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- Summer Breeze 2015
- DONNERSTAG 13.08.2015
- FREITAG 14.08.2015
- SAMSTAG 15.08.2015
Es kündigte sich bereits am Nachmittag auf dem Infield an: Die Meute sehnte dem Auftritt der nicht ganz unumstritten und vor allem bei der Bundesprüfstelle bekannten Band EISREGEN entgegen. Die auf der Händlermeile meist nachgefragte Platte an diesem Tag war ohne Frage das neue Album „Marschmusik“, welches pünktlich zum SUMMER BREEZE das Licht der Welt erblickte. Dementsprechend wurde die Band um Schlagzeuger Yantit auch mit stimmkräftigen Sprechchören begrüßt. Nach „Todestag“ folgte dann in Form von „Marschmusik“ und „Blutkreis“ direkt der Doppelschlag von der neuen Veröffentlichung, der vom euphorischen Publikum positiv aufgenommen wurde. EISREGEN verstanden es in der Folge, aus alten und neuen Songs eine stimmige Setlist zu basteln, die einzig durch eine Pipi-Pause von Bassist West unterbrochen, jedoch gekonnt überbrückt wurde. Immer eine Anekdote auf Lager, versüßte Michael „Blutkehle“ Roth die ohnehin makabren Songtexte auf individuelle Art. Dem Publikum gefiels: Ein ums andere Mal flammte der Pit auf, während die ersten Reihen ihre Textsicherheit unter Beweis stellten. Eine wahrer Triumphzug aus Thüringen, zu der die neue „Marschmusik“ wie die Faust aufs Auge passte. „Elektrohexe“ besorgte den Rest und holte nochmals alles aus den zahlreichen Fans vor der Bühne heraus.
Ihren Jungfern-Gig auf dem SUMMER BREEZE haben sich ANTROPOMORPHIA wohl anders vorgestellt. An Interesse mangelte es vor der Camel Stage beileibe nicht, aber der Sound war leider nicht der Freund der Niederländer. Der Vierer musste die kompletten 30 Minuten viel zu leise abgemischt, mit konturlos wummerndem Bass und ohne wirklich hörbare Gitarren bestreiten. Doch ANTROPOMORPHIA gaben sich unbeeindruckt und zogen ihren Auftritt professionell durch – immerhin stehen sie mit Pausen ja auch schon bereits seit 1989 auf der Bühne. Ein Bühnenseitenwechsel des Bassers und zweiten Gitarristen war die einzige Showeinlage, ansonsten regierte trockener und einfach nur ehrlicher Midtempo-Death Metal ohne viel Firlefanz. Leichenblass geschminkt und mit Kunstblut beschmiert zimmerten sie ausschließlich Songs der letzten zwei Alben in die Menge, wer auf die ganz alten Old-School-Schinken hoffte, wurde leider enttäuscht. Trotz des suboptimalen Klangs gabs ordentlich Zuspruch der Leute, auch wenn sich die Reihen zur Mitte des Sets merklich lichteten. Lag aber auch am Mini-Moshpit, der sich während „Inanimatus Absqui Anima“ formierte. Insofern: trotz Zimmerlautstärke beide Daumen hoch.
Nach der knochentrockenen Liederstunde von BLACK STONE CHERRY zogen die Ruhrgesteine SODOM die Zuschauer zu sich vor die benachbarte Pain Stage. „Bisschen moshen?“ Da musste Tom Angelripper nicht erst lange bitten. Kaum war die Truppe dem Rauch und Nebel entstiegen und der Titeltrack des „Agent Orange“-Albums gezündet, wurden Onkel Tom und Konsorten furios gefeiert. Eine weitere Nachhilfestunde in Sachen Thrash-Metal vom Feinsten begann und auch die Kollegen von TANKARD zollten ihren Tribut auf der Tribüne. Generell galt für SODOM: Lieber Taten statt Worte. Ohne groß Reden zu schwingen wurden Kult-Songs wie „Ausgebombt“, „Stigmatized“ und „The Saw Is The Law“ ausgepackt und zusammen mit neuem Material aufgetischt. Tatsächlich konnte man SODOMs Auftritt auch auf diese Art zusammenfassen: Sie sind einfach Kult, vielleicht eine der wichtigsten Bands in diesem Genre, Urgesteine in ihrem Element – dabei aber keineswegs „eingeschlafen“ oder „veraltet“. Die Jungs kamen auch nach all diesen Jahren noch euphorisch auf die Bühne und zockten sich locker durch ihr Set. Und für das Publikum war letztendlich egal, ob alt oder neu, auch aktuelles wie „Sacred Warpath“ von der letzten 4-Track-EP wurde mit Beifall angenommen. Erfahrung, Präzision und absolute Spielfreude in Reinkultur eben.
Erstmals am heutigen Tag erhielt Schwarzmetall Einzug auf der T-Stage. Allerdings nicht im traditionellen Sinne, denn DORNENREICH spielten noch nie nach den Regeln anderer, was allein an der Besetzung mit einem Gitarristen, einem Violinisten und einem Schlagzeuger deutlich wird. Während des stimmungsvollen Intros betraten die Musiker der Reihe nach die Bühne und wurden dabei von reichlich Applaus begrüßt. Anschließend hieß es jedoch andächtig den Klängen von „Der Wunde Trieb“ zu lauschen; Beifallsbekundungen des Publikums beschränkten sich nahezu ausschließlich auf die Pause zwischen den einzelnen Songs. Auch wenn es bei der immer noch im Zelt festsitzenden Hitze schwer fallen mochte, die Menge ließ sich auf die gefühlvollen Stücke der Österreicher ein und tauchte in deren Welt ab. Auch seitens der Musiker fehlte kein Prozent an Hingabe: Allen voran Gitarrist und Sänger Jochen Stock. Der bescherte dem Volk durch seinen leidenschaftlichen Gesang eine Gänsehaut nach der anderen. Ob nun Stücke neueren Datums („Flammenmensch“, „Erst Deine Träne löscht den Brand“) oder ältere Songs wie „Schwarz schaut tiefsten Lichterglanz“, das Publikum war mit der homogen wirkenden Songauswahl rundum zufrieden. So bedurfte es auch keiner großen Ansagen der Band, um die 45 Minuten Spielzeit wie im Fluge vorbeiziehen zu lassen und schließlich mit „Trauerbrandung“ zu enden.
Um es gleich vorweg zu nehmen, die allereinzigste Enttäuschung beim Auftritt der sympathischen Niederländer war, dass nicht ein Bierbecher aus dem Publikum in Richtung des Sängers geworfen wurde, so dass er erneut seinen unglaublichen Stunt vom diesjährigen Pinkpop hätte zeigen können. (Falls es tatsächlich noch jemand nicht gesehen haben sollte, einfach JOHN COFFEY und Beer bei YouTube suchen). Mit Ausnahme des Drummers, der die ganze Zeit faul auf seinem Hocker saß, war die komplette Band an sich permanent in Bewegung. Für einen der Gitarristen ging mit der Show ein lang gehegter Traum in Erfüllung, weil die Band sich wohl schon immer wieder mal bei Metal Festivals beworben hat, als launige Punkband aber immer abgelehnt wurde. Zum Highlight der Show geriet „Heart Of A Traitor“ bei dem sich der Sänger ins Publikum begab und eine – zumindest mir seither – unbekannte Aktion initiierte: Er dirigierte das komplette Publikum auf die linke Seite und wies es an beim Einsatz der Band nach rechts zu spurten und dann direkt wieder nach links zurückzupreschen. Das funktionierte tatsächlich sehr gut und resultierte in fröhlichem Gerangel und einer riesigen Staubwolke. Zum Abschluss ließ sich der Sänger dann noch singenderweise vom begeisterten Publikum über die Köpfe reichen. Und huch, der einleitende Satz war doch nicht ganz wahr, extrem enttäuschend war natürlich auch die viel zu kurze Spielzeit von gerade mal einer halben Stunde. Grandios und hoffentlich nicht zum letzten Mal in Dinkelsbühl!
