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- Summer Breeze 2012
- Donnerstag, 16.08.2012
- Freitag, 17.08.2012
- Samstag, 18.08.2012
Kaum waren die letzten Klänge von ICED EARTH Festivalgeschichte, drang aus den Boxen der Pain Stage das gesprochene Intro der Reiter, die sich noch hinter einem schwarzen Vorgang versteckten. Als dieser mit einem lauten Knall gefallen war und Fuchs gewohnt energiegeladen hervortrat, gab es im Publikum kein Halten mehr. Der Opener „Vom Ende der Welt“ war Programm und der Auftakt einer schweißtreibenden Orgie für Band wie Publikum. Gefühlt gab es noch bei keiner Band zu diesem Zeitpunkt einen ähnlichen Zuspruch vor der Pain Stage. Soweit das Auge reichte war die Reitermania ausgebrochen und das „Fliegen“ hatte begonnen. Zeitweise waren derartig viele Crowdsurfer unterwegs, dass sich die komplette Grabensecurity einfinden musste, um das „Flugaufkommen“ in Bahnen zu halten. Dass die Reiter mit optischen Schmankerln nicht geizen, war auch heute wieder fester Bestandteil des Gigs. So hatte der komplett in Leder gekleidete Dr. Pest auf einer überdimensionalen Schaukel Platz genommen und verdrosch in dieser Position sein Keyboard. Ein weiteres Highlight markierte die zu „Revolution“ gezündete Konfettikanone, die Bühne und Zuschauer in ein Meer aus roten und weißen Papierschnipseln tauchte. Damit aber nicht genug, denn die APOKALYPTISCHEN REITER hatten zu diesem Auftritt noch ein Kracher im Petto. Schon im Vorfeld angekündigt, hatte die Band exklusive T-Shirts im Gepäck, die man verteilen wollte. Wie, war allerdings im Vorfeld nicht klar. Das Rätsel sollte sich aber schnell auflösen, als man zu „Seemann“ ein mit einer hübschen Dame bestücktes Gummiboot auf Reisen schickte. Die Dame hatte dann die ehrenvolle Aufgabe unter heftigstem Seegang die Shirts unter das Volk zu bringen. Ein Spaß für alle Beteiligten. Dass die Reiter auch musikalisch keine Wünschen offen ließen, sei nur der Vollständigkeit wegen erwähnt. Eines stand schon am ersten Tag des Festivals fest, die Reiter legten die Messlatte fast astronomisch hoch und beschlossen ihren Gig mit dem vielbejubelten „Die Sonne scheint“. Mitreißend, originell, die Reiter waren und bleiben eine Macht.
Wer sich im Anschluss an FARSOT immer noch auf den Beinen halten konnte, wurde dann von den Horror-affinen Briten von THE ROTTED, die vor 2005 noch unter dem Namen GOREROTTED ihr Unwesen trieben, endgültig niedergestreckt. Ganze elf Mal wurde das Gore Grind/ Brutal Death Metal Hackebeil mit Genuss geschwungen. Mal unterlegt von einem straighten D-Beat Rhythmus, ein andermal von präzisen Double-Bass-Salven oder wahlweise einem British-Hyper-Blast-Massaker. Vor allem Sänger Ben Goreskin zeigte sich sehr agil, publikumsnah und, ganz im Gegensatz zu den bluttriefenden Texten und seinem entfesselten Stageacting, ziemlich freundlich. Verteilte eine Flasche mit einem undefinierbarem lila Getränk an die letzten Kampftrinker und freute sich über den regen Zuspruch des Publikums. Das schraubte sich bis Ultimo die Rübe ab und feierte auch den zum ersten Mal live gespielten neuen Song „Rotted Fucking Earth“, obwohl dieser deutlich mehr in Richtung Punk geht als das restliche Material der Briten.
Zu später Stunde fielen die Temperaturen dann selbst im Partyzelt merklich, sodass es bei FARSOT doch schon recht kalt war. Doch die ausharrende Fangemeinde freute sich merklich auf die Band und im Grunde wars das perfekte Setting für den Avantgarde Black Metal der Thüringer. Auch ihre überlangen Stücke – bei vierzig Minuten Spielzeit standen neben dem Intro gerade einmal drei Songs auf dem Programm – versprühen eine unter die Haut gehende Kälte. Ebenso schien sich warmzutanzen weder für die Band, noch für das Publikum eine Option zu sein. Die Mucker waren vertieft in ihrem jeweiligen Instrument, während Sänger 10.XIXt (sic!) sich stoisch bangend an seinen Mikroständer hielt. Die Musik wirkte auch ohne große Show und zog wirklich alle Anwesenden in ihren Bann. Der aufbrandende Jubel nach den Songs und die Zugabe-Rufe am Ende waren ein guter Indikator für den nachhaltigen Auftritt von FARSOT.
Als allererste Amtshandlung, noch bevor irgendwelche Instrumente auf die Bühne getragen wurden, installierten die Schweden erst mal massig Räucherstäbchen an den Monitorboxen und legten für Uneingeweihte wohl erst mal eine ganz falsche musikalische Fährte. Die Fläche vor der Bühne war im Gegensatz zu den vorher bei den EXCREMENTORY GRINDFUCKERS anwesenden Massen natürlich nur spärlich gefüllt, aber als die Bühne betrat, spürte man sofort, dass die es wissen wollen. Als dann kurz darauf der bleich geschminkte Sänger Hornper auf die Bühne preschte explodierte die ganze Band und spielte in der Folge, als ob es mindestens um ihr Leben, wenn nicht gar einen Majordeal ginge. Die nächtliche Heavy Metal-Mahlzeit schmeckte den Anwesenden dann auch ganz wunderbar, in den ersten Reihen gabs mehr und mehr Bewegung und auch die Band ließ keinesfalls nach. Warum Herr Hornper aber nen präparierten Fuchs um den Hals hatte, bleibt wohl sein Geheimnis. Angenehme Überraschung, Daumen hoch!
