramm. Von der „Bienchen und Blümchen-Stage“, deren sonstiger Name für die Kindershow extra kaschiert wurde, ertönte um 14 Uhr das epische Intro der „Jurassic Park“-Filme und HEAVYSAURUS, die Dinosaurier vom Schicksalsberg in Finnland waren los! Als Kinder-Rock-Band im Dino-Kostüm rechneten diese hauptsächlich mit Metal-Nachwuchs im Publikum, aber weit gefehlt: Es strömten immer mehr erwachsene Festivalbesucher herbei und man kam schon vor Beginn des Auftritts kaum noch von der Stelle. Wer sich unter den Kostümen verbirgt, blieb beim Auftritt – genauso wie beim Original des Franchise in Finnland – geheim, aber das war spätestens mit Beginn des erstens Songs „Yeah, Heavysaurus!“ sowieso allen egal! Die Liedtexte wurden von groß und klein lauthals mitgesungen und die festivalübliche Stimmung kam auf, wurde jedoch schnell vom leitenden Tyrannosaurus mit der Bitte unterbochen, das Crowdsurfen, um der Sicherheit der Kinder vor der Bühne wegen, unverzüglich einzustellen. Im Weiteren folgte ein Bewegungspaket für alle Altersklassen, gespickt mit musikalischen Anleihen für die „Großen“ (z.B. Joe Cockers „You Can Leave Your Hat On“ und „Smoke On The Water“) – allerdings sehr kinderfreundlich, lustig, spontan und etwas leiser als man es sonst von Festivalkonzerten gewohnt ist. Das tat dem Spaß der hiesigen Flora und Festivalfauna allerdings keinen Abbruch und Darwin wäre vermutlich in Ohnmacht gefallen, wenn er gewusst hätte, dass eine Herde carnivorer T.rex, Einhörner, Schweine, Faultiere und Fledermäuse einmal zusammen mit zehntausend (Dino-Schätzung) anderen Säugetieren friedlich in der Sonne „Uga Buga“ singen.
Ein bisschen Abriss gefällig? Bei angenehmen Temperaturen und warmem Sonnenschein gab’s mit DESERTED FEAR erstklassiges Death Metal-Gewitter für alle, denen es gar nicht brachial genug zugehen konnte. Auf der Speisekarte standen an diesem Nachmittag in erster Linie messerscharfe Riffs (an denen sich ihr Sänger wohl auch am Vortag in den Finger gesäbelt hatte!), markerschütternde Growls und donnerndes Drum-Geballer der feinsten Sorte. Und so servierten die thüringischen Todesmetaller dem Meer aus hungrigen Metalheads schmackhafte Schädelspalter wie das wuchtige „My Empire“ oder das bitterböse „The Final Chapter“. Mit unfassbarer Präzision ballerten sich die Jungs durch eine Setlist, die keine Wünsche offen ließ. Die Überflieger aus Eisenberg schöpften ihr Potential voll aus und gaben sich keine Blöße. Standesgemäß wurde vor der T-Stage auch ohne Rücksicht auf Verluste gemosht, gefeiert und geheadbangt. Wer hier noch einen Nachschlag verlangte, der ist wohl einfach nicht satt zu kriegen. Absoluter Wahnsinn!
Die Fläche vo der Wera Tool Rebel Stage füllte sich allmählich mit Fans, die es gern todesmetallsisch und derb bevorzugten. Und auf der Bühne erschienen sogleich die Niederländer IZEGRIM, die sich spürbar wie Bolle freuten und sogleich den todesbleiernen Panzer mit dem Dosenöffner ihres Sets „White Walls“ ins Rollen brachten. Sängerin Marloes Voskuil brachte die Sonne durch ihr strahlendes Lächeln mit auf die Bühne. Das stand im krassen Kontrast zu den fies keifenden Tönen, die sie sich aus der Kehle kratzte. Auch die zuvor sicher schön glatt frisierte Matte wirbelte sie relativ schnell durch heftiges Bangen durcheinander. Kein Wunder: Die schwer groovenden, zum Teil flott thrashenden Töne, welche die Band in das Publikum entließ, fuhren ohne Umschweife in sämtliche Nacken, aber auch ins Gebein, was sich in der raschen Bildung von Circle Pits vor der Bühne widerspiegelte. Diese ließen sich natürlich genüsslich vom niederländischen Panzer überrollen, spätestens bei „Celebratory Gunfire“ erreichte die Stimmung ihren Hochpunkt. Aber wenn die Fahrerin des Panzers auch so charmant am lächeln war, fiel es schwer, sich das nicht bereitwillig gefallen zu lassen.
Die Mittagssonne brannte schon relativ stark auf das Battlefield nieder, vor dem sich vor allem Vertreter jung gebliebener Semester sammelten und zwischen denen die freundlichen, mobilen Bierverkäufer reichlich zu tun hatten. Der Grund für die Zusammenkunft besagter Herren und Damen vor der Main Stage war nicht schwer auszumachen: QUEENSRŸCHE gaben ihr diesjähriges Stelldichein und luden das Publikum zu einem Prog Metal-Nachmittag ohne viel Gefrickel, dafür mit großen Riffs und ebensolchen Refrains. Und die Band präsentierte ihr Material auch relativ routiniert und ohne sich dabei zu sehr in unnötig gestelzten Ansagen zu verhaspeln. Sänger Todd La Torre suchte durch die üblichen Ansprachen immer wieder den Kontakt zum Publikum, blieb damit jedoch im Rahmen der generellen Zurückhaltung der Band. Das führte dazu, dass die Fans im Infield zwar textsicher nahezu jeden Song – allen voran natürlich Klassiker wie „Operation: Mindcrime“ oder „Queen Of The Reich“ – textsicher mitbeten konnten. Doch letzten Endes blieb der Auftritt der Legende eine gediegene Angelegenheit ohne große Schnörkel und den sprichwörtlichen Funken, der irgendwie nicht so recht überspringen wollte.
