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- Summer Breeze 2016
- Donnerstag, 18.08.2016
- Freitag, 19.08.2016
- Samstag, 20.08.2016
EISBRECHER sind mit ihren elektrolastigen Neue Deutsche Härte-Sounds eher Exoten auf dem SUMMER BREEZE. Über Publikumsmangel können Alexander Wesselsky und seine Mannen sich nun allerdings überhaupt nicht beschweren. Vor der Pain Stage drängen sich die Fans dicht an dicht und direkt beim treibenden Eröffnungssong „Verrückt“ tobt die Menge. EISBRECHER ernten in der Folge nach ausnahmslos jedem Song frenetischen Applaus. Was der ehemalige DMAX-Checker zwischen den Songs so von sich gibt, scheint vollkommen egal zu sein, denn die Meute frisst ihm so oder so aus der Hand. Wesselsky regiert die Bühne während der Rest der Band sich eher im Hintergrund hält. Nach dem dritten Song macht er eine klare Ansagen gegen den massiven Gebrauch von Handys auf Konzerten. „Wie wäre es damit: Wir machen jetzt ein paar Posen, damit ihr Fotos machen könnt und dann packt ihr die Dinger weg. Okay?“, bietet er an. Danach wird noch kurz der Pokérap zitiert. „Ich halte es ja für einen Fehler auf son‘ Quatsch zu stehen, aber Fehler machen Leute“, gibt Alexx sein Statement zu Pokémon-Go ab und leitet damit zum nächsten Song über. Dank einer perfekt eingespielten Band tanzt mittlerweile das gesamte Publikum. Die „Noch ein Bier!“-Rufe haben sich die EISBRECHER-Fans wohl beim gestrigen SABATON-Auftritt abgeguckt. Und auch wenn hier nicht so viel Bier geext wird wie bei den Schweden, bekommen die Fans, was sie verlangen. Bei „Eiszeit“ regnet es später dann Konfetti auf der Bühne. „This Is Deutsch“ wird von großen Schildern begleitet auf den allseits bekannte Dummsprüche wie „Das wird man wohl noch!!!“ oder „Ich bin ja nicht, aber!“ prangen. Und schließlich wird natürlich auch dem Wunsch nach „Miststück“ nachgegeben. Eine XXL-Version des Klassikers von Wesselskys Ex-Band MEGAHERZ beschließt ein durchweg mitreißendes Konzert.
Wer beim Zusammenstellen seiner persönlichen Running Order vor Festivalbeginn auch Bands der Camel Stage mit einbezogen hat, dürfte an den Belgiern von BLIKSEM hängen geblieben sein. Der Genremix aus Thrash- und melodischem Heavy Metal, lockt auf dem Promofoto, neben schweren Lederjacken auch mit der wirklich ansehnlichen Frontfrau Peggy. Da ARCH ENEMY allerdings zeitgleich die Main Stage mit rausgeputzter Frontfrau in Schutt und Asche legen, entscheidet sich die Sängerin der Antwerper für die andere Alternative und geht ungeschminkt, mit weitem Shirt und barfuß auf die Bühne. Viel schöner konnte die Band ihren rohen und brachialen Sound kaum visualisieren, denn Schminke und Tamtam haben BLIKSEM bei so viel Talent einfach nicht nötig. Stattdessen überzeugen sie die versammelten Fans mit einer extrem energiegeladenen Show, bei der mit „Twist The Knife“ und „Face The Evil“ nicht nur songtechnisch alle Highlights der Band präsentiert werden, sondern auch Fannähe bewiesen wird. Sängerin Peggy lässt es sich schließlich für ihr Finale mit „The Life On Which I Feed“ nicht nehmen, barfuß durch den steinigen Graben zu tanzen. Von BLIKSEM wird man in Zukunft hoffentlich mehr hören!
NASTY aus La Calamine in Belgien haben seit ihrer Gründung im Jahr 2004 eine ordentliche Karriere mit fünf Alben hingelegt. Völlig verdient dürfen sie sich entsprechend heute auf der T-Stage (oder wie die Band auf ihrer Facebook-Seite ankündigt: Testosterone Stage) des SUMMER BREEZE die Ehre geben. Die Hardcore-Jünger drängen sich erwartungsvoll zwischen den Wellenbrechern und NASTY demonstrieren vom ersten Takt an, dass sie hier keine Gefangenen machen. Der frische Beatdown-Core des Quartetts knallt wie eine Panzerfaust und die Grabenschlampen werden ordentlich gefordert, denn das Publikum gönnt ihnen kaum Zeit zum Verschnaufen. Wer nicht gerade die Füße über den Köpfen der Anderen hat, singt lauthals mit oder mischt einen der zahllosen Moshpits auf. Das Zelt mag zwar nur zur Hälfte gefüllt sein, aber hier wird härter gefeiert als zeitgleich vor der gut besuchten Pain Stage mit MASTODON. Sänger Matthias dankt es dem Publikum in Worten, vor allem aber mit seiner unglaublichen Energie und Brutalität, die er mit jedem Song neu entfacht. Als Höhepunkt springt er selbst in den Graben, klettert auf den Wellenbrecher und brüllt den Crowdsurfern entgegen, ehe er noch einmal zu einem Circle Pit aufruft, der das Zelt regelrecht zu zerreißen droht. Die Erde dampft, als NASTY zu tosendem Applaus von der Bühne ziehen und dem Publikum wurde eine Show geboten, die sich so schnell nicht vergessen lässt.
Das psychedelische Backdrop und ein ebenso psychedelisches Intro lassen nur einen Schluss zu: es ist Zeit für MASTODON. Nachdem der für 2015 angekündigte Auftritt kurzfristig abgesagt wurde, können sowohl die Band als auch die Fans das jetzt endlich nachholen. Dementsprechend ist es vor der Pain Stage brechend voll als Gitarrist Brent Hinds die Bühne stilecht in einer weißen Fransenjacke betritt. Ansonsten gibt es optisch wenig Auffälligkeiten, da lassen MASTODON lieber die Musik für sich sprechen. Die Gesangsperformance war in der Vergangenheit gelegentlich ein Schwachpunkt der Live-Shows des Quartetts, davon ist heute nichts zu spüren und vor allem Bass-Guru Troy Sanders zeigt sich stimmlich in Höchstform. In längeren Instrumentalpassagen räumt er den vorderen Bühnenteil und macht Platz für seine Gitarrenkollegen. Vor allem Brent Hinds nutzt das für ausgiebiges Posing. Musikalisch sind die Amis ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Angetrieben von Schlagzeug-Übermensch Brann Dailor stacheln sich MASTODON gegenseitig zu Höchstleistungen an. Das aktuelle Album „Once More ‚Round The Sun“ dominiert mit vier Songs den Anfang des Konzerts bevor dann nach etwa der Hälfte des Sets die ersten Ansagen kommen. Mit Rufen wie „Was los?“ zeigt vor sich vor allem Hinds sehr humorvoll. Die Crowd geht derweil zu „Bladecatcher“ steil. Und im letzten Drittel folgt Hit auf Hit. Zu „The Wolf Is Loose“ bilden sich im Publikum immer mehr Moshpits bevor beim abschließenden Klassiker „Blood And Thunder“ vollends alle Dämme brechen und Troy Sanders sich sogar auf dem Drumriser austobt. Die Liebe, die die Band fürs Festival kundtat (Troy Sanders: „Mastodon loves SUMMER BREEZE!“) beruht auf Gegenseitigkeit.