Zum ersten Mal seit 2009 waren auch die Prog-Meister OPETH wieder mit von der Partie. Wer bei damaliger Show vor der Bühne stand, erinnerte sich sicherlich auch an die technischen Probleme, die den Gig damals zeitweise zu überschatten drohten. Es galt also Einiges wieder gut zu machen. Mit hörbarem Erfolg, wie sich herausstellte: Nicht nur der Sound, auch die umfang- und variantenreiche Setlist konnte die Fans zufrieden stellen und den vorderen Festivalbereich füllen, so weit das Auge reichte. Nachdem schon zur letzten Tour wieder Growl-Songs in Selbige aufgenommen wurden, konnten OPETH all ihre Stärken ausspielen und ausgewählte alte, wie auch viele neue Songs zu einem überragenden Gemisch formen. Zwar gab sich Mikael Åkerfeldt abgesehen von einem „Mein Hund ist dunkelblau“ (so hat ers gesagt!) ungewohnt wortkarg, aber es war nicht nur erfrischend alte Klassiker zu hören, sondern auch rare Perlen wie „To Rid The Disease“ vom 2003er „Damnation“-Album. Dies und ein breitgefächertes Spektrum seines gesanglichen Könnens zwangen ohnehin zu Dauerbewegung. Natürlich lieferte die gesamte Band ihren Beitrag zu einer großartigen Show und das Wechselbad der Gefühle war durch gefühlvolle und mehrdimensionale Melodieläufe, akzentuierte Soli, aber auch harte Kanten und die berüchtigten Wendungen und Partwechsel melodisch wie taktisch garantiert. Den größten Kontrast und gleichermaßen leuchtende Augen verursachten OPETH jedoch mit „Heir Apparent“, seines Zeichens einer der Titel vom Album „Watershed“, der mit seinen wuchtigen Gitarrenriffs und dem stellenweise zu Tage gelegten Tempo den Anschein einer ganz anderen Band – oder zumindest Ära – erweckte. So richtig entwickeln konnten sich OPETHs Sphären und Zauber erst, als die Sonne ganz verschwunden war, aber dann war man unweigerlich ein Teil dieser einzigartigen Klangwelt.
Nach BETRAYING THE MARTYRS marschierte mit CARNIFEX am Donnerstag das nächste Death-Core Bonbon in die Staubhölle der T-Stage ein. Und die Amis starteten ihr Set gleich standesgemäß mit einem schönen großen Circle-Pit, der gleich die Richtung für die nächsten 45 Minuten vorgab. CARNIFEX gingen im direkten Vergleich zu ihren französischen Brüdern im Geiste zwar deutlich sparsamer mit Melodien um, doch so kamen die Songs, auch in Verbindung mit dem klaren Sound, noch brutaler und massiver rüber, als sie ohnehin schon waren. Besonders die vielen krachenden Breakdowns spürte man deutlich in der Magengegend. Und wenn man nicht die Musik spürte, dann wohl den Schuh des Nebenmannes im Pit. Dieser kochte nämlich von Beginn an und wurde von Sänger Scott Lewis immer wieder angepeitscht. Bei der imposanten Erscheinung und mit dieser imposanten Stimme, wagte es sowieso niemand, den Aufforderungen zu mehr Action nicht nachzukommen. So schraubten sich sowohl Publikum als auch die Band beständig die Birne ab, bis zum furiosen Finale mit „Hell Chose Me“.
Die Jungs von VITJA profitieren erheblich vom Zustrom der das Zelt verlassenden CARNIFEX-Jünger. Beide Bands hatten nämlich durchaus eine musikalische Schnittmenge aufzuweisen und so blieben gleich einige Leute stehen und checkten die junge Band aus Köln und Münster aus. Der durchschlagende Cocktail aus progressivem Metal-Core, der öfter in Djent abrutschte und dezent mit elektronischen Samples vom Band aufgefüllt wurde, wusste zu gefallen. Dazu präsentierte sich VITJA sehr gut aufeinander eingespielt und hoch motiviert. Auf der völlig in weiß – bei den Gitarrenboxen beginnend, über die weißen Instrumente bis hin zu den passenden Mikroständern – gehaltenen Bühne herrschte nie Stillstand. Hier war vor allem Sänger David Beule ein echter Aktivposten. Bei „The New Breed“ wurde dieser dann noch vom THE GREEN RIVER BURIAL Sänger Gerald Ruschel unterstützt und spätestens bei „My Kingdom“ fraßen die Zuschauer VITJA aus der Hand, so dass die geforderte Wall of Death auch sofort in die Tat umgesetzt wurde. Am Ende hatten VITJA ihre halbe Stunde auf jeden Fall perfekt genutzt.
Die Spielleute von SALTATIO MORTIS feierten in diesem Jahr ihr fünfzehnjähriges Bestehen. Am Vorabend der Veröffentlichung ihres zehnten Studiowerks „Zirkus Zeitgeist“ gab es also ordentlich Grund zu feiern – und die Fans kamen der Aufforderung dankend nach. Von der Bühne herab blickten die Musiker auf ein wahres Meer von emporgereckten Armen herab und in Bühnennähe herrschte angesichts der herbeigeströmten Menschenmassen quälende Enge. Gleich zwei neue Stücke entschädigten jedoch für das erzwungene Gruppenkuscheln. Mit ihrer aktuellen Single-Auskopplung „Wo sind die Clowns?“ forderten SALTATIO MORTIS zu mehr Fröhlichkeit in der Welt auf, während sich das vermeintlich aus der Zeit gefallene „Willkommen In Der Weihnachtszeit“ als punkig ironisierendes Spottlied entpuppte. Überhaupt entpuppten sich die Spielleute wieder einmal als wache Geister, die sich nicht hinter ihrer teilweise altertümelnden Instrumentierung verstecken, sondern immer wieder einen kritischen Blick auf aktuelle gesellschaftliche Probleme warfen. Da durfte die „Dekonstruktion unserer Nationalhymne“ in Form des kapitalismuskritischen „Wachstum über alles“ selbstverständlich nicht fehlen. Ihre kritische Haltung gegenüber rückwärtsgewandtem Denken machten die Spielleute bereits mit dem ironisch betitelten Opener „Früher war alles besser“ deutlich, dessen Kernbotschaft sie zur Mitte ihres Sets hin durch eine kleine Zeitreise zu den Anfängen der Band unterstrichen. Statt der Bühnenbeleuchtung sorgten Feuerschalen für die passende Lichtstimmung, als SALTATIO MORTIS den „Knöterich“ und „Totus Floreo“ im von Dudelsäcken und Trommeln getragenen Akustikgewand präsentierten. Dagegen wurde das Element während der übrigen, rockigen Stücke eher in Form gewaltiger Flammensäulen gen Himmel gejagt, was nicht nur den umjubelten Klassiker „Prometheus“ eindrucksvoll untermalte. Zum Ende hin ließ sich Frontmann Alea seinen gewohnten Crowdsurfing-Ausflug ins Publikum nicht nehmen. Auf den unerwarteten Damenbesuch, den er dabei in luftiger Höhe bekam, reagierte er unter dem Johlen der Umstehenden mit einem spontanen Küsschen. Zurück auf der Bühne fand die mitreißende Mittelalter-Rock-Show ihren Abschluss im „Spielmannsschwur“, den die sangesfreudige Menge begleitet von einem mittelgroßen Feuerwerk gen Nachthimmel schickte.