Um kurz nach Geisterstunde war das proppenvolle Zelt kollektiv reif für die Insel. Die „Headliner der Herzen“, für die die Organisatoren angeblich seit Jahren die Zeltkapazität nach oben schrauben, hatten viel Herzblut in ihre Outfits und die Bühnendeko investiert. Mannshohe aufblasbare Palmen links und rechts neben dem Drumkit, mehrere aufblasbare Äffchen und bunte Tücher in Südseefarben sorgten für ordentlich Karibik-Zauber und die Band überbot sich gegenseitig mit Bad Taste Bermudashorts, Hawaiihemden und sonstiger Strandwear. Sänger Him lag mit seiner Schwimmring-Giraffe samt Taucherbrille, Bademütze und Schnorchel nur um Haaresbreite vor Drummer Christus im gewagten Bikinitop und Blumenkette. Zum Smasher „Crack“ bretterten sie an die 50 exklusive EXCREMENTORY GRINDFUCKERS-Wasserbälle in die Fan-Wogen, mit denen das Volk noch lange Spaß hatte. Die Band richtete aber auch mal kritisch das Wort an die Fans: „Sagt mal, ihr seid so ruhig, sind wir hier auf dem Wacken, oder was?“. Als die Band nach 45 Minuten schließlich zum abschließenden „Final Grinddown“ ansetzte gabs noch ne Ladung Gratisshirts für die vorderen Reihen und es war klar, auch der dritte Besuch der liebenswerten Grindchaoten kann nur als Siegeszug verbucht werden! Und großzügig, wie man sie kennt, wanderte die komplette Insel-Deko zum Ende der Show ins Publikum.
Wer sich nach Mitternacht vor die Pain Stage verirrte, der mochte sich ernsthaft wundern, in was für eine Freakshow er da bloß geraten war. Doch die Kostümierung der DEATHSTARS passte wie die Faust aufs Auge zur Mischung aus harschen Death Metal-Riffs und elektronischen Industrial-Beats. Kaum zu glauben, dass die Bandmitglieder früher in verschiedenen traditionellen Death und Black Metal-Bands wie DISSECTION und OPHTHALAMIA gespielt hatten. Sänger Whiplasher Bernadotte gefiel sich in der Rolle des verschrobenen Zeremonienmeisters und „Lehrermeisters“, der seinen „Schülern“ eine Lektion in Sachen „Death-Glam“ gab. Sein schräger, staubtrockener Humor machte ihn dabei sofort sympathisch, so dass sich das Publikum bereitwillig vorschreiben ließ, wann es zu jubeln und wann die Klappe zu halten hatte. Dass die Synthie-Effekte aus der Konserve eingespielt wurden, nahm der intensiven Performance nichts von ihrer Durchschlagskraft. Die Gitarristen Nightmare Industries und Cat Casino feuerten eine Riff-Salve nach der anderen ins Publikum ab, während Bassist Skinny Disco seine langen Rasta-Zöpfen wild durch die Luft schleuderte und seinen schlaksigen Körper vor und zurück bog. Und trotz aller elektronischer Härte waren es vor allem die großartigen Melodien und eingängigen Grooves, die im Ohr blieben. Ob „Blitzkrieg“, „Cyanide“ oder das mit einer Anti-Huldigung an schwedische Girls eingeleitete „Blood Stains Blondes“, um Political Correctness scherten sich die DEATHSTARS stets einen Teufel. Erlaubt war eben alles, was unterhält. Und dazu gehörte auch das Spiel mit traditionellen Geschlechterklischees, das sich von den Outfits bis hin zu den Liedtexten im Schaffen der Schweden wiederspiegelte. So gingen Musik und Show stets Hand in Hand und verschmolzen untrennbar zu einer Einheit, die erst in Kombination ihren wahren Reiz entfalten konnte.
Wie schnell sich die Zeiten doch ändern. Noch vor drei Jahren galten GHOST BRIGADE als absoluter Geheimtipp, damals fanden sich zu später Stunde nur eine Handvoll Fans nebst einiger versprengter Neugieriger zum ersten Summer Breeze-Auftritt ein. Seitdem haben sich die Finnen mit drei außergewöhnlichen Alben ein starkes Standing erspielt, das sich heuer in einem zu mehr als der Hälfte gefüllten Partyzelt niederschlägt. Und wie zu erwarten schlägt die Melange aus brachialen Soundwänden, doomiger Schwere und melancholisch getragener Atmosphäre wie eine Bombe ein. Gleich von Beginn an ist mit dem tonnenschweren „Lost In A Loop“ mächtig Groove im Sound. Die Saitenfraktion mosht sich in Trance, die Drums wummern in tiefster Synchronität mit dem Bass, die Luft ist getränkt mit finnischer Düsternis. Besonders der introvertierte Sänger Manne Ikonen hat heute einen perfekten Tag erwischt. Seine Growls trägt er mit Inbrunst vor und bei den gefühlvollen Clean-Vocals zeigt er sich sicher in der Spur, eine Leistung, die er live nicht immer zu bringen vermag. Als Highlight kristallisiert sich das hymnische „Into The Black Light“ heraus, das von der Menge mit frenetischem Applaus bedacht wird. Wenn man GHOST BRIGADE an diesem Abend etwas vorwerfen kann, dann dass sie sich lediglich auf ihre letzten zwei Alben konzentrieren und leider keinen Song vom Debut „Guided By Fire“ zum Besten geben. Dennoch ein absolut überzeugender Auftritt, dem hoffentlich noch viele weitere auf dem Summer Breeze folgen werden.