ONE I CINEMA aus Osnabrück formen sich um Bandkopf Marco Meyer, der das Mikro und die Lead-Gitarre bedient. Das charismatische Quartett konkurriert zur Prime Time des heutigen Festivalabends mit den gleichzeitig auftretenden MASTODON um Zuschauer. Dennoch sammelt sich eine kleine, aber treue Schar vor der Camel Stage, um dem eingenwillig-eingängigen Rock mit Weltschmerz-Attitüde zu lauschen. ONE I CINEMA punkten mit Ohrwurmpotenzial und geschmeidigen Riffs, die zum Mitwippen einladen. Schnell haben sie das Publikum damit auf ihrer Seite, dirigieren die erhobenen Hände des harten Kerns direkt vor der Bühne und können so manchen vorbeistreunenden Unbeteiligten zum Stehenbleiben motivieren. Dabei bedienen die vier Jungs mit Titeln wie „Broken Hearts“ oder „I Will Never Say Goodbye“ eher die Softie-Schiene und navigieren somit knapp am akustischen Leitmotif der hiesigen Veranstaltung vorbei – aber vermutlich ist es gerade das, womit sich ONE I CINEMA in einer halben Stunde erfolgreich einen Platz im Herzen der Anwesenden erspielt haben.
Gerade erst zwei Jahre ist es her, dass CARCASS zuletzt auf der Main Stage des SUMMER BREEZE bewundert werden konnten. Die Grindcore/Death-Veteranen Jeff Walker und Bill Steer zeigen aber glücklicherweise keinerlei Anzeichen von Altersschwäche. Stilecht reißt das Quartett ohne Umschweife ein Set herunter, das die Wurzeln im Punk und Grindcore ebenso zelebriert, wie das Meilensteinalbum „Heartwork“ und den aktuellen Longplayer „Surgical Steel“ aus dem Jahr 2013. Die Nähe zu ihrem ehemaligen Gitarristen Michael Ammot halten die Briten zumindest raum-zeitlich, schließlich hat er mit ARCH ENEMY gerade erst die Main-Stage geräumt. In Sachen Dynamik und Humor zeigen sich CARCASS indes eher „very British“: Jeff Walker fragt zwar gelegentlich nett nach, ob man denn unten wohl noch ein weiteres Lied hören wolle und ob sich irgendwer auf Slayer freue. Davon abgesehen prügeln die Herren ihr Set aber ohne viel Regung und Brimborium durch. Den spektakulärsten Gefühlsausbruch bei Walker erleben wir, als ein aufgepustetes Kondom über der Menge schwebt. („Oh! A condom.“) Der Rest ist einfach nur Death Metal vom Feinsten. Well done, Gentlemen!
Die im Jahr 1995 von den Sorvalli-Brüdern gegründete Pagan Metal Band MOONSORROW steht mit ihren finnischen Texten vor allem für epische Songlängen. Wer es schafft, ein 70-minütiges Album mit gerade mal zwei Songtiteln zu produzieren, hat vermutlich Schwierigkeiten, ein ausgewogenes Liveset über 45 Minuten zusammen zu stellen. MOONSORROW nehmen die Hürde allerdings bravurös: Live sind die Finnen inzwischen leider ohne Keyboarder Henry Sorvali (aka Trollhorn von FINNTROLL) unterwegs, aber wie man an den Songs „Ihmisen Aika“ und „Jumalten Aika“ unschwer anhört, ist er am Songwriting noch maßgeblich beteiligt. Diese beiden Titel vom aktuellen Album „Jumalten Aika“ ummanteln heute zwei klassische Ohrwürmer der frühen Alben „Voimasta Ja Kunniasta“ und „Suden Uni“. Mit vier Titeln ist die Setlist fett gefüllt und wie gewohnt errichten MOONSORROW eine so dicke Soundwand, dass die ca. 3000 hier anwesenden Headbanger nur vergebens versuchen können dieses Konstrukt einzureißen. Die Finnen überzeugen ganz klar und zwar mit Klasse, statt Masse.
Von einem Geheimtipp kann im Falle von WINTERSTORM längst keine Rede mehr sein. Der Platz vor der Camel Stage reicht kaum aus, um alle an der Band interessierten Fans aufzunehmen. Die Menge kommt der Eintrittsschleuse gefährlich nahe und lässt sich auch in Sachen Mitklatschen und Mitsingen nicht lumpen. Leichtes Spiel also für die Franken, die just heute ihr neues Album „Cube Of Infinity“ veröffentlichen. Den Titeltrack nutzt man direkt als Opener und mit „Timeshift“ gibt es später noch einen weiteren neuen Song zu hören. Bleibt noch Platz für drei weitere Songs auf der Setlist, die paritätisch aus den früheren Alben der Band ausgewählt werden. WINTERSTORM würzen ihren Power Metal-Sound mit einer gesunden Prise Folk und leben von den hymnischen Refrain-Melodien, bei denen Sänger Alexander Schirmer einen gewaltigen Fan-Chor anführen kann. Auch die Menge an Crowdsurfern, die vom bärtigen Ordner im Graben mit breitem Grinsen in Empfang genommen werden, ist immens hoch. Wie es aussieht, könnten WINTERSTORM bei einem eventuellen zukünftigen Engagement auch auf einer der größeren Bühnen mühelos bestehen.