Southern Rock in Southern Germany – eine gute Kombination! Mit dem Song „Maybe Someday“ des selbst betitelten Debütalbums von 2006 nahmen die Jungs von BLACK STONE CHERRY die Main Stage in Beschlag. Die Setlist umfasste eine ausgeglichene Mischung aus drei der vier veröffentlichten Alben, das Zweitwerk „Folklore And Superstition“ war nur mit einem Song vertreten. Anzumerken ist hierbei jedoch, dass sich auch ungewöhnliche Tracks unter der Auswahl befanden – nicht alle waren typische Klassiker von BLACK STONE CHERRY. Das tat der Stimmung oder Show aber nicht im Entferntesten einen Abbruch. Mit spürbarer Leidenschaft und Direktheit duellierten sich Gitarrist Ben Wells und Bassist Jon Lawhon, schmissen sich von einer Pose in die nächste und feuerten von ihrer Position aus selbst noch die Zuschauer vor dem FOH an. Aber wenn ein Mann ganz besonders hervorzuheben ist, dann ist das der Herr an der Schießbude: Was Mr. Young da an seinem Schlagzeug vollbrachte, ließ so manche Kinnlade herunterklappen. Nicht nur, dass er das Snare-Fell dermaßen zertrümmerte, dass er eigentlich keinerlei Mikros nötig hatte, es wurden während der Show 17 (!) Drumsticks gesichtet, die entweder ihr Ziel verfehlten, vom Drumtec aufgesammelt werden mussten oder in ihre Einzelteile zerbarsten. Nur gut, dass zumindest Frontmann und Gitarrist Chris Robertson eine gewisse „Ruhe“ in den Auftritt brachte, nicht zuletzt mit einer hervorragenden stimmlichen Leistung. Besonders „Me And Mary Jane“ und das WILLIE DIXON-Cover „Built For Comfort (Not For Speed)“ entwickelten ihren unvergleichlich erdigen Charme. Bei „Blame It On The Boom Boom“ übernahm das Publikum von ganz allein den Refrain. Trotz des gespielten „Rain Wizard“ gab es leider keinen kühlenden Regen, wohl aber eine leichte Brise und eine große Portion breitbeinigen Rock ’n‘ Roll.
DEAD LORD haben gleich auf mehreren Ebenen das Maximale aus ihrem Gig herausgeholt. Nicht nur, dass die Schweden sechs Minuten früher beginnen und um fünf Minuten überziehen durften: sie gestalteten auch jede Sekunde der gesamten Spielzeit extrem kurzweilig. Vor allem THIN LIZZY-Fans kamen voll auf ihre Kosten, als das Quartett seinen hochmelodischen Heavy Rock schön trocken bei feinstem Sound herausrotzte: die Gitarren schnittig und klar konturiert, die Drums satt und kräftig mit einem sagenhaften Snare-Sound konnten die vor lockeren Doppel-Leads strotzenden Songs nur gewinnen. Stimmlich zeigte sich Lockenkopf Hakim Krim sattelfest und entpuppte sich als richtige Frontsau, die aus den schweißgetränkten Kompositionen auch noch das letzte bisschen Groove herauskitzelte. Und sogar für einen kurzen Jam auf IRON MAIDENs „The Trooper“ war noch Zeit. Mit klassischem Synchronposing der Saitenfraktion gab es vom Publikum dann auch zwischen den Songs mehr als nur Szenenapplaus. Ein bärenstarker Auftritt, den man wohl im englischen Sprachgebrauch getrost als „Powerhouse“ bezeichnen kann!
Zeit für den Headliner: Das letzte Mal vor ganzen sechs Jahren auf dem SUMMER BREEZE zu Gast, holten KREATOR zum großen Schlag aus. Ein opulenter Bühnenaufbau mit zahlreichen LED-Leinwänden im Halbrund hinter der Band ließ die Vorfreude wachsen, bis das Set, eingeläutet durch zwei Bengalo-Träger, schließlich mit dem Intro „Choir Of The Damned“ und „Enemy Of God“ Fahrt aufnahm. Bereits hier machte die aus Essen stammende Band keine Gefangenen und zündete den ersten Konfetti-Regen. Es folgte ein Best-Of-Set, dass es wirklich in sich hatte: Ob nun Songs der ersten Schaffensphase der Ruhrpott-Legende („Terrible Certainty“, „Awakening Of The Gods“) oder neuere Schmankerl vom aktuellen Album „Phantom Antichrist“, es folgte Hit auf Hit. Passend untermalt wurden die Songs dabei durch zahlreiche Animationen auf den LED-Leinwänden sowie Pyros und Nebelkanonen. Zu „Warcurse“ legte Frontmann Mille sogar selbst Hand an und feuerte mit einer CO2-Kanone über die Köpfe des Publikums hinweg. Dieses Zusammenspiel aus bockstarken Songs, einer guten Show und einem drückenden Sound traf den Nerv der Leute auf dem brechend vollen Platz vor der Bühne. Bereits früh stimmten die aus zahlreichen Ländern angereisten Fans (u.a. Mexiko, Brasilien, Kroatien) KREATOR-Sprechchöre an. Selbstverständlich ließ es sich Mille auch nicht nehmen, seine berühmten Ansagen vor den Songs zu platzieren. Zu „Extreme Aggression“ wurde wie gewohnt das „totale Chaos“ gefordert und Dinkelsbühl lieferte prompt mit einer satten Wall of Death. Zum Ende mit „Pleasure To Kill“ wurden dann nochmal alle Geschütze aufgefahren: Pyros, Nebelfontänen und Konfettikanonen im Zusammenspiel bescherten ein amtlichen Abschluss. Wahrlich ein würdiger Headliner, bei dem aufgrund mangelnder Zeit leider sowohl „Flag Of Hate“, als auch „Betrayer“ gestrichen werden mussten.
Die US-Amerikaner AGALLOCH, die ansonsten eher zu den seltenen Gästen auf Europas Bühnen zählen, gaben am späten Abend ihren langerwarteten Auftritt auf der T-Stage. Da AGALLOCH insbesondere auf ihren älteren Werken ihren Fokus auf eine dichte und getragene Stimmung legen, konnte man gespannt sein, wie es der Band gelingen würde, ihren düster-folkigen Black Metal live umzusetzen. Überraschenderweise zeigte das Quartett konsequenterweise ein gänzlich anderes Gesicht als auf ihren Tonträgern: AGALLOCH betonten nämlich die im Dark Rock verwurzelte Seite ihrer Musik. Besonders das Highlight „Dark Matter Gods“ vom aktuellen Album „The Serpent & The Sphere“ setzte aufgrund seiner starken Melodien ein Ausrufezeichen in einem starken Set, dessen Schwerpunkt klar auf den neueren Werken der Truppe lag. Dass sich Frontmann John Haughm auf der Bühne eher zurückhaltend gab, war aufgrund der bisherigen Auftritte der Band durchaus zu erwarten – aber dass insbesondere Gitarrist Don Anderson einen derartig engagierten und publikumszugewandten Auftritt hinlegte, verblüffte dann doch. Unterstützt von einem fetten Basssound und glasklaren Gitarren lieferten AGALLOCH einen kurzweiligen Auftritt ab, der Fans der beiden neueren Scheiben ganz sicher nicht enttäuscht hat.