Wer beim Auftritt von THE LAZYS auf der Wera Tool Rebel Stage aufgrund des gemütlichen Bandnamens erwartet hatte eine ruhige Kugel schieben zu können, musste schnell erkennen, dass er einem gewaltigen Irrtum aufgesessen war. Schon vor Beginn des eigentlichen Konzerts wurden die Musiker von den anwesenden Fans ausgiebig bejubelt sobald sie sich im Rahmen des Aufbaus auf der Bühne zeigten. Vom ersten Ton an war klar: hier gibt es dicke-Hose-Stadion Rock im AC/DC-Stil vom allerfeinsten – dass die Bühne ein paar Nummern kleiner war als der Hockenheim-Ring schränkte dabei höchstens den Bewegungsdrang von Sänger Leon Harrison minimal ein. Bereits beim zweiten Song wurde der erste Crowdsurfer in die bereitwillig ausgestreckten Arme der Grabenschlampen getragen, und es sollte bei weitem nicht bei diesem einen bleiben. Das Quintett aus Sydney gab alles um die Bühne mit ihrer Energie und Spielfreude dem Erdboden gleich zu machen, und das Publikum überschlug sich förmlich vor Begeisterung. Sowohl auf als auch vor der Bühne sah man nach dreißig Minuten ausschließlich breit grinsende Menschen. Das Set endete mit dem Song „You Can’t Kill The Truth“, und eine Wahrheit kann man definitiv nicht mehr killen, nämlich dass THE LAZYS das neue Synonym für SPASS sind!
Am Nachmittag hatten Grind-Jünger dann die Qual der Wahl zwischen derb oder technisch. Denn die Holländer von TEETHGRINDER und die Belgier von ABORTED spielten fast zeitgleich. Die meisten schienen sich für die technischere Variante dieser Spielart entschieden zu haben und bevölkerten schon früh den Platz vor der T-Stage. Dennoch war auch die Schar vor der Ficken Party Stage recht ansehnlich und hatte offenbar richtig Bock mitgebracht. Denn bereits mit den ersten Tönen von „Rites Of Sorrow“ wurde direkt der erste Pit eröffnet. In Sachen Bewegungsdrang standen auch TEETHGRINDER dem in nichts nach. Besonders Sänger Jonathan Edwards war ein echter Aktivposten und machte ordentlich Radau während es sich immer wieder, auch zwischen den Songs, das Mikro gegen die Birne kloppte. Davon angestachelt initiierte das Publikum einen Circle-Pit nach dem anderen. Das Stageacting passte auf jeden Fall absolut perfekt zum wilden Gebolze. Vor dieser intensiven Show musste sich selbst das Material geschlagen geben. Denn etwa in der Hälfte des letzten Songs „The Pain Exceeds The Fear“ riss der Gitarrengurt. Ein starker Auftritt der Holländer.
„Hallo SUMMER BREEEEEEZE, seid ihr bereit durchzudrehen?“, rief ABORTED-Sänger Svencho de Caluwé nach dem Opener „Terrorvision“ ins gut gefüllte Infield vor der T-Stage, und damit rannte der Belgier beim Publikum offene Türen ein. Jedenfalls hatte sich da schon ein Circle Pit gebildet, der bis zum Ende des eine Dreiviertelstunde langen Gigs nicht mehr versiegen sollte. Dabei gab Bassist Stefano Franceschini mit seinem faszinierend schnellen Rotorbangen das Tempo für den Pit vor. Sänger Svencho wiederum schlug sich ein ums andere Mal vor die Stirn und brachte sich in die gewollt aggressive Stimmung, um die Death Metal-Brecher angemessen zu performen. Es war schon faszinierend zu sehen, wie perfekt die Musiker die mit technischen Finessen gespickten Stücke zockten. Dabei war Drummer Ken Bedene nicht nur für die irre schnellen Blastbeats zuständig, sondern ließ mit einzelnen Subwoofer-Bässen das Infield erbeben. Nicht zuletzt das zauberte dem Publikum ein erstauntes Grinsen ins Gesicht.
Schon alleine der Bühnenaufbau für den Auftritt von DRAGONFORCE erwies sich als Eyecatcher. Zwei Arcade-Maschinen zu den Spielhallenklassikern „Galaga“ und „Gradius“ zierten die Bühne, während sie gleichzeitig als Emporen für die Gitarristen Herman Li und Sam Totman dienten. Unterdessen zierte ein detailliert gestalteter Drachenkopf den Hintergrund, der wiederum noch vor dem Backdrop platziert war. Klare Ansage: man wollte auffallen. Dabei sammelten sich die Fans auch so zahlreich vor der Hauptbühne und fieberten dem Auftritt der Hochgeschwindigkeits-Power Metaller entgegen. Die eröffneten ihr Set dann umgehend mit „Ashes Of The Dawn“ und sofort machten vor allem Li und Totman klar, dass sie im Gegensatz zu den zuvor aufgetretenen Kissin‘ Dynamite nicht auf Pyrotechnik angewiesen waren. Das Feuerwerk brannten die beiden natürlich über ihre rasante Fingerfertigkeit an den Gitarren ab, während Sänger Marc Hudson nicht müde wurde, das Publikum zu aktivieren. Zwar blieb das interaktive Potential des Bühnenbildes hinter den Erwartungen zurück, doch letzten Endes lieferten DRAGONFORCE dennoch eine überzeugende Performance ab. Und dass sich das Publikum zum Ende hin „To The Fire And Flames“ gewünscht hat, zeigte, dass es dann doch über das Trauma hinweggekommen ist, an dem Song bei Guitar Hero zu scheitern. Am Ende gab es also nur Gewinner.