Mehr als zwanzig Jahre Bandgeschichte, teilweise noch unter anderen Namen, können COHEED AND CAMBRIA mittlerweile vorweisen. Inhaltich befassen sich die Texte der Amerikaner jedoch bekanntlich mit „The Amory Wars“, einer von Frontmann Claudio Sanchez erdachten Comic-Serie um das Ehepaar Coheed und Cambria Kilgannon, ihrem Sohn Claudio und dem Machtkampf in Heaven‘s Fence – der Planetenkonstellation, die durch das Logo der Band dargestellt wird. Von den acht Studioalben der Prog-Rocker geht es lediglich auf der aktuellsten Platte „The Color Before The Sun“ (2015) nicht um die Coheed-Saga. Den Zuschauern vor der Bühne kann das alles egal sein, denn bei den Konzerten stand schon immer die Musik im Vordergrund und nicht die Story dahinter. Und das reicht auch völlig: das Zelt ist am heutigen Abend zugut zwei Dritteln gefüllt und vor dem Auftritt tönen bereits lautstarke „Coheed“-Rufe, die klar machen: es sind Fans anwesend. Da sind sie richtig, denn auf Set-Startposition Nr. 1 gibt es direkt einen heftigen Nostalgie-Einschuss: „In Keeping Secrets Of Silent Earth 3“ war zu Beginn des Jahrtausends eine Universalhymne, die auch 2016 noch ihre ganze Suchtfaktor-Gewalt entfacht und das gute alte „Man Your Own Jackhammer!“ tönt in dieser Nacht aus tausenden, seligen Kehlen. Dass die vorderen Reihen überwiegend von Menschen bevölkert werden, die ihre CD-Sammlungen in den 90-ern gegründet haben, erstaunt nicht. Lockenmonster Claudio Sanchez sieht die meiste Zeit aus wie Vetter It von der Addams Family, wenn er sich das Mikro in eine Wand aus Haaren drückt. Den Rest der Zeit hüpft er wie ein Flummi über die Bühne und präsentiert sich mit seinen Bandkollegen leidenschaftlich, geschmeidig und energiegeladen. Dabei bieten sie einen guten Mix aus Altbekanntem, allem voran die Klassiker „No World For Tomorrow“ und „A Favor House Atlantic“. Mit „Island“ und „Eraser“ sind jedoch auch zwei echte Kracher vom aktuellen Album vertreten. Als kleines Bonbon schmuggeln die New Yorker eine Coverversion von NIRVANAs „Drain You“ dazwischen, die sich nahtlos ins Set fügt, bevor Sanchez die doppelhälsige Gitarre auspackt und zum Abschluss das unvermeidliche „Welcome Home“ anstimmt. Sichtlich erfreut über den großen Zuspruch der Menge, winken COHEED AND CAMBRIA noch einmal und hinterlassen eine selige Horde im Zelt zurück.
Vor der Main Stage ist das Gedränge schon so groß, dass fast kein Durchkommen mehr ist, als ARCH ENEMY ihr Set mit einer vollen Breitseite namens „Khaos Overture“ beginnen. Auch die Anzahl der Sanitäter und der Feuerwehrleute ist deutlich aufgestockt worden, man ist also auf alles vorbereitet. ARCH ENEMY sind vor allem eins: Schnell. Passagenweise könnte man ihnen fast das Label Speed Metal aufstempeln, doch dann kommen sie in Songs wie „Bloodstained Cross“ mit Melodien um die Ecke, die klarstellen, wieso sie nach wie vor am besten mit Melodic Death tituliert werden. Schon zu Beginn des Sets geht es in der Menge ordentlich ab. Immer wieder bilden sich Circle Pits, und die Grabenschlampen werden von den zahllosen Crowdsurfern mal wieder einem Dauer-Stresstest unterzogen. Zeitweise hält es nicht mal die Rollstuhlfahrer mehr am Boden. Auf der Bühne hat sich das Gitarren- und Bass-Trio, das erst vor kurzem durch den Amerikaner Jeff Loomis ergänzt wurde, bereits super eingespielt. Genau wie die Musiker ist auch der blaue Haarschopf von Sängerin Alyssa White-Gluz immer in Bewegung. Zusätzlich zu ihrer genialen Show mit reichlich Interaktion zwischen den Bandmitgliedern und dem Publikum lässt die aus mittlerweile drei Nationen zusammengewürfelte Band außerdem noch imposante Feuersäulen in den (Bühnen-)Himmel steigen. Gleich sieben Songs werden so von der eindrucksvollen Pyrotechnik untermalt. Vor allem Klassiker wie „War Eternal“, „My Apocalypse“ und „Nemesis“ lassen die Menge in Begeisterung ausbrechen. Letzterer Song stellt vor dem Outro auch den letzten Song des Sets dar, und natürlich kann dieser nicht ohne das obligatorische Fahnenschwingen zu Ende gehen. Schmerzlich vermisst wird aber sicherlich bei sehr vielen der all time classic „We Will Rise“, den ARCH ENEMY überraschender Weise allgemein nicht mehr oft zu spielen scheinen.
Es ist schon ein schweres Los, das BURNING DOWN ALASKA da gezogen haben: ein halbstündiges Set, während aus Richtung der Main Stage eine gewisse Thrash-Metal-Band namens SLAYER lärmt – vielleicht hat schon jemand von ihnen gehört? Ein schweres Los? Mitnichten! Die Band spielt selbstbewusst und völlig unbeeindruckt vom Geschehen nebenan ihren poppigen, emotionalen Post-Hardcore mit harten Grooves und vielen Melodien, während das zweiköpfige Sängergespann Kassim Auale und Tobias Rische keine Gelegenheit auslässt, mit der Crowd zu interagieren. Apropos: vor der Camel Stage-Bühne ist die Hölle los. Das Publikum scheint geradezu hypnotisiert zu sein und macht so ziemlich alles mit, was die blutjunge Truppe aus Recklinghausen verlangt. Circle Pit, Wall Of Death, Stagediving, kollektives in die Hocke gehen und dann Springen? Kein Problem, die Fans hängen der Band förmlich an den Lippen. Unterdessen haben die Grabenschlampen mit den Crowdsurfern – vor allem gegen Ende des Sets – alle Hände voll zu tun und Rische lässt es sich nicht nehmen, auf das Gerüst der Bühne zu klettern. Es herrscht eine wahnsinnige Stimmung auf und vor der Bühne, sodass dieser Auftritt allen Beteiligten noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Das „Battlefield“ ist bis zum Horizont gefüllt und die neu eingeführten Boxen an den Towern garantieren, dass auch wirklich jeder hier anwesende Fan ordentlich auf die Ohren bekommen kann. Legenden-Glanz im Headliner-Slot sollte dem SUMMER BREEZE dieses Jahr eigentlich durch MOTÖRHEAD beschert werden – als Hommage an diesen edlen Plan sind auf dem Gelände daher „SÜMMER BREEZE“-Shirt im MOTÖRHEAD-Stil erhältlich. Aber wer SLAYER kennt, weiß dass auch diese „Louder Than Everything Else“ sein können. Den gesamten Tag konnten bereits Aufbauarbeiten für einen garantiert gigantischen SLAYER-Auftritt im Backstagebereich um die Main Stage herum beobachtet werden. Die Spannung steigt, das Intro läuft an und sorgt erst mal für irritierte Blicke: „Thunderstruck“ von AC/DC beginnt, die Fans verstehen aber sofort, was von ihnen erwartet wird und so erschallt statt dem gewohnten „Thunder!“ ein zigtausendfach gebrülltes „SLAYER!“, das man wohl auch noch im „benachbarten“ München gehört hat. Dann betreten die lebenden Thrash-Legenden die Bühne und starten ihr Set routiniert mit „Repentless“ vom aktuellen Album. Kaum eine Band hat so viele Klassiker in der Hinterhand, wie die Kalifornier und so ist die Zusammenstellung der Setlist ziemlich naheliegend. Ohne Songs wie „War Ensemble“, „Mandatory Suicide“ oder „Seasons In The Abyss“ gilt ein SLAYER-Set nunmal nicht als gelungen. Das „Thrash-Pack“ um Fronter Tom Araya wird im Verlauf ihrer inzwischen über einjährigen „Repentless“-Tour souverän den Ansprüchen der Fans gerecht und feuert mit absoluter Professionalität einen Hit nach dem anderen in die Menge. Unterbrochen wird diese Monstershow lediglich durch das sympathische Lächeln von Sänger Araya, der vor jeder Ansage erstmal abwartet und die „SLAYER“-Rufe der Fans auf sich wirken lässt. Nach dem All-Time-Favourite „South Of Heaven“ wird das Backdrop gewechselt und somit dem 2013 verstorbenen Gründungsmitglied Jeff Hannemann gehuldigt. Auch wenn dieser inzwischen von EXODUS-Mastermind Gary Holt vertreten wird, ist sein Erbe mit einem legendären Finale in Form von „Raining Blood“, „Black Magic“ und dem unverkennbaren „Angel Of Death“ präsent. SLAYER kamen, zerstörten und gingen! Diesen Auftritt wird das SUMMER BREEZE so schnell nicht vergessen.