THE GREEN RIVER BURIAL haben in letzter Zeit einen enormen Popularitätsschub erfahren. Das lag zum einen an der verstärkten Live-Präsenz und zum anderen an ihrem starken, immer noch aktuellen, Output von 2012 namens „Separate & Coalesce“. Kein Wunder also, dass sich die ersten Reihen schon einige Minuten vor Beginn des Sets mit Anhängern der Frankfurter füllten. Das krude Gebräu aus New School Hardcore a là THE GHOST INSIDE, technischem Death Metal und Djent-Einschüben zündet gleich und war dazu noch mehr als Pit-tauglich. Folglich wurden auch die massiven Breakdowns von den bewegungsfreudigen Karate-Kids für Kampfeinlagen genutzt und einige Circle-Pits gestartet. Auch die Abwechslung kam nicht zu kurz. Neu Sänger Gerald Ruschel streute ab und zu cleanen Gesang ein und bei „Reinvent The Real“ bedienten sich THE GREEN RIVER BURIAL auch im deutschen Hip Hop. Dadurch wurde das Set zu einem sehr kurzweiligen Vergnügen. Und auch style-mäßig setzte man Akzente – Batikshirts sah man sonst ja nicht so oft am Festival.
Dass dies keine normale Show werden würde, war bereits im Vorfeld klar. Denn AMORPHIS wurden mit einem speziellen „Tales From The Thousand Lakes“-Auftritt angekündigt, bei dem das gesamte Werk durchgespielt werden würde. Dieser Meilenstein hat bereits 21 Jahre auf dem Buckel, über die Jahre aber keineswegs an Qualität und Relevanz eingebüßt. Die Rahmenbedingungen waren hervorragend: Mitten in der Nacht, als letzte Band auf der Pain Stage und bei perfekter Witterung, füllte sich der Platz bis weit hinter den FOH. Daher glich die Frage von Sänger Tomi Joutsen nach dem Intro und dem ersten Songs „Into Hiding“, ob das Publikum für das gesamte „Tales From The Thousand Lakes“ bereit sei, mehr einer rhetorischen, als ernsthaften Frage. Der Sänger, der erst seit 2005 in der Band spielt und sich vor Kurzem seiner charakteristischen Dreadlocks entledigte, musste an diesem Abend große Fußstapfen ausfüllen, machte seinen Job aber auch bei schwierigen Passagen wie in „In The Beginning“ mehr als ordentlich. Leider wurden die markanten Passagen mit Klargesang größtenteils durch Growls ersetzt, was den Songs einen leicht anderen Anstrich verlieh, der dennoch auf seine Weise zu überzeugen wusste. Möglicherweise ist dies aber eine Erklärung dafür, dass der Funke nicht komplett überspringen wollte. Nach dem Schwerpunkt des Sets folgten noch eine Reihe weiterer Songs, für die AMORPHIS tief in der Bandhistorie kramten: Mit „Vulgar Necrolatry“ setzte es einen Death Metal-Brecher der Extraklasse, ehe das 96er Werk „Elegy“ mit drei Songs in den Fokus gerückt wurde. Den Abschluss besorgte das selten gespielte „Folk Of The North“, nach dem die Band mit Applaus verabschiedet wurde.
„Das ist es, worum es hier geht“, ließ Steve DiGiorgio verlauten und gedachte in einem von vielen Gänsehautmomenten natürlich ehrenvoll dem verstorbenen Chuck Schuldiner. Allein die Betrachtung des DEATH-Backdrops rührte auf der einen und erfreute auf der anderen Seite. Wer hätte gedacht, dass man die Klassiker dieser Ausnahmeband um Mastermind Chuck auf solch beeindruckende Weise live zu hören bekommt? Der Sound erreichte locker die Perfektionsebene, besser kann man eine Live-Show nicht auf und über die Bühne bringen. Das Zusammenspiel aller Musiker verschmolz mit dem individuellen Können der Einzelnen zu einem überragenden Auftritt, bei dem die Floskeln „auf den Punkt“ und „wie aus einem Guss“ tatsächlich mal ihre Berechtigung fanden. Im Vergleich zu früheren Gigs hat sich das LineUp an zwei Stellen verändert: Am Drumkit saß Gene Hoglan, an der Gitarre zupfte Bobby Koelble, der 1995 zur „Symbolic“-Truppe gehörte. Eine feste Säule ist Bassist Steve DiGiorgio, der auch alle Ansagen übernahm. Max Phelps komplettierte die Mannschaft wie erwartet am Mikro und an der Gitarre – genau wie Chuck damals; selbst die Haltung der Klampfe erinnerte an den Ausnahmekünstler. Und genau dessen Name wurde mehrfach vom Publikum gerufen, denn ja, das ist es, worum es hier geht! Nachdem der „Philosopher“ vom 93er-Album „Individual Thought Patterns“ von der Leine gelassen wurde, folgte ein Oldschool-Doppelhammer vom Zweitwerk „Leprosy“. Anschließend unternahmen DEATH TO ALL einen abwechslungsreichen Diskografie-Ritt, bei dem auch die Nummer „Symbolic“ vom gleichnamigen Meisterwerk, dem Anfang 2015 eine komplette Tour gewidmet wurde, in die Setlist rutschte – ebenso ein Highlight wie das synchrone Headbangen des Dreiers zum Ende des besagten Songs. Tributebands gibt es viele, doch DEATH TO ALL erstrahlen im Glanz der alten Zeit und schaffen es auch, diese Nostalgie, gepaart mit enormer technischer Versiertheit, musikalisch zu transportieren.
Wie sehr C R O W N noch als Geheimtipp gelten, sah man am Donnerstag zu später Stund vor der Camel Stage. Nur eine recht überschaubare Besucherschar fand sich vor der kleinsten der Bühnen ein, als der Vorhang für eine der bemerkenswertesten Bands auf dem diesjährigen SUMMER BREEZE aufging. Die wenigen Anwesenden wurden Zeuge einer außergewöhnlichen wie individuellen Mischung aus Industrial, Doom, Sludge, Black Metal und Elektro, die C R O W N mit nur drei Gitarristen darboten: Drums und Bass kamen komplett vom Band! Was auf Konserve eine unglaubliche Wucht entwickelt, fehlte live zu Anfang leider ein wenig die Durchschlagskraft. Die drei Sechssaiter drückten zu leise über den Äther, erst in der zweiten Hälfte des Sets entwickelten die Franzosen ihren unentrinnbaren Sog aus brachialer Negativität. Dafür nahm die Show durch ihre kalte und isolierte Atmosphäre von Beginn an gefangen. Kaum Ansagen, Bewegung nur in manchen Passagen, da dann aber ekstatisch, Sänger Frederyk Rotter wischte sich erst beim letzten Song die langen Haare aus dem Gesicht: C R O W N waren völlig in ihrer eigenen, düsteren Welt gefangen, vollkommen der Zelebration ihrer Musik hingegeben. In dieser stellte zwar das aktuelle Album „Natron“ die gesamte Setlist, womit Songs vom ebenso genialen Vorgänger „Psychurgy“ oder der „The One“-EP leider nicht zum Einsatz kamen. Doch wer C R O W N auf der laufenden Club-Tour mit AGALLOCH erwischen kann, sollte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen.