Nach TEETHGRINDER wurde es vor der Ficken Party Stage deutlich kuscheliger. Denn es stand ein ganz besonderes Konzert bevor: das allerletzte von KING APATHY, ehemals Thränenkind. Diese lösten sich nämlich danach auf, wie sie bereits im Juni angekündigt hatten. Der Grund für die Auflösung: Alle Bandmitglieder leben mittlerweile nicht mehr in ihrer Heimatstadt München, sondern über ganz Deutschland verstreut, was regelmäßiges Proben und sonstige Orga natürlich massiv erschwert. Aber genug Hintergründe, zurück zur Show. Dass diese keine gewöhnliche war, war also schon im Vorfeld klar. Weshalb eine ganz besondere Stimmung in der Luft lag. Die ganze Band genoss völlig versunken in ihr Spiel die letzten sechs Songs, die sie jemals unter diesem Banner spielen würden. Die Kombination aus Black Metal, Doom und crustigem Hardcore Punk lebt ohnehin mehr von der Atmosphäre. Dann war es soweit: Sänger Nils kündigte das abschließende „Desperation“ an. Und als die letzten Töne verklungen waren, ging Nils direkt in den Bühnengraben, um sich persönlich bei den Fans zu bedanken und sich zu verabschieden. Dabei floss dann sogar die eine oder andere Träne.
Möglicherweise finden UNPROCESSED sechssaitige Gitarren einfach langweilig. In jedem Fall hatten sie ihre Instrumente mit einem erweiterten Tonumfang ausgestattet, den sie ihm Rahmen ihrer verschachtelten Kompositionen und komplexen Arrangements auch weidlich ausnutzten. Über die notwendige technische Expertise verfügten die Wiesbadener zweifellos, so dass nicht wenigen der Fans im Zuschauerraum beim Blick auf die Musikerfinger die Kinnlade sperrangelweit offen stehen blieb. Dauerhafte Verknotungen blieben jedoch glücklicherweise aus, so dass UNPROCESSED ihr fettes Modern Prog-Brett mit dem gleichermaßen filigranen wie durchschlagskräftigen Djent-Bohrkopf erfolgreich zu Ende bohren konnten. Erst eine Woche zuvor hatte das Quintett mit „Artificial Void“ ein starkes neues Album veröffentlicht, welches folgerichtig auch die heutige Setlist dominierte. Dass die Instrumentalakrobaten bei aller Verkopftheit aber auch ein gutes Händchen für eingängige Melodien und fette Grooves entwickeln konnten und ihre Stücke darüber hinaus nicht unnötig in die Länge zogen, sondern angenehm kompakt hielten, ließ UNPROCESSED aus der breiten Masse an ähnlich gelagerten Bands deutlich herausstechen. So lockten sie im Laufe ihres Sets immer mehr Menschen vor die Bühne, die den gefühlt allzu frühen Abgang der Newcomer mit tobendem Beifall versüßten.
Lange genug hat es gedauert, bis SKINDRED endlich wieder SUMMER BREEZEschen Boden unter den Füßen hatten. Zuletzt beehrte das „Big Dang“ aus Newport nämlich vor sage und schreibe 14 Jahren das hiesige Territorium. AC/DCs „Thunderstruck“ als Intro wurde abgelöst von einen EDM-Remix des „Imperial March“ und schon hopsten Benji und Konsorten wie Flummis über die Bühne. Die darauf folgende Animation des Publikums zum Gesang des eher einfachen Textes „Döbdöbdöb!“ erinnerte fast an einen Scooter-Gig, ging dann aber nahtlos in „Sound The Siren“ über und man spürte bis in die letzten Haarspitzen, dass SKINDRED unglaublich Lust auf diesen Auftritt hatten – genauso wie das Publikum, welches trotz sengender Sonne zu Höchstleistungen im Pit bereit war. Nach all den Jahren zeigten die Briten einerseits Spaß, aber auch Selbstsicherheit und Routine, d.h. während Sänger Benji dem Publikum mit seinem Rap und Reggae einheizte, zündete sich Gitarrist Mikey Demus nebenbei auch mal ganz entspannt eine Fluppe an, nur um dann mit seinen Riffs und den restlichen drei Bandmitgliedern den unverkennbaren und einzigartigen SKINDRED-Metal zu komplettieren und eine große Party auf der Bühne zu feiern. Im Programm standen hierbei Fist Pumps („Kill The Power“), Klatschen („That’s My Jam“), Drehen und nicht zuletzt auch vom Sitzen Aufspringen. Letztere Sporteinheit war für den Song „Nobody“ vorgesehen und der zündete einfach immer noch so bombastisch, wie schon vor 17 Jahren, als das damalige neue Album „Babylon“ das Licht der Welt erblickte. Das Ende des Sets übernahm „Warning“ und man kann sich sicher sein, dass die Jungs noch wesentlich mehr Power für weitere Songs gehabt hätten. Aber man soll bekanntlich aufhören, wenn’s am Schönsten ist…
Nach dem Abriss von ABORTED eine Dreiviertelstunde zuvor mussten sich die Death-Thrasher LEGION OF THE DAMNED schon mächtig strecken, um das Publikum vor der T-Stage ähnlich in Wallung zu bringen. „I wanna see some serious headbanging from you guys!“, war die Ansage von Sänger Maurice Swinkels, und das klappte dann doch ziemlich gut. Schließlich hatten die Holländer genügend Songs im brutalen Midtempo und flotten Uptempo am Start, die in der Hüftgegend einen unbezwingbaren Klappreflex auslösten, der sich bis in die Haarspitzen fortsetzte. Vor allem die älteren Geschosse vom Schlage „Son Of The Jackal“, aber auch die neuen Granaten vom aktuellen „Slaves Of The Shadows Realm“, welches mit gleich mehreren Songs in der Setlist vertreten war und dessen Artwork im Hintergrund die gesamte Bühnebreite zierte, kamen bei den Fans gut an. Und da sich die Holländer für den Rausschmeißer das unwiderstehliche „Legion Of The Damned“ aufgespart hatten, ging die Begeisterungskurve noch einmal steil nach oben.
DÈCEMBRE NOIR nahmen zu Beginn ihres Sets auf der Ficken Party Stage den Weg des zweiten Anlaufes. Beim ersten Song aufgrund von technischen Problemen unterbrochen, setzte die Band also erneut an. Mit den dunkelsten Tönen aus seiner Kehle hatte die Stimme von Lars Dotzauer, dem Mann hinterm Mikro, dabei schon fast eine hypnotische Wirkung. Da wehte bei strahlendem Sonnenschein ein Hauch Düsternis übers Gelände. Der Sound der Band, welcher geprägt von melancholischen Melodien ist, löste zwar keine moshpitartigen Entgleisungen aus, dafür wurden DÈCEMBRE NOIR sehr andächtig und mit leichtem Kopfnicken beobachtet und belauscht. Mit Einsatz von Double Bass wurde hier und da die Geschwindigkeit angezogen, aber heute blieb es bei den Zuhörern wirklich nur beim Zuhören. Die Band verkroch sich nicht hinter ihrer Wand aus atmosphärischem Death Doom, sondern suchte immer wieder mit lieben Dankesworten den Kontakt zum Publikum. Der dabei weit über die Menge geworfene Klangmantel vertonter, bittersüßer Schwermut löste am Ende dann sogar massig Zugabe-Rufe aus.