Während SLAYER auf der Mainstage performen, feiert vor der Tentstage eine zwar von mehreren Tagen Festivalaction gezeichnete, aber mannstarke Menge zur schwedischen Death Metal-Legende UNLEASHED. Die Fans singen zur schwerfällig-niederwalzender Brachialität der langsamen Stücke genauso textsicher mit, wie bei den schnell hämmernden, brutalen Parts. Die Sicherheit, mit der UNLEASHED beide Varianten beherrscht und zu kombinieren weiß, macht ihre Qualität als Live-Band aus. Sänger und Bassist Johnny Hedlund schafft es aber auch, die trägen Fans zu motivieren. Wird anfangs auf der Bühne noch mehr geheadbangt als davor, schafft er es durch seine Ansagen die beharrlichen Kopfnicker zum Headbangen zu bringen. Als nach einer halben Stunde für längere Zeit Stille auf der Bühne herrscht, scheint es erst, als sei einer der Bierpausen ein wenig ausgeartet. Es gibt aber wohl handfeste Probleme am Schlagzeug, die zum Glück nach kurzer Zeit behoben werden können. Danach scheint Drummer Anders Schultz noch heftiger und schneller zu spielen. Vor Ende der Show wird Hedlund sein obligatorisches Trinkhorn gereicht. Ohne das, ist eine UNLEASHED-Show einfach nicht komplett.
Die Technical Death Metal-Virtuosen GOROD treten nach Mitternacht auf die Camelstage. Die fortgeschrittene Stunde kann aber die Fans nicht davon abhalten in Scharen vor die Bühne zu strömen. Dementsprechend gut aufgelegt sind die Franzosen. Sänger Julien Deyres sorgt am Mikro für Abwechslung und variiert seine Vocals. Shouts, Growls, Grunts und Screams gehören wie selbstverständlich zu seinem Repertoire. Das Mikro fest in der Faust, gibt er alles, um die Menge zu unterhalten: Er steckt sich das Mikro sogar in den Mund und sammelt durch deutsche Ansprachen zusätzliche Sympathiepunkte. Dabei ist eins immer klar: Der Auftritt auf dem SUMMER BREEZE ist eine Herzensangelegenheit der gesamten Band. Allein die dynamische Performance des Bassisten Benoit Claus würde genügen, um die Bühne in Schutt und Asche zu legen. Diese positive Grundhaltung überträgt sich auch auf das Publikum. GOROD spielen das erste Mal auf diesem Festival, aber sie lassen keinen Zweifel daran, dass sie hier genau richtig sind.
Jubiläumsshows zu genre-definierenden Alben, die schon ein paar Dekaden auf dem Buckel haben, liegen ja gerade voll im Trend. Kaum eine große Metal-Band, die sich nicht dazu bewegt, einen Meilenstein ihrer Diskografie live in Albumlänge Revue passieren zu lassen. Da lassen sich SATYRICON nicht lumpen und tun es den Kollegen von AMORPHIS gleich, die vor zwei Jahren ihr „Tales From The Thousand Lakes“ auf der Pain Stage aufführten. „Nemesis Divina“ heißt ihr Durchbruch, den Satyr, Frost und Begleitband darbieten und der vor Festivalpublikum in dieser Form nicht 100%ig funktioniert. Vielleicht ist es auch dem Umstand geschuldet, dass SATYRICON erst durch ihre aktuelleren, im Vergleich zu den Anfangstagen deutlich rockigeren Alben, zu einer Metal-Größe gewachsen sind: die harsche, hässliche Black Metal-Breitseite, die „Nemesis Divina“ nun mal ist, entpuppt sich für Teile der Anwesenden als recht schwer verdaulich und nicht das, was erwartet wurde. Die Resonanz ist trotz fast vollem Platz verhalten, was der Leistung SATYRICONs an diesem Abend jedoch nicht gerecht wird. Sie untermauern ein weiteres Mal ihren Ruf als souveräne Live-Band mit einer astrein einstudierten und fehlerfreien Show, bei der es sich selbst Satyr, trotz seines angeschlagenen gesundheitlichen Zustandes, nicht nehmen lässt, zu Moshen und zu Bangen, was das Zeug hält. Klar, „Mother North“, das aus dramaturgischen Gründen ans Ende des „Nemesis Divina“-Teils gestellt wird, ist ein Muss und funktioniert immer, aber man sollte „Nemesis Divina“ eben nicht auf diesen Hit reduzieren. Zum versöhnlichen Abschluss gibt es am Ende des Sets mit „Black Crow On A Tombstone“, „Fuel For Hatred“ und „K.I.N.G.“ noch drei Hits neueren Datums, die dann auch entsprechend abgefeiert werden.
Nach dem ja immer wieder gern genommenen Carmina Burana-Intro gibt es zur späteren Stunde endlich mal wieder Futter für die Fans von Hardcore & Co.. Vier Leute stürmen auf die Bühne und es geht ohne Ansage direkt mit „Black Sheep“ in die Vollen. Ursprünglich waren für diese Position ja TERROR geplant, die dann wegen der Rücken-OP ihres Fronters passen mussten. Im direkten Vergleich gehen H2O viel melodiöser ans Werk und so wurde im Publikum auch mehr selig mitgegröhlt und gepogt als Violent Dancing trainiert. Fans der Band fällt im zweiten Satz bereits ein vermeintlicher Fehler auf, denn an sich sind H2O zu fünft, einer ihrer Gitarristen musste aber kurzfristig aus familiären Gründen zurück in die Staaten fliegen. Die Band stand im Vorfeld also vor der Entscheidung: absagen oder improvisieren und hat sich glücklicherweise für die zweite Alternative entschieden. Um 19 Uhr fand ihre Quartett-Premiere auf einem anderen Festival statt und hier auf der T-Stage gabs dann die zweite Vorstellung. Außenstehenden ist die Anspannung gerade von Sänger Toby Morse wohl gar nicht aufgefallen, denn die Band tritt durchaus tight auf und lässt sich die ungewohnte Situation kaum anmerken. Gegen Ende der Show sucht Morse den direkten Kontakt zu den Fans, begibt sich in den Graben und dann auf die Absperrung und singt dort zwei Song. 10 Minuten vor dem Verstreichen ihrer Spielzeit ging die Band unter lauten Zugabe-Rufen von der Bühne, mehr war heute einfach nicht drin. Sympathische Band und großen Respekt für die Leistung!