„You Came To The Wrong Forest“ … aber ihr seid ins richtige Zelt gekommen! Denn da zelebrierten CARACH ANGREN eine düster-bombastische Grusel-Messe im Symphonic-Black-Metal-Subgenre. Schon das Outfit der Holländer wusste zu beeindrucken: Lack, Leder, massive Stiefel – in dominierendem Schwarz, auch wenn Ardek mit seinem weinroten Samtmantel zumindest farblich etwas aus dem Rahmen fiel. Dafür durfte der Keyboarder ein lebensgroßes Skelett an seinem Instrument begrüßen. Herzlich willkommen, morbider Charme! Auch CARACH ANGREN profitierten von einem starken Sound, der gerade die symphonischen Elemente einwandfrei integrierte. Hier donnerte und fidelte nichts zu laut und nichts zu leise. Die Setlist hatte erwartungsgemäß eine leichte „This Is No Fairytale“-Schlagseite, der Rest war eine gelungene Mischung aus den ersten drei Releases. Das ganz große Plus einer Show von CARACH ANGREN ist die berauschende Theatralik: Gerade Frontmann Seregor inszenierte die Vocals mehr, als dass er sie einfach vortrug, und auch die Ansagen profitierten von einem durchdachten Spiel der Mimik und Gesten. Weil die Niederländer auf der anderen Seite aber auch den Wunsch nach extremem Metal durch ratternde Doublebass-Teppiche, Blastbeat-Gewitter und akribisch geschärfte Riffs erfüllten, wurde dem Publikum eine richtig runde Sache geboten. Und wem trotz der fortgeschrittenen Uhrzeit noch warm war, der genoss einfach den Wind, wenn Sänger Seregor mit seinen ellenlangen Haaren den Propeller anschmiss. Zum Thema „schmeißen“: Passend zum Text von „Two Flies Flew Into A Black Sugar Cobweb“ wurden Lutscher in die vorderen Reihen geworfen – süß, aber gefährlich, wenn man mit den Lyrics vertraut ist. Unterm Strich wurden CARACH ANGREN der hohen Qualität ihrer Studioalben auch live mehr als gerecht!
Nimmt man alle bandeigenen Songs von jedem Studioalbum zusammen, haben TANKARD 166 Songs in geradliniger Thrash-Metal-Manier parat, bei denen es in mindestens 167 um Bier geht. Da bietet sich als Einleitung der Besprechung doch ein Zitat von Frontmann Gerre an: „Prost Freunde!“ Wer hier nicht mit einem kühlen oder auch lauwarmen Gerstensaft erschienen ist, hat irgendetwas falsch gemacht. Schon vor der Show bahnten sich „TANKARD“-Rufe durch die Hitzewand. Wie angenehm, dass die Sonne zum Start kurz hinter einer Wolke verschwand. Das Security-Personal drehte trotzdem den Wasserschlauch auf und berieselte die vorderen Reihen – tatsächlich mit Wasser, nicht mit Bier. Davon stand aber eine Palette am Drumkit bereit, und im Verlauf des Gigs flog die eine oder andere Dose ins dankbare Rund. Apropos Rund: Es versammelten sich enorm viele Leute zur feuchtfröhlichen Messe, die sogleich entbrannte, als Bassist Frank Thorwarth und Gitarrist Andy Gutjahr auf die Bühne kamen. Kurz darauf eilte auch Gerre herbei, dessen Bierseligkeit in Bauchform jedes Mal aufblitzte, wenn er die Arme hob, um die Menge zu animieren. Aber das kennt man ja! Auch zwischendurch wurde das Shirt eifrig angehoben, um der zufriedenen Plautze etwas Frischluft zu verschaffen. Nach dem Opener „Zombie Attack“ vom 1986er-Debüt schob der sympathische Sänger „erst mal etwas Ernstes“ ein und sprach den Ausfall von Drummer Olaf an, der inzwischen wieder aus dem Krankenhaus entlassen wurde – gute Besserung weiterhin! Ansonsten verlief der Auftritt wie gewohnt auf einem äußerst unterhaltsamen Level. Die Songauswahl war großartig und bot eine illustre Mischung aus richtig alten und neuen Nummern. Gerre flitzte von einer Seite zur anderen, warf einen Handkuss in Richtung Kamera, spielte Luftgitarre, hob die Kamerafrau – der er auch den Song „A Girl Called Cerveza“ widmete – später sogar hoch und erntete unzählige „Ausziehen“-Rufe aus dem Zuschauerpulk. Ein mittelgroßer Pit wirbelte trockenen Staub auf, durch den wiederum nach und nach Stagediver segelten. Man liest es schon heraus: TANKARD ließen eine prächtige Nachmittagsparty steigen. Richtig lustig wurde es, als ein Fan auf die Bühne durfte, um erst mitzugröhlen und dann die unerforschten Tiefen unter Gerres Shirt zu erkunden. Kurzum: TANKARD haben mächtig abgeliefert und sich ihr Bier mehr als verdient!
War es denn schon Zeit für den Headliner? Das prall gefüllte Rund hätte es vermuten lassen können. Dicht gedrängt, bis in die letzten Reihen trotzten die Fans schon Minuten vor dem Auftritt der Münchner der gleißenden Sonne. Und leider sollten sie das auch noch gut 15 weitere Minuten nach dem angekündigten Beginn tun müssen. MEGAHERZ hatten nämlich aufgrund der berühmten technischen Probleme einen holprigen Start in den Donnerstag erwischt. Doch weder Band noch Publikum ließen sich den Spaß verderben und vertrieben sich Wartezeit mit Zugaberufen und stetiger Wasserausgabe durch Sänger Alexander „Lex“ Wohnhaas. Als es dann endlich losgehen konnte, war das Publikum bereits derartig heiß gelaufen, dass schon der Opener „Zombieland“ vom gleichnamigen Album die Menge zum kollektiven Hüpfen brachte. Sichtlich angetan von der Leistung des Publikums, galt es nicht noch mehr Zeit zu verlieren und man reihte direkt Hit an Hit. Sänger „Lex“ schwang dazu gekonnt im Takt sein zum Mikroständer umgebauten Baseballschläger. Selbst ein engagierter Rollstuhlfahrer ließ es sich nicht nehmen, sich von vielen helfenden Händen übers Publikum tragen zu lassen. Respekt! Aufgrund der verkürzen Spielzeit, schien das Set dann bereits mit „Für immer“ ein Ende gefunden zu haben. Ohne ihren größten Hit gespielt zu haben, wollte man die Münchner allerdings nicht gehen lassen und man zwang förmlich Band und Stagemanager die Spielzeit noch etwas zu erweitern. So kam es, wir es kommen musste: „Miststück“ war somit der gewohnte finale Paukenschlag eines kurzen, aber deshalb nicht weniger intensiven Auftritts der Band.