Falls es heute einer Band gelingen sollte, die Wera Tool Rebel Stage ganz ohne die vom Werbepartner zur Verfügung gestellten Werkzeuge auseinander zu nehmen, dann vermutlich UNE MISÈRE. Die Isländer brachten ein dermaßen derbes Post Core-Geballer auf die Bretter, dass sich die Musiker – allen voran Sänger Jón Már Ásbjörnsson – aufgepeitscht von Adrenalin in wilden Zuckungen ergingen. Dieses Übermaß an Energie übertrug sich quasi verlustfrei auf die Menge vor der Bühne, die sich alsbald in einem wilden Circle-Pit wiederfand. Als wichtigsten Aktivposten konnten UNE MISÈRE jedoch den wohl mörderischsten Groove des ganzen Festivals für sich verbuchen. Und das alles auschließlich vom körpereigenen Adrenalin getrieben, denn jedweder Form von suchterzeugenden Mittelchen erteilten die Musiker mit „Failures“ eine deutliche Ansage, das von den eigenen Entzugserfahrungen handelte. Und wo sie schon dabei waren, den Fans ins Gewissen zu reden, widmeten sie das sich an- und den Set beschließende „Damages“ einem Freund, der Suizid begangen hatte, und riefen die Zuhörerschaft dazu auf, gut aufeinander aufzupassen. Bei aller Tiefgründigkeit blieb am Ende jedoch der Eindruck eines ungemein intensiven Sets, der allen Beteiligten ganz offensichtlich eine Menge Spaß bereitet hatte.
Zu HEAVYSAURUS war es knüppeldickvoll, im Vergleich spielten PROMETHEE nur vor einer Handvoll Menschen. Kurz vorm Start standen (tanzten) nebenan beim Ficken-Stand noch mehr Leute – die haben aber auch „Ace Of Spades“ laufen lassen. Die Schweizer überzogen ihren Soundcheck etwas und revanchierten sich bei den Anwesenden mit einem richtig satten Sound – da lohnte sich das Warten. Interessant war der okkult anmutende Backdrop, der bei Unwissenden Fragezeichen hervorrief. Sollte jetzt nicht eine Metalcore-Band spielen? PROMETHEE zeigten sich als Einheit und „fausteten“ sich vor Beginn zu. Dann brach ein musikalischer Sturm los, der auch die Zweifler sofort zufriedenstellte. Die Core-Attitüde war vorhanden, in den Riffs und Melodien steckte aber auch eine Menge Dunkelheit. Schon nach wenigen Sekunden stachen Blastbeats ins Genick, bevor plötzlich ein sphärischer Part einsetze. PROMETHEE verpacken in ihren Liedern auch Breakdowns, also ja, sie spielen Core, lockern den aber mit frischen Ideen auf und ballerten das Gemisch heute live mit mächtig viel Dynamik in die überschaubare Menge.
Selten gab es innerhalb von Sekunden bei Tageslicht so einen Umschwung der gesamten Stimmung und Atmosphäre, wie beim Betreten der T-Stage von ROTTING CHRIST. Wurde man von den anderen Bands, die im Vorfeld gespielt haben, eher gut gelaunt und ausgepowert entlassen, so war der Wechsel zu dieser kalten, düsteren und ernsten Atmosphäre ein Grund für Gänsehaut und Ehrfurcht. ROTTING CHRIST haben längst ihre eigene kleine Nische im Black Metal gefunden, über die Jahre ausgebaut und da ist bei aller Liebe kein Platz für Licht und Lächeln. Mit „Hallowed Be Thy Name“ begann Sakis „Necromayhem“ Tolis mit seinen Mitsreitern ein erdrückendes und langsames Stück, das der perfekte Auftakt für die kommende Show war. Den größten Anteil des Sets hatten die Griechen den Songs ihres im Februar erschienenen Longplayers „The Heretics“ eingeräumt, welche sich jedoch problemlos in die restliche Auswahl quer durch ihre Diskografie einfügten. Die soliden und mit Feuer unterlegten Rhythmen und Beschwörungen verlangten ihre Opfer (unter anderem den im Publikum befindlichen SUMMER BREEZE-Jesus, der zuerst auf einer Schulter saß und dann auf einmal nicht mehr zu sehen war) und wo der Sänger anfangs noch zum Circle Pit angestachelt hatte, entwickelte sich in der Menge nach durchgehender hypnotischer Huldigung bei „In Yumen-Xibalba“ ein immenses und schweißtreibendes Eigenleben und beendete die schwarze Messe mit „Grandis Spiritus Diavolos“, Feuer und kataklysmischem Klima. ROTTING CHRIST eben.
Mit AIRBOURNE ist es ja glücklicherweise immer so ein bisschen wie mit dem Gang ins Lieblingsrestaurant. Man weiß im Grunde, was man erwarten kann, und kommt dennoch nicht enttäuscht heraus. So auch dieses Mal, als die Hard Rocker um die Gebrüder O’Keefe unter der als Intro fungierenden Titelmelodie von „Terminator 2“ die Bühne betraten und im Grunde das taten, was man von ihnen erwartet hat: Schweinisch guten Rock in die Menge blasen und dabei vor Energie strotzen – das war erneut die offensichtliche Devise vor allem von Fronter Joel O’Keefe, dessen Hose wohl mit jedem Auftritt mehr und mehr in Mitleidenschaft gerät. Doch wie immer unterhielten seine Einlagen in allerbester Manier. So ließ er sich auf den Schultern einer der Grabenschlampen durch den Graben tragen und riffte dabei munter weiter. Auch seine Bierdosen-Routine sowie eine schöne Geste in Gedenken an Lemmy, welche die Form von Jacky Cola annahm, machten den sympathischen Rocker mit den Hummeln im Hintern nur noch sympathischer. Die Australier präsentierten sich auch insgesamt quicklebendig, selbst wenn die Band ihr Backdrop-Motiv immer noch nicht geupdated hatte und dieses noch das Covermotiv von „Black Dog Barking“ zeigte. Dennoch ließen sich AIRBOURNE nichts anmerken und schickten ihren Rock ohne große Umschweife in die Menge, die der Band praktisch von der ersten Sekunde an aus der Hand fraß.