Eine überraschend große Schar Nimmersatter hat selbst nach SLAYERs Abriss auf der Main Stage immer noch nicht genug Thrash Metal bekommen und findet sich trotz einsetzendem leichten Regen vor der Camel Stage ein, um sich die Vollbedienung bei ACCU§ER zu holen. Zwar sind auf der Bühne nur schemenhafte Gestalten zu erkennen, denn der Nebelmann macht heute Nacht einen außergewöhnlich engagierten Job und flutet die Camel Stage den gesamt Gig über komplett. Klanglich haben die altgedienten Recken aus Nordrhein-Westfalen aber den vollen Durchblick und zimmern ein mächtiges und vor allem präzises Brett ins begeisterte Publikum. Die Setlist konzentriert sich dabei erfreulicherweise vornehmlich auf die alten Gassenhauer und bringt zusammen mit den auf den Punkt gezockten, sägenden Riffs tatsächlich ein wenig Bewegung ins Publikum – die großen Thrash-Götter aus L.A. haben vorher dann vielleicht doch schon ein wenig zu viel Energie gezogen. Thrash aus deutschen Landen at it’s best!
Die letzte Band des Abends auf der T-Stage ist etwas für wahre Feinschmecker: IN THE WOODS…, eine der innovativsten und einflussreichsten Bands norwegischen, progressiven Black Metals und erst kürzlich von den Toten wiederauferstanden, geben sich für einen ihrer ganz seltenen Gigs die Ehre. Dass sie ob ihrer langen Auszeit von 14 Jahren kein Publikumsmagnet sondern eher eine Randerscheinung sein würden, war zwar von vornherein klar. Aber es ist dennoch schade, dass eine solch großartige Band relativ unbeachtet vom Großteil der SUMMER BREEZE-Besucher auftritt. IN THE WOODS…, nach dem Ausstieg des langjährigen Originalsängers Jan Kenneth Transeth nun mit James „Mr. Fog“ Fogarty am Mikro, können sich zu später Stunde jedoch auf eine Abordnung Hardcore-Fans verlassen und begeistern mit einer atmosphärisch sehr dichten Show, die sich gleichzeitig als Fluch und Segen entpuppt. So perfekt die fünf Norweger auch ihren Kultstatus vertonen: IN THE WOODS… stellen sich als eher schwierige Festivalband heraus und dürften mit ihrem breitgefächerten, manchmal kauzigen Progressive Black Metal besser in intimer Club-Atmosphäre funktionieren. Nichtsdestotrotz werden die Fans Zeugen einer wunderbaren Setlist, die vom frühen Meilenstein „Heart Of The Ages“ über den Bestseller „Omnio“ bis hin zum aktuellen Album „Pure“ alle Schaffensphasen dieser Ausnahmeband abdeckt.
Dieses Quintett aus Hannover ist gleich im doppelten Sinne als jung zu bezeichnen. Zum einen haben die Jungs selbst noch nicht so viele Jahre auf dem Buckel, zum anderen liegt die Bandgründung auch erst ein gutes Jahr zurück. Das Debutalbum folgte dann 2016. Mit der Camel Stage hatten die fünf das richtige Setting für ihren Auftritt erwischt, denn ganz so gut ziehen die Neulinge dann doch noch nicht. Live besticht ihre Show durch ein für eine solch frische Band überraschend professionelles Zusammenspiel. Ein einheitlicher Band-Look in schwarz und weiß unterstreicht zudem die im Bandnamen schon mitklingende Geradlinigkeit und Kälte. Mit ihrem Metalcore zieht die Band vor allem das jüngere Publikum an. Die deutschen Texte werden auf ein, zwei Aufforderungen hin dann auch fleißig mitgesungen, und der ein oder andere Crowdsurfer lässt sich auch vor die Bühne tragen. Der Moshpit kann zwar noch nicht ganz mit den Großen mithalten, den Leuten ist aber der Spaß an der Sache anzusehen. Den richtigen Start in die Karriere haben die Jungs jedenfalls schon mal hinbekommen.
So schunkelig der Tag bei VERSENGOLD angefangen hat, geht er mit den GRAILKNIGHTS weiter. Allerdings mit verzerrten Gitarren und bunten Superhelden-Kostümen. Zum Glück sind sich die Hannoveraner ihres gesteigerten Klamauk-Faktors jederzeit bewusst und schrecken vor keiner augenzwinkernden Albernheit zurück. Schon der theatralische Raub des Heiligen Grals durch den totenbeschädelten Fiesdämonen „Dr. Skull“ zu Beginn der Show führt in das launig inszenierte Storykonzept um die fünf Capeträger ein und beschert ihnen einen „muskulösen Empfang“ durch den vor der Bühne versammelten „Battlechoir“. Eigentlich schreit das nach klischeetriefendem Power Metal, tatsächlich rücken die leicht folkige Schlagseite und der oft und gerne eingesetzte Growl-Gesang die Band aber mindestens so stark in die Nähe von EQUILIBRIUM wie in die der schottischen Schunkel-Piraten ALESTORM. Immerhin wohnen mit FEUERSCHWANZ ein paar prominente Zaungäste dem Gig bei, die sich hier womöglich ein paar Anregungen für ihre eigenen Klamauk-Shows holen. Denn eine „Bierzapfstute“ im rosa Plüschumhang, die ein Fässchen Bier für die Zuschauer in der ersten Reihe im Gepäck hat, hat auch nicht jeder. Das inszenatorische Highlight stellt aber sicherlich der in Slow-Motion inszenierte Endkampf gegen Dr. Skull dar. Musikalisch ist hingegen das Superhero-Medley besonders spannend, das ein lustiges Ratespiel für Kenner der angespielten TV-Serien-Titelmelodien und Metal-Riff-Klassiker darstellt.
Die Band um den sympathischen Fronter Joschi Baschin ist nun wirklich keine Unbekannte auf diesem Festival, gestern und heute gab/gibt es aber sowohl an diesem Ort als auch generell etwas Neues für die Combo: in Zweierbesetzung, also ohne Schlagzeug und Bass, wurde erstmalig Unplugged gespielt. Bei der zweiten Show am Freitag gibt es direkt mehrere Verbesserung zur Premiere am Vortag; am auffälligsten: der verbesserte Sound (am Donnerstag stimmte irgendetwas am Tonabnehmer einer Gitarre nicht) und auch wichtig: Joschi hatte ein Handtuch dabei – wollte das aber genauso wenig wie sein Bier mit dem schwitzenden Publikum teilen. Es ist beeindruckend zu sehen, wie die Songs auch in dieser reduzierten und ruhigen Form funktionieren und gerade im Gesangsbereich gekonnt andere Harmonien als in den metallischen Vorlagen eingewoben werden. Überraschend auch der Einstieg mit dem groovigen „Threedouble Chime“, denn die Mehrheit hatte wohl mit einem reinen doomigen bzw. balladesken Set gerechnet. Anlass der Show war ja die „Painted In Blood“-Kunstausstellung, die zwei Tage im Campsite Circus-Zelt zu sehen war. Und einer der drei ausstellenden Künstler, Björn Gooßes aka. Killustrations hat in der Vergangenheit schon mehrfach für UNDERTOW gearbeitet und ist ja selbst auch mit u.a. THE VERY END musikalisch aktiv. Gooßes kommt in der zweiten Hälfte der umjubelten Show dann selbst für zwei Songs mit auf die Bühne um bei „Homemade Funeral“ und „Beyond Dreaming“ Gastgesang beizusteuern. Mit dem Titelsong ihres aktuellen Albums „In Deepest Silence“ geht ihr Auftritt zu Ende und im Herbst geht die Band in Studio um das neue Album einzuspielen.