Zu den besten deutschen Mittelalter-Rock-Bands gehören SUBWAY TO SALLY schon längst, ihren Platz als Headliner auf der Main Stage hatten sie sich also absolut verdient. Und um dies auch eventuellen Kritikern zu zeigen, gaben sie von Beginn an Vollgas. Sänger Erik Hecht alias Eric Fish gab wieder einmal überzeugend den Front-Derwisch und spielte, wenn er gerade mit seiner unverwechselbaren Gesangsperformance nicht ausgelastet war, eifrig mit dem Feuer. Die zahlreichen Pyro- und Gasflammen-Effekte sorgten alleine schon für einen ungemein hohen Unterhaltungswert, die musikalische Darbietung stand dem aber in nichts nach. Das exzellente Riffing von Haupt-Songschreiber Ingo Hampf, Frau Schmitts Geigenklänge und die Akustikgitarren- und Drehleier-Parts des stets sympathischen Michael „Bodenski“ Boden griffen wie gewohnt ineinander und erzeugten einen satten Gesamtklang, dem man auch den ein oder anderen Ausflug in etwas kitschigere Gefilde gerne verzieh. Besondere Beachtung verdiente aber Drummer Simon Michael, der extrem timingsicher für ein solides Rhythmus-Fundament sorgte. Im Mittelpunkt standen die Songs des jüngsten Studioalbums „Schwarz in Schwarz“, so dass der ein oder andere Klassiker natürlich ungespielt bleiben musste. Dabei waren es gerade Stücke wie „Mephisto“, „Kleid aus Rosen“ oder „Ohne Liebe“, bei denen die Stimmung am überkochen war und die Musiker von der Bühne herab wahrhaft auf ein „Schwarzes Meer“ blicken konnten. In der Ansage zu „Besser Du rennst“ animierte Eric Fish die Zuschauer reichlich umständlich zu gleich mehreren kleinen Circle-Pits. Und natürlich durfte auch der obligatorische „Schrei“ nicht fehlen. Vielleicht mochten die Zuschauerreaktionen nicht ganz so ausgelassen sein wie bei den APOKALYPTISCHEN REITERN, mitgeklatscht, mitgewippt und mitgesungen wurde aber über den gesamten Raum vor der Bühne hinweg, so dass sich auch SUBWAY TO SALLY eine makellose Performance auf die Fahnen schreiben dürfen.
Bock auf Niveau-Rock? Bitte schön, DIE KASSIERER stehen zu Diensten! Eigentlich auf dem With Full Force als Stammgast (und immer im jährlichen Wechsel mit den Lokalmatadoren) verwurzelt, wurde es für die Bochumer Kaputtniks ja auch mal langsam Zeit, das Summer Breeze mit ihren anspruchsvollen Ergüssen zu erquicken. Man mag von den seit 1985 lärmenden Chaoten halten, was man will, eines kann man ihnen jedoch nicht absprechen: wo immer sie auftauchen ist Spaß und gute Laune. Wenn Wolfgang „Wölfi“ Wendland schon zu Beginn „Saufen, saufen, jeden Tag nur saufen“ zur obersten Verhaltensmaxime skandiert und sich gleich darauf zu „Mein Schöner Hodensack“ überraschend früh komplett entkleidet, um mit Textzettel und Bierdose in der Hand seinen Astralkörper zu präsentieren, bleibt halt kein Auge trocken. Es ist schon erstaunlich, wie die Band mit dem immer gleichen Programm über Jahre solche Aufmerksamkeit auf sich ziehen kann, ohne über 45 Minuten Spielzeit auch nur ansatzweise zu langweilen. Der Siedepunkt ist somit schnell erreicht, bei „Das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist“ schmettern die feierwütigen Sprechchöre gen Bühne und lassen in Folge das Wasser von der Decke tropfen. Manchmal reichen halt (Selbst-)Ironie, die richtige Portion Satire, ein augenzwinkernder Umgang mit dem Publikum (von Wölfi immer mit „Meine Damen und Herren“ adressiert) und natürlich die herrlich sinnbefreiten Texte schon aus, um die mit aufblasbaren Riesenpenissen bewaffnete Menge zu belustigen. Und mit „Sex mit dem Sozialarbeiter“, „Mein Gehirn, Dein Gehirn“ oder auch „Großes Glied“ haben DIE KASSIERER genügend Evergreens in der Tasche, um auch noch in 20 Jahren mit dem gleichen Programm durch die Lande zu ziehen.
Mit acht Musikern und einem bunten Sammelsurium an Instrumenten wurde es bei ELUVEITIE richtig eng auf der „Pain Stage“. Und auch das Publikum stand dicht gedrängt, um den vielschichtigen Folk-Metal-Hymnen der Schweizer zu lauschen. Die Setlist bestand größtenteils aus Stücken von „Helvetios“, ihrem aktuellen Konzeptalbum über die Gallischen Kriege, was sich angesichts der Qualität des Songmaterials als ausgesprochen gute Entscheidung erwies. Statt als dröge Geschichtsstunde wurden die historischen Fakten und Zusammenhänge hier in Form einer raffinierten Mischung aus Death Metal und keltischer Folklore präsentiert. Mit „Uis Elveti“, „Inis Mona“ und „Kingdom Come Undone“ gesellten sich immerhin drei Klassiker hinzu, die sich aber erfreulich harmonisch in den Gesamtablauf einfügten. Frontmann Christian „Chrigel“ Glanzmanns „Ich dachte, das Summer Breeze wäre ein Metal-Festival, von hier oben sieht das aber noch nicht so aus“ mag zwar nicht ganz fair gewesen sein, erfüllte aber vortrefflich seinen Zweck, die Fans aus der Reserve zu locken und zu Höchstleistungen anzuspornen. Zahllose Crowdsurfer und ein amtlicher Circle-Pit waren der Lohn für die Mühen des sympathischen Charakterkopfes. Musikalische Höhepunkte der Show stellten indes „A Rose For Epona“ und „Alesia“ dar, bei denen die melodische Gesangsstimme von Anna Murphy einen angenehmen Kontrast zu den harschen Growls von Chrigel setzen konnte. Der Bandkopf selbst steuerte indes neben diversen Blasinstrumenten auch Harfenklänge bei und ließ trotz seiner zurückhaltenden, manchmal etwas unterkühlt wirkenden, Art deutlich erkennen, wie viel Spaß ihm der Auftritt machte. Das Publikum fraß ihm dabei aus der Hand und ließ sich schließlich sogar zu einem amtlichen Circle-Pit animieren, während die Musiker eindrucksvoll demonstrierten, dass es sich bei der Behauptung, die Schweizer wären stets eine Ecke langsamer als Angehörige anderer Volksgruppen, nur um ein böswilliges Klischee handelt.