Auf der Wera Tool Rebel Stage fanden sich am nicht mehr ganz so frühen Abend die Briten DYSCARNATE ein. Das Trio ging nach einem kurzen Intro direkt in die Vollen und legte mit „Of Mice And Mountains“ ein Death Metal-Brett vor, das für ein Trio, also ohne zweite Gitarre, überraschend druckvoll daherkam. Sehr tight ging es auch im Folgenden weiter. Dicht und von Blast Beats getrieben, ballerte „Cain Enable“ nicht weniger, hatte aber auch langsamere, schleppende Momente, die einen düsteren Vibe versprühten. DYSCARNATE drosselten das Tempo aber auch immer wieder durch Song-Intros, die weichere Übergänge zwischen den Stücken schafften und dem Publikum ein paar kleine Verschnaufpausen verschafften. Dieses verausgabte sich nämlich gehörig bei diversen Pits und strapazierte seine Nackenmuskulatur bis in den kritischen Bereich. DYSCARNATE lieferten den Zuschauern dafür einen harten Track nach dem anderen und stachelten sie auch mit Aufrufen wie „I wanna see some fucking violence“ weiter an. So forderten die Fans am Ende vehement eine Zugabe, die aus Zeitgründen aber leider nicht möglich war.
So ganz kommod machen konnte es sich der gemeine Horror-Connaisseur beim anstehenden Auftritt von KING DIAMOND noch nicht so recht, jedenfalls nicht zu Beginn. Bei hellem Tageslicht funktionierte die Kulisse und das Schauspiel einfach nicht auf der intuitiven Ebene, so dass etwas nachgeholfen werden musste. Doch glücklicherweise hat das den King nicht davon abgehalten, zu Hochform aufzulaufen und die Bühne mit seiner Präsenz für sich einzunehmen. Der Meister des Falsettgesangs hatte sich angesichts der Tageszeit nichts anmerken lassen. Und so bekamen die Fans, die sich zunächst zögerlich, dann immer bestimmter vor der Bühne versammelten, eine qualitativ hochwertige Vorstellung von KING DIAMOND kredenzt, welche die Umstände schnell vergessen ließ. Nicht nur sorgte das aufwändig gestaltete, gotische Bühnenbild mit allerlei Referenzen zu den Werken für entsprechende Stimmung. Die Qualität ging über reine Optik hinaus, zum Beispiel bei den in Kutten gehüllten Bühnenhelfern, die etwa den Sarg von Abigail stumm auf die Bühne zerrten. Auch die Schaustellerin, die während der Songs in verschiedene, zur jeweiligen Geschichte passende Figuren geschlüpft ist, brachte Leben auf die Bühne und in die Songs. Und nicht zuletzt war es auch die Quirligkeit des Kings höchstselbst sowie die leidenschaftliche Darbietung seiner Mitmusiker, vor allem Andy LaRocque und Mike Wead, die für einen denkwürdigen Auftritt voller magischer Momente quer durch das Werk des Kings sorgten. Von einer Backgroundsängerin tatkräftigt unterstützt beschwor, jaulte und schimpfte der King sich durch das Set, das mit „Masquerade Of Madness“ sogar einen brandneuen Song enthielt. Dadurch geriet der Auftritt in seiner Gesamtheit zu einem packenden Spektakel – aber auch einem, bei dem es dem geneigten Hörer schon mal kalt den Rücken herunter laufen konnte.
Was gibt es über NAPALM DEATH und ihren Auftritt zu sagen? Das ist eine sehr einfache Rechnung: Man nehme die Schmerzen vom vierten Festivaltag beim Aufstehen und rechne diese Mal 32 (weil Gründung 1987). Das dürfte so ungefähr die Anzahl der Songs sein, die die Briten im Laufe ihrer Karriere eingespielt haben – eine Mischung von 22 jungen und alten davon präsentierten sie bei ihrem Set am Freitagabend. Doch kam man als Zuschauer beim besten Willen nicht dazu, diese überhaupt mitzuzählen, nahmen Mark „Barney“ Greenway nebst Brutalo-Highspeed-Truppe doch gleich zu Beginn ihrer textlich meist gesellschaftliche Missstände anprangernde Spielzeit keine Gefangenen. Die Setlist war gespickt mit lauter Klassikern, besonderes Augenmerk fiel jedoch auf „Deceiver“ und „The Kill“, welche für – man glaubt selbst kaum, dass das überhaupt möglich war – noch mehr Circle Pits in den vordersten Reihen sorgten. Ansonsten blieb der Schuster bei seinen Leisten: Politische und sozialkritische Ansagen wurden wie eh und je mit großem Beifall quittiert und das an diesem Wochenende am liebevollsten ins Mikrofon krakelte „Niemand ist illegal!“ war natürlich auch zu hören. Eine kleine Verschnaufpause gab es mit dem vergleichsweise ruhigen und melodischen Stück „Self Betrayal“, welches sich in der Mitte der Setlist breit machte und das Publikum kurz schonte, bevor wieder größte Kraftanstrengung zu „Scum“ im Moshpit erforderlich war. Mit „Nazi Punks Fuck Off“ und dem alten Hasen „Siege Of Power“ „brachten NAPALM DEATH ihre Geiseln dann letztendlich am Ende ihrer Veranstaltung doch zur Strecke und wieder einmal durften wir ein weiteres glorreich chaotisches Set von den Birminghamer Jungs erleben, welche selbst nach dieser langen Zeit im Musikgeschäft keinerlei Anzeichen von Altersschwäche zeigten.