Nach VERSENGOLD und den GRAILKNIGHTS sind die jederzeit gerne gesehenen FEUERSCHWANZ aus dem schönen Frankenlande die dritten im Bunde der Anheizkapellen um die (vielleicht noch vom Vortag) müde SUMMER BREEZE-Fangemeinde aufzuwecken und zu neuen Höchstleistungen zu motivieren. Kein leichtes Unterfangen, könnte man annehmen, aber die Mittelalter-Gute-Laune-Kombo stößt hierzu erstmal mit „Auf’s Leben“ auf den Untergang an und erobert so bei jedem Einzelnen bis zum Techniktower versammelten Fans das „Herz im Sturm“. Prinz R. Hodenherz III und Hauptmann Feuerschwanz lassen sich hierzu von ihren Miezen auch schon die erste Jungfrau in einen Pappturm sperren, denn Sexismus nimmt bei den Franken einen sehr hohen Stellenwert ein…ach nein, „Sex is muss“ soll es ja heißen und benennt sowohl den Titel des Liedes, als auch das gerade heute neu erschienene siebte Album der Erlangener. Das versammelte Publikum hat trotz unerbittlicher Mittagssonne sichtlich großen Spaß und kann durch Wasserschläuche zwar nass gemacht, aber nur schwer abgekühlt werden. Sollte hier noch irgendjemand eine „Blöde Frage“ mit „Saugelage“ beantworten, wird er mal fix mit dem Schlauchboot im Mainstage-Meer der Seemannsliebe überlassen und der „Ketzerei“ beschuldigt. Hauptsache ist allerdings, dass während der gesamten Reise kein „Metnotstand“ herrscht. FEUERSCHWANZ verlassen die Bühne mit der Gewissheit alle anwesenden Fans auf einen langen und harten Festivaltag vorbereitet zu haben.
CONAN sind am Freitag der perfekte Opener auf der T-Stage, um sich mit langen Instrumentalpassagen entschleunigt den Kater der Vornacht aus den Gliedern zu schütteln. Fette Riffs, walzender Klangwände und tonnenschwere SloMo-Atmosphäre regieren in den Songs des Trios aus Liverpool, das in diesem Jahr sein Debut auf dem SUMMER BREEZE gibt. Obwohl CONAN auch den ein oder anderen beherzten Tritt aufs Gaspedal beherrschen, sind die wuchtigen Sludge-Doomer am mächtigsten, wenn sie sich im Midtempo eingrooven und sich der ordentlich bratzende Sound wie flüssige Lava in die Gehörgänge walzt. So heavy, dass Drummer Rich Lewis im Überschwang seiner treibenden und omnipräsenten Fills gar eine seiner Toms umhaut. Die nöl-krächzende Stimme von Jon Davis mag gewöhnungsbedürftig und nicht jedermanns Sache sein, aber schließlich ist sie ein essentieller Teil dessen, was CONAN von ähnlich gelagerten Kapellen abhebt. Ein paar hundert Frühaufsteher lassen sich diesen leckern Happen zur frühen Stunde nicht entgehen und frönen mit lässigem Kopfnicken dem dritten Festivaltag entgegen.
Die deutsche Melodic-Death-Metal-Band DEADLOCK betritt Stück für Stück die Bühne, angefangen mit Schlagzeuger Werner Riedl über die Saitenfraktion hin zu Brüllwürfel John Gahlert und der neuen Sängerin Margie Gerlitz, die sich wie selbstverständlich in die Band eingefügt hat und auch Klassiker wie „Code Of Honour“ souverän darbietet. Natürlich hat die Band auch Tracks vom neuen Album „Hybris“ mit in ihr Set integriert, so etwa den Titeltrack oder „Berserk“. Und vor der Pain Stage ist, trotz der relativ frühen Stunde schon eine ganze Menge los. Die Crew sorgt bei knallender Mittagssonne mit zu Wassersprengern umfunktionierten Feuerwehrschläuchen für Abkühlung und der mobile Bierausschank befindet sich im Dauereinsatz, um die durstigen Mäuler des Publikums zu versorgen, während DEADLOCK ihren melodischen Death Metal auf die feiernde und gut mitfiebernde Crowd loslassen. Fett knallt die Musik der Band von der Pain Stage auf das Publikum herunter und der zweistimmige Gesang von Gahlert und Gerlitz macht einen sehr dynamischen Eindruck. DEADLOCK entlassen ihre Fans schließlich zufrieden in den restlichen Festivaltag.
Dass es bei STEPFATHER FRED nicht um Tod, Hass, Krieg und Zerstörung geht, ist schon beim Bandnamen klar. Der Intro-Song „Hound Dog“ nährt die Vermutung auf Abteilung gute Laune und tatsächlich: Flanellhemden, zerschlissene Jeans und Trucker-Caps verheißen schon optisch, dass es den vier Jungs aus dem Allgäu um Bühnenspaß mit Benzin im Blut geht. Der Opener „Freedom Call“ lässt dies schließlich zur Gewissheit werden. Fetter, schnörkelloser Heavy Alternative Rock hebt bei knallender Sonne die Gemüter der Leute vor der Camel Stage und lädt zum Grooven und Tanzen ein. Wer auch nur im Entferntesten etwas mit MOTORJESUS und Konsorten anfangen kann, schwingt bei den knackigen Rock Songs die Hüften und lässt sich von der Reibeisenstimme des Fronters die Morgenmüdigkeit aus den Falten bügeln. Manch einem mags sogar etas zu laut für die frühe Stunde gewesen sein. Aber STEPFATHER FRED entpuppen sich mit ihrem Mitmach-Rock dennoch zweifellos als weise gewählter Anheizer für die Camel Stage.