Den Ski King kennt man landauf landab als charismatischen Mann mit der großen Stimme im Spannungsfeld zwischen Elvis A. Presley, Lemmy Kilmister und Johnny Cash. Ob nun solo, oder als Sänger von BELOVED ENEMY, der Mann zieht die Blicke auf sich und weiß auf einer Bühne zu agieren. Noch nicht ganz so populär ist er seither unter dem SKI’S COUNTRY TRASH-Banner, aber wer einen oder gar alle Blöcke ihres SUMMER BREEZE-Auftritts gesehen hat, wird die Kunde von den Qualitäten der Combo freudig streuen. Mitreißend gespielte Country-, Rockabilly und Punkrock-Perlen gab die herrlich aufeinander eingespielte Band zum besten und oh Wunder: der Blickfang schlechthin war NICHT Meister Ski sondern die zierliche Dame am riesigen Kontrabass. Die wird wahrscheinlich demnächst den Kontrabass-Kamasutra herausgeben, denn es gibt wohl niemanden, der mehr verschiedene Stellungen mit dem Gerät drauf hat als sie! Da war so mach einer der zahlreichen Anwesenden traurig, wenn nach nur 20 Minuten schon wieder das benachbarte Partyzelt loslegte und Skis Team pausieren musste.
Die True-Metaller bekamen wohl eine echte Gänsehaut als sich die ersten Reihen vor dem Auftritt der Jungspunde WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER mit jungen Mädels füllte, die allesamt im Uni-Look auftraten und ihrer Lieblingsband mit einem WBTBWB-Shirt huldigten. Und auch sonst war der Altersschnitt im Zelt deutlich niedriger als seither, aber die Reihen waren mehr als gut gefüllt mit Interessierten. Schon beim Intro wurden laute Chöre angestimmt und als die Band an ihre Instrumente trat, gab es keinen Zweifel mehr daran, dass hier alle Bock hatten zu feiern. Mit dem Opener „Der Tag an dem die Welt unterging“ verwandelte sich die gesamte Zuschauer-Fläche in einen einzigen Moshpit, der Breakdown-lastige Deathcore der Kombo, der mit so illustren Titeln wie „Breekachu“ oder „Superföhn Bananendate“ den Humor der Brandenburger unter Beweis stellte, schlug bei der Zielgruppe voll ein. Der Metal-Nachwuchs ließ keine Zweifel mehr daran, dass er ordentlich feiern kann, Circle Pits, Wall Of Death und Crowdsurfing ohne Ende boten einen grandiosen Anblick. Unsere geschätzten Grabenschlampen hatten jedenfalls alle Hände voll zu tun um die Ordnung in Bühnennähe wenigstens halbwegs aufrecht zu erhalten. Die extrem agile Band heizte immer noch mehr an, Sänger Paul stürmte von Seite zu Seite und rief zu diversen Tanzmoves auf, während Gitarrist Kenneth immer wieder seine Sprungkraft auf den Verstärkern zum Besten gab. Nach der Hälfte des Sets gab es zur kurzen Entspannung die inzwischen bei Fans sehr beliebte Coververison des DEICHKIND-Klassikers „Remmi Demmi“ zu belauschen und nach dieser kurzen Erholung moshte man mit „Backe Backe Kuchen“ dann wieder volles Rohr los. Am Ende kam dann sogar noch eine kleine Pyro-Show inklusive der Konfetti-Kanone zum Einsatz, welche natürlich wieder johlend gefeiert wurde. Passend zum Titel legte man mit „Extrem“ ein Wahnsinns-Finale hin und auch wenn man kein Fan des modernen Sounds war, das war nach BORN FROM PAIN defintiv die explosivste Show des bisherigen Tages im Zelt. Die lauten Zugabe-Rufe brachten Fronter Paul dann nochmal auf die Bühne um sich mit einer erneuten Verbeugung vor diesem großartigen Publikum zu verabschieden.
Wenn die Bezeichnung „heimlicher Headliner“ an diesem Wochenende auf eine Band zutrifft, dann ist es definitiv BEHEMOTH. Die Polen wurden wohl wie kaum eine andere Band herbeigesehnt, mussten sie doch ihren für 2010 gebuchten Auftritt auf dem Summer Breeze damals aufgrund der schweren Erkrankung Adam „Nergal“ Darskis absagen. Vier Jahre ist es nun also her, dass die schwarze Todesblei-Walze das letzte Mal das Ländle beackerte, dementsprechend groß ist der Andrang vor der Main Stage, als die vier martialisch gekleideten Protagonisten die Bühne betreten. Was folgt, ist eine Demonstration absoluter Macht. Zwar waren BEHEMOTH schon immer eine Band, deren Auftritte mit Lobeshymnen bedacht wurden, doch was Nergal, Inferno, Orion und Seth in den letzten Jahren an Bühnen-Präsenz aufgebaut haben, ist schier beängstigend. Mehr denn je versprüht Nergal die Aura eines Predigers, der stoisch und aus tiefstem Herzen seine Sichtweise auf Gott und die Welt seinen Schäfchen verkündet. Was er an Agilität beim Stage-Acting eingebüßt hat, kompensierte er durch eine Ausstrahlung, die noch eine Schattierung schwärzer als früher scheint. Dazu kommt, dass Seth und Orion, die immer wieder unterstützend an ihren Mikrofonen hasserfüllt bellten, mittlerweile wie zwei Monolithen wirken, die schützend ihren Hohepriester flankieren und „Ov Fire And The Void“, „Demigod“ und das groovige „Moonspell Rites“ (vom „…And The Forests Dream Eterenally“-Urgestein) zu einer schwarzen Messe mutieren ließen. Und im Hintergrund fortwährend das präzise Tackern der Drum-Maschinerie Inferno. Die hochprofessionelle und bis ins kleinste Detail eingspielte Darbietung setzte sich in einem Best of der jüngeren Schaffensphase fort, in der zu „Christians To The Lions“ umgedrehte Kreuze am vorderen Bühnenrand angezündet wurden und die schlangenverzierten Mikrofone während „Alas, Lord Is Upon Me“ Feuer fangen. Und wem das noch nicht warm genug war, bekam auch während der gesamten Show die Pyro-Vollbedienung. Mittlerweile altbekannt doch obligatorisch fegten die Abrissbirnen „Slaves Shall Serve“ und „Chant For Ezkaton 2000 E.V.“ über den Platz, bevor „Lucifer“ das Ende einer Rückkehr markierte, die man sich böser kaum hätte ausmalen können. Welcome back, BEHEMOTH!