„Wolf schläft in mir. Wolf schleicht in mir. Wolf scharrt in mir. Denn jetzt bin ich. Jagd“. So begann ein mitreißender Auftritt, der nur einen Fehler hatte: die kurze Spielzeit. DORNENREICH sind keine Band für zwischendurch, sondern zum Hinhören und Hinsehen. Dass kurz vorm Start ein falscher Einspieler ertönte und der Sound in den ersten Minuten nicht ideal war, verbuchen wir als kleine Makel. DORNENREICH spielen Musik, die auch dann zum Schwelgen einlädt, wenn sie laut ist. Die stimmliche Bandbreite von Eviga und seine wie gewohnt authentische Energie entfachten sofort einen Sog, in dem manche Zuschauer verträumt und glücklich versanken – vor allem in Kombination mit dem Violinespiel von Inve und dem Klargesang des Bassisten. Was zieht her von welken Nächten? Lyrisch sind die Österreicher ja ohnehin eine Nummer für sich. Das rote Licht auf und vor der Bühne beim Lied „Eigenwach“ verdichtete die Atmosphäre passend. DORNENREICH schreiben Stücke, in die man fallen kann und die einen auffangen. Gut, dass der Sound schon bald ideal war, um die faszinierende Dramaturgie der Songs wirksam zu machen. Absolut einnehmend. „Manch’ Gedanke dringt zum Herzen als die Wucht aller Schmerzen, doch dies‘ bitterwonnige Beben ist mein Puls für inniges Leben. Trauerbrandung – Ich trinke Tränen. Ich schöpfe Kraft“. So endete eine Erfahrung.
Mit ihrem aktuellen Album „Reverence“ haben PARKWAY DRIVE das Korsett des Metalcore endgültig abgestreift und atmen seitdem Stadionluft. Dementsprechend hoch waren die Erwartungen an die Headliner-Show der Australier am Festivalfreitag, zu der die Band gleich mit einer ganzen Riege von Nightlinern angereist kam. Was sich schon den ganzen Tag über anhand der zahlreichen Bandshirts auf dem Festivalgelände abgezeichnet hatte, bewahrheitete sich, als nach dem Ende des opulent inszenierten Rocktheaters von KING DIAMOND die Massen aufs Battlefield strömten: PARKWAY DRIVE sind auf dem vorläufigen Gipfel ihrer Beliebtheit angelangt.
Eine Viertelstunde später als geplant verkündete ein endzeitlich körniges Video untermalt von einem elektronischen Remix aus Winston McCalls Gesangsfetzen die Ankunft der Band. Anstatt über den Backstage-Bereich der Hauptbühne bahnten PARKWAY DRIVE sich, von vermummten Fackelträgern begleitet, ihren Weg mitten durch die dicht stehende Menge und auf die Bühnenbretter. Kurz nach dem atmosphärisch-akustischen Spoken Words-Intro von „Whishing Wells“ explodierte die erste Publikumswelle mit einiger Urgewalt im treibenden Riffing des Eröffnungssongs des aktuellen Albums „Reverence“. Ohne Atempause folgte mit dem Über-Ohrwurm „Prey“ das kollektive Springen, bevor Shouter Winston McCall angesichts der Publikumsreaktionen zum ikonischen „Carrion“ die Frage stellte, ob das SUMMER BREEZE wohl das Crowdsurfing-Festival der Saison sei? Eine berechtigte Schlussfolgerung, flogen doch neben Rollstuhlfahrern auch mehrstöckige Surfboard-Konstruktionen aus Menschen über die zahlreich gereckten Hände.
Bei so viel Aktivität vor der Bühne fiel zunächst gar nicht auf, dass Bassist Jia O’Connor die ersten zwei Songs des Sets von hinter dem Vorhang bestritt, bevor er in einem Rollstuhl auf die Bühne geschoben wurde. Der Surfer-Lifestyle hat nun einmal seinen Preis, und dass man Shows auch im Sitzen bestreiten kann, hatten PARKWAY DRIVE bereits in der Vergangenheit bewiesen. Als Ausgleich durfte O’Connor später das groovende „Absolute Power“ auf einer Art Hebebühne performen – ebenso wie die Streicherinnen, die im weiteren Verlauf des Sets hoch über den Köpfen der Band „Writings On The Wall“ und „Shadow Boxing“ eine völlig neue Live-Epik verliehen.
„Wild Eyes“ und „Chronos“ boten danach noch einmal ausgiebige Gelegenheit zum Mitsingen, bevor PARKWAY DRIVE im Schlussakkord die Bühne zu „Crushed“ und „Bottom Feeder“ endgültig in Flammen setzten. Ein triumphaler Auftritt einer Band, die mittlerweile in allen Belangen ganz oben mitspielt.
Auf der T-Stage war den versammelten SUMMER-BREEZE-Besuchern die Vorfreude ob des Auftritts von ZEAL & ARDOR schon ins Gesicht geschrieben, bevor das Intro das Set der Band einläutete. Dieses setzte zur Erleichterung aller wenig später ein und hatte mit seinem Dubstep-Flair interessante, wenn auch unerwartete Einflüsse. Mit „In Ashes“ legten ZEAL & ARDOR richtig los, gingen es aber zuerst langsam an. Während ein markerschütternder Bass die Magengruben aller Anwesenden durchdrang, intonierten Fronter Manuel Gagneux und seine beiden Co-Sänger Denis Wagner und Marc Obrist mal im Chor und mal abwechselnd die an afroamerikanische Spirituals angelehnten Lyrics. So erschufen sie bereits innerhalb der ersten Minute des Sets eine Atmosphäre, die wohl in der ganzen Musikwelt ihresgleichen sucht. Dieses Markenzeichen der Band prägte die meisten Songs des Sets, ohne dabei repetitiv zu wirken. Die kraftvollen, sonoren Stimmen der drei Sänger gepaart mit den souligen Gesangsmelodien trafen direkt ins Innerste und versetzten in einen ganz besonderen Zustand. Das zweite Standbein von ZEAL & ARDOR ist aber bekanntlich der (Post) Black Metal, den sie alsbald auf das SUMMER BREEZE-Publikum losließen. Das regelrechte Geballer trat mal erwartet und mal sehr plötzlich ein und wirkte nach den oft emotional aufwühlenden ruhigen Stellen kathartisch. Das Spektrum an Emotionen, das ZEAL & ARDOR bei ihren Zuschauern auslöste, zeigte sich in den Reaktionen des Publikums. Von verträumter Melancholie bis hin zu Ausbrüchen aggressiven Headbangens war alles vertreten. Die Schweizer konnten es sich nicht zuletzt aufgrund der starken Wirkung ihrer Musik leisten, auf Ansagen weitestgehend zu verzichten. „Wir reden nicht viel, ich hoffe, das ist OK“, kündigte Manuel Gagneux bereits zu Anfang des Sets an. Erst vor dem letzten Song meldete er sich wieder zu Wort, um ebenjenen anzukündigen. Somit ging ein sehr aufwühlender Auftritt gefühlt viel zu früh zu Ende und hinterließ das Publikum von ZEAL & ARDOR mehr als geplättet.