Mit den beiden Norwegerinnen Kari Rueslåtten und Liv Kristine sowie der Holländerin Anneke van Giersbergen waren unter dem THE SIRENS-Banner gleich drei der bedeutendsten Metal-Sängerinnen überhaupt auf der Main Stage vereint. Und wie man es bei einer solchen Konstellation erwarten durfte, nahm jede der drei Damen auf charmanteste Weise ihre Zeit im Rampenlicht in Anspruch. Zur Höchstform liefen THE SIRENS jedoch auf, wenn sie wie im Opener „Treat Me Like A Lady“ als Trio agierten. Eine auserlesene Publikumsschar lauschte größtenteils andächtig den starken Kompositionen aus dem Repertoire der drei Solokünstlerinnen sowie ihrer aktuellen beziehungsweise ehemaligen Bands THE 3RD AND THE MORTAL, LEAVES EYES und THE GATHERING. Der nach jedem Stück aufbrandende Applaus machte hingegen deutlich, dass die Songs bei der Fraktion der stillen Genießer auf ausgesprochen fruchtbaren Boden fielen. Als Highlights dürften dabei vor allem das von Liv Kristine und Anneke van Giersbergen im Duett dargebotene „Vervain“ und Annekes Darbietung des THE GATHERING-Klassikers „Strange Machines“ noch lange im Gedächtnis bleiben.
Mit einer der technisch anspruchsvollsten Bands des SUMMER BREEZE 2015 stieg auch die T-Stage in den zweiten Festivaltag ein: NE OBLIVISCARIS aus dem sonnigen Australien gaben sich mit ihrer besonderen Mischung aus technischem Death Metal und folkigem Black Metal ein Stelldichein. Es mag leichter verdauliche Kost in der brütenden Mittagshitze geben, dennoch fand eine erfreulich große Anzahl an Fans den Weg unter das Zeltdach. Und enttäuscht wurde sicherlich niemand: Die Band hatte ob des engagierten und gut aufgelegten Publikums sichtlich Spaß am Musizieren und rief immer wieder zum Mitmachen auf – insbesondere, da die ersten Reihen die vier Songs des Sextetts von Down Under frenetisch abfeierten. Hauptsächlich die von der Violine getragenen, eingängigen Passagen rissen die Zuschauer immer wieder mit – der engagierte Auftritt von Sänger Xen tat dann ein Übriges. So stimmte die Mischung zwischen ehrfurchtsvollem Staunen ob der spielerischen Fähigkeiten von Bassist Cygnus und dem Gitarristen-Duo Matt Klavins und Benjamin Baret, und der mitreißenden Darbietung von (Clean-) Sänger und Geiger Tim Charles absolut – und NE OBLIVISCARIS lieferten trotz eines etwas dominanten Schlagzeugsounds einen amtlichen Auftritt ab.
Nachdem die stimmgewaltigen Grazien die Main Stage verlassen hatten, setzten sich alle Zuschauer in Bewegung und es war ein schier endloser Ansturm auf die Pain Stage auszumachen. Keine Übertreibung bei den Worten: Es war proppenvoll – als wäre es bereits spätabends! Überall nur KYLE GASS BAND-hungrige Zuschauer, die den Hollywood-Schauspieler und Vollblut-Musiker und seine Truppe lautstark erwarteten. Wer allerdings den typischen TENACIOUS D-Humor, gepaart mit Classic Rock und einer One-Man-Show erwartete, wurde enttäuscht – oder besser positiv überrascht. Bei „Bro Ho“ und dem Medley aus dem JACKSON 5-, MICHAEL JACKSON- und DJ JAZZY JEFF & THE FRESH PRICE-Cover – bei dem übrigens der Drummer das Mikro übernahm – wurde natürlich Spaß zelebriert, aber Songs wie „Manchild“, „Dyin‘ Day“ und „Gypsy Scroll“ zeigen, dass THE KYLE GASS BAND durchaus auch ernstzunehmende Musik mit Inhalt abliefern. Dabei ist wirklich jeder Musiker auf der Bühne essentieller Teil des Ganzen und das Publikum durfte eine tolle und sommerlich-rockende Show genießen. Direkt nach der Show bahnte sich Kyle Gass dann den Weg zum anstehenden Treffen mit den drei glücklichen Gewinnern, welche KYLE GASS BAND im Akustikgitarren-Wettkampf zu besiegen versuchten.
Obwohl sich zunächst nur eine Handvoll Hartgesottene vor der Camel Stage zum Auftritt von HOTROD MAYHEM einfanden, legte das Heidenheimer Quintett sichtlich motiviert und energetisch los. Bereits der Opener „We Are At War“ gab die Richtung der kommenden halben Stunde vor: Geradeaus, ohne Umwege, ohne Haltestellen. So stellte sich sehr schnell heraus, dass genau dieser direkte und rotzige Thrash Metal in der brütenden Mittagshitze das richtige Rezept ist: Bereits beim zweiten Titel „Contamination Overdose“ war die Begeisterung der Band merklich auf das Publikum übergesprungen. Insbesondere Frontröhre Feben legte dabei einen engagierten Auftritt auf der Bühne hin und zog die Anwesenden mit ihrer begeisternden Art schnell in ihren Bann – folglich stieg die Zuschauerschar im Laufe des Sets kontinuierlich an. Auch das dem verstorbenen SUMMERBREEZE-Urgestein Michael Trengert gewidmete „Meltdown“, das zu den Bandfavoriten gehörenden „Reaktored“ und die beiden Abschlusstracks „Black Rain“ und „Slaves“ kamen bei den Zuhörern gut an – so konnte das sympathische Quartett schließlich einen gelungenen Auftritt für sich verbuchen – erst recht, wenn man bedenkt, dass dies die erste Show mit Feben war und die Band recht kurzfristig als Ersatz für HELL CITY ins LineUp gerutscht ist, Respekt!
„Dinkelsbühl: 35 Grad – die Schminke sitzt.“ Unter diesem Motto stiegen die vermummten HÄMATOM rund um den wie gewohnt schwarz-weiß geschminkten Frontmann „Nord“ auf die Bühne der T-Stage. Bereits vor den ersten Klängen des Openers „Leichen pflasterten unseren Weg“ forderte die zahlreich erschienene Fanschar den Auftritt der Band mit lautstarken Sprechchören – und unterstützt von vier großen Leinwänden, die den visuell opulenten Auftritt der Maskenmänner noch verstärkten, ging es dann auch von Anfang an ordentlich zur Sache. Ausgestattet mit Hits wie „Sturm“ und „Auge um Auge“ bot das dargebotene Set dem Publikum ausreichend Gelegenheit sich ordentlich körperlich zu verausgaben: Entweder beim lautstarken Mitsingen oder beim zwischenzeitlich aufkommenden Moshpit. Da auch die berühmte T-Shirt Kanone nicht fehlte und die eingängigen Titel von einem wummernden Bühnensound getragen wurden, hatte HÄMATOM schnell die Herzen (und Nacken) der Fans erobert – die dann auch bereits fünfzehn Minuten vor Ende des Auftritts erste Zugaben forderten.
Mit den selbsternannten Königen der Spielleute CORVUS CORAX hielt dann echtes Mittelaltermarkt-Feeling auf dem Gelände Einzug. Auch ohne elektrische Verzerrung sorgte die Percussion-lastige Show für ausgelassene Stimmung unter den zahlreichen Fans anachronistischer Instrumentarien und sorgte für ein munteres Gymnastikprogramm bestehend aus rhythmischem Klatschen – pardon: Handgeklapper, Hüpfen und La-Ola-Wellen. Einige Todesmutige eröffneten in der prallen Mittagshitze sogar einen amtlichen Moshpit. Das passte gut zum martialischen Auftreten der Spielleute, das im Zusammenspiel mit den Kostümen, die aus historischen und historisierenden Kompositionen bestehende Show, um eine eindrucksvolle visuelle Komponente ergänzte. Mit „Twilight Of The Thunder God“ wagten sich CORVUS CORAX sogar an eine zeitgenössische Komposition der „kleinen schwedischen Band“ AMON AMARTH, die dem Vernehmen nach sehr angetan von der akustischen Neuinterpretation gewesen sein soll. An die Stimmgewalt eines Johan Hegg reichte Frontmann Castus mit seinem dumpfen Gebell zwar nicht ganz heran, darüber sahen die Fans jedoch gerne hinweg und feierten diesen Höhepunkt einer rundum gelungenen Mittelalter-Show mit besonders frenetischem Jubel.