NORMA JEAN hatten zur Prime Time, fernsehtechnisch gesehen, keinen leichten Stand im Party Zelt. Denn nach einer Abrissbirne vom Kaliber BORN FROM PAIN hat man es naturgemäß nicht leicht. Da die Amis auch nicht sehr oft Europa betouren und hier zu Lande nicht den Status genießen, den sie in Amerika innehaben, war zu erwarten, dass das Zelt eher spärlich bevölkert ist. Tatsächlich kam es dann auch so. Die Reihen blieben verhältnismäßig leer. Doch davon ließen sich NORMA JEAN nicht beirren und ließen ein Set vom Stapel, das sich gewaschen hatte. Einmal quer durch den Backkatalog ging die Reise. Vom Debüt „Bless The Martyr And Kiss The Child“ bis zum aktuellen Album „Meridional“ wurde in den Tiefen des chaotischen Hardcore gekramt ohne auch nur eine Verschnaufpause oder ruhigen Moment. Die Spielfreude der Band sprang dann dementsprechend schnell auf das Publikum über, welches den extra Platz für diverse Zurschaustellungen von Spinkicks, Two-Steps und Karate-Einlagen nutze. Beide Parteien verließen die Arena sichtlich glücklich und schweißgetränkt.
Nach der Hitze am gestrigen Mittwoch, kam über Nacht der große Regen. Darüber war aber keiner der Besucher ernsthaft böse. So war der Platz vor der Pain Stage zur Übergabe des NEW BLOOD AWARDS auch schon gut gefüllt. Zur Preisverleihung hatten sich die Vertreter der Jury und natürlich die verdienten Gewinner um Frontfrau Zofia eingefunden. Noch sichtlich nervös, angesichts des sich immer weiter füllenden Runds, wurde nach kurzer Ansprache der über Nacht geschmiedete Award überreicht. Nach einer Umbaupause war es dann soweit. OBSCURE SPHINX aus Polen betraten die Bühne und sahen sich einer noch vom Vorabend gut eingestimmten Meute entgegen. Wie auch gestern machte das monumentale „Nastiez“ den Anfang. Sängerin Zofia legte ihre vornehme Zurückhaltung schnell ab und verfiel zunehmend in einen Trance-ähnlichen Zustand. Mit einer Mischung aus ballethaften Bewegungen und hypnotischen Körperregungen glitt die charismatische Frontfrau über die Bretter und akzentuierte mit ihrer unnachahmlichen Stimme die teils fragile, teils brachiale Soundwand ihrer Mitstreiter. Insbesondre dann, wenn die mit acht Saiten bestückte Gitarrenfraktion einstimmte, gab es auch in den Reihen kein Halten und das Ende des 11-minütigen Openers wurde mit reichlich Beifall belohnt. Im Gegensatz zum gestrigen Gig, hatte man sich heute dazu entschieden mit „Paragnomen“ einen anderen Song des eigenproduzierten Debüts „Anasthetic Inhalation Ritual“ auf die Setlist zu hieven. Obwohl dieser Song dem Publikum noch gänzlich unbekannt war, zündete auch er und sorgte für Bewegung vor der Bühne. Nach nur 20 Minuten war dieser denkwürdige Auftritt leider auch schon Geschichte – die Polen verschenkten fünf Minuten ihrer Spielzeit; einfach, weil sie keinen Song mit „nur“ fünf Minuten Spielzeit hatten. Von dieser Band wird man noch viel hören!
Mit BORN FROM PAIN stand an diesem Tag nach PETER PAN SPEEDROCK schon die zweite niederländische Truppe auf der Zeltbühne, aber diesmal gab es das komplette Kontrastprogramm: Feinster Hardcore mit viel metallischen Anleihen sollte das Zelt zum Kochen bringen, und BORN FROM PAIN lieferten wie erwartet die bisher wildeste Show des Tages im Zelt ab. Mit „Relentless“ begann ein Feuerwerk an explosivem Hardcore und die mehr als zahlreichen Besucher hatten richtig Bock den Laden gehörig zum Beben zu bringen. Ab dem ersten Song war nicht mehr zu unterscheiden ob Circle Pit, Wall of Death oder einfach nur wildes Gemoshe, aber hier war defintiv die Hölle los. Es flogen Bierbecher und Klorollen und Sänger Rob Franssen animierte zu jeder Sekunde seine Fans. Klassisch im Hardcore-Style wurde hier zu mehr Unity aufgerufen und auch wenn die Leute nur so durch die Gegend flogen und die Securitys alle Hände voll zu tun hatten die Crowdsurfer aufzufangen, muss man an dieser Stelle einfach mal den äußerst gemeinschaftlichen Umgang unter den Fans hervorheben. Rob lies es sich natürlich auch nicht nehmen von der Bühne zu springen und gemeinsam mit der Crowd, die ihn freudig in die Arme schloss, die Refrains ins Mikro zu brüllen. Und gerade als die ersten Ermüdungserscheinungen unter den verschwitzen Fans auftreten kam die Aufforderung zum größten Circle Pit aller Zeiten, woraufhin sich ein großartiger Anblick von der Bühne aus bot. BORN FROM PAIN sind nach so vielen Jahren immer noch nicht müde,und das merkte man ihnen zu jeder Sekunde an, die Bewegungen der Bandmitglieder waren fast so wild wie die der Crowd, was natürlich mehr und mehr animierte. Nach dem großen Finale mit „Stop At Nothing“ verabschiedete man sich dankbar und sichtlich verschwitz von der großartigen Menge und man konnte vor Zugabe-Forderungen, die aufrgrund des engen Zeitplans leider nicht bedient werden konnten, kaum noch etwas hören. Ganz großes Kino!