Es ist zwar keine ganz frühe Show, aber mit 14.15 Uhr haben ARKONA dann doch einen der zeitigeren Slots erwischt. Desto überraschender ist es, wie vollgepackt das Zelt um diese Uhrzeit schon ist. Dass die Band aber eine sehr breit angelegte Fanbase hat und in der Regel gut besucht ist, ist wiederum kein Geheimnis. Ein Blick in die Menge fördert dann auch reichlich Hammerträger und Trinkhornliebhaber zutage. Los geht es mit dem mittlerweile altbekannten Intro, das anschließend in „Yav“ vom aktuellen, gleich betitelten Album übergeht. Die erste Hälfte der Show gilt eher den härteren Songs mit nur wenig Folk-Elementen. Es fällt mal wieder positiv auf, wie die Band es schafft, ihren Folk/Pagan-Charakter zu erhalten ohne dabei in von so manchen verschmähtes „Gedudel“ zu verfallen. Nach der Ballade „Slavsia Rus“ als Übergang folgt dann aber prompt der „dudeligere“ Teil der Show. Dies ist keinesfalls negativ aufzufassen, denn gerade diese Songs sind Klassiker der Band und kommen bei Konzerten regelmäßig am besten an. Es gibt kaum einen Moment, in dem die Arme unten bleiben, und auch mit dem für ARKONA typischen Doppelklatschen sind bereits alle bestens vertraut. Mit reichlich Springen und Tanzen geht die Show dann für das Publikum leider viel zu früh zu Ende.
Als KÄRBHOLZ auf der Mainstage an der Reihe sind, werden die Frisuren im Publikum kürzer und die Pogos fröhlicher. Trotz der Hitze haben sich reichlich Fans vor der Bühne eingefunden, um klatschend und hüpfend ihre Idole abzufeiern. Die Rheinländer verzichten auf ein Intro, marschieren singend, mit der Gitarre im Anschlag auf die Bühne und liefern den perfekten Soundtrack zum Trinken, Gröhlen und Tanzen. In seiner ersten Ansage gibt Frontmann Torben Höffgen dem Publikum eine Nachhilfestunde in kölschem Dialekt. Er weiß genau, wie er mit seinen Fans sprechen muss, und der gesamten Band steht die Begeisterung ins Gesicht geschrieben. Bei „Nacht ohne Sterne“ wird der Spieß umgedreht und Gitarrist Adrian Kühn lässt Fanchöre anstimmen, während die übrigen Bandmitglieder gemütlich vor dem Schlagzeug sitzen und Dosenbier zu sich nehmen. Läuft die Show souverän und routiniert ab, bietet das Motörhead-Cover „Killed by Death“ zu Ehren Lemmys eine kleine Überraschung. Denn ihre Wurzeln haben KÄRBHOLZ trotz großer Bühne nicht vergessen.
Es muss ja nicht immer elektrisch verzerrter Krach sein. VERSENGOLD eröffnen den Freitag mit folkigen Akustik-Klängen, bei denen der charismatische Gesang und die hintergründigen Texte aus der Feder von Bandkopf Malte Hoyer deutlich im Vordergrund stehen. Schon bei der als Opener gespielten Bandhymne zeigt sich das Publikum hellwach und als williges Klatschvolk. Damit gerät der Gig für die Bremer zum Durchmarsch und beweist, dass das SUMMER-BREEZE-Publikum auch am späten Vormittag des dritten Tages noch empfänglich für clevere lyrische Finesse ist. Denn die Arbeit mit Metaphern und das intelligente Spiel mit Worten verleiht selbst vordergründig simplen Trinkliedern wie „Drey Weyber“ oder „Hoch Die Krüge“ im VERSENGOLD-Universum einen doppelten Bedeutungsboden. Wem sich dieser nicht erschließt, der kann bei Schunkeln und Polonaise dennoch seinen Spaß haben. Denn die Musik der Bremer Musikanten ist gleichermaßen eingängig wie mitreißend und bringt dadurch sogar die „Grabenschlampen“ zum Polkatanzen. Schade nur, dass der straffe Zeitplan keinen Raum für die lautstark geforderte Zugabe mehr lässt.
DYING FETUS mobilisieren so viele Fans, dass es vor und um die Painstage wirklich eng wird. Das hat den Vorteil, dass die vielen Crowdsurfer beste Verkehrsbedingungen vorfinden und den dauerhaft tobenden und immer weiter wachsenden Circlepit weiträumig umfahren können. Während die Grabenschlampen im Dauereinsatz sind, Getränke verteilen, die Crowdsurfer in Empfang nehmen und mit dem Feuerwehrschlauch für Abkühlung sorgen, stehen John Gallagher und Sean Beasly breitbeinig und felsenfest vor ihren Mikros, in die sie abwechselnd growlen. DYING FETUS brauchen keine Showeffekte, denn die Dynamik ihrer Songs transportiert sich über die brutalen Riffs, tiefen Vocals und die knallharten Schlagzeug-Rhythmen. Sowohl Songs der letzten Veröffentlichung wie „From Womb To Waste“ als auch das mittlerweile betagte „Grotesque Impaled“ heizen den Fans ein, sodass die euphorische Menge 50 Minuten lang ununterbrochen mosht und headbangt. Mit „Induce Terror“ wird sogar ein neuer Song gespielt, der den meisten Fans aber bereits ein Begriff sein sollte. Mit ihrem souveränen Auftritt hinterlassen DYING FETUS bleibenden Eindruck.
Trotz des deutlichen Genrewechsels von ARKONA hin zu BOMBUS selbst deklarierten „Heavy Duty Bomboozle Bonanza“ zeigt sich das Zelt gut gefüllt und interessiert. Vielleicht hat ja die überaus kreative Genrebezeichnung das SUMMER BREEZE Publikum neugierig gemacht. Für jene Zuhörer, die mit dieser Musikrichtung nun nicht vertraut sind, klingen BOMBUS wohl am ehesten nach Hard Rock mit ordentlich Groove und Cochones; da darf es ab und zu auch gerne härter sein und ordentlich Metal-Elemente verbaut werden. Die vier Schweden haben eine klassische Rollenverteilung mit zwei Gitarren, Bass und Drums. Gesang gibt es dann abwechselnd von den drei Herren an den (Bass-)Gitarren. Das Volk vor der Bühne lässt sich bereitwillig auf diverse Interaktions-Spielereien ein, was sichtlich gut ankommt. Die Schweden besinnen sich auf ihre Stärken (straighte Rocker im tighten Gewand) und so manch einer wird sich jetzt erst recht für die Metal Hammer-Awards interessieren, wo die Band neben u.a. SODOM und HEAVEN SHALL BURN auftreten. Zum Schluss ihres Konzerts lockern die Jungs die Stimmung dann noch mit einem Drum-Solo auf, durch das es sogar gelingt das Publikum noch weiter aus der Reserve zu locken.
Der Rosenkrieg mit Geoff Tate mag QUEENSRŸCHE in den letzten Jahren einiges an Vertrauen gekostet haben, für das Bandgefüge und das kreative Wirken der Band aus Seattle war die Trennung von ihrem Ex-Sänger aber die einzig richtige Entscheidung. So darf man heute eine Band erleben, die nicht nur an ihren Instrumenten auf höchstem technischem Niveau agiert, sondern auch sichtbar Spaß daran hat, sich erstmals dem Dinkelsbühler Publikum zu stellen. Frontmann Todd La Torre steht seinem zweifellos brillanten Vorgänger in nichts nach und meistert die fast ausschließlich aus Bandklassikern bestehende Setlist souverän. Große Show-Elemente gibt es heute nicht zu verzeichnen, QUEENSRŸCHE spielen eine No-Bullshit-Rockshow, bei der das herausragende Songmaterial im Mittelpunkt steht. Das legendäre Über-Album „Operation: Mindcrime“ ist neben dem Titeltrack auch mit „The Mission“ und dem abschließenden „Eyes Of A Stranger“ vertreten und hat angesichts der im Großen und Ganzen unveränderten globalpolitischen Großwetterlage auch nach 28 Jahren nichts an Aktualität verloren. Doch QUEENSRŸCHE sind nicht hier, um zu moralisieren, sondern um zu unterhalten. Und das tun sie hervorragend. Unterstützt von einem glasklar abgemischten Sound feiert die Band einen würdigen Einstand ihrer aktuellen Europa-Tour, der Lust macht, der Band auch in Zukunft die Treue zu halten.