So jetzt hier, Hefte raus, Klassenarbeit! Also, man nehme 5 Österreicher, statte einen davon mit einem Metal-untypischen Instrument (Akkordeon) aus und füge eine gängige Metal-Bandbesetzung hinzu. Und was gibt’s das dann, wenn es um drei Uhr nachmittags bei mindestens 35° Außentemperatur auf freiem Feld zelebriert wird? Richtig, ne amtliche Vollbedienung! Die fünf Austria-Buam, allesamt in Lederhosen und schwarzen Hemden mit Rot-Weiss-Karo-Schulterbereich stießen von Anfang an auf massig Gegenliebe und dürften sich ob der vielen Österreich-Flaggen und der textsicheren ersten Reihen fast ein bisschen heimisch gefühlt haben. Auf der Bühne und auch im Publikum fand sich überall das Bandlogo, ein gehörntes Akkordeon wieder, ob nun auf dem Backdrop, auf Shirts und sogar auf den Schuhen des Bassisten! Die ohnehin schon prächtige Laune ließ sich dank einer Coverversion des göttlichen Falco („Amadeus“) sogar noch steigern und als nach einer halben Stunde dann schon wieder Schluss war, konnte den Zugabe-Chören leider nicht gefolgt werden. Leiwad!
Fall es Zweifel gab, ob TROLLFEST die passende Band für die Eröffnung der Main Stage waren, schmolzen sie in der Vormittagssonne schnell dahin. TROLLFEST dürfen sich wohl rühmen, der Opener zu sein, der in der Geschichte des SUMMER BREEZE bislang die größte Menschenmenge antreten ließ. Bis zum FOH reihten sich die Feierwütigen, als die Norweger, in Arztkittel und Fliegerbrillen gekleidet, ihren derbspaßigen Folk Metal unter das Volk brachten. Mit Songs wie „Konterbier“ oder dem BRITNEY SPEARS-Cover „Toxic“ folgte die Show des verrückten Oktetts klar der Spaß-Maxime, der sich auch das Publikum bereitwillig unterwarf. Von Bangen über Tanzen bis hin zu leichten Massenkniebeugen und einer Polonaise gab es ordentlich Bewegung in der Menge, die durch weitere Laufkundschaft bereits weit ins Infield hineinreichte. Da störte auch nicht, dass Gitarrist Mr.Seidel während „Brumlebassen“ fluchtartig die Bühne verlassen musste, um seine Soundprobleme in den Griff zu kriegen. Die Messlatte für den Opener des nächsten Jahres liegt bereits jetzt ganz schön hoch.
OBEY THE BRAVE sind zwar erst seit 2012 im Metalcore-Business, doch längst keine Unbekannten mehr. Das liegt wohl vor allem daran, dass Shouters Alex Erian bei DESPISED ICON – die damals 2010 auf der T-Stage ihre letzte Deutschland Show vor der Auflösung zum Besten gaben – aktiv war, beziehungsweise wieder ist. So konnten sie sich durch gute und viele Touren schnell einen Namen machen und sich eine ansehnliche Fanschar erspielen. Demnach war der nachmittägliche Slot, des frisch aus Kanada eingeflogenen Fünfers, mehr als berechtigt. Umso mehr, wenn man einen Blick ins Publikum warf. Denn es wartete ein gut halb gefülltes Zelt auf die Kanadier, das absolut in Party-Laune war. „Not trying to reinvent the wheel. We keep it simple. We keep it real.“ ist ja bekanntlich das Motto von OBEY THE BRAVE und dieser Slogan fasste den musikalischen Output perfekt zusammen. Die Band preschte mal schnell, mal mit viel Groove nach vorne und bot mit massig Breakdowns auch genügend Möglichkeiten für die Pit-Akrobaten sich in Szene zu setzen. Aber auch die Melodien kamen bei OBEY THE BRAVE nicht zu kurz. Dazu ist Erian nicht nur ein Monster am Mic, sondern auch noch ein Entertainer par excellence, der es versteht die Zuschauer zu Höchstleistungen anzutreiben. Der Pit war von Beginn an hoch frequentiert und nach knappen drei Songs war bereits so viel Staub aufgewirbelt worden, dass das Atmen im Zelt deutlich schwerer viel. Bei so viel Action war es aber auch abzusehen, dass gegen Ende erste Ermüdungserscheinungen auftraten. Die Show jedenfalls war von Anfang bis Ende ein ziemliches Brett!
Jetzt neu im Lexikon unter „Gummiball“: DIE APOKALYPTISCHEN REITER bzw. deren Frontderwisch Fuchs – abgesehen von der ersten Nummer des diesjährigen Festivalauftritts. Nach einer kurzen Umbaupause und einem bejubelten Einzug zum Intro zeigte sich der uniformierte Fuchs nebst edel gekleideten Mitstreitern beim Opener „Freiheit.Gleichheit.Brüderlichkeit“ erstaunlich zurückhaltend und stoisch militärisch. Ab „Revolution“ und damit die restlichen Minuten der einstündigen Show einschließend, war der Flummi jedoch wieder gewohnt agil unterwegs und auch die beiden Gitarristen Volk-Mann und Ady hatten nach den ersten drei Songs vor Anstrengung rote Köpfe – genauso wie die feierwütige Menge, die sich bis zu den ganz hinten gelegenen Essensständen erstreckte. Vorne gab es große Circle-Pits, weiter hinten kleine Drei-Mann-Circle-Pits, dazu pausenlos Crowdsurfer, teilweise sogar Rollstuhlfahrer (Hut ab, Leute!), Sitzkreise mit Ruder-Einheiten und bei „Seemann“ wurde die ausgewählte Seefrau auf einem schwarzen Schlauchboot über das Meer der Zuschauer geschickt. Blanke Hinterteile gab es diesmal keine, zumindest nicht auf der Bühne, aber die Zeit verging dank der facettenreichen Songauswahl wie im Flug und DIE APOKALYPTISCHEN REITER zeigten abermals, dass sie ihre Zuschauer auch live mit Wahn, Witz und zeitgleich auch Ernsthaftigkeit trotz tropischen Temperaturen in praller Sonne zu Höchstform animieren können. Tatsächlich fühlte es sich an, als wären die Chaoten auch auf ihre eigene Art und Weise erwachsener geworden, aber es stellt sich die Frage, ob Dr. Pest wohl seinen Vogelkäfig von einst vermisst.