ICED EARTH sind eine Band, die schon einige Höhen und Tiefen in ihrer Kariere zu verkraften hatte. Das lag nicht zuletzt an Mastermind Jon Schaffer, der in den letzten Jahren mit wenig konstanten Line-Ups glänzen konnte. Das schlug sich zum einen in mäßigen, eher uninspirierten Live-Auftritten nieder und zum anderen gab es auch auf Konserve eher Durchschnittliches zu hören. Mit der neuen Langrille scheint die Band aber endgültig die Kurve bekommen zu haben. Neuer Sänger, neuer Spirit und mit „Dystopia“ eine starke neue Langrille in der Hinterhand. Dementsprechend selbstbewusst präsentierte sich die Band um den neuen Sänger Stu Block am frühen Donnerstagabend. Und, oh Wunder, ICED EARTH gehören noch lange nicht zum alten Eisen. Auch wenn das aus früheren Tagen gewohnte Bild, Kutten tragender Metalheads nicht das heutige Tagesbild bestimmte, war ab dem klug gewählten Opener „Dystopia“ klar, dass ICED EARTH diese Runde auf dem Summer Breeze locker würden meistern können. Mehr noch, Jon Schaffer war zwar noch immer omnipräsent auf der Bühne, überließ seinem Sänger Block aber das Regiment. Das zahlte sich während der gesamten Spielzeit aus. Block, der stimmlich absolute Oberklasse war, verstand es die Festivalbesucher routiniert durch das Set zu führen. So war es kaum verwunderlich, dass Hits wie „I Died For You“ oder das epische „Watching Over Me“ lauthals mitgesungen wurden. ICED EARTH haben an diesem Abend eine beeindruckende Show abgeliefert. Bleibt nur zu hoffen, dass Schaffer die Qualitäten seines neuen Fronters noch lange zu schätzen weiß.
ALCEST hatten gleich mehrere Dinge mit GLORIOR BELLI gemeinsam. Beide Bands stammen aus Frankreich, ebenso waren sie ursprünglich musikalisch im Black Metal beheimatet. Die weitere Entwicklung ist aber bei ALCEST eine gänzlich andere, nämlich in Richtung Post Metal. Die Mannen um Fronter Neige verzauberten das Partyzelt des SUMMER BREEZE mit ihren ruhigen, meist relaxten Epen mit viel Melodie und Herz, und luden die zahlreich erschienenen Fans mit ihren intensiven Klangwelten zum Träumen ein. Während der Stücke lauschte das Publikum gebannt, um nach jedem Lied mit viel Beifall die talentierten Musiker zu belohnen. Der bittersüße, wohltuende Klargesang sowie die prägnanten Melodien sorgten für eine dichte Atmosphäre, dazu passend hatte man sich auf eine dezente Lightshow mit grünen und blauen Strahlern konzentriert. Doch ALCEST leugneten nicht ihre Vergangenheit, immer wieder gab es schwarzmetallische Ausbrüche, währenddessen dann auch mal die Haare im Publikum dazu kreisten. Ein spannender, stimmungsvoller Auftritt!
Nachdem EPICA am späten Nachmittag die Bombastfraktion befriedigt haben, gibt es auf der Main Stage das volle Kontrastprogramm. NAPALM DEATH legten die Hauptbühne bereits vor zwei Jahren in Schutt und Asche, da kann der Anspruch für die kleinere Schwesterbühne kein geringerer sein. Und wahrlich, ab den ersten Klängen von „Circumspect“ regiert für eine dreiviertel Stunde der Knüppel aus dem Sack. Bei drückendstem Sound macht die Grind-Institution, die sich übrigens in diesem Jahr bereits seit 31 Lenzen durch den Underground holzt, keine Gefangenen und präsentiert sich in bestechender Form. Auch wenn NAPALM DEATH heute nicht in Bestbesetzung antreten (Basser Shame Embury wird krankheitsbedingt durch einen äußerst aktiven Glatzkopf vertreten): Fronter Barney Greenway zuckt wie gewohnt halb-spastisch durch die Gegend, Mitch Harris zersägt mit schneidenden Riffs die Luft und Danny Herrera verprügelt mit Dauergrinsen im Gesicht sein Drumkit, als wärs der letzte Gig. Schade nur, dass das in hoher Zahl angetretene Publikum den hohen Energielevel nicht von Anfang an mitgeht. Während der größte Teil lieber Standfußball spielt, tauen immerhin die ersten Reihen schnell auf. Ab „Protection Racket“ geht die Post ab, die zwei kleinen Moshpits vermischen sich während „Analysis Paralysis“ zu einem großen, in dem gilt: jeder mit jedem und alle gegen alle. Folgerichtig pflücken auch die Ordner die Crowdsurfer in Zehnerpacks herunter. Zum Abschluss gibt es die obligatorischen Evergreens, die einmal mehr verdeutlichen: NAPALM DEATH dürfen auch gerne noch die nächsten 30 Jahre weiterhin für globale Zerstörung sorgen.
PETER PAN SPEEDROCK aus dem schönen Holland hatten mit ihrem Auftritt ein hartes Los gezogen, denn man musste gegen EPICA antreten die auf der Main Stage die Blicke auf sich zogen. Trotzdem hatten sich einige Fans im Partyzelt versammelt um zum rauhen Rock´n´Roll der drei Männer ihre eigene kleine Party zu feiern. Ohne große Worte zu verlieren wurde mit „Bakkerburg“ im Highspeed-Tempo gestartet, Sänger Peter „Piet“ van Elderen brüllte mit seiner Reibeisenstimme in bester Motorhead-Manier in den extra hochgedrehten Mikrofonständer und die wenigen die gekommen waren, ließen sich auch nicht lange bitten eine Tanzeinlage einzulegen. Nach den ersten drei Songs folgte dann auch eine Begrüßung an die Fans und die Aufforderung alles zu geben um das Zelt zum Kochen zu bringen. Dem wurde auch nachgekommen, ein kleiner Circlepit war genauso zu beobachten wie dutzende schwingende Matten in der Menge. Der Sound schien anscheinend Anklang zu finden, gegen Mitte des Sets stieg die Zahl der Zuschauer deutlich an und so kam doch noch eine ordentlich rockige Stimmung auf woraufhin PETER PAN SPEEDROCK ihre Show ohne jegliche Ermüdungserscheinungen zu Ende spielten.