Da die vor ihnen spielenden PARKWAY DRIVE bereits einen großzügigen Zeitversatz mitbrachten, konnten HAMMERFALL erst eine knappe halbe Stunde nach angekündigtem Beginn mit ihrem Auftritt starten. Dies tat der grandiosen Stimmung auf und vor der Bühne jedoch keinen Abbruch. Die Band startete stark mit routiniertem „wir haben die Haare schön“-Rhythmusballett im Dreierpack, streng sortiert nach Haarfarbe von Gitarrist zu Bassist und ließ mit „Legion“ gleich den ersten Kracher auf die rotierende Menge los. Dass Joacim Cans bei „Renegade“ dann direkt mit der zweiten Strophe startete, um dann wieder in die erste zu wechseln, nahm ihm niemand übel – es war doch schon ordentlich spät. Auch der auffallend spärliche Einsatz der Kopfstimme störte niemanden sonderlich. Nach einer Reise quer durch gute alte Zeiten mit Smashern wie „Riders Of The Storm“ oder „Blood Bound“, als die Fans sich bierselig in den Armen lagen und die Rückkehr eines Helden im Song „Hero’s Return“ besangen und „Any Means Necessary“ ergriffen um den „walk down memory lane“ mit „Hector’s Hymn“ zu krönen, dachte man, es könne besser gar nicht mehr werden. Doch weit gefehlt! Frenetischer Jubel folgte auf die Ankündigung von Cans, heute sei „Dominion Day“, also Release-Tag des neuen HAMMERFALL-Albums „Dominion“, worauf selbstredend gleich das nächste Schmankerl in Form der neuen Single „One Against The World“ im erprobten HAMMERFALL-Stil serviert wurde. Selbst alberne Ratespielchen á la „I say Hammer – you say what?“ wurden unter großem Hallo und Applaus gefeiert und eifrig zelebriert und entlockten dem HAMMERFALL-Frontmann ein entrücktes „Isch bin geil“. Der Abend endete für jeden HAMMERFALL-Liebhaber in einem Rausch aus Glückshormonen mit einem überragenden Dreier aus „Templars of Steel“, der letzten Single „(We Make) Sweden Rock“ und „Hearts On Fire“.
CRIPPLED BLACK PHOENIX existieren zwar schon seit mittlerweile 15 Jahren, einem breiteren Publikum wurden sie aber erst seit ihrem Signing durch Season Of Mist zugänglich. Auch bei den SUMMER BREEZE-Machern schlug das bei den Franzosen erschienene, aktuelle Album „Great Escape“ schon während des laufenden Festivals 2018 wie eine Bombe ein und setzte die Booking Maschinerie quasi ad hoc in Gang. So war es dann auch kein Wunder, dass die Band in diesem Jahr auf der Bühne stand – wohlgemerkt in achtköpfiger Vollbesetzung. Drei Gitarristen (übrigens inklusive Nikita Kamprad von Der Weg Einer Freiheit) und zwei Keyboarder nebst den „üblichen“ Verdächtigen ließen die Wera Tools Rebel Stage aus allen Nähten platzen und waren nach den sensationellen ZEAL AND ARDOR die zweite Band das Abends, die offenkundig gar nichts von Genre-Grenzen hält. Schubladendenken war hier völlig fehl am Platz, CRIPPLED BLACK PHOENIX pendelten schlafwandlerisch sicher zwischen allem, was das riesig breite Feld zwischen Classic Rock, Prog und Art Rock, Post Rock, Dark Wave, Electronica, Alternative, Psychedelic und gar einer Prise Black Metal zu bieten hat. Von überbordendem Bombast war die Band um die Masterminds Justin Greaves und Daniel Änghede aber weit entfernt. Viel mehr machte eine im Subtext immer mitschwingende, tiefe Melancholie klar, wieso CRIPPLED BLACK PHOENIX ihre Musik selbst als „Endzeitballaden“ bezeichnen. Insbesondere die intensiven, ausufernden Instrumental-Passagen luden die teilweise überlangen Kompositionen mit einer apokalyptischen Schönheit auf und verleiteten zum Abschalten und Treiben lassen. Wer die Chance hat, sollte sich diese Briten im Rahmen einer Clubshow auf keinen Fall entgehen lassen.