Death Metal-Deutschland geht’s aktuell richtig gut. Neben den am Vortag bereits aufgetretenen DESERTED FEAR zählen ROGASH zu den neuen Sternen am todesmetallischen Himmel hiesiger Gefilde. Allerdings füllte sich der Platz vor der Camel Stage nur allmählich, als die aus Jena stammende Band mit „Less Emotion“ loslegte. Midtempo kennt die Truppe nur bedingt, primär wurde genüsslich der Knüppel geschwungen. „Voll auf die Mütze“ hieß das Motto und trotz der hohen Temperaturen und brennenden Sonne ließ sich Dinkelsbühl nicht lumpen. Nach anfangs erst zaghaften Versuchen, wurde nach kurzer Aufwärmphase so manche Matte geschwungen. Gefüllt wurden die 30 Minuten mit Material von der ersten EP „Rogan Era“ und dem Debütalbum „Supremacy Undone“. Sänger Erik konnte mit seinen fiesen, brutalen Vocals überzeugen, daneben gesellte sich ein ums andere mal Blickfang und Bassist Florian, der mit seinem rotierenden Dreadlocks zu beeindrucken wusste. Trotz der auf Dauer relativ simpel gestrickten Nummern, versammelten sich nach und nach mehr Neugierige vor der Bühne, die mit einem amtlichen Death Metal-Brett belohnt wurden. Ein kleines Meer aus Hörnern war die logische Folge, als die Band sich mit dem SEPULTURA-Cover „Refuse/Resist“ verabschiedete.
Nach einer kurzzeitigen Schminkepause in Form von OBEY THE BRAVE wurde bei OST+FRONT wieder ganz tief ins Beautycase gegriffen. Optisch kam die Band wie eine Mashup aus den Filmen Iron Sky und The Walking Dead daher und musikalisch orientierte man sich merklich an Lindemann&Co.. Als Intro gabs die komplette Nationalhymne der DDR und auch sonst bemühte sich die Band um Akzente. So gab es immer wieder Phasen während der Show in der die Musiker unbeweglich an ihren Plätzen verharrten, stoisch is da word. Der hühnenhafte Bassist sah aus, als hätte er sein Instrument im Spielzeugladen erstanden, weils im Kontrast zu ihm einfach extrem winzig aussah. Und ganz wie bei dieser anderen bekannten rrrrrrockenden Band gestikulierte der Fronter theatralisch und gab der Keyboarder in seiner Zweiter Weltkrieg-Uniform den Freak. Beim zweiten Song „Fleisch“ wetzte er im Graben herum und verteilte irgendwas zu Essen an die ersten Reihen und später düste er dann mit nem Seniorenmobil zwischen seinen Kollegen auf der Bühne herum und einmal diente er seinem Sänger als devoter Sitz. Cool kamen auch die zwei riesigen, weißen Ballons, die ins Publikum geworfen wurden – vor allem weil sie irgendwann platzen und die rote Soße aus ihrem Inneren überm Volk verspritzt wurde. Also langweilig wars bestimmt nicht!
Wer hat Angst vorm Butcher? Scheinbar gar nicht so viele, sonst wäre der Bereich vor der Pain Stage nicht so gut gefüllt gewesen. DESTRUCTION waren die zweite Band der Big German Four, nachdem TANKARD bereits vorgelegt hatten. Im Vergleich zu Gerre und Co. gehen Schmier und Konsorten aber um ein 666-faches finsterer zu Werke. Nieten reflektierten die Sonne, Pentagramme zierten das Backdrop und die Pyros schienen – plakativ betrachtet – unmittelbar aus der Hölle zu kommen. Wirklich böse aufgelegt war hier natürlich niemand, und so reckten die Fans schon beim Opener unaufgefordert die Fäuste und Pommesgabeln in den sattblauen Himmel. Wer bereits 1982 an den Start ging und seither mehr oder weniger regelmäßig Studioalben veröffentlicht, hat sich seine Daseinsberechtigung unweigerlich verdient. Bei DESTRUCTION kann das noch verschärft werden: Die Band gehört ohne Frage zur Speerspitze der deutschen Thrash-Metal-Szene und kann in Sachen Songrepertoire aus dem Vollen schöpfen. So wurde den Anwesenden eine bis auf den Einsatz der schon erwähnten Pyros angenehm schnörkellose Show geboten – mit spannenden Reisen in die musikalische Vergangenheit. Da DESTRUCTION aber stets nach DESTRUCTION klingen, war die Oldschool-Attitüde omnipräsent. All das eingebettet in einen satten, gut ausbalancierten Sound. Man fragt sich nur, ob es nicht doch etwas riskant ist, volle Bierdosen relativ unangekündigt in die Menge zu feuern. Da niemand verletzt wurde, blieb unterm Strich aber ein weiterer starker Gig, der erneut zum ausgelassenen Feiern und Headbangen anregte.
Obwohl die Sonne ihre tägliche Wanderung über das Firmament noch nicht vollendet hatte, wurde es nun Zeit für NACHTGESCHREI. Die Frankfurter Mittelalter-Rocker hatten einige Stücke ihres in der Vorwoche veröffentlichten neuen Albums „Staub und Schatten“ im Gepäck und ergänzten diese um „In die Schwärze der Nacht“ und „Sirene“ vom Vorgänger „Aus schwärzester Nacht“. Dabei wurde es angesichts von sieben Musikern ziemlich eng auf der Bühne und auch der Raum davor war mit einer erfreulich großen Menge an Fans gut gefüllt. Die rockigen Kompositionen rückten die Stimme von Martin LeMar deutlich in den Vordergrund, während der Dudelsack eine begleitende Funktion inne hatte. An der Drehleier konnte man mit Lauren „Laui“ Weser in diesem Jahr ein neues Gesicht begrüßen. Ihre Einarbeitung schien indes unproblematisch verlaufen, die junge Dame hatte sichtlich Spaß auf der Bühne, suchte und fand immer wieder den direkten Kontakt zu ihren Jungs und bekam das strahlende Grinsen dabei kaum mehr aus dem Gesicht. Neben den mittelalterlichen Elementen lebte die Show von ihrem erdigen, satten Rocksound und den markant in Szene gesungenen deutschen Texten. Dass Nachtgeschrei ihre Kompositionen dabei allerdings nicht im Pathos ertränken, machte sie auch für jene Besucher interessant, die anderen namhaften Deutschrock-Bands eher reserviert gegenüberstanden.
Nachdem die Show von OBEY THE BRAVE schon ein richtiger Abriss und für die Hard- und Metalcore-Jünger sehr intensiv war, folgte, nach kurzer, knapp zweistündiger Verschnauf- und Abkühlpause, schon das nächste Schmankerl auf der T-Stage: Die Franzosen BETRAYING THE MARTYRS um Sänger und Frauenschwarm Aaron Matts. Im Gepäck hatten sie eine überbordende Mischung aus technisch anspruchsvollem Death Metal, samt einer klaren Core-Kante und symphonischen Keyboard-Klängen – und von allem reichlich. Jeder Song strotze nur so vor Ideen und unerwarteten Wendungen. Dazu das beständige Duell zwischen Matts brutalen Growls und Keyboarder Victor Guillet, der sowohl spitz keifen kann, als auch engelsgleich singen. Zwischen diesen beiden Spannungspunkten grasten BETRAYING THE MARTYRS wirklich alles ab, was das, wenn man es denn so nennen möchte, Death Core Genre hergab. Das gut halb volle Zelt erfreute sich an diesem Abwechslungsreichtum und feierte ausgiebig. Wall of Death, Circle-Pit und moshen, von allem war etwas dabei und binnen wenigen Songs wurde das Zelt zur Staubhölle. Die Band stand dem in nichts nach und hinterließen mit dem abschließenden „Legends Never Die“ ein nachdrücklich guten Eindruck. Plus: Dieser Song wurde dem kürzlich verstorbenen AFTER THE BURIAL Gitarrist Justin Lowe gewidmet.