Mit einem minutenlangen, von Paukenschlägen dominierten Intro spannten EPICA ihre Fans vor der Bühne ganz schön auf die Folter. Doch als die Holländer erst einmal die Bühne geentert und die ersten Riffsalven ins Publikum abgefeuert hatten, strahlte über der Main Stage nicht nur die Sonne, die endlich den harten Kampf gegen die dichte Wolkendecke gewonnen hatte. Dass Sängerin Simone Simons mit ihrer arschlangen rotblonden Mähne wieder einmal im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit stand, bedarf eigentlich längst keiner besonderen Erwähnung mehr. Dabei konnte die Frontlady nicht nur optisch, sondern auch akustisch überzeugen. Natürlich durfte man sich wieder einmal an die unvermeidlichen Vorbilder NIGHTWISH erinnert fühlen, wer genau hinhörte, konnte aber den eigenständigen Charakter der Band erkennen. Und auch das Publikum fand sichtlich Gefallen an der Mischung aus einer gesunden Prise Kitsch und Pathos, symphonischem Keyboard-Bombast und amtlich bratenden Gitarrenriffs. Den Anfang der Setlist dominierten Stücke von den jüngsten beiden Studioalben, ihren Höhepunkt erreichte die Stimmung aber erst mit „Cry For The Moon“ vom Debütalbum „The Phantom Agony“, das sich mit weniger Bombast und offensichtlicheren Melodien als todsicherer Mitsing-Ohrwurm entpuppte.
Die meisten Leute kennen Hans-Martin Stier wahrscheinlich als Clubvorsitzenden aus „Hausmeister Krause“, oder aus diversen Kriminalfilmen im öffentlich-rechtlichen TV. Dass der gute Mann aber auch musikalisch was auf der Pfanne hat, bewies er mit seiner Show auf der Camel Stage, die zwar unter chronischem Zuschauermangel zu leiden hatte, da parallel aufspielende Bands wie NAPALM DEATH natürlich die Massen anzogen, jedoch durchaus seine Klasse bewies. Die schlicht STIER betitelte Band bot mit Songs wie „Vampire“ oder „Mein Gott“ harten deutschen Rock, mit dicken Gitarren und schleppenden Drums, ohne dabei mit den Texten ins Lächerliche zu rutschen. Im Fahrwasser von UNHERZ oder vielleicht auch RAMMSTEIN verlor Herr Stier zu keiner Sekunde die Lust an der Unterhaltung und lockte mit seiner charismatischen-dunklen Stimme gegen Ende doch noch einige Hörer vor die kleine Bühne. Das Nachmittagsprogramm war somit gesichert und jeder der sich mal von dem Massenandrang vor der Hauptbühne erholen wollte, fand eine gelungene Abwechslung bei den Mannen rund um Stier. Der Herr hat also definitiv noch mehr Talente als die Schauspielerei!
Bereits zum zweiten Mal beehrten AGRYPNIE das SUMMER BREEZE. Bereits der erste Auftritt in Dinkelsbühl 2008 war ein voller Erfolg, was sich nicht nur anhand der großen Zuschauermenge zeigte, sondern auch an deren Reaktion auf das Dargebotene. Und auch 2012 rannten die Mannen um den sympathischen Fronter Torsten im Partyzelt offene Türen ein. Die Anzahl der anwesenden Fans war nochmals größer, und diese gingen von Anfang an auch richtig gut mit. Die Avantgarde Black Metaller, welche noch in diesem Jahr ein neues Album veröffentlichen werden, präsentierten sich noch eingespielter, noch routinierter und selbstbewusster als bisher, was sicherlich den inzwischen in großer Anzahl absolvierten Auftritten geschuldet ist. Die ausdruckstarken, dynamisch gespielten Hymnen versprühten trotz frühem Nachmittag eine herrlich dunkle Atmosphäre, kein Wunder bei den wunderbar kalten Riffs, dem präzisen Schlagzeugspiel, dem charismatischen Kreischgesang sowie den emotionalen deutschen Texten. Die sehr offensiv aufspielenden AGRYPNIE verstanden es, mit ihren wuchtigen, dabei äußerst melodischen Epen das Publikum vollends zu fesseln.
Pünktlich um viertel vor Vier enterten die Southern-Spezialisten von EVERY TIME I DIE die Bühne und sie waren die ersten an diesem Tag, die nicht mehr mit dem unangenehmen, kalten Wind zu kämpfen hatten, der die Massen seit den Morgenstunden zum Frösteln brachte. Passend zum Südstaaten-Sound ließ sich nämlich die Sonne blicken und so hatten sich viele Fans vor der Pain Stage versammelt um sich von den Buffalo-Gitarren erwärmen zu lassen. Frontmann Keith „Balls“ Buckley gab von Anfang an sein Bestes die Massen in Bewegung zu halten, neben dem aktuellen Album „Ex Lives“ hatten die New Yorker auch echte Klassiker im Gepäck. Mit „No Son“ wurde explosiv gestartet, Gitarrist Jordan (stilecht in Batik-Shirt und Röhrenjeans) stürmte von der einen zur anderen Seite und das Publikum folgte den Bewegungen gerne. Nach zwei Songs begaben sich dann die Mannen von DARKEST HOUR an den Bühnenrand, wo sie von Keith mit dem oder anderen Seitenhieb über diverse Rauchschwaden und Düfte bedacht wurden. Das trug natürlich zur Erheiterung bei, der erste Circle Pit ließ nicht lange auf sich warten und beim Klassiker „Bored Stiff“ ging dann richtig die Post ab. Nach zwölf rotzigen Songs verabschiedete man sich dann mit dem obligatorischen Verschenken der Drumsticks und Bierbecher, und die Masse johlte noch einmal auf. Der Auftakt für die Sommer-Stimmung an diesem Tag war hiermit also definitiv gelungen.