THY ART IS MURDER sind mittlerweile eine gut geölte Maschine. Alle zwei Jahre wird ein – immer ziemlich gutes – Album veröffentlicht und danach wird die Ochsentour um die Welt angetreten. Die Australier haben sich dadurch eine große Gefolgschaft erspielt und konnten so kurz nach der Geisterstunde auf einen zum Bersten vollen Platz vor der T-Stage herabblicken. Die Band ging mit „Death Squad Anthem“ von ihrem neuen Album „Human Target“ direkt in die Vollen und präsentierte sich in bester Spiellaune. Zu „Holy Wars“ wurde es dann auch feurig: Sänger C. J. McMahon dirigierte gestenreich diverse Feuerfontänen während das Publikum lautstark jedes Wort mitgröhlte. Danach folgte gleich der nächste Höhepunkt. Wer sich vielleicht erinnert, vor vier Jahren waren THY ART IS MURDER zum letzten Mal auf dem SUMMER BREEZE zu Gast. Damals kam es zu einem der größten Circle-Pits, den das Festival je gesehen hatte, und zwar um die Wellenbrecher und das FOH herum. Das wollte C. J. dieses Jahr toppen und forderte einen noch größeren Pit. Was bei „Slaves Beyond Death“ auch gelang, was er mit einem „Danggee fucking scheeeen“ quittierte. Auch in der Folge blieb das Energie-Level hoch und THY ART IS MURDER beendeten ein absolut starkes Set mit „Human Target“. Das Gebotene kann eigentlich mit einem einzigen Wort zusammengefasst werden: Abriss.
Zum Abschluss des Tages auf der Main Stage hatte sich das SUMMER BREEZE einen richtigen Kracher aufgespart, denn niemand geringeres als die legendären EMPEROR machten Dinkelsbühl endlich ihre Aufwartung. Die exklusive Deutschland-Show für dieses Jahr wurde zuvor zwar nicht als Special Gig angekündigt (wie es etwa der Fall bei CRADLE OF FILTHs und ihrem „Cruelty And The Beast“-Set am Donnerstag der Fall war). Wer jedoch seit 2017 Augen und Ohren offen hielt und nicht unter einem Stein gelebt hat, konnte sich Hoffnungen auf ein besonderes Set machen – und wurde nicht enttäuscht. Die Mannen um Mastermind Ihsahn und Gitarrist Samoth machten schon ab Intro und erstem Song keinen Hehl draus, dass EMPEROR auch hier und heute ihren Meilenstein „Anthems To The Welkin At Dusk“ in Gänze darbieten würden. Dazu mogelten sich mit „Curse You All Men!“, „I Am The Black Wizards“ und „Inno A Satana“ drei albumfremde Songs in die Setlist und rundeten einen in fast jeglicher Hinsicht majestätischen Auftritt ab. Zwar führten technische Probleme ab und an zu verlängerten Pausen zwischen den Songs und hemmten so etwas den Fluß. Der Stimmung, respektive Gesamtdarbietung, tat das aber keinen Abbruch. Dreh- und Angelpunkt war natürlich der Ursympath Ihsahn, der geradezu stoisch tiefenentspannt durch den hauptsächlich blau und grün ausgeleuchteten Abend führte und stimmlich sowohl bei harschem als auch klarem Gesang eine gute Figur machte. Zu solch später Stund war der Platz vor der Main Stage zwar nicht mehr brechend voll, zumal EMPEROR aufgrund der Verzögerungen bei PARKWAY DRIVE und HAMMERFALL satte 35 Minuten später anfangen mussten. Dass die Norweger aber trotzdem noch als höchst relevantes Zugpferd durchgehen, zeigte sich nicht nur an der Publikums-Resonanz sondern auch der Tatsache, dass das Bandmerch bereits zwei Tage vor dem Gig fast vollständig ausverkauft war. Was EMPEROR vor beinahe 15 Jahren mit ihrer Reunion (wieder)begannen, hat heute immer noch nicht den Reiz des Besonderen verloren.
Zu später Stunde wurde es auf der Wera Tool Rebel Stage noch mal so richtig düster, denn die Färöer HAMFERÐ brachten ihren Doom Metal aus dem hohen Norden mit. Bereits das Intro dröhnte, sodass es einem flau in der Magengrube wurde. Mit tief gestimmten Gitarren und den Growls von Sänger Jón Aldará legten HAMFERÐ dann death-doomig los, bevor sie etwas später mit Klargesang ein wenig sanftere Töne anschlugen. Die sehr angenehme und spezielle Singstimme des Fronters dominierte den Großteil des Sets, auch wenn die Growls insgesamt nicht zu kurz kamen. Musikalisch blieb es aber natürlich im positivsten Sinne zäh und beklemmend. Die Optik der Band mochte auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig wirken, doch in ihren besten Sonntagsanzügen verliehen HAMFERÐ ihrem Auftritt ein wenig den Vibe einer Trauerfeier oder Beerdigung. So gesehen passte es dann eben doch zusammen. Im letzten Drittel des Sets gab die Band schließlich etwas mehr Gas und ließ verstärkt Death- und Black-Elemente einfließen. So kam noch mal Bewegung ins Publikum, das die Abwechslung dankend annahm.
Wer gehofft hatte, den Freitag auf dem SUMMER BREEZE gemütlich ausklingen lassen zu können, war bei CYPECORE auf der T-Stage an die Falschen geraten. Hier stand Weltuntergangsstimmung auf dem Programm, was zum einen am Konzept der Band lag, und zum anderen an der Feuerwehrpräsenz. Es versprach also, gleich in mehrfacher Hinsicht heiß zu werden. Pünktlich ging es dann auch mit dem Intro zu „The Alliance“ los, das die Band nach ihrem umjubelten Einzug auf der Bühne unter Pyro-Begleitung hinterherjagte. Das Publikum zeigte sich von Beginn an textsicher und proklamierte laut „cause we are one!“. Verschnaufpausen hatten CYPECORE nicht eingeplant, denn sie schoben ein tightes Brett nach dem anderen nach und gaben den Grabenschlampen zu später Stunde noch mal richtig zu tun. Eine Wall of Death und ein nicht enden wollender Pit komplettierten das Kampftraining, das es zur CYPECORE-Show kostenlos dazu gab. Sobald die Band es sich dann doch erlaubte, einige Sekunden Stille zwischen den Songs zuzulassen, erklangen laute „CYPECORE“-Rufe aus der Menge. Die Melodic Deather legten an diesem Abend eine wirklich beeindruckende Show hin, musikalisch betrachtet, aber auch darüber hinaus. Von der eigentlichen Performance über imposante Feuersäulen bis hin zu vermummten Gestalten, die mit Nebelkanonen schossen – hier wurde alles aufgefahren, um diesen CYPECORE-Auftritt für das SUMMER BREEZE-Publikum zu einem Highlight werden zu lassen.