Nicht nur die Nebelmaschinen machen ordentlich Dampf, PARASITE INC. aus Aalen lassen die Gitarren kreischen und die Köpfe nicken. Hier gibt es kraftvollen, treibenden Melodic Death Metal mit messerscharfem Riffing, großen Melodien und heiserem Gekeife und Gebrüll auf die Ohren. Mit „This World“ hat das Quartett sogar einen brandneuen, stampfenden Song in sein Set integriert. Dass es zu diesem Zeitpunkt etwas abkühlt, merkt man kaum: Das Publikum, das den Platz vor der Bühne nahezu komplett füllt, macht richtig Stimmung und hat sichtlich Spaß an den harten, melodischen Tönen, die ihnen aus Richtung der Camel Stage um die Ohren geballert werden. Sänger und Gitarrist Kai Bigler zeigt sich überwältigt vom allgemeinen Zuspruch und kommentiert: „Ich bin etwas überfordert mit so vielen Leuten vor der Bühne“. Es ist ein denkwürdiger Auftritt für Band und Publikum, den beide Parteien mit einem breiten Grinsen im Gesicht verlassen.
Nach einem atmosphärischen Synthie-Intro steigen THE WORD ALIVE mit „Made This Way“ und einem hammerharten Breakdown in ihr Set ein. Brachialität dominiert den Auftritt der Jungspunde genauso wie Bewegung – und die gibt es sowohl vor als auch auf der Bühne. Das Ami-Quartett gönnt sich keine Ruhepause und es ist verdammt beeindruckend, wie die Jungs ihren Energielevel bis zum Schluss auf dem Höchststand halten. Die Fans belohnen die Spielfreude bereits nach dem dritten Song mit einer Wall Of Death. Bei „Follow Me“ wiederum wird auf Anweisung von Sänger Telle Smith kollektiv mit den Armen gewunken. Zu „Entirety“ kniet sich das gesamte Publikum hin, um auf Kommando aufzuspringen und einen gigantischen Moshpit zu entfachen. Folgerichtig kann sich die Band am Ende ihres Auftritts vor „One more Song“-Rufen nicht mehr retten. THE WORD ALIVE haben dem SUMMER BREEZE definitiv ihren Stempel aufgedrückt!
Mit ihrem letztjährigen Album „The Ride Majestic“ kehrten SOILWORK zu alter Stärke zurück. Das verleiht ihnen auch für die Show beim diesjährigen SUMMER BREEZE Rückenwind. Die Truppe liefert eine hochenergetische Show ab, die nicht nur den sechs Musikern den Schweiß auf Stirn und Körper treibt. Dass alle Beteiligten dieses Powerlevel bis zum Ende durchhalten ist beachtlich. Auch nach einer Stunde rennt der Circle Pit noch immer brav im Kreis, während links und rechts davon Scharen von Crowdsurfern auf die Bühne einprasseln. Klar, die Setlist geizt nicht mit Klassikern. „Nerve“ und „Overload“ gehen eben immer und wer sich beim Jahrhundert-Refrain von „Rejection Role“ nicht automatisch zum Mitsingen animiert fühlt, muss wohl taub sein. Die Bühnenshow beschränkt sich hingegen auf das Wesentliche, die Gitarristen Sylvain Coudret und David Andersson posen mit Bassist Markus Wibom um die Wette. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht jedoch auch bei SOILWORK der Sänger. Björn „Speed“ Strid treibt das Publikum vor sich her, das beim unvermeidlichen Rausschmeißer „Stabbing The Drama“ die letzten Reserven mobilisiert. Ob da noch genug Kraft bleibt, um auch den nachfolgenden ARCH ENEMY einen würdigen Empfang zu bereiten?
Was IMPLORE hier heute auf die Bühne bringen ist Death Metal der schmerzhaften Sorte, allerdings im absolut positiven Sinne! Das deutsch-spanische Trio wütet sich durch eine halbe Stunde gnadenlosen Geknüppels. Die Blastbeats wollen scheinbar kein Ende nehmen und ein Hochgeschwindigkeitsriff jagt das nächste. Wie Gitarrist Petro das bei der horrenden Hitze im Pullover aushält, bleibt sein Geheimnis. Sänger und Bassist Gabriel sticht derweil vor allem durch den nahezu inflationären Gebrauch des F-Worts hervor. Bei seinen Ansagen zeigt er sich dem Publikum gegenüber aber auch sehr dankbar. Dass brutalster Death Metal in Menschen die verschiedensten Reaktionen hervorruft, ist allseits bekannt. Ein knutschendes Pärchen inmitten all der Zuschauer ist dann allerdings etwas überraschend. Doch selbst vom konstant tobenden Moshpit um sie herum lassen sich die beiden nicht von ihrem innigen Zungengulasch abhalten. So wird beim Auftritt von IMPLORE jeder auf seine Art glücklich.
Der Platz vor der Bühne ist gut gefüllt, als OBSCURA damit beginnen, ihre anspruchsvollen, spielerischen Künste zur Schau zu stellen. Das Quartett bietet seinen technischen Death Metal mit wahnsinniger Präzision auf der einen und erstaunlicher Gelassenheit auf der anderen Seite dar. Sie lösen sich dabei jedoch zwischen den Songs stets aus ihrem ekstatischen Zustand, um sich mit Interaktions-Ansagen an das Publikum zu wenden. Zum Beispiel fordert Sänger und Gitarrist Steffen Kummerer das Publikum bei „Anticosmic Overload“ explizit zum Headbangen auf, welches dieser Ansage natürlich gerne nachkommt. Überhaupt ist die Crowd bester Stimmung und feiert den Sound der Landshuter ausgelassen und euphorisch. Bei den intensiveren Momenten wie etwa dem heftigen „Akróasis“, bei dem OBSCURA zur Höchstform auflaufen, lässt die Technik das Stroboskop glühen. Man hat geradezu den Eindruck, als ob OBSCURA im Begriff sind, ihren eigenen Kosmos auf der Bühne entstehen zu lassen – nur um ihn dann mit einer kompromisslosen Death-Metal-Walze wie „Ode To The Sun“ wieder in Stücke zu hauen. Wie begeistert das Publikum vom Auftritt ist, zeigt sich, als dieses beim finalen „Centric Flow“ noch mal alles gibt, um dieses Konzert zu einem der denkwürdigsten Momente des Festivaltages zu machen.