Musikalisch ursprünglich im traditionellen, orthodoxem Black Metal beheimatet, hatten sich GLORIOR BELLI im Laufe ihres zehnjährigen Bestehens nach und nach von diesem engen musikalischen Korsett befreit, um nunmehr gänzlich erweiterten Klanglandschaften zu frönen. Das Konzept ging auf, inzwischen hat sich ihr Name doch schon in der Szene rumgesprochen, und im Partyzelt versammelten sich nicht wenige, um den abgefahrenen Klängen der Franzosen zu lauschen. GLORIOR BELLI gelang es dabei ganz ausgezeichnet, ihre ureigene, abwechslungsreiche Mischung aus Southern Rock/Metal, Stoner und Black Metal, gekonnt und schmissig live zu präsentieren – trotz leichter Aussetzer am Schlagzeug. Mit unbändiger Energie, psychedelischen Anleihen, häufigen Tempowechseln, bluesigen Riffs und sägenden Gitarren, vermittelten die Franzosen mit ihren wuchtigen Klanglandschaften das Gefühl von staubtrockenen Wüstenlandschaften, und das mitten im Partyzelt. Viele der Anwesenden ließen sich mitreißen, und so dürften GLORIOR BELLI an diesem Tag einige weitere neue Fans dazugewonnen haben. Denn es war nichts anderes als ein verlockendes, teuflisch-musikalisches Wechselspiel der Extreme, mit viel Charme und auf verdammt hohem Niveau! Zum Schluss sprang Sänger J. noch in den Fotograben, um die Fans in den ersten Reihen mit seiner Gitarre spielen zu lassen.
Nachdem es zuvor auf der Painstage noch deutlich Black Metal-lastiger zuging, war es im Anschluss an der Zeit für mehr Core-Input. Erstaunlich, dass dabei der Preis für die bis dato haarigste Band an die amerikanischen Hauptstädter von DARKEST HOUR ging – hätte man so wohl auch nicht erwartet. Wie man die Matte schwingt, wissen DARKEST HOUR aber nur zu gut, stehen die Jungs doch schon knappe 17 Jahre auf den Bühnenbrettern dieser Welt und beackern das Feld zwischen Hardcore, Thrash Metal und Melodic Death. Dieses Erfahrung spürte und hörte man, denn die Musiker spielten so tight zusammen, dass da wohl kein Blatt Papier mehr dazwischen gepasst hätte. Auch die Song-Auswahl ließ kaum etwas zu wünschen übrig, wurde doch jede Schaffensphase mit mindestens einem Lied bedacht und es tauchte sogar „The Sadist Nation“ vom 2001er Album „So Sedated, So Secure“ im Set auf. Ein Song, den sicher die Wenigsten in den letzten Jahren von der Band live zu hören bekamen. Das Publikum dankte es der Band, erschien am frühen Nachmittag zahlreich und kam jeder Aufforderung von Sänger John Henry sich (noch) mehr in Bewegung zu setzten nach. Schade nur, dass nach dem wirklich guten Set, dass mit „Doomsayer (The Beginning of the End)“ sicherlich seinen Höhepunkt erreicht hatte, die noch vorhandene Spielzeit nicht für eine Zugabe genutzt wurde.
In Sachen Pagan Metal zählen sie zu den ersten Bands der Stunde, und auch wenn der große Erfolg bisher ausblieb, erfreuen sie sich in der Szene doch sehr großer Beliebtheit. Die Rede ist natürlich von MÅNEGARM, welche es zu dieser Stunde erfreulicherweise schafften, eine wirklich ansehnliche Menge vor der Bühne zu versammeln. Die Schweden lieferten einen schön abwechslungsreichen Rückblick über ihr bisheriges Schaffen und überzeugten mit ihrer packenden Mischung aus brutalem Metal und durchdachten folkigen Elemente, welche trotz der heftigen Riffs doch stets den Weg ins Gehör fanden. Besonders die starken melodischen Gitarrenleads stachen hervor, und zusammen mit dem massiven Doublebass-Attacken, dem harschen Kreischgesang sowie den klaren Chören präsentierten MÅNEGARM ihre Version des Pagan Metals. Die Fans grölten und feierten ausgelassen und eifrig zu den teils doch auch tanzbaren Rhythmen und verwandelten den Platz vor der Bühne in ein Feld voll fliegender Haare und tanzender Menschen. Von der aufgeheizten Menge sichtlich angeheizt, hatten auch MÅNEGARM offensichtlich jede Menge Spaß und Posten, was das Zeug hielt. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, präsentierte die Band noch ein neues Stück namens „Hordes Of Hel“ vom kommenden Album, ein straighter, melodisch eingängiger Song im Midtempo, welcher bei den Fans sehr gut ankam. Die aufgrund der positiven Publikumsresonanzen sichtlich erfreuten MÅNEGARM bedankten sich noch bei ihren Fans, welche ihnen nun schon 17 Jahre lang die Treue gehalten haben.
Falls sie denn überrascht waren, so konnten sie es jedenfalls sehr gut verbergen. Denn dass beim Opener auf der Mainstage schon die gesamte Fläche zwischen Bühne und FOH gefüllt sein würde, war nicht absehbar. Und motiviert waren die Massen auch noch, frenetischer Applaus beim Einlauf der Band zum Film-Zitat-Intro aus „Session 9“ und sogar mehrere Australienflaggen wurden geschwenkt; ein Einstieg nach Maß also! Sänger George Kosmas war die Souveränität in Person, plauderte locker mit dem Volk und gab sich, als ob er mit seinen Downunder-Jungs jeden Tag derartige Festivals rocken würde. BE’LAKOR haben es dank smarten Tempowechseln und stimmig eingesetzten, flächigen Keyboards geschafft dem Melodic Death Metal-Genre ihren Stempel aufzudrücken. Selbst bei „Fraught“ vom erst im Juni veröffentlichten „Of Breath And Bone“-Album, riss die Begeisterung keinesfalls ab – well done, boys!